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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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FREUD (John Huston/USA 1962)



"If you're guilty, the entire world must be."

Freud ~ USA 1962
Directed By: John Huston

Mit rund dreißig Jahren beginnt der von seinen Fachkollegen stets stirnrunzelnd als Phantast beäugte Neurologe Sigmund Freud (Montgomery Clift), sich für die Hypnose als Diagnostikinstrument zur Erkennung hysterischer Störungen zu interessieren. Als er Cecile Koertner (Susannah York), die schwer neurotische Patientin seines Mentors Breuer (Larry Parks) kennenlernt und ihre Behandlung übernimmt, erhält und entwickelt Freud grundlegende Erkenntnisse betreffs später noch genauer umrissener Paradigmen: Er stößt auf den Ödipuskomplex, die drei psychischen Instanzen Es, Ich und Überich sowie Eros und Thanatos, postuliert die gewaltige, verdrängende Kraft von frühkindlicher Sexualität und Unterbewusstsein und erkennt schließlich den ungeheuren Wert von Gesprächs- und Konfrontationstherapie. Die Zeit ist jedoch noch nicht reif für derlei Umstößlerisches.

Ein stillerer Vertreter aus Hustons Filmographie, dessen allgemein anerkannte wissenschaftliche Verwertung als dramatisiertes Veranschaulichungsmaterial für einige grundlegende Thesen Freuds seine filmhistorische unverständlicherweise deutlich übersteigt. Möglicherweise hängt dies mit der Produktion zusammen, die bei der Universal unter keinem guten Stern stand: Sartres Script wurde als zu umfangreich abgelehnt und ad acta gelegt; Monty Clift, der trotz immer noch formidabler Leistung bereits sichtbar schwer gezeichnet war von Alkohol und Depression und dessen tieftrauriger Ausdruck letztlich doch alles andere überlagert, kam mit Hustons dominantem Auftreten am Set nicht zurecht und es folgten unschöne Klagen seitens der Produktion versus Clift und Gegenklagen seinerseits. Bis heute wird "Freud", etwa betreffs des Heimkinomarkts, stiefmütterlich behandelt, ganz so, als sei das Studio noch immer nicht über die unerfreuliche Entstehungsgeschichte des Films hinweg. Dabei ist er bei aller biographischer Phantasterei ziemlich toll geraten; getragen von einer hochseriösen, fast dokumentarisch anmutenden Erzählstruktur und sowohl für Laien als auch Fortgeschrittene in Bezug auf Freuds Postulate hochinteressant. Das sorgfältige Produktionsdesign wirkt niemals pompös oder gar selbstzweckhaft und steht der schattenhaften, kammerspielartigen Kommunikation nie im Wege. Hierfür sorgen speziell die ausführlichen, spannenden Dialogszenen zwischen Clift und York sowie die grandios gestalteten Traumsequenzen.

9/10

Sigmund Freud Psychiatrie period piece Biopic Wien Jean-Paul Sartre



Filmtagebuch von...

Funxton

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