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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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MADE IN BRITAIN (Alan Clarke/UK 1982)



"Bollocks!"

Made In Britain ~ UK 1982
Directed By: Alan Clarke

Trevor (Tim Roth) ist ein Nazi-Skin der denkbar schlimmsten Sorte: Er ist überaus intelligent und nutzt die Subkultur nicht aus verqueren politischen Ansichten heraus, sondern als Möglichkeit, seinem unendlichen Frust Gestalt zu verleihen. Trevor ist unendlich renitent, respektiert keinerlei Autorität und akzeptiert seinen vorgezeichneten Weg in Arbeitslosigkeit und Kriminalität mit lauthalsem Protest.

Clarkes kurzer TV-Film ist, ähnlich wie der von der BBC abgesetzte Borstal-Panorama "Scum", ein hoffnungsloses, dafür jedoch umso aufrüttelnderes Porträt fehlgeleiteter Aggression bei Jugendlichen in der Ära Thatcher. Das Nazi-Skin-Gewese beginnt in den frühen Achtzigern im Angesicht von Arbeitslosigkeit und Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien, die sich auf der Insel rasch neue Existenzen in Form kleiner Läden aufbauen, zu florieren. Trevor ist dabei einer der hoffnungslosesten Sorte: Seine Wut sitzt so tief, dass niemand sie bei der Wurzel packen kann, sein Hass und seine Ablehnung sind nicht voirgeschoben, sondern Charakterzüge. Wenn die Konfrontation ihn nicht findet, dann sucht er sie sich. Mit Sympathiebekundungen, ob authentisch oder geheuchelt, kommt man nicht weiter. Bei Trevor hätte selbst Robin Williams keine Chance gehabt. Wenn solche tickenden Zeitbomben die zukünftigen Geschicke Englands bestimmen, dies suggeriert "Made In Britain" unmissverständlich, dann muss man konkret Angst um sie haben.

8/10

Alan Clarke Subkultur Skinhead England Teenager TV-Film



Zitat

Das Nazi-Skin-Gewese beginnt in den frühen Achtzigern im Angesicht von Arbeitslosigkeit und Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien,

Da muß ich leider wieder sprechen.

Paki-bashing ist ein Begriff aus den späten 60ern, der Zuzug der Einwanderer fand massiv bereits in den 60ern statt, und traf da auf massiven gesellschaftlichen Widerstand (Powell, "Rivers of blood"). Die Skinhead-Kultur war immer gewalttätig und immer mindestens lokalpatriotisch. Skinheads sind auch nur eine Gang, und Gangs sind immer ethnisch sortiert. Jedenfalls die, die es ernst meinen. Ausnahmen bestätigen die Regel, weil sie eben Ausnahmen sind.

Klar waren manche Skinheadmusiker von Schwarzen beeinflußt. Aber daß Künstler oft tragisch andere Vorstellung von einer Subkultur haben als die, die sie auf der Straße leben, kennt man auch von jeder anderen Subkultur.

Ich habe schon in den frühen 70ern Folgen der englischen Krimiserie "Task Force Police" gesehen, die sich intensiv mit dem Thema rassistischer Skinheads befassten. Hier in Deutschland haben sich in den 70ern auch dauernd Deutsche mit Ausländern gekloppt. Das hätte nur keiner Faschismus genannt, warum auch. War und ist: Normal.
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Ich habe schon erwartet, dass du dich (mal wieder) zu Wort melden würdest ;)
Dass Skinheads originär betrachtet nicht zuletzt eine durchaus gewaltbereite Jugendbewegung waren und sind, bestreite ich nicht, sehr wohl jedoch das Vorhandensein einer ethnischen Abgrenzung. Das ist faktisch falsch. Natürlich gab es schon in den Sechzigern interethnische Auseinandersetzungen unter Jugendlichen, Skins haben damit jedoch bestenfalls in Ausnahmefällen zu tun. Die erste bemerkenswerte Skinbewegung entstand gegen Ende des Jahrzehnts, als Arbeiterkinder im schwarz-weiß bevölkerten East Londoner Schmelztiegel, bestehend aus weißen Mods und jamaikanischstämmigen rude boys, sich zu Gangs zusammenschlossen. Gehört wurde da ausschließlich schwarze Musik: Northern Soul, Reggae, Ska, Rocksteady - von Bands von der Straße. Sicher waren die Kids lokalpatriotisch veranschlagt, aber bezogen auf ihre soziale Herkunft als working class members, nicht auf ihre ethnische Abstammung. Die ersten kulturell bedeutsamen Erwähnungen des Wortes "skinhead" gab es in Songtexten farbiger Ska- und Rocksteady-Bands, besonders denen von Symarip. Somit waren spätere, so genannte "Skinhead-Musiker", also z.B. die 2 Tone-Bands (nicht etwa Rattengesocks wie die Post-82-Skrewdriver & Konsorten) nicht allein von Schwarzen beeinflusst, die ersten Skinhead-Musiker waren Schwarze.

Ich denke, wir haben beide unsere - sicherlich sehr persönlich gefärbten - Erfahrungen mit der Subkultur und vermutlich höchst unterschiedliche Vorstellungen davon, die jeder für sich als zutreffend erachtet. Lassen wir es einfach dabei bewenden, okay?
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:cheers:
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Funxton

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