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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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FROM NOON TILL THREE (Frank D. Gilroy/USA 1976)



"But... I AM Graham Dorsey!"

From Noon Till Three (Zwischen zwölf und drei) ~ USA 1976
Directed By: Frank D. Gilroy

Vor der Nacht eines geplanten Banküberfalls hat Graham Dorsey (Charles Bronson), Mitglied der ansonsten durchweg eher unterbelichteten Bowers-Gang, einen unangenehmen Albtraum, in dem er und der Rest des Quintetts von den Bürgern der Stadt aufs Korn genommen und zusammengeschossen werden. Als sich am nächsten Tag sein Pferd einen Huf bricht, ist für ihn klar, dass er aus der Sache raus muss. Dabei kommt ihm die schöne Witwe Amanda Starbuck gerade recht: Während die übrige Truppe sich dem Coup widmet, bleibt Dorsey bei Amanda. Eine stürmische, nur drei Stunden währende Liaison bahnt sich zwischen den beiden an. Bald darauf erfährt man, dass Bowers (Douglas Fowley) und die anderen tatsächlich gefasst wurden und ihrer Hinrichtung harren. Die romantisch veranlagte Amanda nötigt Dorsey förmlich dazu, seine Freunde herauszuhauen, wenngleich dieser eigentlichen keinen Pfifferling für diese gäbe. Unterwegs tauscht er die Identität mit einem Wander-Zahnarzt (Howard Brunner) und wird kurzerhand für Scharlatanerie verknackt, während der Zahnarzt erschossen wird. Dessen Leiche präsentiert man der geschockten Amanda, die einige Zeit später ein zum weltweiten Kult-Bestseller avancierendes Buch über ihre kurze Romanze veröffentlicht. Als Dorsey ein Jahr später aus dem Knast kommt, will ihn niemand mehr erkennen, am wenigsten Amanda...

Heute bin ich angetreten, um für dieses viel zu wenig beachtete Meisterwerk endlich einmal eine längst überfällige Lanze zu brechen: Im Geiste von Fords großmächtiger Geschichtsallegorie "The Man Who Shot Liberty Valance" und Penns brillanter Satire "Little Big Man" stehend, inszenierte der als Regisseur eher unbekannte Frank D. Gilroy einen auf eigenen Schriften basierenden Film, in dem der mündlich und medial hyperromantisierte Westen schlussendlich zu einem reinen Tollhaus im wahrsten Wortsinne wird. Darüber hinaus ist "From Noon Till Three" das schönste cineastische Geschenk an die vielköpfige Partnerschaft der Eheleute Bronson/Ireland. Von deren spürbar knisternden und vor allem aufrichtigen Zuneigung füreinander lebt Gilroys Film in der ersten Hälfte, nur um ihr dann in der zweiten gleichermaßen einen herzzereißenden Arschtritt zu versetzen. Danach ist es Bronson im Alleingang vorbehalten, sein eigenes Image zu demontieren. Wo die nach Trivialitäten lechzende Öffentlichkeit einen hochgewachsenen, schneidigen Schurken vom Schlage eines Rhett Butler vor Augen hat, erscheint dieser gedrungene Zausel mit slawischer Einwanderer-Physiognomie und flucht wie ihm die Schnauze gewachsen ist. Vergangenheit und Verklärung haben, mit ein wenig Unterstützung durch die Zeit, die Realität längst überholt und singuläre Momente, zumal ohnehin von etwas absurder Gestalt, lassen sich nicht mehr revitalisieren. Liebe und Romantik sind nur fadenscheinige Valenzen ohne jegliche Wirklichkeitsverankerung.
Am Schluss, nachdem Graham Dorsey der ihn mit Gewalt ignorierenden Welt zum letzten Mal den Mittelfinger präsentiert hat, sperrt man ihn wie einen "eingebildeten Napoleon" in die geschlossene Psychiatrie. Dort, in einer Art letzten Sackgasse der Wahrheit, akzeptiert man ihn, heißt ihn freudig willkommen und weiß längst um seine Identität. Vermutlich sind es sogar Billy The Kid, Jesse James, Wild Bill Hickok und John Wesley Hardin, die ihn hier schon im weißen Kittel erwarten. Und möglicherweise sind auch Liberty Valance und Ransom Stoddard dabei.

9/10

Frank D. Gilroy Satire Parabel Heist



Filmtagebuch von...

Funxton

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