"It's a great life if you don't weaken."
The Fallen Idol (Kleines Herz in Not) ~ UK 1948
Directed By: Carol Reed
Für Phillipe (Bobby Henrey), den kleinen Sohn des französischen Botschafters (Gerard Heinz) in London, ist der gutherzige Butler Baines (Ralph Richardson) ein veritabler Vaterersatz, zumal sein eigener Papa nur selten daheim ist. Doch auch die Weste des stets um Korrekthei bemühten Dieners ist nicht ganz blütenrein. Er pflegt nämlich trotz seiner zermürbenden Ehe mit einem veritablen Hausdrachen (Sonia Dresdel) eine Affäre mit der deutlich jüngeren Bürokraft Julie (Michèle Morgan). Phillipe ist noch zu klein, um die zufällige Entdeckung eines tête-à-tête zwischen Baines und Julie richtig einzuordnen, doch auch er hasst Mrs. Baines von ganzem Herzen. Als am Folgeabend die von der Liebschaft ihres Mannes in Kenntnis gesetzte Eifersüchtige dem Paar eine Falle stellt, kommt es zum Eklat: Die Gute fällt eine Treppe hinunter und bricht sich das Genick. Doch war es wirklich ein Unfall? Phillipe ist sich selbst nicht ganz sicher...
Von dem grausamen deutschen Titel, der eine Liebesschmonzette um Rühmann und Lassie vermuten lässt, sollte man sich hier bitte nicht irreleiten lassen: Carol Reeds auf einer Kurzgeschichte von Graham Greene basierendes Drama ist vielmehr eine kriminalistische Variation von David Leans "Brief Encounter", das sich vor allem durch seine meisterliche Perspektivierung auszeichnet. Praktisch das ganze Geschehen spielt sich nämlich betrachtet durch die naiven Augen des kleinen Phillipe ab, ganz so, wie er die urbane Londoner Welt rund ums Diplomatenviertel wahrnimmt: fremd, hermetisch, geheimnisvoll und manchmal feindselig, lässt Reed sie auch uns angedeihen. Natürlich ahnen wir, dass die hübsche junge Frau, mit der der sympathische Baines sich da trifft, wohl kaum seine Nichte sein dürfte, wie Phillipe großmütig annimmt - dafür kann man sich andererseits nie ganz sicher sein, ob Mrs. Baines nicht eine aus dem Lande Oz entflohene Hexe ist. Wie Reed am Ende Spannungsmomente schürt und das Publikum schließlich sogar gegen seine vorherige Identifikationsperson, den Jungen nämlich, aufbringt, weil dieser, um richtig zu handeln, etwas Falsches zu sagen droht, ist nur ein weiteres inszenatorisches Kabinettstückchen in diesem an Kabinettstückchen überhaupt alles andere als armem Filmschmaus.
9/10
Carol Reed Freundschaft Amour fou London England Graham Greene
The Fallen Idol (Kleines Herz in Not) ~ UK 1948
Directed By: Carol Reed
Für Phillipe (Bobby Henrey), den kleinen Sohn des französischen Botschafters (Gerard Heinz) in London, ist der gutherzige Butler Baines (Ralph Richardson) ein veritabler Vaterersatz, zumal sein eigener Papa nur selten daheim ist. Doch auch die Weste des stets um Korrekthei bemühten Dieners ist nicht ganz blütenrein. Er pflegt nämlich trotz seiner zermürbenden Ehe mit einem veritablen Hausdrachen (Sonia Dresdel) eine Affäre mit der deutlich jüngeren Bürokraft Julie (Michèle Morgan). Phillipe ist noch zu klein, um die zufällige Entdeckung eines tête-à-tête zwischen Baines und Julie richtig einzuordnen, doch auch er hasst Mrs. Baines von ganzem Herzen. Als am Folgeabend die von der Liebschaft ihres Mannes in Kenntnis gesetzte Eifersüchtige dem Paar eine Falle stellt, kommt es zum Eklat: Die Gute fällt eine Treppe hinunter und bricht sich das Genick. Doch war es wirklich ein Unfall? Phillipe ist sich selbst nicht ganz sicher...
Von dem grausamen deutschen Titel, der eine Liebesschmonzette um Rühmann und Lassie vermuten lässt, sollte man sich hier bitte nicht irreleiten lassen: Carol Reeds auf einer Kurzgeschichte von Graham Greene basierendes Drama ist vielmehr eine kriminalistische Variation von David Leans "Brief Encounter", das sich vor allem durch seine meisterliche Perspektivierung auszeichnet. Praktisch das ganze Geschehen spielt sich nämlich betrachtet durch die naiven Augen des kleinen Phillipe ab, ganz so, wie er die urbane Londoner Welt rund ums Diplomatenviertel wahrnimmt: fremd, hermetisch, geheimnisvoll und manchmal feindselig, lässt Reed sie auch uns angedeihen. Natürlich ahnen wir, dass die hübsche junge Frau, mit der der sympathische Baines sich da trifft, wohl kaum seine Nichte sein dürfte, wie Phillipe großmütig annimmt - dafür kann man sich andererseits nie ganz sicher sein, ob Mrs. Baines nicht eine aus dem Lande Oz entflohene Hexe ist. Wie Reed am Ende Spannungsmomente schürt und das Publikum schließlich sogar gegen seine vorherige Identifikationsperson, den Jungen nämlich, aufbringt, weil dieser, um richtig zu handeln, etwas Falsches zu sagen droht, ist nur ein weiteres inszenatorisches Kabinettstückchen in diesem an Kabinettstückchen überhaupt alles andere als armem Filmschmaus.
9/10
Carol Reed Freundschaft Amour fou London England Graham Greene