"Is this gonna be our time?"
Winter's Bone ~ USA 2010
Directed By: Debra Granik
Die siebzehnjährige Ree (Jennifer Lawrence) hat es nicht leicht: Im winterlich-kalten Missouri-Hinterland muss sie sich als einziges halbwegs mündiges Familienmitglied um ihre schwer depressive Mutter (Valerie Richards) und ihre beiden kleinen Geschwister (Isaiah Stone, Ashley Thompson) kümmern, und das bei prekärem Haushaltsetat. Als Sheriff Baskin (Garret Dillahunt) der couragierten Ree eröffnet, dass ihr Vater Jessup, ein Drogenkoch, kautionsflüchtig ist, sich seiner anstehenden Gerichtserhandlung zu entziehen versucht, und das Grundstück der Familie auf dem Spiel steht, versucht Ree mit allen Mitteln, Jessup ausfindig zu machen. Sie stößt jedoch nur auf eine Mauer des Schweigens: Niemand will oder kann etwas über Jessups Verbleib sagen, am wenigsten der patriarchalisch auftretende Milton (Ronnie Hall), inoffizieller Chef der ganzen Gegend. Als Ree ihm zu nahe kommt, muss sie selbst um ihr Leben fürchten.
Eine Geschichte aus dem provinziellem Hinterhof von Prekariats-Amerika, dessen Topographie wirkt wie aus einer Parallelwelt stammend. Mit Missouri assoziiert man als Europäer ja normalerweise das typische Südstaatenflair mit sattem Grün und schwirrenden Mücken, nicht jedoch eine solche Endzeit-Atmosphäre, wie sie Debra Granik in ihrem zweiten Langfilm kredenzt. Bitterkalt ist es, ein deprimierendes Grau in Grau bestimmt die alltägliche Tristesse und die Menschen machen sich es durch nachbarschaftliche und/oder familiäre Beziehungen etwas behaglicher. Bestimmte Dinge werden grundsätzlich tabuisiert oder bleiben einfach unausgesprochen, das gehört zur lokalen Tradition. Als Ree zu stochern beginnt, um sich und ihrer Familie die drohende Obdachlosigkeit zu ersparen, empfinden die Alten der Gegend das als eine inoffizielle Kampfansage an den Filz ihrer stoischen Verschwiegenheit und stellen sich noch sturer dar als ohnehin schon. Durch ihre nicht nachlassende Schnüffelei provoziert Ree schließlich sogar gewalttätige Aggressionen, vor denen sie letzten Endes nur ihr selbst höchst fadenscheinig auftretender Onkel Teardrop (John Hawkes) bewahren kann.
Für ihre kleine Geschichte eines jugendlichen Sturms in hillbilly country, den die Regisseurin offenbar auch als eine Art Chance verstanden wissen will, wählt Debra Granik eine verfänglich schöne Bildsprache. Unabhängig von dem überall herumliegenden Schrott und Müll, der Schäbigkeit der gottverlassenen Gegend und der latenten Feindesligkeit der inzestuös verbandelten Menschen scheint es, als habe sich Granik ähnlich wie ihre Protagonistin in diese Landschaft, das innere Amerika, verliebt. So ist "Winter's Bone" weniger seine vorgebliche Coming-Of-Age-Story denn in erster Linie intimes Porträt und klärende Bestandsaufnahme für all jene, die mit den USA nur noch irgendwelche Sitcom-Realitäten assoziieren.
8/10
Debra Granik Familie Missouri Südstaaten Drogen
Winter's Bone ~ USA 2010
Directed By: Debra Granik
Die siebzehnjährige Ree (Jennifer Lawrence) hat es nicht leicht: Im winterlich-kalten Missouri-Hinterland muss sie sich als einziges halbwegs mündiges Familienmitglied um ihre schwer depressive Mutter (Valerie Richards) und ihre beiden kleinen Geschwister (Isaiah Stone, Ashley Thompson) kümmern, und das bei prekärem Haushaltsetat. Als Sheriff Baskin (Garret Dillahunt) der couragierten Ree eröffnet, dass ihr Vater Jessup, ein Drogenkoch, kautionsflüchtig ist, sich seiner anstehenden Gerichtserhandlung zu entziehen versucht, und das Grundstück der Familie auf dem Spiel steht, versucht Ree mit allen Mitteln, Jessup ausfindig zu machen. Sie stößt jedoch nur auf eine Mauer des Schweigens: Niemand will oder kann etwas über Jessups Verbleib sagen, am wenigsten der patriarchalisch auftretende Milton (Ronnie Hall), inoffizieller Chef der ganzen Gegend. Als Ree ihm zu nahe kommt, muss sie selbst um ihr Leben fürchten.
Eine Geschichte aus dem provinziellem Hinterhof von Prekariats-Amerika, dessen Topographie wirkt wie aus einer Parallelwelt stammend. Mit Missouri assoziiert man als Europäer ja normalerweise das typische Südstaatenflair mit sattem Grün und schwirrenden Mücken, nicht jedoch eine solche Endzeit-Atmosphäre, wie sie Debra Granik in ihrem zweiten Langfilm kredenzt. Bitterkalt ist es, ein deprimierendes Grau in Grau bestimmt die alltägliche Tristesse und die Menschen machen sich es durch nachbarschaftliche und/oder familiäre Beziehungen etwas behaglicher. Bestimmte Dinge werden grundsätzlich tabuisiert oder bleiben einfach unausgesprochen, das gehört zur lokalen Tradition. Als Ree zu stochern beginnt, um sich und ihrer Familie die drohende Obdachlosigkeit zu ersparen, empfinden die Alten der Gegend das als eine inoffizielle Kampfansage an den Filz ihrer stoischen Verschwiegenheit und stellen sich noch sturer dar als ohnehin schon. Durch ihre nicht nachlassende Schnüffelei provoziert Ree schließlich sogar gewalttätige Aggressionen, vor denen sie letzten Endes nur ihr selbst höchst fadenscheinig auftretender Onkel Teardrop (John Hawkes) bewahren kann.
Für ihre kleine Geschichte eines jugendlichen Sturms in hillbilly country, den die Regisseurin offenbar auch als eine Art Chance verstanden wissen will, wählt Debra Granik eine verfänglich schöne Bildsprache. Unabhängig von dem überall herumliegenden Schrott und Müll, der Schäbigkeit der gottverlassenen Gegend und der latenten Feindesligkeit der inzestuös verbandelten Menschen scheint es, als habe sich Granik ähnlich wie ihre Protagonistin in diese Landschaft, das innere Amerika, verliebt. So ist "Winter's Bone" weniger seine vorgebliche Coming-Of-Age-Story denn in erster Linie intimes Porträt und klärende Bestandsaufnahme für all jene, die mit den USA nur noch irgendwelche Sitcom-Realitäten assoziieren.
8/10
Debra Granik Familie Missouri Südstaaten Drogen