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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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DEATH WISH (Michael Winner/USA 1974)



"This is gun country."

Death Wish (Ein Mann sieht rot) ~ USA 1974
Directed By: Michael Winner

Nachdem seine Frau (Hope Lange) infolge eines Überfalls durch ein paar Straßengangster ihr Leben lassen muss und seine Tochter (Kathleen Tolan) katatonisch zurückbleibt, ohne dass die Täter gefasst werden können, verschafft der New Yorker Architekt Paul Kersey (Charles Bronson) sich auf eigene Weise Befriedigung seiner Rachegelüste: er greift zur Waffe und provoziert nächtens Räuber, um sie dann zu erschießen. Während die Öffentlichkeit den Vigilanten zum heimlichen Helden stilisiert, versucht die Polizei in Person von Detective Ochoa (Vincent Gardenia), ihn zu überführen und abzuschieben.

Ein radikaler Gegenentwurf zum linksliberalen Hollywoodflügel der bärtigen Bombenleger-, Verzeihung, Filmemacherclique, die mit ihrem sozialkritischen Autorenkino die Leinwände der Welt eroberten. Bei Michael Winner geht es derweil rigoros zurück zu den alten Pioniertugenden; jeder sollte das Recht auf Waffe und Selbstverteidigung haben, um im neuen "Wilden Areal" der Großstadtdschungel das persönliche Überleben zu sichern. Nun ja, dies ist zugegebenermaßen etwas überspitzt-polemisch formuliert. Im ersten Teil der inhaltlich und dramaturgisch später zunehmend bizarr und phantastisch werdenden "Death Wish"-Reihe setzt Winner noch halbwegs auf die freie Entscheidungsfindung des Rezipienten. Er räumt ein, dass sein "Held" unter einem posttraumatischen, psychischen Defizit zu leiden hat, das im Prinzip dem seiner Tochter gar nicht unähnlich ist, bloß, dass es sich eben diametral, in exponentiell exponierter Weise äußert und sich leider in höchster Weise gewaltkriminell gestaltet. Bronson meistert diese charakterliche Ambiguität unerwartet gut, man kann hier betreffs seiner Wenigkeit gar ausnahmsweise von "differenziertem Spiel" sprechen. Das eigentlich Skandalöse des Films liegt in der gesellschaftlichen und vor allem politischen Reaktion auf Kerseys Vorgehen. Sein Beispiel beginnt Schule zu machen und denunziert die Stadtgewaltigen zwangsweise als passiv und unfähig. Andererseits will man keinen Märtyrer und lässt Kersey daher am Ende ziehen und in Amt und Gnaden verbleiben. Das Schicksal will es, dass er in den klassischen amerikanischen Sündenpfuhl, nämlich Chicago, zu ziehen hat (wenngleich das Sequel ihn in L.A. situiert). Das unzweideutige Ende lässt denn keinen Zweifel mehr zu: Auch hier wird Kersey gehörig durchkehren und sich verdammt gut dabei fühlen.
Winners Film ist reaktionär, daran sollte wohl kein Zweifel bestehen. Doch er wahrt zugleich selbstironische Distanz und präsentiert sich als formales Bravourstück mit großartigem Schnitt und einem Score (Herbie Hancock) von höchsten Gnaden. Zudem ist er für einen hlbwegs vollständigen popkulturellen Überblick über sein Jahrzehnt unverzichtbar.

9/10

Michael Winner New York Rache Vigilantismus Skandalfilm



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Funxton

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