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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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ILS (David Moreau, Xavier Palud/F, RO 2006)



Zitat entfällt.

Ils (Them) ~ F/RO 2006
Directed By: David Moreau/Xavier Palud

Die an einer Bukarester Französischschule tätige, junge Lehrerin Clémentine (Olivia Bonamy) und ihr Freund Lucas (Michaël Cohen) wohnen in einem feudalen, jedoch halbverwitterten Landhaus in Nähe von Snagov. Eines Nachts werden sie von einer praktisch unsichtbaren Gruppe von Eindringlingen terrorisiert und attackiert. Nachdem ihnen unter größten Mühen die Flucht aus dem Haus und in den benachbarten Wald gelungen ist, werden sie schließlich gewahr, um wen es sich bei ihren Angreifern handelt...

Von "Ils" hörte ich zum einen im F.LM-Podcast zum kürzlich gesehenen "The Strangers", zum anderen wurde er mir ans Herz gelegt als gelungenere Alternative zu selbigem. Die entsprechende Beschaffungsmaßnahme hat sich sehr gelohnt, denn tatsächlich zeigt "Ils", wie aus dem im amerikanischen Pendant mittelmäßig umgesetzten Belagerungsstoff mit gekonnter Hand ein wirklich aufregendes Stück Terrorkino konstruiert werden kann, wobei sich der Film von Moreau und Palud zudem rühmen darf, diesbezüglich als Vorreiter zu gelten. In punkto Raum- und Topographiegestaltung erweist sich "Ils" als geradezu beispielhaft, wenn auch orientiert an bekannten Vorbildern. Global betrachtet ist allein der polithistorisch konnotierte Standort höchst interessant. Rumänien hat sozialpolitische Wechselbäder durchlebt wie wenige andere Ostblockstaaten, nach dem einstmaligen Feudalsystem folgten die Eingliederung in den Kommunismus und das totalitäre Ceaușescu-Regime, danach eine schrittweise Annäherung an den Westen. Das riesige, verwinkelte, von Clémentine und Lucas bewohnte Haus nun atmet ebendiese Junggeschichte in komprimierter Form. Einerseits ein Relikt aus nobleren Zeiten zeigt es sich numehr leichermaßen verfallen und als Interessensobjekt neuen, westeuropäischen Chics und ist für zwei Bewohner viel zu gewaltig. Die provinzielle Abgelegenheit ermöglicht schließlich erst jenes verletzliche, potenzielle Ausgeliefertsein, dessen sich die diffusen Angreifer bemächtigen. Einmal ins Haus gelangt, sind sie praktisch nicht mehr herauszubekommen. Es bleibt nurmehr die Flucht nach vorn und damit in das noch labyrinthischere Dunkel des Waldes, im Finale auf die Spitze getrieben durch ein schier auswegloses Kanalisationssystem. Die schließlich gelüftete "Identität" der Gewaltverbrecher wirft unbequeme Fragen auf, provoziert und überlässt die Antwortem dem Publikum. Angeblich auf authentischen Ereignissen beruhend, bleibt vor allem die Motivlage der Täter offen: Ist dies tatsächlich nur ein boshaftes, aus dem Ruder gelaufenes Spiel mit Todesopfern oder muss dafür eine neue Form gesellschaftlicher Verrohung und Dekadenz, eine Folge der Öffnung hin zur Demnokratie, verantwortlich gemacht werden? Der Ostblock nach der Jahtausendwende als Hort neorepublikanischer Barbarei wie in Roths "Hostel"-Filmen? Aber auch der zwei Jahre jüngere "Eden Lake" mit seinen mit seinen von den Niederungen des Strukturwandels verschlungenen Terrorkids wäre da eine recht interessante Parallelstudie.
Wie dem auch sei, ein ziemlich toller, sehenswerter Film ist "Ils" geworden, so man denn bereit ist, über die marginalen, dramaturgischen Schwächen hinwegzusehen.

8/10

Belagerung Nacht Rumänien Bukarest Xavier Palud David Moreau Terrorfilm Home Invasion



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Funxton

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