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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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IL PORTIERE DI NOTTE (Liliana Cavani/I 1974)



"She was my little girl."

Il Portiere Di Notte (Der Nachtportier) ~ I 1974
Directed By: Liliana Cavani


Genau dreizehn Jahre nach ihrem Aufenthalt in einem deutschen KZ begegnet die Dirigentengattin Lucia (Charlotte Rampling) ihrem ehemaligen Hauptaufseher im Wiener "Hotel Zur Oper" wieder, dem SS-Offizier Max Aldorfer (Dirk Bogarde). Aldorfer arbeitet dort unerkannt als Nachtportier. Mit ihm verband Lucia einst eine zunächst von Todesangst und später von gegenseitiger, paraphiler Erotik geprägte Abhängigkeitsbeziehung. Als Lucia Aldorfer wiedererkennt, wandelt sich das Entsetzen des Moments rasch wieder in unstillbares Verlangen. Aldorfers frühere Mittäter (u.a Philippe Leroy, Gabrile Ferzetti), die sich unliebsamer Zeugen und Indizienbeweise ihrer früheren Gräuel im Regelfall rasch auf ihre Weise zu entledigen pflegen, gefällt diese sie im Höchstmaß gefährdende Romanze überhaupt nicht.

Emotional wie intellektuell höchst komplexe Studie einer eigentlich unmöglich scheinenden, aus der historischen Sekunde des vervollkommneten Grauens heraus geborenen Liebe. Todesmaschinist und Opfer entdecken angesichts ihrer jeweiligen Ausnahmesituation, was sie sich gegenseitig geben und nehmen können und entwickeln daraus nach und nach eine zunächst sprachlos machende, auf perverse Weise jedoch zugleich sinnstiftende Beziehung. Geboren aus tiefer Körperlichkeit heraus avanciert das unerwartete Wiedertreffen so nach einer anfänglichen Rekapitulation des Lagerschreckens zu einer nach normierten Maßstäben abseitigen Amour fou, die nach einer Phase des Aushungerns und Darbens schließlich ihre einzig mögliche Erfüllung findet.
Cavani findet für diese einst nicht ganz zu Unrecht mit skandalträchtigem Impetus rezipierte Romanze nicht nur verführerisch schöne, freilich dunkelbraune Bilder; sie schafft zugleich das vermeintlich Unmögliche: Verständnis für ihre beiden Protagonisten zu evozieren, eine Form der Empathie für sie zu schüren gar, und schließlich, als sie in ihren alten "Uniformen" den erwarteten, von außen herbeigeführten Freitod finden, ein winziges Moment der Rührung aufflammen zu lassen. Die Brücke der Komplizenschaft errichtet sich damit sogar bis vor die Leinwand. Beängstigend. Dass "Il Portiere Di Notte" dennoch nie in Sphären der Verworfenheit oder Geschmacklosigkeit abdriftet, verdankt der Film neben seiner inneren Brillanz auch dem grandiosen Doppel Bogarde-Rampling und seiner kaum fassbaren, intensiven Darbietung. Unvergesslich.

9/10

Wien Skandalfilm Liliana Cavani Konzentrationslager Mozart Nationalsozialismus Paraphilie Amour fou



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Funxton

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