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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS (Terry Gilliam/USA 1998)



"Damn drugs."

Fear And Loathing In Las Vegas ~ USA 1998
Directed By: Terry Gilliam


Im Frühjahr 1971 begibt sich der Journalist Raoul Duke (Johnny Depp) zusammen mit seinem drug buddy Dr. Gonzo (Benicio del Toro) und einem Koffer voll diverser illustrer Rauschmittel nach Las Vegas, um in seinem ihm eigenen, als Gonzo-Journalismus getauften Berichterstattungsstil die Wüstenrallye 'Mint 400' zu dokumentieren. Später findet sich noch ein weiteres Engagement im Zuge des alljährlichen Polizeitreffens unter dem Schirmmantel der Drogenbekämpfung. Der mehrtägige, rauschgiftgeschwängerte Trip erweist sich im Nachhinein als Reise in die Abgründe der eigenen Seele und in das verfaulende Herz Amerikas.

"Fear And Loathing In Las Vegas", mit dem ich gestern feierlich, weil wieder mal zutiefst erschüttert, meine jüngste Terry-Gilliam-Retrospektive beschloss, anzusehen, kommt für mich jedesmal aufs Neue einem überwältigenden Ereignis gleich. Gewöhnlich vermeide ich eine nüchterne Betrachtung dieser monströsen Americana, sei es, weil sie sich bei verändertem Bewusstsein besser konsumieren und /oder begreifen lässt, sei es, weil ich sie nach zwanzigirgendwas-maliger Beschau nur noch so zu ertragen können glaube. Alles Blödsinn, das einzige Mittel, das mir gestern die Sinne hätte trüben mögen, war das Penicillin, das ich gegenwärtig zur Zerschlagung meiner akuten Tonsillitis nehme. Und trotzdem brach der Film abermals über mich herein wie die Acid-Fledermäuse über Johnny Depp in der kalifornischen Wüste: Eine gewaltige Bestandsaufnahme einer Nation am Arsch, zwischen Nixon, Vietnam, Kent State und einem unterminierten Liebessommer, in der nur noch die bleibende Musik von den gestrigen, kurzlebigen Träumeridealen zeugt. Und die Drogen natürlich. Wirkungsgrade und -dauer jeder einzelnen von ihnen wird uns minutiös nahegebracht, bestimmte Verhaltensregeln und was sich bei dem einen vielleicht anders niederschlägt als beim anderen. Besonders Bewusstseinsverzerrendes ist bei Duke und Gonzo gefragt: Mescalin, LSD, Äther, Poppers und ein besonders tückisches Zeug namens Adrenochrom, samt und sonders recht und billig, um Las Vegas zu er-, unter- und überleben, obschon die Stadt - Zitat Raoul Duke - "nicht gemacht scheint für User halluzinogener Drogen". Eher sanftes Zeug wie Koks, Joints, Alkohol fungiert als Realitätsanker. Immerhin findet man inmitten von schweinischem Benehmen und Vandalismus noch hinreichend Zeit zu rückhaltloser Rauschmittelarroganzia, sowie dazu, über die nationale Verworfenheit zu sinnieren. Genau deswegen ist "Fear And Loathing In Las Vegas" auch das hochrangige Stück Literatur (und Film, natürlich) geworden, als das es heute gerufen wird.
Abschließend noch etwas redundante Hypothese und Arschkriecherei: Ich möchte behaupten, dass ein anderer Filmemacher als Terry Gilliam die notwendige Gratwanderung zwischen ausgelebtem Hedonismus und gesellschaftspolitischem Statement in einer solch überirdischen Perfektion nicht hinbekommen hätte.
Darum: Viva T.G.!

10/10

Farce Satire Alkohol Americana Drogen Journalismus LSD Freundschaft Groteske Hunter S. Thompson Las Vegas Terry Gilliam Beat Generation



Filmtagebuch von...

Funxton

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