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FakeShemp's Blog

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The Girl Who Knew Too Much, Italien 1963



So ein eleganter Giallo aber auch! Alles trifft den rechten Ton, nichts bereitete mir Schmerzen. Ich glaube, das wird mein Lieblings-Giallo für die nächste Zeit, denn erstens stammt er aus einer Epoche, wo das alles noch unverbraucht war und Italien mir persönlich cineastisch am besten gefällt - die Damen, die Mode, die Frisuren, die Art und Weise -, zweitens verblüffte mich die bereits erwähnte leichthändige Inszenierung ohne Verkrampfungen und gröbere Ausrutscher, und drittens bekam ich nach „Die Stunde, wenn Dracula kommt" eine weitere der leider leider raren Gelegenheiten, Bava beim Pinseln unvergleichlich stimmungsvoller Schwarzweißbilder zu erleben. Mich erinnerte viel an dessen Debüt, war ja auch noch nicht so lange her damals. Kann sein, dass alleine das Fehlen von Farbe daran Schuld trug, aber ich glaube, dass da noch etwas von Asa abfärbte, was die Inszenierung angeht. Selbst die Musik in den Momenten, in denen Bava die Spannungsschraube gewohnt virtuos anzieht, ließ mich immer wieder an moldawische Hexen denken. Kein Wunder, denn Roberto Nicolosi durfte auch hier aufspielen. So schwarzweiß, wie das Bild gemalt wird, so wechselstimmig geht es auch zu. Witzigleichte Momente werden urplötzlich in unheimliche Spannung getaucht und das ist es, was „TGWKTM" besonders auszeichnet. Kaum ein anderer hätte das so selbstverständlich und unbeschwert hinbekommen, als der Maestro der schaurigen Bilder. Heiterer Tag wandelt sich in einer Millisekunde in bedrückende Nacht und umgekehrt genauso. Was ganz was Feines hat Onkel Bava da gebacken, ich muss mir sofort einen Hut kaufen, damit ich ihn ziehen kann!
Bedauernswerterweise lag mir nur die französische DVD vor und so musste ich den italienischen Ton wählen, was so tragisch aber Gott sei Dank nicht ist. 70 Prozent verstehe ich. Es gibt zwar englische Untertitel, aber die tummeln sich zudem nur im unteren schwarzen Balken und so hätte ich das Bild gar nicht ordentlich 16:9 aufziehen können, wäre ich darauf komplett angewiesen gewesen. Aber zum Glück fließt da noch etwas Bolognese durch meine mit Schweinebraten und Kraut verklebten Venen. Und am schönsten ist das Flair im Original sowieso. Da der Film in anderer Hinsicht ein wenig zurückhaltender ist, immerhin bleibt der Horror auf atmosphärische Zutaten beschränkt, und alles sehr ordentlich und gut durchdacht vonstatten geht, dürfte auch der spießige Skeptiker hier eine Ahnung davon bekommen, was für ein Talent da am Werke war, das leider nie so richtig zu den Ehren gelangte, die ihm gebührt hätten. Das mag zwar schade sein, aber vielleicht ist es andererseits auch gut so, dass der Herr Regisseur nicht von Hollywood aufgesogen wurde und auch in Italien ein eher "Kleiner" bleiben musste. Die schönsten, lebendigsten Werke gibt es eh nur auf dem Jahrmarkt der verwegenen Zelluloidbelichter- und Vernichter, wie man weiß. Einen ewigen "Geheimtipp" umweht zudem immer etwas Verführerischeres und Erhabeneres, als altbekannte und ob der allseitigen Zustimmung irgendwie auf Dauer blasser werdende anerkannte Meister.

The Girl Who Knew Too Much Italien 1963 Giallo Klassiker Mario Bava Dario Argento John Saxon



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