Funk_Dogg sagte am 09.10.2007, 15:12:
Das sehe ich anders. THE REAPING ist allerhöchstens affirmativ-symptomatisch, aber keinesfalls selbst engagiert - um "Position zu beziehen" ist der ja viel zu unreflektiert. Dem geht es um den vordergründigen Thrill und massentaugliche Unterhaltung ohne unangenehmen Nachhall. Das spiegelt sich für mich schon im Regisseursposten: Hopkins ist ja nie mehr als ein guter Handwerker und Vollstreckungsgehilfe gewesen.
Zur politischen Komponente des Exorzisten: Da wird - wenn man das so lesen will - letztlich der keimenden Sexualität der Stempel des absoluten Bösen aufgedrückt. Ich finde das noch deutlich reaktionärer als die Heititei-Hokuspokus-Gottesfürchtigkeit von THE REAPING.
Wenn man die Figur der Katharine aus THE REAPING mit Father Karras aus THE EXORCIST vergleicht, fällt einem auf wie ähnlich sich beide Filme eigentlich inhaltlich sind.
siehste, und ich sehe das eben wieder anders. so, wie die protagonistin in
the reaping vom glauben abfällt, dann als wissenschaftlerin eine störrische hetze gegen aberglauben betreibt und dann doch wieder gott annimmt und sich in seinen dienst stellt, sehe ich sie ganz anders als karras - der bleibt in seinem amt und sucht nach zeichen, die ihm gott zeigen, er bittet gott, mit ihm in kontakt zu treten, weshalb die erkenntnis der echten besessenheit im grunde eine erlösung für ihn ist. für seine figur ist es ein happy-end, dass er seinen glauben wiederfindet. die frau in
reaping, so empfinde ich das, sucht nicht nach ihrem glauben, sondern versucht mit ihrer arbeit gott - den sie eigentlich gar nicht in zweifel zieht - zu demontieren, ihm die grundlage zu entziehen. ihre erkenntnis am ende ist ein kleinbeigeben, das happy-end ist nicht ihres, sondern ein triumph der religion.
die dämonisierung der aufkeimenden weiblichen sexualität ist besonders in beziehung zum katholizismus ja nicht sonderlich bemerkenswert... insofern kreide ich das dem film eigentlich nicht so sehr an. erstmal passt es hervorragend in die geschichte, dass die besessene ein junges mädchen ist - das mysterium der weiblichen kreativität (die bedrohung der ersten blutung!), das bild weiblicher hysterie, die unterdrückung der weiblichen sexualität, alles gründe, warum es gerade ein junges mädchen treffen sollte. dann funktioniert der schockeffekt sicher besser, wenn die tochter besessen ist als wenn es die mutter wäre, daher kann ich das als prämisse für einen horrorfilm akzeptieren. bei dem ja die aufkeimende sexualität auch immer irgendwie ein thema ist - da werden ja auch promiskuität und schon allein interesse bestraft (gut, auch da ist das reaktionär).
dass
reaping nicht position bezieht - also eine intention in dieser richtung hat oder nicht - können wir beide nicht wissen. ich empfinde nur eben die darstellung der wissenschaftlerin sowie der ganzen apokalyptischen situation vor dem hintergrund der kreationismus-debatte im jahr 2007 als schlimmer als eine etwas verstaubte figurenwahl in einem film aus den 70ern. schon gar, wenn der film als horrorfilm so viel schlechter funktionert als der verglichene.