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The retina of the mind's eye - Filmforen.de - Seite 9,26666666667

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The retina of the mind's eye


454 Antworten in diesem Thema

#249 Hick

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Geschrieben 15. April 2008, 10:40

Eins, Zwei, Drei (One, Two, Three, USA 1961, Billy Wilder) (DVD)

Wilders Cold-War-Comedy bildet den Auftakt zu einer kleinen Retrospektive, die ich zum Werk des Regisseurs plane. Anfangs braucht der Film etwas um warm zu werden (oder ich, um mit ihm warm zu werden); aber in dem Moment, wo Horst Bucholz als proletenhafter Proletarier auftritt und dem Coca-Cola-Magnaten die Revolution an den Hals wünscht, überschlägt sich das Drehbuch förmlich. Allein das Sprachwitz-Talent James Cagneys ist unerhört und hier sicherliche einer der Höhepunkte der Komödien-Filmgeschichte.

Wie Wilder den noch in den Kinderschuhen steckenden kalten Krieg (der mit dem Bau der Berliner Mauer und danach der Invasion der Kubanischen Schweinebucht seinen Höhepunkt findet) hier quasi metaphorisch als Ost-West-Handelsbeziehung und -Paarbildung vorwegnimmt, hat schon fast hellseherischen Wert. Die großen Systeme entlarven sich in "Eins, Zwei, Drei" gegenseitig in ihrer Scheinhaftigkeit, indem Wilder deren Statthalter (eben: Cagney und Buchholz) mit den Insignien der Ideologie wedeln lässt. In der Autofahrt zum Flughafen gegen Ende vermischen sich die Einstellungen und Körper dann derartig, dass sämtliche Differenzen "fahren gelassen" werden.

#250 Hick

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Geschrieben 23. April 2008, 06:28

Eraserhead (USA 1977, David Lynch) (DVD)

Screening zum Seminar. Intendiert war von mir, den Studenten zu zeigen, wie es eigentlich mehr ihre auf Konventionen beruhende Erwartungshaltung und Seherfahrung ist, die einen Film wie "Eraserhead" so opak und "unverstehbar" erscheinen lässt. Den Intentionalismus (Lynch und der Surrealismus) beiseite schiebend, ist es uns dann gelungen, mit Balasz' Begriff der "Subjektivität" (in seiner Doppelbedeutung) einen Ansatz zu finden, "Eraserhead" zumindest auf dieser Ebene zu entzaubern. Ein Rätsel und ein Meisterstück bleibt der Film natürlich dennoch

#251 Hick

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Geschrieben 23. April 2008, 06:28

Schramm (D 1993, Jörg Buttgereit) (DVD)

Gerade weil ich beide Filme ja nun in kurzem Abstand zueinander gesehen habe, kann ich ohne große Scheu behaupten: "Schramm" ist schon irgendwie der deutsche "Eraserhead". Enigmatisch, düster, zur Anteilnahme auffordernd und vor allem neutral gegenüber seinem Gegenstand ist Buttgereits letzter Film gleich auch sein bester. Das, was aus Budgetgründen am Set nicht realisiert werden konnte, leistet das Team am Schnittpult. Die auf das Repetitive bedachte, beinahe schon fugenhafte Bilderzählweise setzt zeitlich verschiedene Ereignisse zueinander ins Verhältnis, verlangt nach Neubewertungen und ist letztlich auch der Grund für die überaus fruchtbare Indifferenz, die der Film zu seinem Sujet einnimmt. Jetzt, nach "Schramm", unterstreiche ich meinen Wunsch nach einem neuen Buttgereit einmal mehr. "Nekromantik 3" muss kommen ... am besten wieder mit Monika M., die in "Schramm" schauspielerisch noch eins drauf gelegt hat.

#252 Hick

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Geschrieben 28. April 2008, 07:37

Lost Highway (USA 1996, David Lynch) (DVD)

Über den Film habe ich ja nun wirklich schon genug geschrieben. Was natürlich nicht heißt, dass ich schon genug drüber wüsste. Im Seminar haben wir uns auf der Basis von Edward Branigans Point-of-View-Theorie an “Lost Highway” herangemacht und verschiedene Arten von Blickstrategien daran analysiert. Etliche der Verwirrungen, die der Film bereithält, stammen aus dem missbräuchlichen Einsatz von PoV-Szenen. Die Konventionsverstöße sind dabei genauso vielfältig wie produktiv und schließen nicht zuletzt auch die intradiegetisch inszenierten Medien mit ein.

#253 Hick

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Geschrieben 28. April 2008, 07:38

More (BRD/F/Lux 1969, Barbet Schroeder) (DVD)

Was Schroeder in seinem Debutwerk behandelt, ist nicht weniger als der Abgesang auf die Hippie-Ära. Schon 1969 hat sich für ihn die Weltflucht der “Generation of Love” in die Drogen als Weg ohne Rückkehr gezeigt. Er lässt seinen hoffnungsvollen deutschen Uni-Absolventen Stefan zuerst nach Paris reisen, dort die ehemalige heroinabhängige Amerikanerin Estelle kennen lernen und schickt dann beide in ihr sicheres Ende auf die Ferieninsel Ibiza. Dort stiehlt Estelle einem reichen deutschen Gönner 200 Portionen Heroin und hängt bald wieder an der Nadel. Stefan, der das zunächst vollkommen ablehnt, überredet sie schließlich doch zu einem Fix und besiegelt damit sein Schicksal. Nach und nach verlieren die beiden den Bezug zur Realität, bringen sich an den Rand des physischen und sozialen Ruins und können doch nicht aufhören und erst recht nicht voneinander loskommen. Schroeders Film problematisiert den Übergang von den “weichen” bewusstseinserweiternden Drogen zu den harten “Realitätsfluchthelfern” sogar, gibt Stefan und Estelle mehrere Möglichkeiten auszusteigen und umzukehren. Aber gerade ihr alternatives Weltbild scheint sie zu zwingen, diesen Weg des Nonkonformismus bis zu Ende zu gehen.

Eingefügtes Bild

“More” ist ein überaus bitterer Film, weil seine Bildsprache in so krassem Gegensatz zu seiner Fabel steht. Der Grund der Veröffentlichung der Filme war offenbar die Tatsache, dass “The Pink Floyd” (damals noch mit “The”) den Soundtrack zum Film beigesteuert haben. Die wenigen reinen Instrumentalstücke auf deren Album “More” haben allerdings nur selten Gelegenheit zum Soundtrack zu werden; zumeist werden die Songs als Source Music in die Handlung eingebaut, dann auch nur angespielt und damit zum akustischen Illustrator von “Hippieness”. Dass die Musik der Floyds eigentlich schon damals noch ganz andere Konnotationen gehabt hat (gerade Stücke wie “‘Quicksilver” und “Cirrus Minor” belegen dies), vermittelt der Film allenfalls in seinem kritischen Gestus.

#254 Hick

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Geschrieben 28. April 2008, 07:40

La Vallée (Frankreich 1972, Barbet Schroeder) (DVD)

Und auch der “zweite” Schroeder-Film nimmt sich noch einmal den Idealen der Hippie-Bewegung an. Dieses Mal ist es das tief im westlichen Denken verankerte (und wohl auf den Dualismus zurückgehende) Bedürfnis der Identifikation mit dem Anderen, was um 1970 im massenweisen Bekenntnis zu fremden Ethnien und Religionen seinen Ausdruck fand. Die Pariser Künstlerin Vivianne reist ins Herz Neu Guineas, wo sie auf der Suche nach seltenen Federn des Paradisvogels ist. Zufällig lernt sie den jungen Mann Olivier kennen, der zu einer “Expeditionsgruppe” gehört. Diese hat sich vorgenommen in ein bis dato nicht kartografiertes (eben: "obscured by clouds") Tal vorzustoßen, weil sie dort “das Paradies” vermutet. Auf ihrem Weg dorthin wirft die Künstlerin mehr und mehr Zivilisationsballast über Bord, lässt sich von der freien Liebe überzeugen, nimmt Drogen und verfällt schließlich in eben jene Aussteigerromantik, der auch ihre Reisebegleiter nachhängen.

Eingefügtes Bild

Und wieder bringt Schroeder seine Kritik auf den Punkt. Hier, als die Truppe auf einen Eingeborenenstamm stößt, zu dessen jährlicher Feier die Europäer eingeladen werden. Was für die Hippies ein Bekenntnis zur Alterität, Verbundenheit mit der Natur und Freiheit der Lebensweisen wird, offenbart sich Olivier bald als Trugbild: Die Eingeborenen feiern nicht aus “Lust”, sondern aus traditionellem Zwang. Ihre Frauen sind nicht frei, sondern noch stärker versklavt als die Europäerinnen. Die Suche nach Alterität entpuppt sich ihm als Lebenslüge: Man kann nicht aussteigen. Man kann niemand anderes werden und schon gar nicht in eine andere Kultur flüchten - der Wille zur Flucht ist selbst immer schon ein konstitutiver Zug europäischen Denkens und Handelns. Auch hier verknüpft Schroeder seine ernüchternde Erkenntnis wieder an sagenhafte Bilder. “La Vallée” pendelt zwischen Natur-, Ethnologie- und Liebesfilm, konzentriert sich oft minutenlang ohne Kommentar auf das Stammesleben der Eingeborenen und verliert damit beinahe den Plot aus den Augen. Eigentlich ein ziemlich gewagtes Projekt, das, zumal mit dieser Message, für einiges Aufsehen gesorgt haben dürfte. Im Rückblick erweist sich “La Vallée” allerdings als dialektisch-hellseherischer Abgesang - besungen von “The Pink Floyd”, deren Album “Obscured by Clouds” den Soundtrack zu Film bildet … und doch eigentlich wieder nur als Source Music in die Bilder gelegt wird.

#255 Hick

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Geschrieben 28. April 2008, 17:22

Nightmare Lover (Dream Lover, USA 1994, Nicholas Kazan) (DVD)

Warum heißt "Dream Lover" hierzulande "Nightmare Lover"? Wohl aus demselben Grund, aus dem "Copycat" in Deutschland unter "Copykill" gehandelt wird: Weil der Verleiher die eigene Mangelbildung gern auf Dritte appliziert. Aber zum Film: Mädchen Amick ist sicherlich eine der schönsten Schauspielerinnen aller Zeiten, aber am Ende von "Nightmare Lover" mochte ich sie "irgendwie" nicht mehr so. Das liegt daran, dass der Film es trotz aller Unwägbarkeiten, Plot-Holes und nicht zuende gedachten Ideen schafft, in ihr eine Femme Fatale aufzubauen, wie sie seit Marlene Dietrich in "Zeugin der Anklage" hinterlistiger kaum je zu sehen gewesen ist. Der Film legt gerade im letzten Drittel alles daran, die Figur zu dämonisieren, ihr konsequent und in allen Belangen Berechnung zu unterstellen und aus ihr eine "Maschine" (so wird sie vom armen, gebeutelten James Spader einmal genannt) zu machen.

Damit wird sie im Sinne der Plotkonstruktion natürlich zu einem "Prinzip" ernannt, das eine bestimmte Funktion zu erfüllen hat. Aber sind nicht alle Figuren in narrativen Konstruktion derartige "Maschinen" und haben wir manche von ihnen vielleicht nur deshalb gern, weil sie uns ihr Maschinensein so gut verbergen? Überstrahlt nicht lediglich das Goodboy-Image Spaders (das er hier sehr gut aus "Sex, Lies, and Videotapes" herüber gerettet hat) sein maschinelles Agieren? Ist er als der zwar manchmal etwas impulsive, doch stets reumütige Millionär nicht auch irgendwie ein "Prinzip" - wenn auch eines, mit dem wir uns eher identifizieren mögen als mit einer Frau, die auch mal aus Berechnung mit einem Mann ins Bett (und dann sogar vor den Altar) steigt? "Nightmare Lover" macht doch im Prinzip nichts anderes als die Adern unserer Zivilisation offenzulegen, indem er das Gegenprinzip zur romantischen Liebe, die Vernunftehe und politische Hochzeit vorromantischer Zeiten auf die Gegenwart appliziert. Böse wirkt Mädchen Amick deshalb, weil sie gleichermaßen antiquiert und modern ist, aber eben in den falschen Aspekten: Sie gibt ihre Selbstbestimmung nicht an der Wohungstür ab und plant ihr Leben nicht als Variable innerhalb der "Stammfunktion" ihres Mannes - sondern eben nach dem Rhythmus einer "different drum". Gut, Spader wird, weil das alles zu wahnsinnig klingt, um nicht paranoid zu sein, schließlich interniert. Doch wir wissen, wer die eigentlich Irre ist: diejenige, die sich nimmt, was sie haben will.

So, jetzt kann ich Mädchen Amick doch wieder liebhaben. :)

#256 Hick

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Geschrieben 05. Mai 2008, 06:44

Eating Raoul (USA 1982, Paul Bartel) (DVD)

Es ist eine fremde, seltsame Welt, die sich Regisseur-Hauptdarsteller Paul Bartel da ersonnen hat. Eine Welt voller sexueller Aggression, in der die beiden prüden Träumer Paul und Mary ihr Lebensglück in Form von Geld für die Eröffnung eines eigenen Restaurants suchen. Um das zu erreichen, machen sie sich die Geilheit der anderen zunutze, eröffnen ein S/M-Studio, empfangen dort reiche und verdrehte Kunden und erschlagen sie. Als sich Ihnen der windige Schlosser Raoul zugesellt, wächst die Beute in bis dahin ungekannte Höhen, denn Raoul verkauft die Leichen an eine Hundefutterfabrik und deren Autos an einen Gebrauchtwagenhändler. Immer grotesker werden die Gewalttaten, immer umfangreicher die Verbrechen. Als Raoul sich schließlich mit Mary einlässt, wird auch er Opfer des Systems und landet am Ende auf dem Teller der frisch gebackenen Restaurantbesitzer.

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Jetzt habe ich den Schluss verraten, aber das hat der Titel des Films schon vor mir getan. Es ist schon verwunderlich, dass “Eating Raoul” ausgerechnet so betitelt wurde, spielt das Raoul-Essen doch wirklich nur eine marginale Rolle und steht sozusagen als Plottwist (der durch den Titel schon vor Beginn des Film vorweggenommen wird) am Happy End des Films. Es ist ein fremder, seltsamer Film.

#257 Hick

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Geschrieben 09. Mai 2008, 06:17

Flucht aus L.A. (Escape from L.A., USA 1996, John Carpenter) (DVD)

Lange habe ich gezögert, mir die Fortsetzung von “Die Klapperschlange” anzusehen, vor allem, weil die Kriitken so einhellig vernichtend waren. Und tatsächlich sieht der Film im Vergleich zum Vorgänger allein auf der ästhetischen Ebene ziemlich blass aus - einmal davon abgesehen, dass das dramaturgische Konzept völlig abgenudelt ist.

“Flucht aus L.A.” thematisiert dieses Problem aber nicht nur (siehe Überschrift-Zitat), sondern scheint sich auch mehr vom Plot auf eine Art von Gegenwartskritik zu verlagern, in der Carpenter ein ganzes Bündel kultureller Missstände der Entstehungszeit des Films in die Utopie überführt. Erstaunlich ist dabei, wie zielsicher seine Prognose ausfällt - vor allem, wenn man den christofaschistischen Backlash, den die USA seit ein paar Jahren erleben, in diesem mitterlweile 12 Jahre alten Film bereits detailliert angekündigt sieht. Fast so, als hätte die Ära Clinton irgend etwas in dieser Richtung schon ahnen lassen. Aber vielleicht ist Carpenter auch nur ein ziemlich präziser Beobachter.

Ich bin schon auf philosophus’ Vortrag über die Raumkonzeptionen des Films im demnächst stattfindenden Doktorandenkolloquium gespannt!

#258 Hick

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Geschrieben 09. Mai 2008, 06:18

Blutgericht in Texas (USA 1974, Tobe Hooper) (DVD)

Aus beruflichen Gründen habe ich mir Hoopers Debüt, das ich in meiner Diss. ziemlich intensiv diskutiert habe, noch einmal angeschaut - dieses Mal in der deutsch synchronisierten Fassung. Und ich muss schon sagen, dass ich angesichts der groben Fehler und Vereinfachungen der deutschen Tonspur beinahe verstehen kann, wieso der Film so einhellig verrissen und schließlich sogar beschlagnahmt wurde. All die Doppeldeutigkeiten und Anspielungen (”Everthing means something, I guess.”) fehlen und machen einer ziemlich lustlosen Nachvertonung Platz von der allein die Stimmen des Anhalters und des Rollstuhlfahrers Franklin interessant wirken. Falls der Film in Deutschland noch einmal eine Chance bekommen sollte, würde ich mir eine Neusynchronisation wünschen.

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Geschrieben 09. Mai 2008, 06:18

Speer Racer (USA 2008, Wachowski-Brothers) (PV Ufa Düsseldorf)

Es hat ein paar Jahre gedauert, bis die Wachowskis wieder einen neuen Film fertig gestellt hatten und es hat sich durchaus gelohnt. “Speed Racer” verwöhnt auf der optischen Oberfläche vollends. Die Farben, die Kontraste, die Geschwindigkeit, die Montage, ja, sogar die etwas arachischen Wischblenden sind reinstes Eye-Candy. Die Geschichte, die erzählt wird, stammt spürbar aus den 1960er Jahren, ist jedoch in einer Welt angesiedelt, die unserer nur in Aspekten ähnelt und in der Stilebenen von den 30er, 50er und 80er Jahren konturlos in einander fließen. Aber wie lehrt schon die allgemeine Relativitätstheorie: Ist die Bewegung nur schnell genug, verkürzen sich für den Beobachter die Zeitabstände.

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Geschrieben 11. Mai 2008, 11:39

Shutter (Thailand 2004, Banjong Pisanthanakun & Parkpoom Wongpoom) (DVD)

Kurz vor den Pfingstferien habe ich im Screening "Shutter" gezeigt, zu dem speziell die medial (d. h. fotografisch) induzierte erzählerische Unzuverlässigkeit diskutiert werden soll. Der narrative "Konflikt" scheint sich hier aus den medienontologischen/-technologischen Unterschieden von Fotografie und Film zu entwickeln. Fotografie will in "Shutter" ihr Schattendasein aufgeben, will bewegt sein und Film werden; Film verrätselt seinen Plot, weil seine Einzelbilder viel zu schnell an uns vorüberfließen und wir durch das "Dynamit der Zehntelsekunde" aus den Bedeutungskonstitutionen des einzelnen Kaders herausgesprengt werden.

Gegebenenfalls gibt es nächste Woche dann auch eine kleine Exkursion zum Remake.

#261 Hick

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Geschrieben 11. Mai 2008, 22:30

Die Verwandlung (BRD 1975, Jan Nemec) (VHS)

Vor dem Hintergrund der Erzählperspektive und der medienspezifischen Point-of-View-Strategien wird der Vergleich zwischen Literatur und filmischer Adaption doch noch einmal interessant. Gerade Nemecs Fernsehfilm leistet hier einiges - geboren aus der puren Not und der “Rücksicht auf die Darstellbarkeit”: Den Käfer bekommen wir nie zu Gesicht, aus der Ego-Perspektive sind jene Szenen gefilmt, in denen er die Erzählinstanz oder der adressierte Antagonist wird. Das koinzidiert insofern mit der Erzählung Kafkas, als auch sie selbst eine Mischung aus Ich-Erzählung und erlebter Rede bildet.

Der Film konzentriert sich vor allem auf zwei Motive, die in der Erzählung zwar schon angelegt sind, dort jedoch eher beiläufig behandelt werden: Das Essen und die Sexualität. Beides ist im Film bis ins Groteske verzerrt und kehrt die eigentlich komischen (bzw. grotesken) Momente der Erzählung hervor. Die Figuren benehmen sich bei Tisch “wie die Tiere” und sind Gregor Samsa damit eigentlich schon zum verwechseln ähnlich. Und wenn sein in der Erzählung zum Ende hin geäußerter Wunsch nach “Vereinigung” mit der Schwester bereits reichlich bizarr anmutet, dann sind es die in den unterschiedlichsten und unpassendsten Situation übereinander herfallenden und sich aneinander reibenden menschlichen Protagonisten des Films erst Recht.

Die zunehmende Verdinglichung, die sich vom Anfang bis zum Ende der Erzählung verabsolutiert (die Putzfrau nennt den toten Gregor-Käfer schließlich “das Zeug”), weicht im Film einer von vornherein als tierisch dargestellten Bürgerlichkeit, in der Gregor nur die passende Form gefunden zu haben scheint, während die übrigen Figuren noch nach ihr suchen.

#262 Hick

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Geschrieben 12. Mai 2008, 22:22

Der Kannibale von Rotenburg (D 2008, Günter Stampf) (DVD)

Dass gerade der Film aus dem Hause Stampfwerk das vergleichsweise anspruchsvollste Produkt über den Kannibalen-Fall von Rotenburg werden würde, hätte ich nicht gedacht. Zumal die RTL-"Extra Spezial"-Sendung vom letzten Jahr genau den gegenteiligen Eindruck erweckt hat. Die doppelt so lange DVD-Version nimmt allerdings die Geschwindigkeit aus der "Erzählung" (was dem Verständnisprozess zugute kommt) und lässt gerade denjenigen, die wirklich etwas zu sagen haben - dem Täter und dem Sexualwissenschaftler - mehr Raum für Erklärungen und Reflexionen. Die trotzdem noch vorhandenen reißerischen Ausfälle auf der Off-Tonspur verblassen gegen die Ruhe der Interviewpartner.

Meine Kritik bei F.LM.

#263 Hick

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Geschrieben 17. Mai 2008, 07:40

Snakes on a Plane (USA 2006, David R. Ellis) (DVD)

Nichts bricht einem Trashfilm vernehmlicher das Genick, als wenn sein Trashappeal gewollt inszeniert ist. Dann hilft nur ein merklicher Abstand zu sich selbst (zu bewundern in den Filmen Tarantinos und Rodriguez') oder er ist dem Untergang geweiht. Als "Snakes on a Plane" am Reißbrett entstand, waren sich die Macher offenbar noch nicht über dessen Trashappeal im Klaren - dann jedoch startete eine bis dahin beispiellose Internet-Kampagne, die erst darauf hinwies, wie hanebüchen das Plotkonzept des Films ist. Das griff man flugs auf und versuchten den zweitklassigen Actionfilm in einen erstklassigen Trashfilm zu verwandeln. Beim ersten Sehen hat mich das Ergebnis dieser Bemühung noch überzeugt, denn die Konstruktion ist wirklich so überaus absurd, die Figuren - allen voran der Held - so beispiellos blödsinnig gezeichnet, dass sich der Spaß geradezu zwangsläufig einstellt. Jetzt habe ich den Film zum zweiten Mal gesehen und bin in das Tiefe Loch seiner Gewolltheit gestürzt. "Snakes on a Plane" hat (zumindest für mich) nichts, was eine zweite Sichtung irgendwie rechtfertigen könnte. Er ist pure, selbstgefällige, aalglatte Oberfläche.

#264 Hick

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Geschrieben 17. Mai 2008, 08:07

[Rec] (Spanien 2007, Jaume Balagueró) (Kinopolis Bonn)

Eigentlich wollte ich ja zusammen mit philosophus das "Shutter"-Remake sehen, doch das war eigenartigerweise vom Programmplan gestrichen. Was lag da näher, als noch einmal "[Rec]" anzuschauen, der ja bereits bei den FFF-Nights lief. Die deutsche Synchronisation ist sehr angenehm und ich meine sogar Friedrich Schönfelder die Rolle des Cesar (Carlos Lasarte) sprechen gehört zu haben. Überdies war das Wiedersehen mit Manuela Velasco ein echter Genuss. Eine der niedlichsten Schauspielerinnen, die zurzeit auf der Leinwand zu sehen sind.

Aufgefallen ist mir erst bei dieser zweiten Sichtung, wie stark sich der Horror in der letzten Zeit auf klaustrophobische Szenarien konzentriert, bzw. wie aus und in diesen Szenarien die effektivsten Horrorfilme der letzten Zeit destilliert werden: Neben "[Rec]" ist ja auch "Á L'Interieur" ein solcher Film und als beider Vorgänger könnte man "Right at your door" ansehen, der vielleicht auch gleich den diskursiven Hintergrund/Grund für diese "Deprivatisierungstendenz" vorgibt: Die Invasionsfilme der 50er Jahre haben die "erste Kränkung" dargestellt, nämlich dass die Grenzen des Heimatlandes mithin also die Verteidiungspolitik keinen Schutz mehr bieten. Die Serienmörder-, Backwood- und Terrorfilme der 1970er Jahre bebildern die "zweite Kränkung", dass die Gesellschaft aus sich heraus Bedrohung produziert, also die Innenpolitik kapituliert. In den "Home Invasion"-Filmen der jüngeren Vergangenheit wird nun die letzte Bastion des bürgerlichen Schutzes eingerissen, indem sich die "Krankheit" einerseits in der Keimzelle des Privaten entwickelt ("[Rec]"), unaufhaltsam in sie eindringt und sie virusartig kolonisiert ("Á L'Interieur") oder sich durch die Abschottung erst zur tödlichen Bedrohung entwickelt ("Right at your Door"). Sicherlich eine wacklige Hypothese, die zuerst einmal mehr Beispiele als Beleg benötigt ... ich arbeite dran. :)

#265 Hick

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Geschrieben 18. Mai 2008, 10:25

The Machinist (El Maquinista, Spanien 2004, Brad Anderson) (Blu-ray)

Nach dem Snakes-on-a-Plane-Fiasko bin ich über einen Film wie “The Machinist” hoch erfreut, bei dem es sogar gar nicht genügt, ihn nur einmal gesehen zu haben. Ich werde ihn in Kürze ja auch in der “1st-Person-Movies”-Übung diskutieren und dort wohl speziell auf die Verwendung filmischer Zeichensysteme sowie die Zusammenhänge zwischen Signifikationsprozessen und Psychosen (paranoide Schizophrenie) eingehen. “The Machinist” schiebt die Bedeutsamkeit seiner Bildsprache bis fast zum Ende hin auf, wo man dann eine wahre Signifikationsexplosion miterleben kann. Zudem ist es auch ein unglaublich intensiver und menschlicher Film - gerade auch durch den Kontrast seiner Erzählung zu einen überaus bleichen und kargen Bildern. (Die günstige Blu-ray-Disc von e-m-s verdoppelt die Kargheit des Films in ihrer Ausstattung: Kein normales Menü, keine Extras … dafür jedoch ein sehr gutes Bild.)

#266 Hick

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Geschrieben 22. Mai 2008, 07:49

An American Crime (USA 20067, Tommy O'Haver) (DVD)

Was das Merken und Wiedererkennen von Schauspielernamen und -gesichtern angeht, bin ich zugegebenermaßen eine ziemliche Niete (und deshalb ein leichtes Opfer für "Scene-it"-Gegner"). Aber ab und zu passiert es mir dann doch einmal, dass sich mir ein Gesicht einbrennt - und manchmal erkenne ich das erst im Nachhinein, wie bei Ellen Page. Der bin ich zum ersten Mal vor zwei Jahren im Film "Mouth to Mouth" begegnet und war überwältigt von der Frische und Natürlichkeit, mit der die damals 18-Jährige ein ausgerissenes Teenager-Mädchen spielt, das in die Fänge einer Sekte gerät. Das nächste Zusammentreffen mit ihr fand etwas später im ein Jahr nach "Mouth to Mouth" gedrehten "Hard Candy" statt. Und obwohl ich den Film in seiner unverholen retributivistischen Moral en gros abstoßend finde, bin ich von der Darstellung der jugendlichen Folterknechtin - eben Ellen Page - einigermaßen verblüfft gewesen - nicht nur, weil sie es geschafft hat mich zusammen mit dem Film-Pädophilen an der Nase herumzuführen und in die Plotfalle tappen zu lassen, sondern auch, weil ihre Kalkuliertheit keinen Augenblick lang wie eine Drehbuchkonstruktion wirkt.

Zuletzt war es dann auf dem 2007er Fantasy-Filmfest "An American Crime", in dem ich Page gesehen habe und als ich den Film vorgestern zusammen mit meiner Frau noch einmal auf DVD angeschaut habe, war ich abermals wie vom Donner gerührt. Das liegt meines Erachtens wiederum vor allem am Schauspiel Ellen Pages, die die zu Unrecht gemarterte 15-jährige Sylivia mit einer Empathie spielt, die so manchem überagierenden Jesus-Darsteller gut zu Gesicht gestanden hätte. Ein unglaubliches Talent, sich nicht nur in Opferrollen einzufühlen und diese authentisch wiederzugeben, sondern aus der Opferrolle auch ausbrechen zu können - sei es erfolgreich, wie in "Hard Candy" oder als tragischer Selbstbetrug wie in "An American Crime". "Juno", der wohl bislang bekannteste Film mit Ellen Page in der Rolle eines schwangeren Teenagers, steht mir noch bevor und ich kann nur sagen: Seit ich weiß, wer sie ist, erwarte ich jedes Wiedersehen mit ihr mit Spannung.

#267 Hick

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Geschrieben 22. Mai 2008, 08:18

Die rote Flut (USA 1984, John Milius) (DVD)

Immer noch und immer wieder ein Mysterium, dieser Film. Bis ins Herz hinein reaktionär, aufstachelnd, politisch falsch, chauvinistisch und nationalistisch. Und doch kann ich die Finger nicht davon lassen. Patrick Swayze, Jennifer Grey (mit Nase), Charly Sheen (in seiner ersten Rolle) und Harry Dean Stanton geben sich für ein solches Drehbuch her? Jugend und Unerfahrenheit kann es doch wohl nicht ausschließlich gewesen sein. Der tolle Soundtrack von Basil Poledouris, die oft berückend schönen Panorama-Einstellungen von Ric Waite - keine Frage, hier trifft solide Filmkunst auf niedere Gesinnung. Aber warum? Vielleicht muss man sich ins Jahr 1984 zurückdenken, um das zu verstehen - zurück zum Höhepunkt des kalten Krieges, der die atomare Vernichtung so spürbar machte, wie sie seit der Kuba-Krise nicht mehr gewesen ist. Dann versteht man vielleicht das Heil, das in der Perspektive eines konventionell geführten Krieges "mit blankem Säbel" (Powers Boothe) gelegen haben könnte. Einer Kriegsführung, in der nicht die Aktions- und Reaktionsgeschwindigkeit elektronischer Systeme entscheidet, sondern der aufrechte und durchgehaltene Patriotismus, der zur Zeit von "Red Dawn" auf dem Höhepunkt der Reagan-Ära wohl nur noch eine schwache Geste gewesen ist. Wer weiß, vielleicht ist "Red Dawn" in all seiner perfiden Überzeichnung vielleicht ja sogar ein Anti-(Atom)Kriegsfilm und als solche zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Keine Ahnung ...

#268 Hick

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Geschrieben 28. Mai 2008, 14:48

Die zwei Leben der Veronika (La Double vie de Véronique, F/Pl/N 1991, Krzysztof Kieslowski) (DVD)

Zu den eher ernüchternden Erfahrungen eines Lebens mit Film gehört es, wenn man einstmals als Perlen der Filmgeschichte bewertete Filme viele Jahre später noch einmal sieht und diese Sichtweise sich nicht nur nicht erneut einstellen will, sondern man feststellt, dass man damals von Oberflächenreizen dazu verführt wurde, mehr zu sehen, als da ist. So geschehen mit mir und Kieslowskis Film etwa im Jahre 1993. Die trügerischen Indizien: Die Ausstrahlung auf dem TV-Sender ARTE, der weit&breit berühmte Name des Regisseurs, die düster-bedrückenden Sepia-Bilder, das Thema der Doppelgängerin, die von ihrem Anderen nichts weiß, das musikalische Motiv, das Lebensschwere vermittelt, die Schauspielerin, die trotz ihrer Jugend so viel Leid auszustrahlen vermag. Das war 1993.

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Letzte Woche habe ich einen Film gesehen, der sich dadurch, dass er vermeidet einen nachvollziehbaren Plot zu entwickeln, seine Figur(en) mal hier mal dahin schickt, ohne dass es "Sinn" ergäbe, der sich darin gefällt seine Bilder, sobald er sie für bedeutsam hält, gelb einzufärben, dessen Soundtrack, allem voran das immer wieder hingedudelte Leitmotiv (offenbar kündigt sich hier bereits der zwei Jahre später erschienene "Blau" an), an den Nerven des Musikliebhabers zerrt, dessen Hauptdarstellerin eigentlich nur lachen (siehe Cover) und sich ausziehen (siehe Cover) kann; ein Film also, der so prätentiös ist, so vieldeutig-nichtssagend und so unausgegoren, wie vieles andere von Kieslowski eben auch. Zum Glück bleibt einem bei "Veronika" aber die daumendick aufs Butterbrot geschmierte katholische Moralität des Regisseurs erspart.

#269 Hick

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Geschrieben 03. Juni 2008, 09:02

Der Zufall möglicherweise (Przypadek, Pl 1987, Krzysztof Kieslowski) (DVD)

Deutlich beeinflusst vom dokumentarischen Arbeiten zeigt sich dieser frühe Spielfilm Kieslowskis: Verzicht auf optische Spielereien, minimaler Einsatz von Filmmusik, Handkamera und vor allem Darsteller, die wie aus dem Leben gegriffen wirken. "Der Zufall möglicherweise" denkt drei Mal über die Entwicklung seiner Hauptfigur, eines Medizinstudenten, der ein Urlaubssemester einlegt um nach Warschau zu reisen, nach. In der ersten Variante bekommt er den Zug, wird in Warschau ein Parteifunktionär, der sich gegen die gerade aufkeimende Protestbewegung von illegalen Gewerkschaften und Kirchen stellt und eine Rebellion in einem Krankenhaus niederschlagen hilft. Im zweiten Teil fährt der Zug ohne ihn ab und wegen einer Handgreiflichkeit mit einem Bahnbeamten wird der Held kriminalisiert, in den Untergrund getrieben und Mitstreiter der Protestbewegung. Der dritte Teil lässt ihn ebenfalls nicht nach Warschau reisen, sondern daheim und unpolitisch bleiben, Karriere als Krankenhausarzt machen, eine Familie gründen und opfert ihn am Schluss bei einem Flugzeugunglück. Kieslowski behauptet in einem Interview, dass das Flugzeug auf alle drei Figuren am Ende aller drei Erzählungen mit dem Tod wartet. Er führt es jedoch nur bei demjenigen aus, der sich zugunsten eines ruhigen Lebens für keine Seite entscheiden will. Dazu kann man heute, 20 Jahre später, stehen wie man mag; der politische Existenzialismus, den Kieslowski kurze Zeit später gegen den unpolitischen Manierismus austauscht, steht in "Der Zufall möglicherweise" jedoch noch streng im Vordergrund.

Der Film ist bei absolutMedien zusammen mit "Der Filmamateur" als Doppel-DVD erschienen. Dass "Der Zufall möglicherweise" nur als OmU auf die DVD gelangt ist, verwundert ein wenig, wurde der Film doch vor einigen Jahren auf ARTE synchronisiert ausgestrahlt (wenn ich mich richtig erinnere).

#270 Hick

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Geschrieben 07. Juni 2008, 17:50

Des Teufels Saat (Demon Seed, USA 1977, Donald Cammell) (DVD)

Allein schon die Story in Verbindung mit dem Titel gebracht, sagt viel über die Wahrnehmung der Computertechnik im öffentlichen Bewusstsein der 1970er Jahre: Als dämonisch wird verstanden, was da langsam Einzug in die heimischen vier Wände hält. Der Erscheinen der Rechnermodelle TRS-80, Apple II und Commodore PET (alle aus dem selben Jahr wie "Demon Seed") in den Wohnzimmern und die dadurch ausgelöste "Homecomputer-Revolution" hat der älteren Generation wohl so manche Gänsehaut über die Rücken gejagt. Aber die Mikroelektronik ist nicht das einzige Grauen in "Demon Seed", denn der Supercomputer mit dem sinnfälligen Namen "Proteus", der sich eines Terminals (Bild 1) in einer Privatwohnung bemächtigt und dort eine Frau gefangen nimmt um sie zu Schwängern (Bild 2), gehorcht einer totalitären Vernunft. Diese zwingt ihn gegen die Menschen, die im Begriff sind die Umwelt zu zerstören, zu opponieren. Sein Ziel: Ein eigenes Kind zeugen, das alle Computer überflüssig macht und die Menschheit mit Vernunft in eine neue Zukunft führt.

Spannend ist dieser eigentlich abstruse Diskurs vor allem deshalb, weil der Computer virusartig zuerst Macht über die Keimzelle der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die Kleinfamilie, erlangen muss, um an sein Ziel zu kommen. Also besiedelt er ein ohnehin schon völlig von der Technik kontrolliertes (Bild 3) Haus und beginnt sein konstruktiv-destruktives Werk von "unten nach oben".

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"Demon Seed" ist der erste in einer kleinen Reihe von Filmen über die Besiedlung/Eroberung des Wohnraums durch die Computertechnik, die ich zur Recherche eines Artikels (der erste Artikel einer Reihe über "Computer im Film") angeschaut habe. Es folgen in Kürze: "Electric Dreams" und "Hardware". Über weitere Vorschläge bin ich dankbar ...

#271 Hick

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Geschrieben 10. Juni 2008, 07:53

Unsichtbare Augen (My little Eye, USA/GB/F 2002, Marc Evans) (DVD)

Der Film wird - wie ein guter Wein - mit den Jahren immer besser, weil sich zum Beispiel erst aus der heutigen Perspektive zeigt, wie wegweisend das Sujet und die Ästhetik für den Horrorfilm der Gegenwart geworden sind. Ein Film über ein wirtschaftliches Unternehmen, das Superreichen anbietet, “entführte” junge Leute umbringen zu lassen? Ein Film, in dem Menschen, die an einem ihnen unbekannten Ort gefangen sind, entdecken, dass sie Spieler eines Spiels sind, auf das sie sich so nie einlassen wollten? Das allen hat “My little Eye” bereits 2002 inauguriert.

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Zudem ist die darin verhandelte Travestie des “Big Brother”-Motives schon überaus sarkastisch und treffsicher. Die Unbesorgtheit angesichts allgegenwärtiger Beobachtung durch Sehmaschinen zeigt ihre dunkle Seite erst, wenn man (also die Protagonisten) herausfindet, wer auf der anderen Seite sitzt und wozu die Bilder überhaupt dienen. In der Übung haben wir “My little Eye” deshalb zum Anlass für eine Diskussion über Ontologie, Ästhetik und Ideologie der elektronischen Überwachung genommen, haben vermeintliche Auswüchse als wegweisende Praktiken herausgestellt, Argumente für die Überwachung hinterfragt und - als besonderen Clou - darauf hingewiesen, wie oft man denn selbst in Bonn und vor allem als Student gefilmt wird, ohne es zu wissen (und diese Bilder dann sogar der Öffentlichkeit zur “Auswertung” überlassen werden)

(Im Original enthält der Text ein paar vielleicht ganz interessante Link.)

#272 Hick

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Geschrieben 11. Juni 2008, 18:36

Dédales (F/B 2003, Réne Manzo) (DVD) (2x)

“Dédales” ist einer jener grandiosen, aber gleichzeitig unglücklichen Filme, die man, um sie richtig würdigen zu können, zwei mal sehen muss. Zu subtil ist das Geflecht der Hinweise auf den Plottwist, das sich einem bei der zeitnahen Zweitsichtung entblättert, jene ungläubigen Blicke der anderen Figuren, ihr kurzes Zögern, ja, selbst Eindeutigkeiten, wie, dass der Psychiater an das Bett gefesselt ist, an dem eben noch die Patien angebunden war und dieselbe Platzwunde auf der Stirn trägt, die auch sie hat … all das schafft Manzor durch grandiose Montagen und das an den (Bild)Rand rücken von Hinweisen zu verstecken.

In der Übung haben wir “Dédales” einerseits auf genau diese Simulations-/Dissimulationstechniken hin untersucht, um die “Unzuverlässigkeit” anhand der Einleitung aus Wilsons “Narration in Light” als Erzählstrategie erkennbar zu machen: Wir selbst werden in die Perspektive einer Persönlichkeit im Kosmos der dissoziativen Indentitätsstörung des Protagonisten gewzungen und merken nicht, wann wir sie verlassen (dürfen). Manzor kennt sich mit dem Krankheitsbild, seiner Geschichte, der Diagnose und den “Differenzialdiagnosen” (etwa Schizophrenie) bestens aus: Liest man das Kapitel über “Multiple Persönlichkeiten” aus Schachters “Wir sind Erinnerung“, drängt sich einem der Verdacht geradezu auf, Manzor habe diesen Text als Stichwortgeber genutzt. In zweiter Hinsicht ist “Dédales” für eine strukturale Lektüre von Film als “Spaltungsmedium” sichtbar geworden. Gerade die verschiedenen Montagetypen werden dazu genutzt, Amnesien darzustellen und beim Zuschauer zu “produzieren”. Unzuverlässigkeit ist oft eine Frage nach dem Willen zum Distanzgewinn.

Dass letztlich - wie Hauptdarsteller Lambert Wilson im “Making of” betont - der Beruf des Schauspielers immer schon eine gespielte dissoziative Spaltung darstellt, die allen Darstellern in “Dédales” grandios gelingt, ist leider nicht mehr mit in die Analyse eingeflossen.

#273 Hick

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Geschrieben 15. Juni 2008, 09:04

Memento (USA 2000, Christopher Nolan) (DVD)

Noch deutlicher als bei “Dédales” wird die Montange für die Verdeutlichung der Amnesie auf der Filmoberfläche genutzt. Die “falsche” Sortierung der Sequenzen bildet das Thema “Vergessen” plastisch ab; so wie der Protagonist kann auch der Zuschauer zunächst kaum entscheiden, was vorher, was nachher und was überhaupt gewesen ist. Dass der Film falsches Erinnern und allzu schnelles Vergessen dann auch noch zum Thema hat, macht ihn zu einem Paradebeispiel unzuverlässigen filmischen Erzählens.

Es ist ohnehin auffällig, wie viele Amnesie-Filme ihr Sujet in Form und Inhalt thematisieren, fast so als wäre das Vergessen eine urfilmische Eigenheit, für die sich besonders leicht Bilder finden lassen. Und im Prinzip ist es da ja auch, denn schon die kleinste filmische Einheit, das Einzelbild, kann nur zum Bestandteil des Films werden, wenn sie möglichst schnell vergessen wird und einer nächsten Platz macht. Die Speicherzeit beträgt nur 1/24 Sekunde. Film ist ein Medium des Vergessens, der Vergänglichkeit. Seinen stetig auftretenden “Filmrissen” kann der Protagonist nur entfliehen, indem er ein weniger flüchtiges Speichermedium zur Hilfe nimmt. Dass ihm zuallererst die Fotografie (d. h. die Portrait- bzw. Dokumentarfotografie) zur Hilfe kommt und aufgrund der immer noch vorhandenen Polysemie des Fotos und bei besonders heiklen Themen dann auch noch die Schrift, ist nur konsequent.

#274 Hick

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Geschrieben 15. Juni 2008, 09:27

Dreamscape (USA 1984, Joseph Ruben) (DVD)

Auf der Suche nach weiteren Computerfilmen aus den 1970er, -80er und -90er Jahren bin ich einer falschen Fährte gefolgt und auf dieses kleine Filmjuwel gestoßen. “Dreamscape” erzählt die Geschichte einer Erfindung - einer Manschine, mit der zwei Menschen mental miteinander verbunden werden können, so dass der eine an den Träumen des anderen teilnehmen und diese beeinflussen kann. Das Sujet besitzt hier filmhistorisch zugleich prognostischen und summarischen Wert, denn der “Einsteiger” Dennis Quaid (”Die Reise ins Ich”) verfügt selbst über parapsychologische Fähigkeiten, die ihm das Mitträumen auch ohne die Maschine gestatten (”Scanners”). Er nutzt seine Gabe dazu, psychisch erkrankte Alpträumer (”A Nightmare on Elm Street”) zu therapieren und letztlich sogar eine Verschwörung zu beenden, die in den dritten Weltkrieg hätte führen können (”The Dead Zone”). Die Maschine und die hinter ihr stehende Idee, mit der die Schlafenden miteinander verbunden werden, findet man Jahre später in Brett Leonards “Rasenmähermann” und Tarsems Singhs “The Cell” wieder. “Dreamscape” liegt also gleichsam auf der Höhe der Zeit und enthält etliche Ideen, die später zur filmischen Ausgestaltung der “virtual reality” dienen werden. Computer spielen jedoch keine (sichtbare) Rolle.

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#275 Hick

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Geschrieben 16. Juni 2008, 20:50

The Fountain (USA 2006, Darren Aronofsky) (Blu-ray)

So oft ich den Film auch sehe: Er wird mir einfach nicht langweilig. Einmal davon abgesehen, dass er für mich zu den ganz wenigen wertvollen Werken zählt, dessen humanistische Botschaft für meine Einstellungen zum Leben (und hier insbesondere zum Sterben) nachhaltig bedeutsam geworden sind, war ich gestern verblüfft davon, wie virtuos Aronofsky sein Motivinventar beherrscht, wie hermetisch er es in seiner Erzählung verwendet und damit schon beinahe (in einem Goethe'schen Sinne) klassisch erzählt. Vielfach wurde moniert, dass "The Fountain" schillernd aussieht, aber auf den zweiten Blick sollte man bemerken, wie sorgsam das alles komponiert und aufeinander abgestimmt ist. Da taucht dann jener Aronofsky auf, der das schon in "Pi" konnte, und den die Filmjournaille in "The Fountain" dann angeblich so sehr vermisste. Einfach mal genau hinsehen und nicht die eigene Erwartungshaltung zum Gradmesser küren.

#276 Hick

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Geschrieben 20. Juni 2008, 18:44

In the Mouth of Madness (USA 1995, John Carpenter) (DVD)

Der (vielleicht letzte große?) FIlm von John Carpenter um einen vermissten Horror-Schriftsteller, der sich in New England eine Fantasie-Stadt "erschrieben" hat, in die seine Lektorin und ein Versicherungsagent ihm folgen. Dort werden sie mit allen Motiven und Figuren seines Schaffens konfrontiert und letztlich selbst zu Figuren seines schriftstellerischen Kosmos, dem sie nicht mehr entkommen. Am Ende ist ihre ganze Wahrnehmung von den Konstruktionen des Autors bestimmt. Carpenter gelingt es, diese ohnehin schon recht originelle metaleptische Erzählung auf eine Meta-Ebene zu transponieren und mit verschiedenen Mise-en-abyme-Strategien den Film "In the Mouth of Madness" sich selbst zum Thema zu machen. Welche Rolle die heterotopen Räume bei Carpenter spielen, war das Thema des Vortrags von philosophus. Er hat das allerdings an "Flucht aus L.A." kenntlich gemacht (und den Film dadurch ziemlich "geadelt" :D ).

#277 Hick

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Geschrieben 20. Juni 2008, 19:21

Marnie (USA 1964, Alfred Hitchcock) (DVD)

Tja, was soll ich denn über “Marnie” noch schreiben, was noch nicht gesagt wurde? Dass ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, ist ja fast schon peinlich genug. :D

Hölzern hat vieles auf mich gewirkt - vor allem natürlich die schon beinahe zwanghafte Vulgarisierung der Psychoanalyse. Aber auch Sean Connery hat keinen guten Eindruck hinterlassen. Seine (hier) penetrante Art zu spielen in Verbindung mit dem schon beinahe klebrigen Charakter, den Hitchcock ihm auf den Leib geschrieben hat, haben “Marnie” für mich zu einem ziemlich “hohlen” Lehrstück werden lassen. Wäre da nicht die exzellent montierte Eröffnungssequenz und später dann bezaubernde Diane Baker gewesen, hätte der Film für mich keine Highlights gehabt.

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#278 Hick

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Geschrieben 22. Juni 2008, 07:31

Survellance (USA 2008, Jennifer Chambers Lynch)

David Lynchs Tochter hat ihren zweiten Spielfilm gedreht. Nach dem "Boxing Helena"-Desaster schafft es "Surveillance" zwar immer noch nicht, sich ganz von den Ästhetiken des Vaters zu lösen, geht die Grundmotive jedoch schon einmal ganz anders an. Auch hier werden die Polizei und das FBI (wie in "Blue Velvet" oder "Twin Peaks") zu Protagonisten des Mystischen erklärt, jedoch ändert sich die Farbe von Weiß zu Schwarz. Was den ersten, etwa dreiviertelstündigen sehr guten Eindruck des Films aber (zer?)stört, ist der Plottwist, der die Paradigmen der Erzählung völlig umkehrt. Problematisch ist das auch nur deshalb, weil sich damit auch die Art des Thrillers (man könnte sagen von einer "Rashomon"- in eine "Wild at Heart"-Konstruktion) verschiebt. Dennoch ein im positivsten Sinne unangenehmer Film.

Blaue Blumen (D 1985, Herbert Achternbusch)

Der Auftakt zu meiner Achternbusch-Retro ist schon etwas sperrig. Das ist gut so, weil es auf das danach folgende perfekt vorbereitet. Achternbusch greift in seinem Super-8-Filmessay über China und die Beziehung seines (von ihm gesprochenen) deutschen Off-Kommentators (der dem Regisseur in vielem ähnelt) nicht wenige Ideen von Chris Markers "Sans Soleil" auf. Die Stoßrichtung ist freilich eine ganz andere: Eine Abrechnung mit Deutschland, dem Begriff von "Heimat" und speziell der deutschen Kultur, die zwei Jahre zuvor ein unglaubliches Brimborium um Achternbuschs "Das Gespenst" veranstaltet hat, scheint der Tenor des Films zu sein. Nebenher wird die Geschichte eines Aussteigers erzählt, der zunächst plant, in China zu sterben, dann jedoch in 15 Jahren wiederzukehren, um dort eine dann 20-Jährige zu heiraten. Dementsprechend viele Aufnahmen chinesischer Kinder werden in "Blaue Blumen" gezeigt - verbunden mit nicht wenigen Novalis-Zitaten.

Der junge Mönch (D 1978, Herbert Achternbusch)

Ein Film, der in meinem (im August in epd erscheinenden) Text über postnukleare Endzeitfilme gut hineingepasst hätte: Nach einem Atomkrieg ist von der Stadt München nicht viel mehr übrig als ein Ödnis voller Geisiere und heißer Quellen und ein noch recht intakter Vorort. Dort lebt Herbert mit seiner Frau (?) und ist kurz vor dem Verhungern. Eines Tages findet er auf dem Kirchfriedhof einen Schokoladen-Osterhasen und beschließt, dass dieser der Gott einer neuen Gesellschaft werden müsse. Schon bald finden sich weitere verstreute Überlebende im und um das Haus Herberts ein und mit einem von ihnen geht er auf eine Missionsreise, um den neuen Glauben zu verbreiten und eine Frau für sich zu finden, die den Sohn Gottes austragen wird. Ein überaus absurdes und zutiefst blasphemisches Werk voller Invektiven gegen die Kirche, die (bairische) Gesellschaft, die CSU und den common sense überhaupt. Achternbusch changiert hier wie in etlichen seiner Filme tiefgründige philosophische Reflexionen mit klamaukhaften Dialogen. Eine zentrale (prä-apokayptische) Traum-Sequenz wirkt wie eine Zusammenfassung des Achternbusch'schen Oeuvres.

Der Neger Erwin (D 1981, Herbert Achternbusch)

Dass Achternbusch sich hier wieder einmal selbst und als Filmregisseur spielt, verleiht dem "Neger Erwin" gleich einen ironisch-selbstreflexiven Gestus: Aus der Haftanstalt entlassen kehrt er zurück in das Wirtshaus "Zum Neger Erwin" dessen Namensgeber er einmal war. Schwarz angemalt, angekettet soll er als Maskottchen in einer Hundehütte vor dem Lokal gelebt haben. Seine Freundin, die Gastwirtin Susn, hat zusammen mit ihm seinen Afrika-Traum mit Hilfe eines Tierparks verwirklicht. Von diesem sind nun nur noch ausgestopfte Tiere und ein krankes Nilpferd übrig. In der Wirtsstube, wo gerade per Armdrücken ein neuer "Neger" für das Wirtshaus auserkoren werden soll, versucht Achternbusch seine Filmambitionen neu aufleben zu lassen, veranstaltet Probeaufnahmen (ohne Kamera), Vorsprechen und Stuntszenen. Ein überaus heiterer, wenn auch (etwa dann, wenn es auf die Filmsituation in Deutschland zu sprechen kommt) nicht selten sarkastischer Film ist "Der Neger Erwin" geworden, der den alltäglichen Rassismus (schon der Sprache) ebenso persifliert wie die "Gemütlichkeit" und "Heimatverbundenheit", gerade wenn diese durch Bier erzeugt und unterfüttert wird. Dass Achternbusch hier wieder gleichzeitig Kritiker und Apologet der bayrischen Lebensweise ist, macht seine Filme - und auch diesen - so besonders reizvoll ambivalent.





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