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Original/Remake-Debatte - Filmforen.de - Seite 2

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Original/Remake-Debatte


52 Antworten in diesem Thema

#31 Funxton

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 13:15

Beitrag anzeigensicomastik sagte am 27. Oktober 2011, 13:04:

Und nun noch ein paar Remakes, die das Original überflügeln:

The Man, who knew too much
What price glory
The 3 Godfathers
The Sun shines bright
Mogambo

und noch zig weitere.

Viel Ford, ge'? :D

Mit "The Man..." & "Three Godfathers" bin ich einverstanden, die hätten mir eigentlich auch einfallen können.
Zum Rest kann ich nichts sagen, weil ich die eine oder andere Version nicht kenne oder skeptisch bin.

#32 sicomastik

    Schlundforscher

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 13:17

Beitrag anzeigenFunxton sagte am 27. Oktober 2011, 13:15:

Viel Ford, ge'? :D

Ford sehen heißt Film verstehen. ;)

#33 Funxton

    Avanti, Popolo

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 13:21

Aber ja!

#34 bekay

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 14:26

@Funxton & Mitleid: Ich verstehe bloß nicht den Zweck deines Bedauern. Oder anders - ich kann nur einen Zweck bzw. eine Quelle deines Gefühls ausmachen: Deine Affektion gegenüber dem Original-Kong sei irgendwie wertvoller, intensiver, bedeutender als jene Affektion gegenüber Jacksons Kong. Und deswegen leidest du mit, weil du jenen, die das Remake intensiver empfanden, wünschst, es so zu spüren wie du. Aber so geht das doch nicht! :D Und das könnte für jene schon recht erhebend und ihre Individualität verletzend empfunden werden. Aber ich glaube, jene anderen dich genauso bemitleiden könnten für deine Erfahrungen. Ich plädiere dann dafür, dass wir Menschen grundsätzlich nicht bemitleiden sollten für ihr ureigenes Empfinden. Ansonsten d'accord mit allem anderen, was du gesagt hast.

@Sico: Eine sehr interessante Studie. (Wenn du noch einen bibliographischen Hinweis dazu hättest, fänd ich es richtig dufte!) Ja, die Unterschiede sind durchaus schwer zu erklären und könnten auf eine inhärente Originalität des Originals hinweisen. (Aber woraus besteht die denn nun eigentlich, wenn sich die Filme doch von der Montage und Inszenierung so sehr gleichen?) Eine rein spekulative Deutung von mir, in der meine Sicht der hier diskutierten Themas zum Ausdruck kommt: Diese Unterschiede liegen im Diskurs und nicht im Film begründet! Denn ich gehe mal davon aus, dass zumindest die Remake-Gruppe wusste, dass es einen "Original"-Psycho von diesem berühmten Regisseur Hitchcock gibt. Soetwas ändert doch durch folgende Aspekte automatisch unsere Wahrnehmung des Gegenstandes:
- Schon allein das bipolare Begriffspaar Original/Remake beinhaltet in seinen assoziativen und konnotativen Bedeutungen ein starkes Gewichtungsgefälle, welches solche stereotypen Denkmuster wie "Remake ist nur Kopie, Original ist besser" prägt.
- Hitchcock ist ein kanonisierter, bekannter und teils auch ehrfurchtsgebietender Regisseur-Name. Zu wissen, man schaut nur ein Remake einer seiner berühmtesten Filme kann auch zu einer erhöhten Nicht-Affizierung durch das Remake führen.
Vielleicht sind solche Nebenschauplätze und Kontexte, eben solche Diskurse sehr viel wichtiger als die eigentlichen Eigenschaften eines Films... jedenfalls glaube ich eben daran. :D

Ansonsten: Ich muss das mal in einen extra Thread abspalten, oder?

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#35 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 14:32

Jetzt habe ich übrigens Lust, das PSYCHO-Remake zu sehen. Kenne ich nämlich nicht...

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#36 sicomastik

    Schlundforscher

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 14:54

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Eine rein spekulative Deutung von mir, in der meine Sicht der hier diskutierten Themas zum Ausdruck kommt: Diese Unterschiede liegen im Diskurs und nicht im Film begründet! Denn ich gehe mal davon aus, dass zumindest die Remake-Gruppe wusste, dass es einen "Original"-Psycho von diesem berühmten Regisseur Hitchcock gibt. Soetwas ändert doch durch folgende Aspekte automatisch unsere Wahrnehmung des Gegenstandes:
- Schon allein das bipolare Begriffspaar Original/Remake beinhaltet in seinen assoziativen und konnotativen Bedeutungen ein starkes Gewichtungsgefälle, welches solche stereotypen Denkmuster wie "Remake ist nur Kopie, Original ist besser" prägt.
- Hitchcock ist ein kanonisierter, bekannter und teils auch ehrfurchtsgebietender Regisseur-Name. Zu wissen, man schaut nur ein Remake einer seiner berühmtesten Filme kann auch zu einer erhöhten Nicht-Affizierung durch das Remake führen.
Vielleicht sind solche Nebenschauplätze und Kontexte, eben solche Diskurse sehr viel wichtiger als die eigentlichen Eigenschaften eines Films... jedenfalls glaube ich eben daran.

Das ist aus philosophisch argumentierter Sicht im Sinne der Logik wohl richtig (meine Beschäftigung mit den Poststrukturalisten liegt zu lange zurück), aus psychologischer gibt es dafür keinen Hinweis. Die bloße Kenntnis des Namens eines berühmten Regisseurs kann keinen Einfluss auf das afferente Nervensystem ausüben. So etwas hat allenfalls einen Einfluss auf Personen, die über bestimmte komplexere Wissensinhalte zum Thema verfügen, die sich in ihrem Gedächtnis abgespeichert haben und zu Persönlichkeitsanteilen beitragen: also eben Leute wie wir, die sich als über dem Durchschnitt als filmaffin beschreiben.

Von solcherlei Argumenten ab sehe ich es aber genauso wie du bzw. denke auch, dass der Diskurs nicht zu unterschätzen ist. Den absolut festplattenleeren Probanden gibt es natürlich nicht. Auch wenn es natürlich Gegentestungen geben kann, um solche Verzerrereffekte zu minimieren. Leider ist das ein nicht zu verantwortender Aufwand und leider geben sich bestimmte Denkrichtungen viel zu selten die Hände. :(

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

@Sico: Eine sehr interessante Studie.(Wenn du noch einen bibliographischen Hinweis dazu hättest, fänd ich es richtig dufte!)
Ansonsten: Ich muss das mal in einen extra Thread abspalten, oder?

Experimentalpraktika wurden damals allenfalls in Readern zusammengefasst, vor allem, wenn die statistische Beweiskraft so gering war. Die IB wurde vor 3 Jahren ersatzlos abgeschafft als die Uni auf clix umgestellt wurde. Die Untersuchung psychologischer Medienphänomene ist hier mit dem Weggang des Profs leider zum Erliegen gekommen. Ich könnte sie allerdings noch auf einem alten Rechner im Keller haben. Wenn du das hier abspaltest, könnte ich versuchen die Arbeit oder zumindest Ergebnisse nachzureichen.

#37 sicomastik

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 14:57

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:32:

Jetzt habe ich übrigens Lust, das PSYCHO-Remake zu sehen. Kenne ich nämlich nicht...


Auf den Film wurde bspw. enorm eingedroschen, aber ich fand ihn eigentlich immer - vor allem aus oben genannten Gründen - interessant. Und auch da trifft zu, was du schon mit dem Diskurs angemerkt hast: Ich fühle mich überhaupt nicht fähig ein Urteil als eigenständigen Film über ihn abzugeben, weil er eben so komplex kontextualisiert ist. Dadurch entsteht natürlich auch eine enorme Intertextualität zwischen den Werken (bei Videospiel und Film ja sogar zwischen den Medien).

#38 Funxton

    Avanti, Popolo

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Geschrieben 27. Oktober 2011, 16:21

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

@Funxton & Mitleid: Ich verstehe bloß nicht den Zweck deines Bedauern. Oder anders - ich kann nur einen Zweck bzw. eine Quelle deines Gefühls ausmachen: Deine Affektion gegenüber dem Original-Kong sei irgendwie wertvoller, intensiver, bedeutender als jene Affektion gegenüber Jacksons Kong.
Joa, stimmt ungefähr so :)

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Und deswegen leidest du mit, weil du jenen, die das Remake intensiver empfanden, wünschst, es so zu spüren wie du. Aber so geht das doch nicht! :D
Warum nicht? Na klar geht das! Ich kann doch anderen Menschen wünschen, schöne/von mir positiv empfundene Erfahrungen, die ich im Umkehrschluss vielleicht sogar als gegenteilig empfinde, auch gemacht zu haben, bzw. sie für entsprechendes Nichtempfinden bedauern, ohne sie deshalb gleich geringschätzen zu müssen. Behaupte ich jetzt mal einfach.

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Und das könnte für jene schon recht erhebend und ihre Individualität verletzend empfunden werden.
Das würde ich dann gleich in direkter Folge abgeklärt wissen wollen, da es mir wie gesagt nicht darum geht, andere zu verletzen oder mich als Großkotz darzustellen.

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Aber ich glaube, jene anderen dich genauso bemitleiden könnten für deine Erfahrungen.
Absolut, ja! Das muss im Gegenzug natürlich genauso gestattet sein.

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Ich plädiere dann dafür, dass wir Menschen grundsätzlich nicht bemitleiden sollten für ihr ureigenes Empfinden.
Ich schränke ein: Das kommt ganz auf die jeweilige Empfindung an :D

Beitrag anzeigenbekay sagte am 27. Oktober 2011, 14:26:

Ansonsten d'accord mit allem anderen, was du gesagt hast.
:cheers:

#39 sicomastik

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Geschrieben 28. Oktober 2011, 18:18

Beitrag anzeigenFunxton sagte am 27. Oktober 2011, 13:15:

Zum Rest kann ich nichts sagen, weil ich die eine oder andere Version nicht kenne oder skeptisch bin.

The sun shines bright habe ich jetzt auch nur deswegen mal angeführt, weil Judge Priest mit einem Mega-Star besetzt ist und Ford 20 Jahre später auf A-Klasse-Stars verzichtete. Das war mutig. Ob The sun shines bright deshalb gewichtiger ist,... schwer zu sagen.

#40 hoolio21

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Geschrieben 28. Oktober 2011, 21:42

Beitrag anzeigensicomastik sagte am 26. Oktober 2011, 10:42:

Die is aber enorm an seinen psychischen Edukationsprozess gekoppelt. "Wie Mr. Ebert die Gewalt kennen lernte."
Die persönliche Perspektive schätze ich auch sehr an Eberts Rezensionen. Anzumerken wäre bei dieser Gelegenheit, daß Ebert nur kurze Zeit nach seiner "Straw Dogs"-Review diese damals als solche ziemlich allein in der Gegend herumstehende Lobeshymne auf "Last House on the Left" verfasste.

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#41 Antoine Doinel

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Geschrieben 30. Oktober 2011, 17:35

Ich kenne Gus Van Sants Psychoremake. Es handelt sich dabei um einen äußerst ungewöhnlichen Film. Ein zeitgenössischer Autorenfilmer versucht ein von ihm wohl geschätztes kanonisiertes Meisterwerk eins zu eins neu zu verfilmen, ohne die mehr
als 40 Jahre die seitdem vergangen sind zu berücksichtigen oder eine eigene Handschrift, eine eigene Sicht einzubringen. Ich nehme an, dass die Farbe nur eine Konzession an die Produzenten war. Herausgekommen ist aus meiner Sicht ein seelenloses Ding, das nicht neben dem Original bestehn kann. Wie denn auch?
Interessant fand ich in diesem Zusammenhang die von Sicomastik zitierte Studie, obwohl ich Zweifel daran habe, dass die Wirkung eines Filme naturwissenschaftlich messbar ist, aber es ging ja nur um eine Szene.

Mit dem Psychoremake vergleichbar ist eigentlich nur Hanekes eigenes englischsprachiges Remake von Funny Games. Auch dieses ist gefloppt(ich kenne es zum Unterschied des Originals nicht), wohl weil das Ursprungswerk nur wiederholt wurde, und ihm nichts neues dazu eingefallen ist.

Hollywood-Remakes erfolgreicher fremdsprachiger Filme sind neben der hier oft zitierten Neuverfilmung alter Werke die häufigste Form des Remakes. Man denke etwa an Martin Scorseses Departed, der auf einen mir unbekannten Honk Kong Thriller basiert. Der Film wurde ein Erfolg, und ist sicherlich bekannter als das Original.
Kurusawas "Sieben Samurai" wurden in Hollywood zu den Glorreichen Sieben. Dieser Western ist nur ein müder epigonaler Abklatsch.
Aus Kurosawas Yojimbo wurde unautorisierter Weise Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar". Dieses Beispiel beweist,dass bei einem Remake sehr wohl etwas originelles entstehen kann. Wahrscheinlich gilt das auch bis zu einem
gewissen Grad für The Departed. Aber das sind wohl nur Ausnahmen von der Regel.
Das seit Jahren kursierende Gerücht eines Bird-Remakes kann ich etwa nur als gefährlich Drohung auffassen. Auch kann ich mir nicht vorstellen das Hanekes Cache (angeblich Scorsese) in Hollywood-Händen besser wird.
Außerdem haftet der "Verhollywoodisierung" fremdsprachiger Ursprungswerke oft ein Hauch von Kulturimperialismus an.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass mir Jacksons King Kong relativ besser gefällt als das Original, dessen letztmögliches Verbrauchsdatum schon lange überschritten wurde, und der nur mehr historischen Wert besitzt.

Bearbeitet von Antoine Doinel, 30. Oktober 2011, 17:44.


#42 Settembrini

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Geschrieben 30. Oktober 2011, 23:18

Ich habe jetzt die bisherige Diskussion nur ein wenig überflogen, das war mir zu viel, um alles gründlich zu lesen, daher bitte ich schon mal um Entschuldigung, wenn ich jetzt irgend etwas schreiben sollte, was ein Vorredner schon längst gesagt hat.
Generell stehe ich Remakes sehr skeptisch, in manchen Fällen fast schon feindselig gegenüber. Man muß sich ohnehin erst mal verdeutlichen, daß Remakes in keiner Kunstform so verbreitet wie beim Film sind. Kann man sich ernsthaft vorstellen, daß ein Schriftsteller ein Werk verfassen würde, das bewußt als Remake" der "Ilias" oder der "Göttlichen Komödie" angelegt ist? Oder daß ein Komponist ein "Remake" der Jupiter-Sinfonie schreiben würde? Was allerdings vorkommt, ist die neuerliche Gestaltung eines bekannten Stoffes, einer Sage etwa, so gibt es ja z.B. mehrere Opern, die die Geschichte von Orpheus und Eurydike aufgreifen. Interessanterweise ist es in der Malerei nicht ganz so selten, daß ein Gemälde ein früheres Werk als Vorbild hat, so hat Rubens etwa Bilder Tizians oder Raffaels neu gemalt (und dabei ganz eigene Akzente gesetzt), da könnte man also auch von "Remakes" sprechen. Kurz gesagt: es gibt also Beispiele auch in anderen Kunstformen, mitunter sogar fruchtbare, doch nirgends eine solche Häufung von Remakes wie beim Film. Der Grund ist natürlich auch klar: der Film ist eben nicht nur Kunstform, sondern es gibt eben auch eine von kommerziellen Interessen bestimmte Filmindustrie. Ich denke, mehr als 90% aller Remakes entstehen aus rein kommerziellen Erwägungen (und so sehen die Filme in aller Regel auch aus); bei den amerikanischen Remakes europäischer und asiatischer Filme dürfte dieser Prozentsatz bei fast 100% liegen, und mir fällt tatsächlich kein einziger europäischer oder asiatischer Film ein, dessen US-Remake man als ebenbürtig bezeichnen könnte (übrigens auch nicht der von Antoine erwähnte "Departed", das Original "Infernal Affairs" finde ich um Klassen besser, und daß Scorsese ausgerechnet für diesen Film - einen seiner schwächsten - den Oscar bekommen hat, ist ein Treppenwitz der Filmgeschichte); fast immer sind die amerikanischen Remakes stromlinienförmiger und lassen all das, was die Originale interessant gemacht hat und ihnen ihre Kraft verlieh, schmerzlich vermissen).
Nun zu der Frage: wann ist ein Remake unter Umständen sinnvoll? Und wann ist es überhaupt angebracht, von einem Remake zu sprechen?
Bei der letzteren Frage denke ich vor allem an Literaturverfilmungen. Denn manche Romane werden ja in schöner Regelmäßigkeit wieder verfilmt (bei "Dracula" gibt es wohl Dutzende Filmversionen, vielleicht sogar mehr als 100), und nicht immer wird man sagen können, daß ein neuerer Film ein Remake eines der älteren wäre. Ist Coppolas "Bram Stoker's Dracula" ein Remake? Und wenn ja, welcher Verfilmung? Murnaus "Nosferatu"? Todd Brownings "Dracula"? Oder noch eines anderen Films? Das Beispiel macht (hoffentlich) deutlich, warum ich es in solchen Fällen nicht für sinnvoll halte, von einem Remake zu sprechen, sondern den Begriff der Neuverfilmung vorziehe.
Klar ist also: ein Remake ist ein Film, der einen anderen Film als Vorbild hat. Wenn dagegen bei einer Literaturverfilmung die (Neu)interpretation der Buchvorlage das Entscheidende ist, paßt der Begriff nicht - es kann ja sogar sein, daß jemand einen Klassiker neu verfilmt, ohne die früheren Leinwandadaptionen überhaupt zu kennen. Und, um diesen Exkurs noch abzuschließen, hier lassen sich auch gute Gründe finden, warum eine Neuverfilmung von Interesse sein kann: etwa dann, wenn ein Roman schon mehrmals verfilmt worden ist, aber keine dieser Filmversionen dem Buch gerecht geworden ist.
Nun aber zurück zum eigentlichen Remake, das sich an einen älteren Film (deutlich) anlehnt. Ein guter Grund, ein Remake zu drehen, könnte der sein, daß ein älterer Film eine gute Grundidee schlecht umgesetzt hat. So etwas kommt ja bisweilen vor. Dann gibt es natürlich noch den Fall, einen Stummfilm noch einmal als Tonfilm zu drehen, eines der gelungensten Beispiele dafür dürfte Herzogs "Nosferatu" sein (der aber vor allem deshalb auch gelungen ist, weil Herzog in der zweiten Hälfte ganz eigene Wege geht und sich von seinem Vorbild löst), das vermutlich bekannteste Tonfilmremake ist der Oscar-Abräumer "Ben Hur" (wobei man natürlich gemäß meinen obigen Ausführungen auch von einer Neuverfilmung sprechen könnte). Remakes, die einfach nur eine aufgemotztere Tricktechnik haben, sind dagegen selten von Interesse (da wäre "King Kong" für mich ein gutes Beispiel, der Film hat eine modernere Technik und - leider - ungefähr die doppelte Laufzeit zu bieten, ansonsten aber auch nichts).
Remakes dagegen, die ihren Vorbildern Einstellung für Einstellung genau folgen, halte ich dagegen für völlig überflüssigen Quatsch. Man stelle sich das in anderen Kunstformen vor: wie käme es wohl an, wenn jemand den Hamlet abschreibt, vielleicht 10 Zeilen davon verändert und dann sagt, das wäre sein "Hamlet-Remake"?
Hochgradig überflüssig sind in der Regel auch die Remakes wirklicher Meisterwerke: ein Meisterwerk ist ja gerade etwas in sich vollkommenes und letztlich zeitloses (höchst fatal ist daher der Irrtum, ein Meisterwerk "zeitgerecht" neu drehen zu wollen!), und daher kann ein Remake nur scheitern: folgt es dem Original ganz genau, ist es überflüssig (s.o.), entfernt es sich hingegen von diesem, so wird es sich für gewöhnlich auch von dessen Qualitäten zunehmend entfernen. Wie läßt sich das Dilemma lösen. Indem man das Remake gar nicht erst dreht.
Wenn daher das Remake eines guten Films überhaupt funktionieren soll, dann geht das eigentlich nur dadurch, daß es vom Original allenfalls eine Grundkonstellation übernimmt, aber im Detail ganz eigene Wege beschreitet, anstatt zu versuchen, denen des Vorbildes zu folgen. Dafür ist etwa "Is' was, Doc?" das vielleicht schönste und gelungenste Beispiel: dem Film ist zwar noch anzusehen, daß "Leoparden küßt man nicht" das Vorbild war, doch aus einer ähnlichen Ausgangslage wird eine ganz eigene Handlung entwickelt, so daß der Film im Ergebnis auch gar kein Hawks-Remake mehr ist, sondern eher eine Hommage an die Screwballcomedy insgesamt (wobei die beliebteste Szene, die Verfolgungsjagd, freilich mehr an Buster Keaton erinnert, wie Bogdanovich selbst sagt).
Soviel für den Moment, reicht erstmal auch...

#43 bekay

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Geschrieben 31. Oktober 2011, 00:00

Da ich zu besoffen bin, sage ich nur: Ich habe Settembrinis Beitrag sehr genau gelesen, sehe aber die meisten seiner Aussagen genau andersherum und vollkommen entgegengesetzt. Aber das steht bereits in dem von mir hier Geschriebenen, welches Settembrini aber seiner eigenen Aussage nach nicht so genau gelesen hat. Besonders die Behauptung, Film wäre DIE Kunstform mit den meisten Remakes, halte ich für schlichtweg falsch. Wie ich schon vielmals formuliert habe, halte ich das Remake vielmehr für den Modus Operandi jeglicher Kunstform. Deswegen empfinde ich es auch als so unlauter, das Renake grundsätzlich zu verdammen. (Die GÖTTLICHE KOMÖDIE ist nun wirklich eines der großen Remakes der Literaturgeschichte... Hier werden nur verschiedenste Vorbilder verarbeitet: "Dante vereinigt in sich die gesamte gelehrte Tradition des lateinischen Mittelalters und setzt dieses Wissen bei seinen Lesern voraus. Er erwartet die genaue Kenntnis der Bibel wie der antiken Mythologie, Geschichte und Philosophie - die 'Divina Commedia' ist voll von parallelisierten biblischen und antiken Beispielfiguren.")

Ich kann mich aber auch nicht mehr naiv dem Thema nähern, weil ich ein Seminar dazu hatte und äußerst interessantes und aufschlussreiches Zeug gelesen habe. Grundsätzlich kann ich nur jedem Jorge Luis Borges äußerst kurze Erzählung "Pierre Menrand, Autor des Quijote" (eine Art Mockesssay [in Anlehnung an die Mockumentary]) empfehlen. Eine Geschichte, die eine vollkommen andere, unerhörte Perspektive auf das Phänomen der Wiederholung in der Kunst wirft.

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#44 Settembrini

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Geschrieben 31. Oktober 2011, 14:33

So einfach lasse ich mir das Wort im Munde nicht umdrehen... Denn ich habe ja in meinem Beitrag die Verwendung des Begriffs Remake ausdrücklich an das Vorhandensein eines konkreten Werkes, das dann das Vorbild abgegeben hat, geknüpft. Ein recht eng begrenzter Begriff, so wie ich ihn verwende, denn den bereits erwähnten "What's up, Doc?" würde ich schon gar nicht mehr unbedingt zu den Remakes rechnen wollen, weil er so eigenständig ist. Wenn aber ein Werk sich in bestimmte Traditionen einreiht, auf frühere Werke Bezug nimmt etc., wird es dadurch noch lange nicht zum Remake. Daß Dantes Commedia Bezug auf Ovid, Vergil, die Bibel, Aristoteles und wer weiß was sonst noch alles nimmt, ist mir sehr wohl bekannt, wie ich hier klarstellen möchte. Deshalb ist sie aber kein Remake der "Äneis" oder der "Metamorphosen" (eher könnte man schon die "Äneis" als eine Art von Remake der homerischen Epen bezeichnen, was mir aber auch schon zu weit ginge). Als konkrete Vorbilder kämen also nur frühere, andere Jenseitsdichtungen in Frage, wobei da die Visio Tnugdali wohl am ehesten als konkretes Vorbild in Frage käme (wobei ich diese bislang nicht gelesen habe) - dazu müßte man aber erstmal wissen, ob Dante die Visio Tnugdali überhaupt gekannt hat.
Jedenfalls ist es eine grundverschiedene Sache, ob ein Kunstwerk eine Vielzahl von Vorbildern hat, deren Einflüsse sich dann darin finden lassen unf auf die womöglich mehr oder weniger direkt Bezug genommen hat - das ist eher ein Merkmal dessen, was man heutzutage postmodern nennt. Wenn jemand Dante als postmodernen Dichter bezeichnete, würde ich das als interessante These durchaus gelten lassen.
Ein Remake, das sich dagegen in ganz eindeutiger Weise an ein bestimmtes Werk anlehnt, ist etwas ganz anderes. Eben auch das, was man im Film oft erlebt: nicht nur Konstellationen, Stilelemente oder bestimmte Grundmuster werden übernommen und neu gestaltet, sondern es werden komplette Plots übernommen, Dialoge, Kamerapositionen, in manchen Fällen schlicht und ergreifend so gut wie alles, so daß die Frage bleibt: und was ist an dem neuen Film wirklich eigenständig? Dieses Phänomen halte ich sehr wohl für typisch für den Film. (Daß das Abkupfern in der Literatur sehr wohl Tradition hat, ist nicht zu bestreiten: Chaucer hat sich in den Canterbury Tales reichlich bei Boccaccio, teilweise auch Petrarca und Dante bedient und manche Passagen sogar in frei übersetzter Form übernommen, und daß die biblische Sintflut-Geschichte aus dem Gilgamesch-Epos geklaut ist, ist auch mehr oder weniger bekannt - doch die Erscheinung, daß ein konkretes Werk praktisch komplett neu geschaffen wird, ist eben doch sehr typisch für den Film. Und bei der überwältigenden Mehrheit dieser Remakes handelt es sich um Filme, die die Welt nicht braucht. Insofern kann ich mich da Antoine anschließen: die Ankündigung der meisten Remakes empfinde ich eher als Drohung.

Bearbeitet von Settembrini, 31. Oktober 2011, 14:38.


#45 bekay

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Geschrieben 02. November 2011, 11:34

Es stimmt, dass du das Remake begrifflich sehr eng definiert hast. Aber selbst das halte ich für schwierig, dazu aber später mehr. Zuerst will ich klären, von welcher Position ich eigentlich ausgehe: Ich denke, dass Kopie und Wiederholung die Hauptquellen künstlerischen Schaffens sind. Ohne die Bezugnahme auf andere Werke, für die sich im akademischen Bereich ja der Begriff der Intertextualität eingebürgert hat, keine Kunst, kein menschliches Schaffen. Dieses kann ja nicht im luftleeren Raum stattfinden, sondern bezieht sich immer auf Früheres. Das Remake ist somit für mich Teil eines Kontinuums solcher Bezugnahmen. Denn es gibt natürlich Trillionen Arten, etwas zu wiederholen und zu kopieren. Die Unterschiede dazwischen empfinde ich höchst graduell, was Differenzierungen stellenweise schwierig macht: Der eine sieht in jenem Film eine Handlungswiederholung eines anderen, der nächste meint, dies wäre einfach nur eine Zugehörigkeit zu einem Genre (ergo also eine Bezugnahme auf eine Gruppe von Filmen, welche ein leicht wiederholbares und erfolgreiches Handlungsmuster ausgebildet haben).

Insofern finde ich deine Remake-Definition etwas problematisch: "das Vorhandensein eines konkreten Werkes, das dann das Vorbild abgegeben hat," sei für dich die Bedingung eines Remakes. Konkrete Werke, die als Vorbild fungieren, sind aber immer vorhanden: mal direkt, mal indirekt (z.B. beim Genre), mal bewusst, mal unbewusst, mal in großer Anzahl, mal (wie beim Film-Remake) singular. Du hast zwar bestimmt nur Film-Werke gemeint, die als Vorbild dienen, aber trotzdem ein für mich immer sehr erhellender Fakt, welcher gegen deine Ansicht spricht, dass gerade Filme zu jenen Kunstwerken gehören, die komplett neu erschaffen werden: Die meisten Filme - besonders aus der klassischen Hollywood-Ära, welche viele kanonisierte Filmklassiker hervorgebracht hat - sind Buchverfilmungen! Heißt: Ganze Handlungsstränge und Dialoge werden einfach vom Buch in den Film übernommen. Nun ja, könnte man jetzt einwenden, dafür wurde ein vorher nur im Medium der Schrift vorhandener Stoff filmisch um- und in das Bildmedium übersetzt. Ohne Frage etwas, was kreatives Leistung voraussetzt. Aber auch Remakes setzen kreative Leistungen voraus: Übersetzungen in entweder neue Zeit- oder neue Kulturkontexte. Für ersteres siehe KING KONG, dessen Original Antonine Doinel ja nur noch historischen Wert beimisst. Für zweiteres siehe INFERNAL AFFAIRS und THE DEPARTED, wobei letzterer den Urstoff des asiatischen Films ja vollkommen neu im US-Raum kontextualisiert und daduch ein m.E. neuen Film entstehen lässt. (Schlecht finde ich den zwar auch, weil er die formale und inhaltliche Überdeterminierung des Figuren-Doppelspiels in fade Psychologisierungen á la Hollywood umwandelt - aber: er versucht eben eine Umwandlung, versucht, dem Stoff etwas neues abzuringen!) Jedenfalls scheinen mir beide Fälle zu zeigen, dass eine Kopie von "so gut wie allem" eine absolute Ausnahmeerscheinung beim Remake ist und nicht etwa die Norm, wie du es darstellst.

Ich jedenfalls könnte jene Leistung der Rekontextualisierung beim Remake und jener der medialen Übersetzung bei der Buchverfilmung kaum gegeneinander aufwiegen. Welche ist wertvoller? Keine Ahnung. Aber jenes Beispiel der Buchverfilmung zeigt jedenfalls mir, dass Film gerade und besonders auch in ein Netz von anderen künstlerischen Werken eingespannt ist. Das Remake ist da eben nur eine Form solch einer Bezugnahme (natürlich eine sehr direkte und offene - aber damit gleichzeitig auch ungemein ehrliche), welcher ich grundsätzlich vollkommen neutral gegenüberstehe - oder vielleicht sogar freudig, weil jene Rekontextualisierung immer wunderbar etwas über Unterschiede zwischen Zeiten und Kulturen verrät.

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#46 Settembrini

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Geschrieben 03. November 2011, 18:10

Ich fürchte, das wird jetzt eine etwas längere Antwort... Ich habe vorgestern auch die erste Häfte des Threads nachträglich gelesen, um besser mitdiskutieren zu können. Also der Reihe nach:

Zunächst einmal zur Definition des Remakes. Da findest Du ja meine zu eng, allerdings möchte ich sagen, daß genau dies die allgemein übliche Definition eines Remakes ist. Nehmen wir als Beispiel mal das "Sachlexikon Film", welches schreibt:

"Remake ist die neue Version eines bereits existierenden Films, die sich mehr oder weniger detailgetreu auf den Vorgänger bezieht." (kursive Hervorhebung von mir) Und weiter: "Wiederverfilmungen klassischer Literatur gelten im allgemeinen nicht als R., wenn sie sich stärker an der literarischen Vorlage als an dem filmischen Vorgänger orientieren." Des Rest des Artikels spare ich mir mal.
Das ist eigentlich haargenau die Definition des Remakes, wie ich sie auch bei meinem ersten Beitrag im Kopf hatte; eine, wie ich zu behaupten wage, wohl allgemein anerkannte Definition. Wenn Dich also an meiner Formulierung der Passus "eines konkreten Werkes" gestört hat, so will ich noch mal unterstreichen: "eines konkreten Werkes". Und nicht eines vollen Dutzends verschiedener Werke. Dabei hatte ich Beispiele im Sinn wie Scorseses "Kap der Angst" oder "Departed", bei denen es ganz deutlich ist, daß es eben ein solches Vorbild gab, oder eben auch der von mir schon erwähnte "Nosferatu" von Herzog, aber auch bei einem Film wie "Die glorreichen Sieben" ist die Sache recht eindeutig, trotz der Verlegung an einen anderen Schauplatz und sogar in ein anderes Genre (und dieses Beispiel paßt auch gut zu meinem Mißtrauen gegenüber den Remakes von Meisterwerken, denn das Remake ist zwar ein ganz ordentlich gemachter Film, der innerhalb seines Genres wohl seinen Platz hat, aber sieht eben doch ziemlich kläglich neben dem Original, das der vielleicht beste Film aller Zeiten ist, aus - und auf dieses Mißtrauen will ich auch noch mal eingehen). Bei anderen Fällen ist der Fall dagegen nicht mehr so eindeutig: bei dem von mir erwähnten What's up, Doc? ist zwar das konkrete Vorbild Bringing up, Baby noch zu erkennen, doch diese Vorbildfunktion beschränkt sich eigentlich auf die Ausgangssituation und Figurenkonstellation, geht aber im Detail ganz andere Wege (so daß Howard Hawks Peter Bogdanovich nach Lesen des Drehbuchs gar fragte: "Was haben Sie denn nun eigentlich gestohlen?"). Dies ist für mich ein glückliches Beispiel dafür, wie ein Film sich einerseits zu einem Vorbild bekennen und sich zugleich doch von diesem wirklich emanzipieren kann - und das gelingt, so meine ich, äußerst selten. Dafür ist Hawks' Rio Bravo der Fall eines Films, der zwar auch den Plot eines anderen (High Noon) weitgehend übernimmt, aber nicht in nachahmender Absicht, sondern vielmehr als Gegenfilm (wobei ich persönlich sie lieber nebeneinanderstelle als sie gegeneinander auszuspielen, aber das nur nebenbei). In beiden Fällen hätte ich Bedenken, von einem wirklichen Remake zu sprechen. Dies nur noch mal zu der von mir verwendeten Definition des Remakes, wobei ich in der Tat hauptsächlich das Film-Remake im Sinne hatte. Deine viel weiter gefaßte Remake-Definition (bis hin zu "Jeder Film ist ein Remake", was hoffentlich eine überspitzte Formulierung sein soll, aber selbst dann meinen Widerspruch herausfordern würde) halte ich dagegen für wenig hilfreich, denn wenn man jedes Werk, das überhaupt Vorbilder irgend einer Art hat, als Remake bezeichnet, dann führt dies zu Verwirrung und Unschärfen, sobald man von Remakes in meinem Sinne (und nicht nur meinem) spricht.
Das war jetzt natürlich alles viel zu lang, aber da zumindest ein Teil des Dissens auf die Verwendung sehr konträrer Definitionen zurückzuführen ist, hielt ich es für geboten, diesen Punkt noch mal ganz deutlich herauszustreichen. Nochmal kurz und knackig: wenn jemand sagt, ein Film sei ein Remake, dann muß er meiner Meinung sagen, von welchem älteren Film. Und genau diese Sorte von Remakes ist - da bleibe ich immer noch bei - besonders typisch für den Film. Dazu einfach mal ein Beispiel: Kann man sich in der Literatur ernsthaft vorstellen, daß ein junger Autor:
1. Günter Grass um Erlaubnis bitten würde, ein Remake der "Blechtrommel" zu schreiben, also genau die bekannte Geschichte des Oskar Matzerath in Danzig, wie Grass sie erzählt, nur in neuen Worten, daß weiterhin
2. Grass damit einverstanden wäre und
3. dieses Buch ein großer Erfolg würde?
Ich denke, alle drei Fragen müssen mit NEIN beantwortet werden. Und das ist der Unterschied zum Film: da passiert so etwas ständig.

Soviel zur Definition des Remakes und der Frage, ob Remakes besonders typisch für den Film sind.

Dann zum Punkt der Literaturverfilmung: den will ich kurz halten. Es ist natürlich richtig, daß bei einer Literaturverfilmung sehr wohl ein konkretes Vorbild vorhanden ist, genau wie ich es gefordert habe - aber ein Vorbild in einer anderen Kunstform! Es gilt also nicht nur, eine Handlung auf die Leinwand zu bringen, sondern einen visuellen Stil zu finden, der dem sprachlichen Stil der Vorlage gerecht wird. Und das ist eine viel größere Schwierigkeit als nur einen Plot in eine andere Zeit oder ein anderes Land zu verlegen, und je besser das Buch ist, desto größer wird diese Schwierigkeit. Mehr will ich das aber an dieser Stelle nicht vertiefen, weil ich bereits in meinem Filmtagebuch einen längeren Beitrag über Literaturverfilmungen geschrieben habe:

http://www.filmforen...urverfilmungen/

Vermutlich wirst Du meine Ansichten zu Literaturverfilmungen genauso gräßlich wie die zu Remakes finden, doch wenn Dich dieser Aspekt besonders interessieren sollte, wäre mir eine Antwort dort lieber.

Dann zum allgemeinen Aspekt des Kopierens und Bezugnehmens:
Mein erster Widerspruch ergibt sich daraus, daß es ja mal die ersten Künstler, wie ich sie nennen will, gegeben haben muß. Das dürfte tief in der Steinzeit gewesen sein, dennoch: irgendwann muß erstmals jemand auf die Idee gekommen sein, die Wand einer Höhle zu bemalen, eine erfundene Geschichte zu erzählen, oder zu singen.Am Anfang aller Kunst muß also ein origineller und schöpferischer Akt gestanden haben, so primitiv diese erste Kunst vielleicht auch gewesen sein mag. Demnach kann Kopie und Wiederholung also nicht die alleinige Quelle von Kunst sein; ob es die wichtigste ist, ist dann ein anderes Thema, und das ist eine Ansicht, die man zumindest vertreten kann. Man muß ja auch bedenken, daß manches vor allem dadurch so originell wirkt, daß die Vorbilder eben verschwunden sind. Die homerischen Epen dürften dafür ein Beispiel sein: die haben sich sicherlich auch an ältere Vorbilder angelehnt, die aber alle in Vergessenheit geraten sind. Daß es ganz besonders in unserer Zeit kaum noch darum gehen kann, "neue Geschichten" zu erzählen (wo sollen die auch herkommen), sondern eher, alte Geschichten auf eine neue Art zu erzählen, ist mir wohl bewußt. Aber darunter verstehe ich dann eher die Übernahme einer Grundstruktur, des Skeletts, des Kerngehäuses oder des Fundaments. Wenn man jedes Kunstwerk mit einem Haus vergleichen will, so ist es illusorisch, ein ganz neues Fundament schaffen zu wollen. Da kann man sich höchstens ein schon bestehendes aussuchen, das sich am besten für den geplanten Bau eignet. Das eigentliche Haus muß der Künstler dann aber doch neu errichten (während dagegen, um im Bild zu bleiben, viele Filmrekames sich darauf beschränken, das fertige Haus nur neu zu tapezieren).
Das Verhältnis von Kopie und Originalität hat die Leute auch schon früher sehr beschäftigt, wie ich gerade erst kürzlich einem Band mit Petrarca-Gedichten entnehmen konnte (denn auch Petrarca hat häufig ältere Vorbilder imitiert und variiert). Ich will mal eine Passage aus dem Kommentar-Teil des Bandes zitieren:

Schon der Lehrmeister der Beredsamkeit, Marcus Fabius Quintilianus, hat die Entwicklung aller Künste als ein Zusammenspiel von Nachahmung und Wettstreit beschrieben: Zweifellos beruht "ein großer Teil der Kunst auf Nachahmung", weil die Menschen dem Grundsatz folgen, selbst tun zu wollen, was sie bei anderen gut finden. Aber die Nachahmung als solche genügt nicht: "Denn was hätte denn in jenen Zeiten geschehen sollen, die noch kein Vorbild hatten, wenn die Menschen gemeint hätten, nur was ihnen schon bekannt sei, dürften sie tun oder denken? [...] Schimpflich ist es geradezu, sich damit zu begnügen, nur das zu erreichen, was man nachmacht." So ist auch keine "Kunst" so geblieben, wie sie bei ihrer Erfindung war: "nichts aber wächst, wo man nur nachahmt" ("nihil autem crescit sola imitatione"). "hinterherzulaufen genüge also nicht; wie jeder Künstler muß sich auch der Redner mit seinen Vorgängern und Vorbildern im Wettstreit messen ("contendere"), um sie wenigstens einholen zu können: so stellt er seine Originalität unter Beweis, nämlich die Qualitäten, die "nicht nachahmbar sind": Talent, Erfindungsgabe, Kraft des Ausdrucks, Gewandtheit und alles, was sich nicht im Lehrbuch lernen läßt" ("ingenium, inventio, vis, facilitas at quidquod arte non traditur"; Institutio oratorio 10, Kap. 2,1-12; S. 484ff.).
[aus: Francesco Petrarca: Canzoniere. 50 Gedichte mit Kommentar; S. 179 f.
Die kursiven Hervorhebungen in den Quintilianus-Passagen hat der Herausgeber des Petrarca-Bandes vorgenommen.]

Was der olle Quintilianus da schreibt, kommt meiner eigenen Position sehr nahe (da hätte ich bestimmt auf "Mag ich" geklickt), während mir die Deine zu einseitig vorkommt, zu sehr allein auf den Aspekt der Nachahmung konzentriert.
Eng damit verwandt ist auch mein tiefes Unbehagen gegenüber der von Dir auf der ersten Seite des Threads vorgebrachten Position, daß die veränderten Rezeptionsgewohnheiten es eben zur Folge hätten, daß das Publikum bestimmte Werke nicht mehr aufnehmen will oder kann, und es deshalb sinnvoll oder sogar nötig wäre, sie in den neuen Gewohnheiten angepaßter Form noch einmal zu erschaffen. Ich habe im Rahmen von Filmdiskussionen wohl lange nichts gelesen, dem ich entschiedener widersprechen würde. Natürlich, Rezeptionsgewohnheiten verändern sich, und daher kann ein älteres Werk für ein modernes Publikum durchaus "anstrengend" sein. Soll man es nun in neuer, weniger anstrengender Form vorlegen? Ich denke nein. Meisterwerke neigen ohnehin dazu, "anstrengend" zu sein, aber trotzdem gibt es ja immer wieder Leute auch in der Moderne, die es trotzdem schaffen, sich auf den altmodischen Schwarzweißfilm einzustellen, die Literatur der Antike oder des Mittelalters zu lesen bereit sind usw.. Die Neuschöpfung für das moderne Publikum riecht für mich meilenweit nach Anbiederung, und daß bei einer sich anbiedernden Kunst etwas großes entsteht, kann ich mir nur sehr schwer vorstellen. Es sind aber gerade die Remakes der wirklichen Meisterwerke, die mein besonders Mißtrauen und sehr oft Mißfallen auslösen. Wenn ein mittelmäßiger Unterhaltungsfilm von früher (wie "Ocean's Eleven") nochmal neu gedreht wird, nun gut, warum nicht? Möglicherweise steht die Neufassung im direkten Vergleich sogar besser da (was übrigens im Fall von Soderberghs Remake wirklich der Fall ist, das hat mich zwar nicht vom Hocker gerissen - das Original aber erst recht nicht!). Wenn in einem solchen Fall das Remake ein Original verdrängt, das ohnehin schon (und mit gewisser Berechtigung) dabei war, im Nebel des Vergessens zu verschwinden, dann bedeutet das keinen großen Verlust.
Bei einem Meisterwerk sieht die Sache aber ganz anders aus. Ein Meisterwerk ist für mich etwas Zeitloses, das niemals wirklich veralten kann. Daß auch hier veränderte Rezeptionsbedingungen den Zugang erschweren können, ist richtig: heutigen Lesern sind Versformen nicht mehr so vertraut wie früheren, und schon das steht der Auseinandersetzung mit so manchem alten Werk im Wege, ähnlich wie das Fehlen von Farbe oder Ton bei älteren Filmen. Soll man nun aber diese Werke neu schaffen, in Prosa bzw. als Ton- und Farbfilm, nur um den bequemen Lesern und Zuschauern, die In Kunst ohnehin nur Unterhaltung und nichts anderes sehen, entgegen zu kommen? Damit tut man den Originalen keinen Gefallen. Man sehe sich ja nur die Unsitte der amerikanischen Remakes nicht-englischsprachiger Filme an: daß diese selten so gut wie die Originale sind und praktisch nie besser, habe ich ja schon gesagt, und ich kenne auch kein wirkliches Gegenbeispiel (Doch, mir fällt gerade eins ein: "Stadt der Engel", aber das liegt weniger daran, daß ich den so toll finden, sondern vielmehr daran, daß ich den Wenders-Film für ganz entsetzliche Kunstkinokacke halte). Nun hätten es diese Originale in Amerika ohnehin schon schwer, weil die Amis ungern Untertitel lesen und Synchronisation ablehnen. Trotzdem fänden sie vielleicht noch in der einen oder anderen Nische Zuschauer. Wenn es dagegen ein amerikanisches Remake gibt, werden die Originale sehr wahrscheinlich überhaupt nicht mehr gesehen. Schlimmer noch: sie verdrängen einfach durch den Umstand, daß sie US-Filme sind, auch in anderen, z.B. europäischen Ländern in hohem Maße die Originale. Bestes Beispiel: "Die glorreichen Sieben" dürften auch hierzulande populärer sein als "Die sieben Samurai", obwohl Kurosawas Film um Lichtjahre besser ist. Remakes schaden in vielen Fällen den Originalen. Wenn das Original ein Meisterwerk ist, dann ist das eine schlimme Entwicklung. (Nun könnte man entgegen halten, daß jemand auf dem Weg über das Remake ja erst auf das Original aufmerksam würde, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß dies die große Ausnahme ist, und die Verdrängung des Originals der Normalfall.) Denn man muß sich darüber im Klaren sein: durchaus nicht immer setzt sich bei miteinander konkurrierenden Werken das bessere durch, sondern zumeist das bequeme.
Da ich nun aber soviel vom Meisterwerk gesprochen habe, muß ich wohl noch ein wenig darauf eingehen, was ein Meisterwerk ist und wodurch es zu einem solchen wird. Die Auffassung, daß ein Meisterwerk erst durch das richtige, aufgeschlossene Publikum zu einem solchen werde, lehne ich ab. Ein Meisterwerk ist vielmehr etwas in sich vollkommen ruhendes; Tarkowski nennt es ein "in seiner absoluten Gültigkeit vollkommenes und vollendetes Urteil über die Realität, dessen Wert sich daran bemißt, woe umfassend es die menschliche Individualität im Zusammenspiel mit dem Geistigen auszudrücken vermag". Oder, zwei Seiten später, etwas weniger hochgestochen: "Das Schöne und Vollendete in der Kunst, das Meisterhafte sehe ich dort, wo sich weder im ideellen, noch im ästhethischen Sinn etwas herauslösen oder hervorheben läßt, ohne daß das Ganze darunter leidet, Schaden nimmt." Ganz ähnlich hat es Peter Shaffer seinem Salieri in den Mund gelegt (als dieser Partituren Mozarts liest): "Veränderte man eine Note, wäre das eine Beeinträchtigung, veränderte man eine Phrase, würde die Struktur zusammenbrechen." (Fraglos dürftest Du genau dem nicht zustimmen, aber das ist eben gerade ein Punkt, wo uns ein wahrer Abgrund voneinander trennt.)
Wie aber entsteht eine solche Struktur beim Zusammenspiel von Nachahmung und Neuschöpfung? Ich möchte behaupten, gerade dadurch, daß der schaffende Künstler etwas von sich einbringt, das dem Werk eine ganz persönliche Note verleiht, wobei ich vor allem einen persönlichen Stil im Auge habe - denn eben dieser Stil ist es, der einen (erfahrenen) Rezipienten auch verschiedene Werke eines Künstlers als dessen persönliche Schöpfungen erkennen läßt - zugleich aber ist der Stil verbal besonders schwer faßbar, denn wenn man mit Worten schildern soll, was den persönlichen Stil eines Mozart oder Brahms ausmacht, gerät man schnell in Schwierigkeiten, und erkennt den jeweiligen Stil eben doch beim Hören.
Meine tendenziell ablehnene Haltung gegenüber Remakes gerade der besten Filme beruht letztlich darauf. Das Remake eines solchen Meisterwerkes zu drehen, hat für mich eigentlich nur dann einen Zweck, wenn ein ebenbürtiger Film entsteht: andernfalls, wenn ein viel schwächerer Film herauskommt, so ist er überflüssig, kann aber sogar dem Original bzw. dessen Verbreitung Schaden zufügen, wie ich oben ausgeführt habe. Doch wie groß sind die Chanchen auf einen solchen ebenbürtigen Film? Meines Erachtens minimal, denn wenn der Film genau dem Original folgt, bis ins kleinste Detail, so ist er reine Nachahmung, der dann eben gerade jede persönliche Note fehlen wird. Wenn er andererseits hier und da Details abändert, so entspricht das der Beeinträchtigung durch veränderte Noten. Der Film muß also noch weitergehen, er muß vielmehr die Struktur des Originals so gründlich zerstören, daß er aus den Trümmern eine neue Strukter erschaffen kann - eine nahezu unlösbare Aufgabe.
Und daher zucke ich immer innerlich zusammen, wenn ich höre, daß das Remake eines Spitzenwerks geplant sei - weil nach meiner Erfahrung kaum etwas positives davon zu erwarten ist, im ungünstigsten Fall aber sogar ein großartiges Original von einem mediokren Filmchen verdrängt zu werden droht.

Bearbeitet von Settembrini, 03. November 2011, 18:11.


#47 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 03. November 2011, 21:08

Ich habe mich wohl auch nicht so richtig verständlich gemacht: Klar war deine Definition die korrekte Beschreibung eines Remakes. Das wollte ich gar nicht anzweifeln. Vielmehr wollte ich auf die Grauzonen-Problematik und die verschiedenen Grade hinweisen, die entstehen, wenn man jene Nachahmung eines einzelnen konkreten Filmwerkes (=Remake) als Spezialfall und Teilmenge von einem viel breiteren Phänomen sieht: der Bezugnahme auf andere Kunst in Allgemeinen. Dass dies zum einen - natürlich neben der Variation - eines der Urmomente von Kunst ist, daran will ich mal festhalten. Die Gedankenexperimente - wo war da in der Steinzeit (oder was weiß ich :D ) der erste, der gesungen, gemalt etc. hat - sind für mich nur Ausdruck dieses Suchen nach dem Absoluten und Reinen, nach dem Ursprung. Dieser ist unauffindbar, falls es ihn überhaupt gegeben hat: Bis zum Gesang gab es wahrscheinlich so graduelle Übergänge und Mischenformen von Grunzen, Ausdruck, Mitteilung, Ritual usw., dass Ursprung kaum der richtige Begriff ist. Alles natürlich nur Spekulation, aber wie du ja nun schon genug angemerkt hast, ich spekuliere vollkommen anders als du: Für mich ist das Dazwischen, das Graduelle, die Mischform, die variierte Wiederholung das Interessante. Erst dann fange ich an, über etwas nachzudenken. Du hast ja selbst gesagt, du hast einige Filme nicht genannt, weil du dir unsicher bist, ob man sie als Remake bezeichnen kann. Eben! Deswegen ist das Thema ja so interessant, eben weil das sogenannte Remake nur ein graduelles Phänomen ist, das nahtlos in andere Formen der künstlerischen Bezugnahme übergehen kann. (Aber nochmal: Es gibt natürlich das, was eindeutig ein Remake ist und als solches zu erkennen. Aber es gibt eben noch mehr...) Im Gegensatz zu meinem Suchen in Graden argumentierst du sehr normativ, objektiv und wertkonservativ - du suchst nach diesem Absoluten, nenne es Meisterwerk, nenne es den originellen Künstler. Alles Begriffe, die ich mir schon vor langer Zeit verboten habe, auszusprechen und zu benutzen. Für mich führen sie nur zu Leid, Denkverboten, Vorurteilen und Totschlagargumenten. Sagen wir es so: Ich bin in Bezug auf das Meisterwerk Agnostiker - ich kann nicht beweisen, ob es exisitiert oder nicht. Ich kann einfach nicht daran glauben, will aber seine Existenz auch nicht vollends ausschließen. Wie auch immer: Ich kann mich zu vielen deiner Ansichten nicht sonderlich großartig äußern, dafür ist unser Denken und unsere Herangehensweise einfach zu unterschiedlich und es würde nur im Zank enden, also picke ich einfach mal ein paar Punkte heraus.

Zitat

Nochmal kurz und knackig: wenn jemand sagt, ein Film sei ein Remake, dann muß er meiner Meinung sagen, von welchem älteren Film. Und genau diese Sorte von Remakes ist - da bleibe ich immer noch bei - besonders typisch für den Film. Dazu einfach mal ein Beispiel: Kann man sich in der Literatur ernsthaft vorstellen, daß ein junger Autor:
1. Günter Grass um Erlaubnis bitten würde, ein Remake der "Blechtrommel" zu schreiben, also genau die bekannte Geschichte des Oskar Matzerath in Danzig, wie Grass sie erzählt, nur in neuen Worten, daß weiterhin
2. Grass damit einverstanden wäre und
3. dieses Buch ein großer Erfolg würde?
Ich denke, alle drei Fragen müssen mit NEIN beantwortet werden. Und das ist der Unterschied zum Film: da passiert so etwas ständig.
Dem stimme ich zu. Ich halte dies aber einfach für ein medial bedingtes Phänomen: Denn auch wenn der Film die Handlung eines Films übernimmt, so steht ihm potentiell mit dem Bild ein sehr viel größeres Ausdrucksrepertoire zur Verfügung, das die Sprache - so schön und poetisch sie auch sein mag - nicht vorweisen kann. Schon ein Standbild eines Films ließe sich niemals in allen Texten der Welt zusammenfassen... Ich finde es aber trotzdem sehr schade, dass es solche Remakes selten in der Literatur gibt. Sehr lohnendes Gedankenspiel! Denn so arm ist die Sprache nun auch wieder nicht. Und Bedarf besteht: Siehe gerade die Nacherzählungen der klassischen Epen und Sagen.

Zitat

Es gilt also nicht nur, eine Handlung auf die Leinwand zu bringen, sondern einen visuellen Stil zu finden, der dem sprachlichen Stil der Vorlage gerecht wird. Und das ist eine viel größere Schwierigkeit als nur einen Plot in eine andere Zeit oder ein anderes Land zu verlegen, und je besser das Buch ist, desto größer wird diese Schwierigkeit.
Ein Film-Remake muss aber natürlich auch einen neuen visuellen Stil finden und macht dies in den meisten Fällen auch. Die kulturelle Rekontextualisierung, die das Remake für mich auch so spannend macht, ist ja nicht nur eine Frage der Handlung, sondern natürlich auch und gerade der Optik! Oft genug kann dadurch natürlich eine Schieflage zwischen dem eigentlichen, ursprünglichen Konzept des Original-Films und dem neuen Stil entstehen. Das Problem hatte THE DEPARTED: Die Grundidee und das Drehbuch des Originals ist weniger epische Gangster-Geschichte, wonach aber Scorsese aus ist, sondern überformalisierte Versuchsanordnung und Gedankenexperiment zum Doppelgängermotiv.

Zitat

Remakes schaden in vielen Fällen den Originalen. Wenn das Original ein Meisterwerk ist, dann ist das eine schlimme Entwicklung. (Nun könnte man entgegen halten, daß jemand auf dem Weg über das Remake ja erst auf das Original aufmerksam würde, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß dies die große Ausnahme ist, und die Verdrängung des Originals der Normalfall.) Denn man muß sich darüber im Klaren sein: durchaus nicht immer setzt sich bei miteinander konkurrierenden Werken das bessere durch, sondern zumeist das bequeme.
Eines der beliebtesten Anti-Remake-Argumente. Ich bin froh, dass du es erwähnst. :cheers: Auch hier würde ich doch stark von einer Frage des Glaubens sprechen, denn man kann nur spekulieren. Ich spekuliere jedenfalls ganz anders in der Hinsicht: Jene behauptete Verdrängung kann ja nur stattfinden, wenn Zuschauer, der das Remake schauen, gar nicht wissen, dass es ein Remake ist, ergo das Original gar nicht kennen. Dass sie das Original nicht kennen, hat Gründe: Dass jemand INFERNAL AFFAIRS nicht kennt, hat zumeist den Grund darin, dass dieser sich nicht für asiatisches Kino interessiert oder es gar ablehnt. (Der "normale" Mensch, der einfach so Filme schaut, ist asiatischen Filmen gegenüber grundsätzlich skeptisch, das weiß ich aus der Alltagserfahrung...) Dass jemand den Ur-KING-KONG nicht kennt, hat zumeist seinen Grund darin, dass man sich nicht für Filmgeschichte, Filmklassiker und/oder alte Schwarz-Weiß-Filme interessiert. Falls diese Annahmen richtig wären, so muss wohl eingestanden werden, dass diese Menschen niemals die Originale geschaut hätten, weil sie sie - ob nun ein Remake vorhanden ist oder nicht - sowieso von vornherein schon immer verdrängt haben. Das Remake tut dabei keinen Schaden, allerhöchstens könnte es Interesse an diesen für jene Menschen eigentlich uninteressanten Themenfeldern und damit den Originalen wecken. Falls nicht, würde eben alles wie gehabt bleiben. Meine Meinung also: Nicht Remakes, sondern Sehgewohnheiten verdrängen Originale.


Zitat

"Das Schöne und Vollendete in der Kunst, das Meisterhafte sehe ich dort, wo sich weder im ideellen, noch im ästhethischen Sinn etwas herauslösen oder hervorheben läßt, ohne daß das Ganze darunter leidet, Schaden nimmt."
(Also hier muss ich doch noch einmal einhaken, auch wenn wir die Abgründe zwischen uns ja nun schon bemerkt haben: Mir erscheint dieser Absolutheitsgedanke von Tarkowski einfach sehr fragwürdig, weil esoterisch... Wer bitte entscheidet denn, wann man etwas herauslösen kann, ohne dass das ganze Schaden nimmt? Für mich fühlt sich das wirklich wie christliche Religion an: Am Ende entscheidet eben etwas, was über allem steht. Das ist nichts anderes als... Gott. Jenes Absolute, was zwar keiner kennt, aber von dem man behauptet, es existiert. Nee, ich bleibe Agnostiker in der Hinsicht :blush: )

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#48 Settembrini

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Geschrieben 04. November 2011, 20:16

Ein Glück, diesmal werde ich meine Antwort kürzer machen können, ich bin gestern nur sehr unvollkommen zu den Dingen gekommen, die ich eigentlich am Rechner vorhatte, weil ich so viel Zeit für meine Ausführungen verbraten habe. Ich denke, jetzt geht es knapper, und wie ich hoffe, auch so, daß ein Abschluß nahe liegt, denn offen gestanden habe ich wenig Vergnügen an dieser Diskussion.

Zitat

Im Gegensatz zu meinem Suchen in Graden argumentierst du sehr normativ, objektiv und wertkonservativ - du suchst nach diesem Absoluten, nenne es Meisterwerk, nenne es den originellen Künstler. Alles Begriffe, die ich mir schon vor langer Zeit verboten habe, auszusprechen und zu benutzen. Für mich führen sie nur zu Leid, Denkverboten, Vorurteilen und Totschlagargumenten. Sagen wir es so: Ich bin in Bezug auf das Meisterwerk Agnostiker - ich kann nicht beweisen, ob es exisitiert oder nicht. Ich kann einfach nicht daran glauben, will aber seine Existenz auch nicht vollends ausschließen.

Mit einer solchen Position kann ich nun wiederum wenig anfangen. Daß es nahezu unmöglich ist, Kriterien für ein Meisterwerk sofeszulegen, daß jeder dann einem Film oder überhaupt einem Kunstwerk diesen Rang zuspräche, ist mir wohl klar: irgend einer meckert immer (manchmal bin ich derjenige: es gibt, gerade auch bei Filmen, hochberühmte Werke, die ich nicht ausstehen kann, genannt seien nur BLOW UP oder ganz besonders A CLOCKWORK ORANGE).
Nun aber gleich den Begriff komplett aufzugeben, halte ich für einen Irrweg. Denn dann landet man letztlich bei dem banalen "Es ist halt alles Geschmackssache", und dann kann man sich Diskussionen über formale, filmhistorische oder sonstigen Aspekte gleich sparen. Ich habe in mich in manchen Filmdiskussionen darüber ausgelassen, daß ich die Spitzenliste der imdb nicht für ganz voll nehmen kann, da etwa ein Film wie "Die Verurteilten" dort ganz weit vorn liegt, und habe in etwa so argumentiert, daß ich bei diesem nicht die formalen Qualitäten sehe, die ich von einem Spitzenwerk der Filngeschichte erwarten würde (und habe mir die Beliebtheit des Films damit erklärt, daß er eine hoffnungsvolle Geschichte erzählt. Aber formale Qualitäten sind ja nun etwas, was einen guten von einem nur soliden oder schlechten Film abhebt. Doch wenn es keine Meisterwerke, und damit genausowenig sehr gute, gute, mittelmäßige, schwache oder grottenschlechte Filme gibt, dann spielen auch formale Aspekte natürlich keine Rolle mehr. Ist doch egal, ob es nur so vor Anschlußfehlern wimmelt - ist ja Geschmackssache. Alles nur Geschmackssache. Wozu dann aber noch in die Tiefe gehende Diskussionen? Wenn also der Begriff "Meisterwerk" zu Totschlagargumenten udn Denkverboten führt, so führt das Verbot des Begriffs in letzter Konsequenz (die ich hier versucht habe zu skizzieren) dazu, daß es überhaupt keine Argumente mehr gibt, weil schlichtweg kein Anlaß zum Argumentieren mehr besteht.
Ich nehme mal an, daß die "wertkonservative" Argumentation als Vorwurf oder Schmähung gedacht ist, aber mit dem Vorwurf kann ich durchaus leben (so lange er nicht mit dem Vorwurf des politischen Konservatismus verknüpft wird, das wäre dann nämlich schlicht und ergreifend falsch!).
Und: ja, ich glaube, an das Meisterwerk, als etwas, das formal souverän gestaltet ist, wobei zudem Inhalt und Form sich im Einklang befinden, etc.. Letztlich hat schon Aristoteles sehr vernünftiges über Kunstwerke in seiner "Poetik" geschrieben, auch Schopenhauer hat sich mit den verschiedenen Kunstformen befaßt, und auch seine Ausführungen enthalten viel Kluges - aber ich erspare mir jetzt die Mühe, irgendwelche Zitate zusammenzukratzen, dies ließe letztlich nur die Länge des Beitrags anschwellen.

Zitat

Denn auch wenn der Film die Handlung eines Films übernimmt, so steht ihm potentiell mit dem Bild ein sehr viel größeres Ausdrucksrepertoire zur Verfügung, das die Sprache - so schön und poetisch sie auch sein mag - nicht vorweisen kann. Schon ein Standbild eines Films ließe sich niemals in allen Texten der Welt zusammenfassen...

Das ist aber auch Ansichtssache. Denn Wörter können auch schon vieldeutig sein (so wie Bilder bisweilen sehr eindeutig sein können), und wenn man sie kombiniert, dann ergibt das Vieldeutigkeit in höchster Potenz - nicht immer, aber manchmal. Auch was Erzähltechniken und -perspektiven betrifft, dürfte die Literatur kaum hinter dem Film zurückstehen. In einer kino.de-Diskussion vor Jahren meinte mal eine Gesprächspartnerin, der Film könne grundsätzlich nicht die Komplexität der Literatur ereichen. Dem würde ich nicht unbedingt zustimmen, aber zumindest diese Gegenposition erwähnen!

Zitat

Und Bedarf besteht: Siehe gerade die Nacherzählungen der klassischen Epen und Sagen.

Was ich übrigens keineswegs grundsätzlich mißbillige. Gerade so manche alten Sagenstoffe sind da sehr verlockend. Ich selbst würde gern mal eine Version der Tristan-Sage schreiben, aber ohne den blöden Liebestrank. Der hat mich an der Geschichte nämlich immer gestört...


Zitat

Dass sie das Original nicht kennen, hat Gründe: Dass jemand INFERNAL AFFAIRS nicht kennt, hat zumeist den Grund darin, dass dieser sich nicht für asiatisches Kino interessiert oder es gar ablehnt. (Der "normale" Mensch, der einfach so Filme schaut, ist asiatischen Filmen gegenüber grundsätzlich skeptisch, das weiß ich aus der Alltagserfahrung...) Dass jemand den Ur-KING-KONG nicht kennt, hat zumeist seinen Grund darin, dass man sich nicht für Filmgeschichte, Filmklassiker und/oder alte Schwarz-Weiß-Filme interessiert. Falls diese Annahmen richtig wären, so muss wohl eingestanden werden, dass diese Menschen niemals die Originale geschaut hätten, weil sie sie - ob nun ein Remake vorhanden ist oder nicht - sowieso von vornherein schon immer verdrängt haben. Das Remake tut dabei keinen Schaden, allerhöchstens könnte es Interesse an diesen für jene Menschen eigentlich uninteressanten Themenfeldern und damit den Originalen wecken. Falls nicht, würde eben alles wie gehabt bleiben. Meine Meinung also: Nicht Remakes, sondern Sehgewohnheiten verdrängen Originale.

Zugegeben, da ist schon wahres dran: es gibt Leute mit ausgewachsener Schwarzweißphobie, es gibt andere, die sich nichts aus asiatischem Kino machen, besonders dann, wenn sie noch nie welches gesehen haben.
Trotzdem glaube ich, das meine Argumentation so verkehrt nicht ist: nehmen wir mal einen etwas neutralen Zuschauer, der nichts von INFERNAL AFFAIRS weiß, aber schon mal den Namen Scorsese gehört hat: wenn er mitbekommt, daß da zwei Filme einen interessant klingenden Plot haben, welchen der beiden wird er sich wohl (zuerst) anschauen?
Und nehmen wir einfach mal auch die ersten Berührungen mit Film: ich hatte mit Schwarzweiß noch nie ein Problem, weil ich bereits im frühen Kindesalter Schwarzweißfilme wie LEOPARDEN KÜSST MAN NICHT oder ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN im Fernsehen gesehen habe. Wenn aber von solchen Schwarzweißklassikern Farbremakes gedreht werden, dann passiert es schnell, daß die auch häufiger im Fernsehen gezeigt werden ("Der Glöckner von Notre Dame" dürfte dafür ein gutes Beispiel sein), mit dem Ergebnis. die Schwarzweißfilme werden insgesamt seltener, und es wächst eine Generation heran, die auf Farbfilme geprägt oder ganz böse gesagt: konditioniert wird. Wenn also Sehgewohnheiten Originale verdrängen, muß die Frage erlaubt sein: wie entstehen denn diese Sehgewohnheiten? Dazu tragen Remakes sehr wohl bei, wenn auch nicht ausschließlich.

Zitat

(Also hier muss ich doch noch einmal einhaken, auch wenn wir die Abgründe zwischen uns ja nun schon bemerkt haben: Mir erscheint dieser Absolutheitsgedanke von Tarkowski einfach sehr fragwürdig, weil esoterisch... Wer bitte entscheidet denn, wann man etwas herauslösen kann, ohne dass das ganze Schaden nimmt? Für mich fühlt sich das wirklich wie christliche Religion an: Am Ende entscheidet eben etwas, was über allem steht. Das ist nichts anderes als... Gott. Jenes Absolute, was zwar keiner kennt, aber von dem man behauptet, es existiert. Nee, ich bleibe Agnostiker in der Hinsicht :blush: )

Zum Meisterwerk habe ich ja oben schon etwas gesagt, ein Meisterwerk, das jeden Rezipienten anspricht, wird nicht zu schaffen sein, aber an das Meisterwerk im Sinne des formvollendeten Werkes etc. glaube ich schon. Und wenn man den Begriff des Meisterwerks nicht gleich ganz ablehnt (was Du ja tust, worauf ich bereits etwas erwidert habe), dann ist das für einen selbst durchaus ein geeignetes Kriterium dafür, welchen Werken man persönlich einen solchen Rang zugestehen möchte. Wenn ich mir persönlich etwa die Frage stelle: Kann ich mir eine Veränderung von TO BE OR NOT TO BE vorstellen, die dem Film guttäte, muß ich nicht lange überlegen, um zu sagen: nein, so eine Änderung kann ich mir eben nicht vorstellen.
Aber ich sollte natürlich vorsichtig damit sein, Tarkowski zu zitieren, da es in seinem Buch auch Dutzende von Stellen gibt, wo ich widersprechen möchte. Und Tarkowski hat nun wirklich eine religiöse Macke (was mir auch seine späten Filme zum Teil beträchtlich vergällt).
Ganz interessant ist auch, daß er selbst dies einige Seiten später ein Stück weit relativiert, indem er schreibt:

Ja, mehr noch: Ich kenne kein einziges Meisterwerk, das ohne bestimmte Schwächen, völlig frei von Unzulänglichkeiten wäre. Die ganz persönlichen Leidenschaften, die Genies hervorbringen, das Besessensein von einer individuellen Schaffensidee bedingt nämlich nicht nur deren Größe, sondern auch deren Versagen. Nur kann man denn das, was nicht organisch in die gesamte Weltsicht eingeht, tatsächlich als "Versagen" qualifizieren? Das Genie ist unfrei. Thomas Mann schrieb einmal sinngemäß: Frei ist nur das Gleichgültige. Das, was Charakter hat, ist nicht frei, sondern vom eigenen Stempel geprägt, bedingt und befangen...

Kurz und gut, Tarkowski gibt zu, daß auch Meisterwerke ihre Macken haben können, akzeptiert diese aber als einen unvermeidlichen Bestandteil des Ausdrucks der Künstlerpersönlichkeit. Dieses ergänzende Zitat halte ich in dem Kontext doch noch für wichtig.

Ist jetzt leider doch wieder etwas ausschweifend geworden, aber ich schöpfe Hoffung, daß sich die schon wegen der Unvereinbarkeit der Grundpositionen eher fruchtlose Diskussion zu einem baldigen Abschluß führen läßt.

#49 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 04. November 2011, 23:49

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. November 2011, 20:16:

Ich denke, jetzt geht es knapper, und wie ich hoffe, auch so, daß ein Abschluß nahe liegt, denn offen gestanden habe ich wenig Vergnügen an dieser Diskussion.
Keine Sorge, ich erwarte niemals Antworten. Schade aber, dass du kein Vergnügen an unserem Gedankenaustausch hattest, weil ich den sehr furchtbar fand. Was gibt es Lehrsameres als Unvereinbarkeit?

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. November 2011, 20:16:

Nun aber gleich den Begriff komplett aufzugeben, halte ich für einen Irrweg. Denn dann landet man letztlich bei dem banalen "Es ist halt alles Geschmackssache", und dann kann man sich Diskussionen über formale, filmhistorische oder sonstigen Aspekte gleich sparen. Ich habe in mich in manchen Filmdiskussionen darüber ausgelassen, daß ich die Spitzenliste der imdb nicht für ganz voll nehmen kann, da etwa ein Film wie "Die Verurteilten" dort ganz weit vorn liegt, und habe in etwa so argumentiert, daß ich bei diesem nicht die formalen Qualitäten sehe, die ich von einem Spitzenwerk der Filngeschichte erwarten würde (und habe mir die Beliebtheit des Films damit erklärt, daß er eine hoffnungsvolle Geschichte erzählt. Aber formale Qualitäten sind ja nun etwas, was einen guten von einem nur soliden oder schlechten Film abhebt. Doch wenn es keine Meisterwerke, und damit genausowenig sehr gute, gute, mittelmäßige, schwache oder grottenschlechte Filme gibt, dann spielen auch formale Aspekte natürlich keine Rolle mehr. Ist doch egal, ob es nur so vor Anschlußfehlern wimmelt - ist ja Geschmackssache. Alles nur Geschmackssache. Wozu dann aber noch in die Tiefe gehende Diskussionen? Wenn also der Begriff "Meisterwerk" zu Totschlagargumenten udn Denkverboten führt, so führt das Verbot des Begriffs in letzter Konsequenz (die ich hier versucht habe zu skizzieren) dazu, daß es überhaupt keine Argumente mehr gibt, weil schlichtweg kein Anlaß zum Argumentieren mehr besteht.
Lass dir versichert sein, dass auch diese Position für mich die Pest ist. Diese zu meiden, ohne in die Abgründe der manchmal esoterisch anmutenden Meisterwerk-Abfeierei zu geraten, ist mein eigentliches Ziel. Nicht dass diesem Projekt in irgendeiner Weise Erfolg beschieden wäre, aber ich glaube an formale Qualitäten, analytische Herangehensweisen, filmhistorische Entwicklungslinien - aber das Reden darüber muss doch möglich sein, ohne es letztendlich zu extrem zu werten, also zu stark normativ voneinander zu unterscheiden. Formale Qualitäten hat letztendlich jeder Film, und ihre Wertung ist abhängig von einer Perspektive - suche ich nach Unterhaltung, nach filmhistoischem Wissen, nach im Film verschlüsselten gesellschaftlichen, historischen Einstellungen etc. pp. Darüber sollten wir viel öfter reden, über die Perspektive, die den Maßstab für objektive Filmkriterien - an die ich glaube, ganz klar - bilden.

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. November 2011, 20:16:

Ich nehme mal an, daß die "wertkonservative" Argumentation als Vorwurf oder Schmähung gedacht ist
Keinesfalls. Und politisch meine ich das ganz sicher nicht. Eher in dem Sinne, dass du an klassiche Werk-Kriterien glaubst.

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. November 2011, 20:16:

Wenn aber von solchen Schwarzweißklassikern Farbremakes gedreht werden, dann passiert es schnell, daß die auch häufiger im Fernsehen gezeigt werden ("Der Glöckner von Notre Dame" dürfte dafür ein gutes Beispiel sein), mit dem Ergebnis. die Schwarzweißfilme werden insgesamt seltener, und es wächst eine Generation heran, die auf Farbfilme geprägt oder ganz böse gesagt: konditioniert wird. Wenn also Sehgewohnheiten Originale verdrängen, muß die Frage erlaubt sein: wie entstehen denn diese Sehgewohnheiten? Dazu tragen Remakes sehr wohl bei, wenn auch nicht ausschließlich.
Ich dachte mir schon, dass du das Argument genau so gegen mich wenden wirst. :cheers: Aber mal ganz ehrlich: Sehgewohnheiten ändern sich aber doch anhand eines sehr viel größeren Korpus an Filmen. Remakes sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. November 2011, 20:16:

Und Tarkowski hat nun wirklich eine religiöse Macke (was mir auch seine späten Filme zum Teil beträchtlich vergällt).
Na, das ist doch schon mal was! Ich kenne nur IWANS KINDHEIT von ihm (wie unglaublich chronolgisch von mir :D ) und der ist ja noch vollkommen frei von religiösen Macken. Aber Kinderperspektiven haben das ja so an sich.

Ach ja, noch eine Ergänzung zur Liste von Remakes, die das Original überflügeln:
Carpenters THE THING natürlich darf nicht fehlen.

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#50 Settembrini

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Geschrieben 05. November 2011, 21:31

So, ein paar (abschließende?) Bemerkungen gibt es von meiner Seite auch noch:

Zitat

Keine Sorge, ich erwarte niemals Antworten. Schade aber, dass du kein Vergnügen an unserem Gedankenaustausch hattest, weil ich den sehr furchtbar fand. Was gibt es Lehrsameres als Unvereinbarkeit?

Ich will dann aber doch hoffen, daß das ein Buchstabendreher ist und "fruchtbar" heißen sollte! :D Der von mir erwähnte Mangel an Vergnügen beruht aber vor allem auf zwei Dingen, die hauptsächlich mit mir zu tun haben: eigentlich bin ich nämlich ziemlich konfliktscheu (wobei ich mich aber manchmal doch auf auch hitzige Diskussionen einlasse, wenn ich an meine kino.de-Jahre zurückdenke...) und zweitens, was noch wichtiger ist, recht faul, und vor allem mein langer Beitrag vom 3.11. war dann doch schon mit ziemlich viel Mühe und Zeitaufwand verbunden.

Zitat

Lass dir versichert sein, dass auch diese Position für mich die Pest ist. Diese zu meiden, ohne in die Abgründe der manchmal esoterisch anmutenden Meisterwerk-Abfeierei zu geraten, ist mein eigentliches Ziel. Nicht dass diesem Projekt in irgendeiner Weise Erfolg beschieden wäre, aber ich glaube an formale Qualitäten, analytische Herangehensweisen, filmhistorische Entwicklungslinien - aber das Reden darüber muss doch möglich sein, ohne es letztendlich zu extrem zu werten, also zu stark normativ voneinander zu unterscheiden. Formale Qualitäten hat letztendlich jeder Film, und ihre Wertung ist abhängig von einer Perspektive - suche ich nach Unterhaltung, nach filmhistoischem Wissen, nach im Film verschlüsselten gesellschaftlichen, historischen Einstellungen etc. pp. Darüber sollten wir viel öfter reden, über die Perspektive, die den Maßstab für objektive Filmkriterien - an die ich glaube, ganz klar - bilden.

Wobei ich Dir natürlich auch nicht wirklich unterstellen wollte, die "alles ist Geschmackssache"-Position ernsthaft zu vertreten oder anzustreben, ich habe vielmehr ein wenig extrapoliert, um zu zeigen, daß der völlige Verzicht auf Bewertungsmaßstäbe oder auch nur -kriterien, wie ich sie vertrete, in letzter Konsequenz dorthin führt (oder, vorsichtiger gesagt: führen kann). Wobei ich mich übrigens ein Stück weit Deinem Mißtrauen gegenüber der "esoterisch anmutenden Meisterwerk-Abfeierei" anschließen muß: grundsätzlich sehe ich das, wie ja ausreichend klar geworden ist, anders, aber es gibt schon Leute, die einzelne Werke und besonders deren Schöpfer gern auf so hohe Sockel stellen, daß man von unten nichts mehr erkennen kann, was dann leicht zum Personenkult ausartet. Mein Standardbeispiel dafür sind immer die Wagnerianer, aber auch im Bereich des Films gibt es da Beispiele. Insofern muß ich auch als Verfechter des "Meisterwerks" einräumen, daß man sich vor Übertreibungen in acht nehmen muß - und gerade beim Film kommt ja noch hinzu, daß man auch bei einem überragenden Film aufpassen muß, wen man eigentlich besonders davon lobt, denn auch der beste Regisseur dreht einen Film ja nicht allein. Da sehe ich besonders auch bei professionellen Kritikern oft die Tendenz, ausnahmslos alles an einem Film dem Regisseur zuzuschreiben, als ob alle anderen Beteiligten nur Marionetten in der Hand des großen Meisters wären.

Zitat

Keinesfalls. Und politisch meine ich das ganz sicher nicht. Eher in dem Sinne, dass du an klassiche Werk-Kriterien glaubst.

Da habe ich wohl auch überreagiert bzw. überinterpretiert. Mit dem "Glauben an klassische Werk-Kriterien" kann ich dagegen sehr gut leben, ich denke, das trifft es ganz gut.

Zitat

Na, das ist doch schon mal was! Ich kenne nur IWANS KINDHEIT von ihm (wie unglaublich chronolgisch von mir :D ) und der ist ja noch vollkommen frei von religiösen Macken. Aber Kinderperspektiven haben das ja so an sich.

Prinzipiell würde ich eine weitere Beschäftigung mit Tarkowski unbedingt empfehlen, schon wegen der filmästhetischen Qualitäten seiner Werke. Du hast ja schon chronologisch angefangen, da empfielt es sich vielleicht, so weiterzumachen: ANDREJ RUBLJOW finde ich ganz, ganz großartig, und gleiches gilt auch für SOLARIS. Die beiden sind meine persönlichen Favoriten. DER SPIEGEL ist wohl ein sehr persönlich, stark autobiographisch geprägter Film, in den ich herzlich wenig reingefunden haba, aber mit dem muß ich noch mal einen zweiten Versuch unternehmen. STALKER ist beeindruckend, aber eben doch keiner meiner Lieblinge, was vielleicht auch damit zu tun hat, daß man die drei Hauptfiguren auch als Vertreter von Kunst, Wissenschaft und Religion verstehen kann und Tarkowski sich am Ende doch recht eindeutig auf die Seite der Religion stellt (während das in SOLARIS noch nicht in der Weise der Fall ist). NOSTALGHIA und OPFER sind dann in jeder Beziehung harte Nüsse (und um ehrlich zu sein, fand ich die beiden auch ziemlich langweilig).
Am deutlichsten tritt dieses Religiöse bei Tarkowski aber in seinem Buch zutage, das auch sonst oft recht apodiktisch wirkt. Eine spannende Lektüre ist es aber schon; Tarkowskis Position ist zwar nur in Ausnahmefällen die meine, aber er hat zumindest einen Standpunkt. Und daneben ist eben auch ganz interessant, was er auch von der praktischen Filmarbeit so erwähnt.

So, habe ich jetzt etwas wichtiges vergessen zu sagen? Ich glaube, das war erst mal alles...

Bearbeitet von Settembrini, 05. November 2011, 21:33.


#51 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 05. November 2011, 21:50

Fruchtbar, nicht furchtbar meinte ich, ganz klar! Bin ganz schlimmer Tipp-Legastheniker und im Nachhinein zu faul, alles noch einmal ganz genau durchzulesen. :D

Ansonsten: :cheers: Ich gehe geistig stimuliert aus diesem Gespräch hervor und fand deine langen Beiträge äußerst spannend und lesenswert. Ich hoffe, die Arbeit hat sich auch für dich irgendwie gelohnt und du siehst sie nicht als vergebens, und wenn nur deswegen, weil du dir deiner eigenen Position klarer geworden bist.

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#52 Settembrini

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Geschrieben 05. November 2011, 21:59

Na, das ist doch ein wirklich schönes Schlußwort! Daher schließe ich mich gern an:
:cheers:

#53 Johannes

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Geschrieben 15. November 2011, 02:59

freut ihr euch schon auf die blaue iris-drehende natalie portman?





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