maX sagte am 30.07.2007, 08:43:
Ich kenne mich mit Jung leider (noch) zu wenig aus, finde aber, dass deine Interpretation schlüssig ist. Dass Horrorfiktionen stets auch als Vergegenständlichungen von sozialen oder individuellen Konflikten gesehen werden können, ist ja unfraglich. Insofern ähneln sich unsere Ansätze, die beide nach einer symbolischen Lesart suchen.
Die Figur der Ruby (sinnigerweise heißt die kleine Mutantin in Rot so und wird damit zur Schnittstellen-Figur zu anderen Fiktionen ... von "Rotkäppchen" bis "Don't look now") bewegt sich ja sowohl psychisch als auch vom Grad ihrer Deformation her zwischen beiden Welten. Dass Aja sie - im Gegensatz zu Craven - am Schluss opfert, macht das Remake für mich zu der wesentlich unversöhnlicheren, zeitgemäßeren Variante. Bei Craven lag ja aber ohnehin ein größerer Wert auf einer schnell erkennbaren strukturellen Gleichartigkeit beider Familien. Bei Aja ist die zwar immer noch da, aber eben auf eine höhere psychische bzw. makrosoziale Ebene "aufgehoben".
Damit wird diese Variante aber auch vielerseits ihrer Kammerspielartigkeit
ent-hoben. Bei all der Diskussion um die inszenatorisch angereicherte Qualität von Ajas Version, die ich noch nichteinmal in Frage stellen möchte, geht für meinen Geschmack ein wenig die Berücksichtigung des filmhistorischen Kontextes verloren. Es werden hier doch viele Motive (nicht nur aus Cravens Film, sondern aus weiten Teilen der Genrehistorie) lediglich aufgegriffen und den aktuellen medialen Gewohnheiten gemäß publikumswirksam neu verwoben - eine erleichternde Prämisse, die zahlreiche (äußere und innere) unbequeme Faktoren des alten Films schlicht ignoriert. Das beginnt schon bei dessen ruppigem Erscheinungsbild, das sich bei Aja deutlich im bereits gestern angemerkten, "edlen Used-Look" äußert. Letztlich ist es der alte Konflikt Indie - Studio. Die Produktionsbedingungen für Craven, der damals die Kohlen schwerlichst zusammenhalten musste, waren katastrophal - "Hills" 05 ist ein vordeklinierter Studiofilm. Ich muss meine primären Sympathien da einfach dem kleineren Produkt zuschustern, kann gar nicht anders.
Zur Motivlage: Ruby als Mittlerin zwischen den Familien wird dem Rezipienten bekanntermaßen auch in der früheren Variante an die Hand gegeben und ich halte es sowohl für deutlich wagemutiger als sogar auch philanthropischer, sie am Ende mit den Carters gehen zu lassen. Man könnte sogar soweit gehen, dem neuen "Hills" eine reaktionäre Haltung zu unterstellen angedenk der Tatsache, dass Ruby hier als physisch deformiertes und der urbanen Gesellschaft dadurch zusätzlich entfremdetes Wesen am Ende den Heldentod stirbt. Was mich w.e. noch etwas stört, ist die Relativierung der Initialisierungsgeschichte, die den alten Film zu einer Siedler-Americana macht. Man mag anbringen, dass Ajas Film das neu kontextualisiert, man könnte ihm auch Ignoranz unterstellen. Ich bin mir nicht ganz sicher.