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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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SPIDER BABY (Jack Hill/USA 1968)



"So - are you really a 'Wolf-Man'-fan, Ann?"

Spider Baby ~ USA 1968
Directed By: Jack Hill

Bruno (Lon Chaney Jr.) bekommt einen gehörigen Schreck, als er erfährt, dass noch am selben Tag Verwandte (Quinn K. Redeker, Carol Ohmart) und ein Notar (Karl Schanzer) samt Sekretärin (Mary Mitchel) bei ihm aufkreuzen werden, um die ungeklärte Erbsituation der Merrye-Familie, der Bruno seit Generationen dient, zu untersuchen. Warum hat Bruno Angst? Nun, im abgelegenen Haus der Merryes ist er der letzte Mensch mit halbwegs ungetrübtem Verstand: Die drei Kinder Virginia (Jill Banner), Elizabeth (Beverly Washburn) und Ralph (Sid Haig) sind geistig teilweise fortgeschritten derangiert und verhalten sich höchst merkwürdig, was etwa die versehentliche Ermordung des Postboten (Mantan Moreland) mit einschließt; im Keller hausen noch zwei Tanten und ein Onkel, bei denen die Missbildungen sich bereits auf die Physis erstrecken und die sich kannibalisch ernähren. Für Bruno, der dem alten Mr. Merrye dereinst am sterbebett versprechen musste, sich stets um dessen Hinterbliebene zu kümmern, eine verzwickte Situation.

Nachdem Jack Hills für ein Taschengeld produzierter, ursprünglich "Cannibal Orgy" getaufter Film über lange Jahre im Giftschränkchen eines Gläubigers verborgen gehalten wurde und letzte im Umlauf befindliche Kopien bereits einen mythischen Charakter erlangten, gelang es dem Regisseur irgendwann durch einen Trick, sein Werk wieder loszueisen. Dafür muss man dankbar sein, denn "Spider Baby" bietet allerfeinsten Camp, ist hübsch geschmacklos, ohne je obszön zu sein und ganz zweifellos das Werk eines überaus intelligenten auteurs mit glänzendem Humor, unterstützt von einigem an weiterführender Könnerschaft: Lon Chaney Jr., damals rund 62 Jahre alt, der dp Alfred Taylor zufolge heimlich Löcher in Orangen zu bohren und den Saft herauszupressen pflegte, um sie hernach mit Vodka zu füllen und wiederum auszuschlürfen, präsentiert eine ebenso glänzende wie rührende Spätvorstellung als lieber, knuffiger alter Herr mit lebrigen Augen, der nur tut, wie ihm dereinst aufgetragen ward und nach einem ohnehin aufgeopferten Leben vor Probleme gestellt wird, die er eigentlich nicht verdient. Redeker kann sich einen ironischen Gestus nicht verkneifen, der jedoch vorzüglich zum Film passt; schließlich Sid Haig, - im wahrsten Sinne -, ohne Worte. Die beiden von Washburn und Banner gespielten Schwestern injizieren jedoch erst die wahre Würze in "Spider Baby". Oszillierend zwischen infantiler Unschuld, ausgekochter Erotik und wesenhafter Bosartigkeit scharwenzeln sie ums Haus wie putzige Kätzchen, nur, um bei Bedarf blitzschnell zuzuschlagen. "Sting! Sting! Sting!"
Von den missgestalteten Kellergesellen sieht man leider erst ganz zum Schluss etwas und da fliegen sie auch schon wieder in die Luft. Schade, dass das im Epilog angedeutete, mögliche Sequel nie realisiert wurde.

8/10

Jack Hill Kalifornien Kannibalismus Familie Inzest Camp Sleaze



Filmtagebuch von...

Funxton

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