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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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WHOEVER SLEW AUNTIE ROO? (Curtis Harrington/UK 1972)



"She's got a mummy in a hidden room!"

Whoever Slew Auntie Roo? (Wer hat Tante Ruth angezündet?) ~ UK 1972
Directed By: Curtis Harrington

Middlesex, 20er Jahre: Die wohlhabende, aber einsame Vaudevillekünstler-Witwe Rose Forrest (Shelley Winters) lädt alljährlich über die Weihnachtsfeiertage zehn Kinder eines benachbarten Waisenhauses ein, stopft sie mit Leckereien voll, beschenkt sie reichlich und bläst für sie die Unterhaltungsharfe. In diesem Jahr mogeln sich zusätzlich die beiden verschworenen Geschwister Christopher (Mark Lester) und Katy (Chloe Franks) unter die anderen Kids. Für 'Auntie Roo', wie Rose sich von den Kleinen verniedlicht rufen lässt, kein Problem - zumal die süße Katy sie an ihre einst infolge eines Unfalls verstorbene, eigene Tochter Katharine erinnert. Als Christopher zufällig herausfindet, dass bei Rose ein Schräublein locker ist, ist es bereits zu spät: Sie entführt Katy und sperrt sie als Tochterersatz in eine kleine Dachkammer. Mit Christophers Hartnäckigkeit, der sich plötzlich bei "Hänsel und Gretel" wähnt und Rose für die alte Knusperhexe hält, hat die jedoch nicht gerechnet.

Hübsch boshafter, vorläufiger Endpunkt der Hag-Horror-Welle nach genau zehn Jahren Lebensdauer und verkleidet als Neuformulierung eines der grausligsten von Grimms Märchen, das zudem von seinen kleinen Lesern schwer missinterpretiert wird: Natürlich kann man Rose Forrest vorwerfen, dass es nicht ganz handelsüblich ist, die Leiche des verstorbenen Kindes in einem geheimen Spielzimmer der heimischen Villa aufzubahren und allabendlich in den Schlaf zu singen; genau so, wie die das Kidnappen eines kleinen Mädchens wohl kaum der korrekte Weg ist, eine rechtsgültige Adoption ins Feld zu führen. Dass Rose jedoch plant, die beiden Geschwister zu mästen und hernach im Ofen zu grillen, darf stark bezweifelt werden - sie wählt lediglich etwas unkonventionelle Methoden, um ihre Einsamkeit zu überbrücken. Pech, dass sie sich da in der Person des pfiffigen, aber bereits sehr lebensgeschulten Christopher mit dem Falschen eingelassen hat, denn wie weiland die böse Hexe erwartet auch Tantchen Roo ein heißes Schicksal. Ein logisches Finale für die Altweiber-Horrorwelle, da hier nicht nur surreale Elemente Einzug zu halten beginnen, sondern sich langsam auch die Figur der bösen Alten zu drehen beginnt. Rose Forrest ist ja nicht wirklich böse, sondern lediglich eine bemitleidenswerte, vom Schicksal gebeutelte Mutterfigur mit fehlgeleiteten Charakterausprägungen. Sehr schön derweil die an Dickens angelehnte Zeichnung der postviktorianischen Waisenhausverhältnisse und die freche Zeichnung der entsprechenden Lebenswirklichkeit: Zu Tante Roo etwa dürfen nur die Hübschen und Braven - freche oder sich in irgendeiner Form auffällig benehmende Kinder, solche also, die es am Nötigsten hätten, müssen daheim bleiben. Elitäre Auslese beginnt eben in der kleinsten Hütte.

8/10

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Filmtagebuch von...

Funxton

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