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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





Foto

CHISUM (Andrew V. McLaglen/USA 1970)



"Mr. Chisum, that sounds like a threat." - "Wrong word. FACT!"

Chisum ~ USA 1970
Directed By: Andrew V. McLaglen


Lincoln County, die 1880er: Der Rinderbaron John Chisum (John Wayne) wacht mit eiserner, aber gerechter Hand über sein Imperium, das ihm der kriminell agierende Lawrence Murphy (Forrest Tucker) streitig macht. Zusammen mit seinem besten Freund und Faktotum James Pepper (Ben Johnson) und anderen Alliierten wie seinem pazifistisch eingestellten Nachbarn Tunstall (Patric Knowles) sowie den Abenteurern William "Billy The Kid" Bonney (Geoffrey Deuel) und Pat Garrett (Glenn Corbett) verteidigt Chisum Land und Gut gegen Murphy und seine immer größer werdende Bande von Halunken.

"Chisum" ist ein typisches Beispiel für die willkürliche Art von heroisch gefärbter Geschichtsklitterung, die im Hollywood-Western Gang und Gäbe war. Der Film berichtet vom berühmten Lincoln County War, in dem bei wechselnder Allianzenbildung tatsächlich jeder gegen jeden stand und sich selbst der Nächste war, so auch der Großrancher und -kapitalist Chisum, der über verschlungene Umwege die Ermordung des Renegaten Billy The Kid in Auftrag gab. Da der breit und prachtvoll bebilderte Film von McLaglen aber ein Duke-Vehikel ist, wird der Titelcharakter in selbigem als ehrbarer Patriarch charakterisiert, der wie kein anderer für Recht und Ordnung einsteht und das Herz am rechten Fleck hat. Diverse authentische Ereignisse werden völlig verquer auseinandergenommen und wie in einem Baukasten mit Kinderklötzen neu zusammengesetzt. Wayne verteidigt seinen Ruf als konservativer Pferdeheld, indem er seinen Respekt für alte, von ihm auf dem tugendhaften Pfad der Landnahme bezwungene Feinde wie den Indianerhäuptling White Buffalo (Abraham Sofaer) bekundet, ein wachsames Auge auf seine jungfräuliche Nichte (Pamela McMyler) hat und fortwährend nach der alten Weise "Auge um Auge, Zahn um Zahn" verfährt.
Den Startschuss des wayne'schen Spätwerks zu datieren, ist eine strittige Frage - für mich beginnt es gleich nach seiner letzten Zusammenarbeit mit Ford, "The Man Who Shot Liberty Valance", zugleich der mit Abstrichen betreffs späterer Nachfolger letzte Film mit Duke, der wirklich etwas zu sagen hatte - was freilich nicht an dessen Präsenz liegt, sondern am Regisseur. Die letzte Westernphase läutete sich dann mit Hawks' "El Dorado" ein, der bereits erfolgreich den zunehmend alternden, steifen und gut gepolsterten Wildwestopa kultivierte und Waynes Zeitlupenbewegungen dramaturgisch damit rechtfertigte, dass er im Film eine Kugel im Rücken stecken hat, die nicht ohne Weiteres entfernt werden kann. Hernach folgten mit Ausnahme von Hathaways "True Grit", dem etwas traurig geratenenen Hawks-Finale "Rio Lobo" und nastürlich Siegels "The Shootist" (danke an Short Cut für den Hinweis) praktisch ausschließlich Zusammenarbeiten mit mediokren Altregisseuren und unbeschriebenen Neulingsblättern, die dieselbe Geschichte immer wieder erzählten und auf harten Konfrontationskurs mit New Hollywood gingen, indem sie die jungen, liberalen Ideale schlichtweg ignorierten und ein neuerlich irritierend romantisches Bild des alten Westens prägten. Nichtsdestotrotz fungieren gerade diese Spätwestern als nachhaltiger Imagestempel für Wayne, der sich in den Köpfen der nachfolgenden Generationen fast ausschließlich als altes Haudegen-Schlachtross mitsamt selbstzufriedenem Grinsen inkarniert sieht, nicht jedoch als der ernstzunehmende Schauspieler aus diversen, teils dreißig Jahre älteren Ford-Filmen. Was mich anbelangt, so habe ich viele dieser jüngeren Filme lange Zeit ignoriert bzw. mich ihrer Wahrnehmung schlicht verweigert, um das mir wesentlich liebere Bild des wahren, kraftvollen Duke von einst aufrecht erhalten zu können. Mein Komplettierungswahn und die Tatsache, dass ich momentan hübsch viel Zeit habe, nötigt mich jedoch zur Aufgabe dieser Stoa. Wollen mal sehen, was dabei herauskommt.
Jedenfalls entledigte sich im Zuge des Kinoeinsatzes von "Chisum" ein zeitgenössischer Kritiker der nicht eben von der Hand zu weisenden Bezeichnung Waynes als "fetter, alter Kunstleder-Cowboy". Und weil diese so himmelschreiend-unbequem-wahr ist, zitiere und verbuche ich sie hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

6/10

Andrew V. McLaglen Lincoln County War Billy The Kid New Mexico



Zitat

Hernach folgten mit Ausnahme von Hathaways "True Grit" und dem etwas traurig geratenenen Hawks-Finale "Rio Lobo" ausschließlich Zusammenarbeiten mit mediokren Altregisseuren, die im Prinzip nur als Stellvertrter Waynes agierten und dieselbe Geschichte immer wieder erzählten und auf harten Konfrontationskurs mit New Hollywood gingen, indem sie die jungen, liberalen Ideale schlichtweg ignorierten und ein irritierend romantisches Bild des alten Westens prägten.

Nehme an, dass Du Siegels "The Shootist" da nicht mitzuzählst !?
Naja, ich nehme mal an das nicht :)
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Du nimmst richtig an. Danke für deine genaue Lektüre und Ergänzung. Habe das oben mal entsprechend editiert. Übrigens habe ich vorhin zum ersten Mal "The Cowboys" geschaut und bin auch von diesem schwer angetan. Eintrag folgt in Kürze :)
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Hui !

Na wenn das so ist :

Gern geschehn ! :)

"The Cowboys" mochte ich auch ganz gerne und sogar "Rooster Cogburn and the Lady" mit Katharine Hepburn.
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Short Cut sagte am 07. August 2010, 20:27:

"Rooster Cogburn and the Lady"

Kommt die Tage noch ;)
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Funxton

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