Hinweis: Der Text verrät ziemlich vom Inhalt des Films und ist eher für Leser gedacht, die ihn schon gesehen haben.
Die Filmproduzenten Michael Klinger und Tony Tenser wollten nur einen billigen Horrorfilm haben, doch sie bekamen ein Meisterwerk: und so nehme ich denn die Wiederbegegnung mit Roman Polanskis Ekel zum Anlaß, mal wieder etwas in mein Filmtagebuch zu schreiben.
Ekel schildert den allmählichen geistigen Verfall der (schon zu Beginn des Films recht verklemmt und verstört wirkenden) Maniküre Carol, die Abscheu vor Sexualität (und Männern) empfindet, schließlich dem Wahnsinn verfällt und die Annäherungsversuche zweier Männer abwehrt, indem sie beide umbringt.
Besonders zu seiner Entstehungszeit wurde Ekel oft mit Hitchcock und vor allem dessen Psycho verglichen, und bei einer oberflächlichen Betrachtungsweise ergeben sich durchaus Ähnlichkeiten: Wahnsinn und Mord stehen im Mittelpunkt beider Werke, und auch bei einigen visuellen Motiven ist eine Verwandtschaft auszumachen; besonders das leinwandfüllende Auge, mit dem Ekel beginnt, ist ein Beispiel dafür.
Trotzdem überwiegen für mich die Unterschiede: denn der Wahnsinn wird bei Hitchcock aus der Außenperspektive gezeigt, während Polanski zwischen der Außen- und Innenperspektive wechselt und letztere vor allem in der zweiten Filmhälfte viel Raum einnimmt. Dabei aber greift er auch auf surrealistische Elemente zurück, die Hitchcock ebenfalls weitgehend fremd sind, und wenn man nach Hitchcock-Parallelen sucht, wird man fraglos in Frantic weitaus fündiger werden.
Dabei ist das allmähliche Hinübergleiten Carols in den Wahnsinn, das der Film mit fast klinischer Präzision verfolgt, mit äußerster visueller und akustischer Raffinesse gestaltet. So werden Alltagsgeräusche wie das Ticken eines Weckers oder das Läuten des Telefons zur Bedrohung, und ähnliches gilt für viele Bilder: ein realer Riß im Straßenpflaster wird zum Vorboten der halluzinierten Risse, die sich später in den Wänden von Carols Wohnung auftun; einmal ist Carols verzerrtes Bild zu sehen, das sich in einer Teekanne spiegelt; und bereits eines der ersten Bilder des Films, das eine Kundin im Schönheitssalon zeigt, der gerade eine Gesichtsmaske aufgelegt ist, kündet von Erstarrung und Tod. Dazu paßt auch, daß ein so alltäglicher Schauplatz wie eine Wohnung (deren zunehmende Verwahrlosung zum Spiegel von Carols geistigem Zustand wird) immer mehr zu einem Ort des Schreckens wird (wobei immer wieder Aufnahmen mit einem Weitwinkelobjektiv die alptraumhafte Wirkung verstärken).
Eine wirkliche Erklärung für Carols Wahnsinn und die monströsen Geschehnisse, die der Film zeigt, gibt es in Ekel nicht, allerdings wird das Schlußbild, wenn die Kamera auf ein Foto aus Carols Kinderzeit und schließlich auf Carols Pupille fährt (wodurch der Film zu einem geschlossenen Kreis wird), häufig so interpretiert, daß hier ein sexueller Mißbrauch Carols in der Kindheit, möglicherweise durch ihren Vater, angedeutet wird; das ist fraglos eine durchaus schlüssige Lesart (schlüssig, wenn man Vergleiche mit anderen Polanski-Filmen anstellt, schlüssig aber auch deshalb, weil das Verhältnis der Geschlechter ein wichtiges Thema des Films ist), aber wohl nicht die einzig mögliche.
Ein besonderes Ereignis dieses Films ist Catherine Deneuve. Ihr von leichter Unruhe bis zu nackter Panik reichender, bisweilen aber auch völlig erstarrender Blick bleibt im Gedächtnis haften, wie auch die nervösen Gesten, mit denen Carol sich ständig nicht vorhandenen Schmutz aus dem Gesicht zu streichen versucht (während sie ein real verwesendes Kaninchen nicht weiter stört...); großartig auch, wie sie bügelt, ohne daß das Bügeleisen mit irgendeiner Stromquelle verbunden wäre.
Ekel ist ein großartiger, in allen Belangen überzeugender und ungemein dichter Film: Inszenierung, Fotografie und Hauptdarstellerin sind herausragend und machen dieses Werk zu einem der großen Filme der 60er Jahre.
Die Filmproduzenten Michael Klinger und Tony Tenser wollten nur einen billigen Horrorfilm haben, doch sie bekamen ein Meisterwerk: und so nehme ich denn die Wiederbegegnung mit Roman Polanskis Ekel zum Anlaß, mal wieder etwas in mein Filmtagebuch zu schreiben.
Ekel schildert den allmählichen geistigen Verfall der (schon zu Beginn des Films recht verklemmt und verstört wirkenden) Maniküre Carol, die Abscheu vor Sexualität (und Männern) empfindet, schließlich dem Wahnsinn verfällt und die Annäherungsversuche zweier Männer abwehrt, indem sie beide umbringt.
Besonders zu seiner Entstehungszeit wurde Ekel oft mit Hitchcock und vor allem dessen Psycho verglichen, und bei einer oberflächlichen Betrachtungsweise ergeben sich durchaus Ähnlichkeiten: Wahnsinn und Mord stehen im Mittelpunkt beider Werke, und auch bei einigen visuellen Motiven ist eine Verwandtschaft auszumachen; besonders das leinwandfüllende Auge, mit dem Ekel beginnt, ist ein Beispiel dafür.
Trotzdem überwiegen für mich die Unterschiede: denn der Wahnsinn wird bei Hitchcock aus der Außenperspektive gezeigt, während Polanski zwischen der Außen- und Innenperspektive wechselt und letztere vor allem in der zweiten Filmhälfte viel Raum einnimmt. Dabei aber greift er auch auf surrealistische Elemente zurück, die Hitchcock ebenfalls weitgehend fremd sind, und wenn man nach Hitchcock-Parallelen sucht, wird man fraglos in Frantic weitaus fündiger werden.
Dabei ist das allmähliche Hinübergleiten Carols in den Wahnsinn, das der Film mit fast klinischer Präzision verfolgt, mit äußerster visueller und akustischer Raffinesse gestaltet. So werden Alltagsgeräusche wie das Ticken eines Weckers oder das Läuten des Telefons zur Bedrohung, und ähnliches gilt für viele Bilder: ein realer Riß im Straßenpflaster wird zum Vorboten der halluzinierten Risse, die sich später in den Wänden von Carols Wohnung auftun; einmal ist Carols verzerrtes Bild zu sehen, das sich in einer Teekanne spiegelt; und bereits eines der ersten Bilder des Films, das eine Kundin im Schönheitssalon zeigt, der gerade eine Gesichtsmaske aufgelegt ist, kündet von Erstarrung und Tod. Dazu paßt auch, daß ein so alltäglicher Schauplatz wie eine Wohnung (deren zunehmende Verwahrlosung zum Spiegel von Carols geistigem Zustand wird) immer mehr zu einem Ort des Schreckens wird (wobei immer wieder Aufnahmen mit einem Weitwinkelobjektiv die alptraumhafte Wirkung verstärken).
Eine wirkliche Erklärung für Carols Wahnsinn und die monströsen Geschehnisse, die der Film zeigt, gibt es in Ekel nicht, allerdings wird das Schlußbild, wenn die Kamera auf ein Foto aus Carols Kinderzeit und schließlich auf Carols Pupille fährt (wodurch der Film zu einem geschlossenen Kreis wird), häufig so interpretiert, daß hier ein sexueller Mißbrauch Carols in der Kindheit, möglicherweise durch ihren Vater, angedeutet wird; das ist fraglos eine durchaus schlüssige Lesart (schlüssig, wenn man Vergleiche mit anderen Polanski-Filmen anstellt, schlüssig aber auch deshalb, weil das Verhältnis der Geschlechter ein wichtiges Thema des Films ist), aber wohl nicht die einzig mögliche.
Ein besonderes Ereignis dieses Films ist Catherine Deneuve. Ihr von leichter Unruhe bis zu nackter Panik reichender, bisweilen aber auch völlig erstarrender Blick bleibt im Gedächtnis haften, wie auch die nervösen Gesten, mit denen Carol sich ständig nicht vorhandenen Schmutz aus dem Gesicht zu streichen versucht (während sie ein real verwesendes Kaninchen nicht weiter stört...); großartig auch, wie sie bügelt, ohne daß das Bügeleisen mit irgendeiner Stromquelle verbunden wäre.
Ekel ist ein großartiger, in allen Belangen überzeugender und ungemein dichter Film: Inszenierung, Fotografie und Hauptdarstellerin sind herausragend und machen dieses Werk zu einem der großen Filme der 60er Jahre.