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Herr Settembrini schaltet das Licht an

Oberlehrerhafte Ergüsse eines selbsternannten Filmpädagogen




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Im DVD-Regal gestöbert...



In der letzten Zeit habe ich endlich mal wieder in meinem DVD-Sortiment herumgestöbert und so einige Filme gesehen. Weil ich zu den meisten davon schon früher recht viel geschrieben habe (auch wenn etliche dieser Texte jetzt futsch sind), werde ich mich eher kurz fassen. Es handelt sich um die folgenden Filme:

Fight Club
ist visuelles Feuerwerk, Gesellschaftssatire und Menetekel zugleich: ein Film, der die Sinnentleerung einer Gesellschaft zeigt, in der der einzelne nur noch als Arbeitnehmer funktionieren und als Verbraucher konsumieren soll, wobei er freilich insofern pessimistisch ist, daß er keinen Ausweg aus der Misere zeigt: denn der vermeintliche Ausweg, das zunächst anarchische Aufbegehren des Erzählers führt geradewegs in den faschistoid-sektiererischen Schrecken hinein. Für mich David Finchers bester Film.

Der dunkle Kristall
ist ein, vielleicht sogar das Meisterwerk des Fantasyfilms und nimmt mich allein schon durch seine wunderbaren Bilder ein. Außerdem ist der Film natürlich ein künstlerischer Triumph des Puppetismus. Sehr, sehr schön.

Dann stand ein schönes Vaclav-Vorlicek-Double-Feature an:

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Die mittlerweile zum Kultfilm gewordene Verfilmung der (im Vergleich mit der Grimmschen Version deutlich emanzipierteren) tschechischen Aschenbrödel-Variante. Ein immer noch sehenswerter Film, der einerseits ein wenig frech ist, andererseits aber auch den Märchenton wunderbar trifft und eine wirklich schöne Filmmusik hat.

Das Mädchen auf dem Besenstiel
Eine junge Hexe, die wegen ihrer mangelhaften Leistungen in der Hexenschule zu 300 Jahren Nachsitzen verdonnert worden ist, reißt in die Menschenwelt aus und verliebt sich in einen Schüler, der außerdem der Sohn des Zoodirektors ist. Ein witziger und verspielter Film voller verrückter und amüsanter Einfälle, der zwar nicht so bekannt wie der Aschenbrödel-Film ist, mir persönlich aber noch besser gefällt.

Danach entschloß ich mich zu einer kleinen Kubrick-Reihe:

Eyes Wide Shut
Optisch ist der Film ein Hochgenuß, nicht allein die Farben sind fantastisch, sondern Kubricks Spielereien mit ihnen sind es ebenfalls (ein schwarzer Umhang wird dunkelblau, ein roter Billardtisch taucht auf...). Trotzdem hat der Film so einige Längen, die fast immer in den Szenen auftreten, die der Film hinzugefügt hat und in Schnitzlers (wesentlich dichterer) "Traumnovelle" fehlen. Insbesondere die lange Szene kurz vor Schluß mit Sidney Pollack mag ich überhaupt nicht. Trotzdem gehört "Eyes Wide Shut" alles in allem zu jenen Kubrick-Filmen, die ich zu schätzen weiß; ich halte ihn zwar nicht wirklich für ein Meisterwerk, aber immerhin für einen hervorragenden und auch schönen Film, der zudem längst nicht so misanthropisch ist wie viele andere Kubrick-Filme.

2001 - Odyssee im Weltraum
Ein Meisterwerk, bei dem die Ausführung tatsächlich einmal mit dem Willen mithalten kann. 2001 ist zum einen ein visuell herausragendes Werk (am weitaus größten Teil des Films prallt die derzeit laufende Synchonisation-versus-Untertitel-Debatte einfach ab...), weiterhin ein Meilenstein der Tricktechnik (heute kann man zwar Sachen machen, die damals noch nicht gingen, aber die Tricks, die in 2001 vorkommen, sehen immer noch fantastisch aus, und ein heutzutage mit allen Mitteln der Computeranimation etc. gedrehtes Remake sähe bestimmt nicht besser aus) und zeichnet zugleich mit bitterer Skepsis die Geschichte der Nicht-Entwicklung der Menschheit nach. Ganz interessant auch meine persönliche "Evolutionsgeschichte" mit diesem Film: als ich ihn das erste Mal, schätzte ich auf Anhieb den langen Mittelteil mit HAL 9000 und den Ereignissen auf der "Discovery", mochte die Jupiter-Episode am Ende aber nicht besonders, während ich heute eher zur Auffassung neige, daß gerade diese den Film (noch) mehr als die anderen aus seinem Genre herausragen läßt. Freilich ist 2001 über die Jahre hinweg mit den neuerlichen Sichtungen für mich auch immer kälter und pessimistischer geworden - was aber auch an mir liegen kann, da der Film selbst natürlich immer derselbe geblieben ist. Trotzdem bleibt es auch nach dem sechsten Sehen ein vieldeutiger (und geheimnisvoller) Film, aus dessen Schluß sich vielleicht auch ein Hoffnungsschimmer herauslesen läßt, auch wenn diese Deutung zunehmend schwieriger wird.

Barry Lyndon
Vielleicht nicht so groß wie 2001, trotzdem aber ein meisterhafter Film, der sich an den Gemälden alter Meister orientiert und dies so gut tut, daß man nahezu jedes Einzelbild im Museum aufhängen könnte. Leider habe ich Thackerays Roman nie gelesen, aber da ich seinen Jahrmarkt der Eitelkeit kenne, wage ich einfach mal die Behauptung, daß Barry Lyndon durchaus ein Film im Geiste Thackerays ist: mit satirischer Schärfe werden menschliche Schwächen und Mängel der Gesellschaft entlarvt, und doch ist dieser Schärfe auch eine Spur von Nachsicht beigemengt, und so ist Barry Lyndon zwar ein pessimistischer und von Resignation geprägter, aber (ganz im Gegensatz zum widerwärtigen Uhrwerk Orange) kein zynischer Film. Wobei das vielleicht erstaunlichste an diesem optisch so schönen Film der Umstand ist, daß er einerseits ungeheuer artifiziell und distanziert wirkt und trotzdem zu Kubricks bewegendsten Werken gehört.

Danach habe ich noch einen weiteren Film gesehen, aber den Kommentar zu diesem verschiebe ich in den Fortsetzungsbeitrag zu diesem hier. Also: Fortsetzung folgt!




Zitat

"... und ein heutzutage mit allen Mitteln der Computeranimation etc. gedrehtes Remake sähe bestimmt nicht besser aus ..."

Ich hoffe, dieser Remake-Wahn lässt die Finger von so einem umerreichbaren Monolithen wie "2001". Denn ein solches Unterfangen muss scheitern.

Ansonsten Respekt vor deinem kleinen Sichtungsmarathon so zeitig im neuen Jahr. Du warst schon ganz schön fleißig. Den "Dunklen Kristall" muss ich mir auch mal endlich anschauen.
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Auf ein "2001"-Remake kann ich ebenfalls gut verzichten, ich weiß auch von keinen entsprechenden Plänen. Ich hatte das fiktive Remake eben nur angeführt, um die tricktechnischen Qualitäten anschaulich zu machen.

Der "Sichtungsmarathon" im neuen Jahr ist aber ein Mißverständnis, das ist größtenteils die Ausbeute der Weihnachtszeit. In diesem Jahr gesehen habe ich von den aufgeführten Filmen nur "Barry Lyndon" (und außerdem "Sanjuro", den ich mir aber für den Fortsetzungsbeitrag aufgehoben habe). "2001" war übrigens mein Silvesterprogramm.
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Über Eyes Wide Shut

Ich habe ihn damals einige Male im Kino gesehen. Auch ich
würde ihn als großartigen und visuell überragenden Film be=
zeichnen, aber nicht als Meisterwerk. Zu der von dir beanstandeten "Erklärbär-Szene" mit dem roten! Billardtuch fällt mir ein, dass sie dazu beiträgt Bill noch ein Stück mehr zu "entmachten" Der ganze
Film handelt ja davon, dass er, Bill, entmächtigt wird, und diese
Macht an seine Frau übergeht. Und den Ausführungen kann man glauben oder nicht, womit sie auch nicht viel erklärt.
Ich kenne Schnitzlers Traumnovelle nicht. Aber ich weiß, und nehme an, dass das auch du weißt, dass der Drehbuchautor die Geschichte gerne modifiziert hätte, weil sich seit den Zeiten der Traumnovelle vieles zwischen Mann und Frau verändert hat. "Glaubst du, ich nicht" antwortete Kubrick darauf. Und ich denke,
schon, dass sich einiges verändert hat. Da der Film in der Gegenwart und in New York spielt, hat die Geschichte vielleicht etwas unzeitgemäßes. Weniger sicher bin ich mir, ob du weißt,
dass Kubrick mit dem Gedanken spielte, daraus eine Farce zu machen.(mit Robin Williams in der Hauptrolle)
Nach meinem Gefühl liegt die Schwäche des Filmes in der unglaublichen Schwere, die gegen Ende auch ein wenig zu Langeweile führt. Die wiederum liegt vielleicht daran liegt, dass Kubrick "überperfekt" war, und somit jegliche Spontanität und Leichtigkeit verunmöglicht hat. Ein "Dr.Strangelove" der auch
von Spontanität lebt, hätte er später nicht mehr zusammengebracht. Trotzdem ein wirklich großartigen Film, gerade der Streit-Dialog zwischen Kidman und Cruise, der die Geschichte ins Rollen bringt, ist fantastisch. So wie jede Episode für sich genommen sehr gut ist. Das Unzeitgemäße muss man halt dabei akzeptieren, auch weil es von Kubrick wohl intendiert war. Sie führt aber dazu, dass die Aussage, "die heile Famile ist ein Schmäh, auch zu Weihnachten" weniger überraschend ist, als Kubrick vielleicht dachte.

Die beiden anderen Kubricks würde ich genauso als meisterhaft bezeichnen, wobei mir Barry Lyndon noch lieber als 2001
ist. Auch den Fightclub sehe ich ähnlich, und die restlichen zwei Filme kenne ich nicht.
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