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This is an adventure.

Erinnerungen an eine Zeit, die es nie gab.

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THE WOLFMAN (UK/USA 2010, Joe Johnston)


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Offensichtlich an Tim Burton geschulte Aktualisierung eines absoluten Meisterwerks. Zunächst erschöpft sich Johnstons Film in der sehr erfolgreichen Inszenierung von Atmosphäre, in der 2. Hälfte hat er der bloßen Hommage dann doch noch etwas hinzuzufügen. Del Toro hat etwas Nachtumwehtes, das ihn tatsächlich prädestiniert für die Titelrolle, Hopkins' Spiel hingegen ist eher zwiespältig: Einem fürchterlich eitlen Minenspiel steht eine beeindruckende Körperlichkeit gegenüber, die seinem dämonischen Vater eine selten gesehene Wucht und Leinwandpräsenz verleiht. Den gleichwohl klaffenden Spalt zwischen einer positiv besetzten Altertümlichkeit - der Versuch, dem Stoff "gerecht zu werden" - und einer Aktualisierung - dem Stoff etwas hinzufügen, das ihn über die eher museale Funktion der Hommage hinaus relevant macht - überbrückt dann die äußerst affektive Inszenierung, die auf den Punkt sitzende Schockmomente mit dichter Atmosphäre und extremen Gewaltspitzen zusammenführt.


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UP IN THE AIR (USA 2009, Jason Reitman)


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Jason Reitman deutet zunächst an, die Apologie eines Arschlochs erzählen zu wollen - und verblüfft schlussendlich mit einer so nicht erwarteten Unversöhnlichkeit gegenüber einem verächtlichen Protagonisten. Die Hollywood'sche Geste der Versöhnung darf zwar nicht komplett fehlen, doch wird die Läuterung hier nur der folgenden Generation zugestanden. Für die Akteure des dehumanisierten Kapitalismus ist alles lange zu spät, für Clooneys unerlösten Verwalter der kalten Ratio gibt es längst keine Hoffnung und keine Vergebung mehr. Dass der Film das so kalt wie unbeirrt erzählt - zwar gibt es einige sehr komische Momente, aber eine Komödie ist UP IN THE AIR ganz sicher nicht - nötigt Respekt ab.


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THE LOVELY BONES (USA/UK/NZ 2009, Peter Jackson)


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Die Kritik hat sich zu Peter Jacksons neuem Film bei einem Mittelmaß eingependelt, das THE LOVELY BONES absolut nicht gerecht wird. Denn einem radikalen Film wie diesem kann man eigentlich nur mit radikalen Bewertungen beikommen. Da sich fast alle einig sind in der Ablehnung dieses Werkes, beziehe ich mal die Gegenposition: Wenn es noch einen Filmemacher gibt heute, der wirklich an die ganz große Form im Kino glaubt, dann ist es sicherlich Peter Jackson. In THE RETURN OF THE KING und vor allem KING KONG ist das schier katastrophal gescheitert, hier hat es als interessante Herausforderung Bestand. Nun kann (und muss) man sicher lange darüber streiten, ob der Kurzschluss mit Kitsch und Fantasy dem Gegenstand von THE LOVELY BONES (Missbrauch und Kindesmord) angemessen ist. Was man indes der Adaption von Jackson kaum absprechen kann, das ist absolute künstlerische Integrität und Kompromisslosigkeit. Jackson glaubt sehr offensichtlich unbedingt an seine Idee der Verschärfung per Verkitschung, und kompromittiert diese nicht für eine Sekunde. Diesem künstlerischen Wagemut ist, selbst wenn man die Herangehensweise für falsch halten sollte, bedingungsloser Respekt entgegenzubringen. THE LOVELY BONES ist in jeder Hinsicht groß, übergroß, und findet dabei einige ungeheuerliche Bilder, die mich wohl noch eine Weile verfolgen werden. Kein Kino, mit dem sich einfach fertigwerden lässt.


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DID YOU HEAR ABOUT THE MORGANS? (USA 2009, Marc Lawrence)


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DID YOU HEAR ABOUT THE MORGANS?
(USA 2009, Marc Lawrence)

In seiner Trilogie mit Darsteller Hugh Grant greift der amerikanische Autorenfilmer Marc Lawrence über das privatistische Glücksversprechen der RomCom hinaus und arbeitet im Grunde an einem utopischen Projekt der Erlösung Amerikas aus dem Zentrum des Falschen heraus. In TWO WEEKS NOTICE stand am Ende der Traum eines menschlichen Kapitalismus, in MUSIC AND LYRICS der Traum der Entwicklung einer künstlerischen Aufrichtigkeit aus dem Herzen der Plastikpopindustrie. In DID YOU HEAR ABOUT THE MORGANS? schließlich wird die Utopie am eindeutigsten zum utopos, zum "Nirgendort". Die Hoffnung auf Erlösung erscheint hier als an die "Reinheit" der ruralen Rückzugsorte außerhalb der urbanen USA gebunden. Das Rednecktum, inclusive Waffenfetischismus und kultureller Beschränktheit, erscheint hier, wie der Kapitalismus und die Kulturindustrie in den früheren Filmen, nicht mehr als Ausdruck amerikanischer Sündenfälle, sondern im Gegenteil als Potenziale einer Heilung jener Wunden, die in letzter Konsequenz auf ihre eigene Falschheit zurückzuführen sind. - Besonders interessant, dass Lawrence diese beiden Sphären hier als im Grunde unversöhnbar gegenüberstellt: Das sich anbietende Happy End zwischen den Liebenden bleibt natürlich nicht aus, wohl aber der endgültige Seitenwechsel der neu gegründeten Familie. Der Aufenthalt im ruralen Raum bleibt auf einen kurzen, rekreativen Zeitraum begrenzt, ein dort geführtes Leben ist keine Option. Eher scheinen beide Sphären nun endgültig voneinander abgetrennt. ("And, if you ever come to New York..." - "Something's gone terribly wrong.") Das ist eine einigermaßen spannende Lösung, und über Lawrences Filme, so scheint mir, gibt es noch einiges zu sagen.


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SHERLOCK HOLMES (USA 2009, Guy Ritchie)


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SHERLOCK HOLMES (USA 2009, Guy Ritchie)

Für ca. 10 Minuten hatte ich Hoffnung, dies würde ein zumindest brauchbarer Film werden: Die Welt, die er baut, ist wunderbar schmutzig, und auch die Interpretation des Holmes-Charakters durchaus interessant. Leider ist alles Andere inakzeptabel: das Drehbuch so durchschnittlich, dass es schmerzt, die Action unaufregend, der Film alles in allem grausam langweilig. Guy Ritchie hatte exakt einen (mittelmäßigen) Film (LOCK, STOCK & TWO SMOKING BARRELS) in sich, den er seit 15 Jahren wieder und wieder neu aufwärmt. Einer der ärgerlichsten, uninteressantesten und überbewertetsten (? - tut das wirklich noch irgendwer?) Filmemacher der Gegenwart. Das zum Finale selbstverständlich bereits angedrohte Sequel würde ich sogar schauen - aber nur wenn der Regisseur ausgetauscht wird. (Am Rande: Öfter war zu hören, der Film sei "besser als befürchtet" gewesen. Wäre er schlechter gewesen, hätte ich mich vermutlich besser amüsiert und nicht ganz so arg gelangweilt. So bleibt nur die Gewissheit, dass alles, was der Film evt. auf der Plusseite verbuchen könnte, so in jüngerer Zeit schon viel besser zu sehen war.)