Zum Inhalt wechseln


This is an adventure.

Erinnerungen an eine Zeit, die es nie gab.




Foto

THE LOVELY BONES (USA/UK/NZ 2009, Peter Jackson)



Eingefügtes Bild

Die Kritik hat sich zu Peter Jacksons neuem Film bei einem Mittelmaß eingependelt, das THE LOVELY BONES absolut nicht gerecht wird. Denn einem radikalen Film wie diesem kann man eigentlich nur mit radikalen Bewertungen beikommen. Da sich fast alle einig sind in der Ablehnung dieses Werkes, beziehe ich mal die Gegenposition: Wenn es noch einen Filmemacher gibt heute, der wirklich an die ganz große Form im Kino glaubt, dann ist es sicherlich Peter Jackson. In THE RETURN OF THE KING und vor allem KING KONG ist das schier katastrophal gescheitert, hier hat es als interessante Herausforderung Bestand. Nun kann (und muss) man sicher lange darüber streiten, ob der Kurzschluss mit Kitsch und Fantasy dem Gegenstand von THE LOVELY BONES (Missbrauch und Kindesmord) angemessen ist. Was man indes der Adaption von Jackson kaum absprechen kann, das ist absolute künstlerische Integrität und Kompromisslosigkeit. Jackson glaubt sehr offensichtlich unbedingt an seine Idee der Verschärfung per Verkitschung, und kompromittiert diese nicht für eine Sekunde. Diesem künstlerischen Wagemut ist, selbst wenn man die Herangehensweise für falsch halten sollte, bedingungsloser Respekt entgegenzubringen. THE LOVELY BONES ist in jeder Hinsicht groß, übergroß, und findet dabei einige ungeheuerliche Bilder, die mich wohl noch eine Weile verfolgen werden. Kein Kino, mit dem sich einfach fertigwerden lässt.




Zitat

Diesem künstlerischen Wagemut ist, selbst wenn man die Herangehensweise für falsch halten sollte, bedingungsloser Respekt entgegenzubringen.


:blink:

Für mich heißt das: Was für einen Scheiß auch immer der Künstler macht, man muß das respektieren, weil es Kunst ist? Nee, oder?

P.S.: Wobei ich das schon bewunderswert finde, wieviel Empathie Du nahezu jedem Film entgegenbringst.
  • Melden
So nicht unbedingt. Eher: Wer einen solch streitbaren ästhetischen Ansatz mit aller Konsequenz verfolgt, ohne sich gegen absehbare Anfeindungen der Gegenposition abzusichern, dem gebührt Respekt.

Man kann den Ansatz hier ja ganz konträr bewerten: Entweder sieht man die Zusammenführung von Kitsch und Kindesmord als grundsätzlich unangemessen und geschmacklos an. Oder man lässt sich auf Jacksons Annahme ein, dass der Kitsch durch eine Kontrastwirkung eben das Grausame der Erzählung eher noch verstärkt.

Dann kann man immer noch darüber diskutieren, ob der Film funktioniert oder nicht. Aber man hat zuvor festgestellt, dass er kein halbgares Kompromissprodukt ist, sondern aus einer einigermaßen radikal umgesetzten künstlerischen Position heraus inszeniert, von deren Gültigkeit Jackson ganz offensichtlich überzeugt ist.
  • Melden
Wie sieht es aus mit: Jackson hält seinen Kitsch für publikumskompatibel? Dann wäre es zwar auch kein halbgares Kompromissprodukt, das läge aber nicht mehr am Wort *halbgar*.

Wie auch immer: Das Traurige ist für mich immer noch, daß Jackson für das nächste schöne CGI-Bild den Zugang zu den Figuren in den Wind schießt. Wirklich zu jeder Figur. Und ihm durch das Fehlen der Budgetbeschränkungen seit Lord of the Rings jegliche erzählerische Ökonomie abhanden gekommen ist.
  • Melden
Zu Letzterem stimme ich unbedingt zu. Gegen Ende der LOTR-Trilogie wurde es schon immer schlimmer, KING KONG war dann ein wirklich erschreckendes Zeugnis künstlerischer Maßlosigkeit.

Und zu Ersterem: Über Motivationen kann man ja immer nur mutmaßen. Ich interessiere mich da erst einmal nicht für die wirtschaftliche Kalkulation, sondern bleibe im ästhetischen Konzept - und dieser Hang zum Übergroßen zieht sich ja durchaus durch Jacksons Filmographie. Will meinen: Der Mann hat mit BRAINDEAD ein komplettes Subgenre beendet und bis heute überflüssig gemacht. Und das längste, aufwendigste, teuerste, erfolgreichste Fanboy-Movie der Kinogeschichte. Und... naja, und halt KING KONG...

Zudem glaube ich, wenn es um die Publikumskompatibilität ginge, hätte es wirklich ein anderer Stoff sein können. Dass er sich mit diesem Konzept auf sehr dünnes Eis begibt, war ja nun sicherlich absehbar. Und ist ja auch so gekommen; weder Kritik noch Publikum scheint ja sonderlich viel mit THE LOVELY BONES anfangen zu können.
  • Melden
Es ist aber ein Unterschied, ob die große Geste aus Mangel an finanziellen Mitteln mit dem Charme des Zurechtgezimmerten imitiert wird oder über zehn Stunden voller Ernst mit pathetischer Deklamation untermauert wird. Dem Mann ist nicht nur sein Körperfett, sondern leider auch noch die Möglichkeit zur Ironie abhanden gekommen. Über Zusammenhänge kann man nur spekulieren. Was lernen wir? Übergewichtig ist besser als sich überwichtig zu nehmen.
  • Melden
:D

Da hast Du ja ganz recht. Wie gesagt, in THE LOVELY BONES entdecke ich da einen höchst produktiven Kontrast. Ansonsten finde ich ebenfalls, man müsste Mr. Jackson in den nächsten Vertrag schreiben, dass er 100 Minuten nicht überschreiten darf.
  • Melden