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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden




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SUCHWIIN BULMYEONG/ADDRESS UNKNOWN (Kim Ki-duk, 2001)



Von Kim bin ich ja einiges gewohnt, aber Suchwiin bulmyeong ist selbst für seine Verhältnisse ein außergewöhnlich harter und düsterer Film. Sein filmisches Schaffen dreht sich seit jeher um psychisch gestörte Personen, aber meist konzentriert er sich dabei auf eine Einzelperson oder eine ungesunde Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau. Hier muss es dagegen gleich ein ganzes Dorf sein, das am Rad dreht. Keine der handelnden Personen ist auch nur halbwegs normal, alle leiden an einer tiefen Psychose, viele sind zudem extrem aggressiv – aus den unterschiedlichsten Gründen. Dabei geht Kim derart plakativ zu Werke, dass jede Subtilität auf der Strecke bleibt.

Das Leben im Dorf ist geprägt von der nahegelegenen US-Militärbasis (der Film spielt 1970), und im Laufe der Handlung wird auch ein junger Soldat in die Geschehnisse verwickelt. Während allerdings die Gründe für das irrationale Verhalten der Einheimischen nachvollziehbar sind, ist die Wandlung des scheuen US-Soldaten zum drogenabhängigen Psychopathen schwer verständlich, wozu auch die schwache Leistung Mitch Malums beiträgt. Ein schwacher Darsteller in einem Kim-Film ist mir bisher noch nicht untergekommen, bezeichnenderweise ist es ein US-Amerikaner, der für diesen Ausreißer sorgt. Die koreanischen Darsteller hingegen sind wieder einmal hervorragend gewählt und verkörpern ihre Rollen so perfekt, dass man nie den Eindruck hat, hier seien Schauspieler am Werk.

Die Grundkonstellation wäre an sich auch interessant genug für einen guten Film, nur lässt Kim dieses Mal das Skalpell in der Schublade und packt stattdessen den Holzhammer aus. Die dargestellte Gewalt ist derart repetitiv, dass sie mich nach anfänglicher Faszination bald nur noch ermüdete. Spätestens nach einer Stunde ist man der ständigen Prügelei überdrüssig. Bei jeder Gelegenheit und oft auch völlig grundlos wird drauflos geprügelt. Was bei einer etwas subtileren Herangehensweise durchaus eine Metapher für die Unfähigkeit zur echten Kommunikation (irgendwas gequasselt wird ständig) sein könnte, wirkt hier nur noch plump. Man stumpft zunehmend ab und nimmt gegen Ende selbst die extremsten Gewalttaten wie das Verstümmeln der Brust der eigenen Mutter durch den Sohn oder die Selbstverstümmelung des Auges mit einem Messer kaum noch als solche wahr. Vielleicht tue ich Kim jetzt unrecht, aber Suchwiin bulmyeong ist von den sieben seiner Filme, die ich bisher kenne, sein schlechtester. Obwohl er weit davon entfernt ist, ein schlechter Film zu sein, dafür bietet er dann doch noch zuviel Erquickliches. Die guten Ansätze sind da, nur nutzt Kim sie nicht in der ihm sonst eigenen Souveränität. Schade eigentlich.

Kim Ki-duk



Filmtagebuch von...

Tommy The Cat
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