Ganz interessant fand ich im Nachhinein noch die feinen Unterschiede zwischen belgischem (li.) und französischem (re.) Plakat. Der Film wurde offensichtlich völlig verschieden vermarktet. Beim belgischen Motiv trägt der »Wilde« noch eine Tiertrophäe auf dem Kopf und die Farbgebung lässt auf einen Abenteuerfilm schließen. In Frankreich hingegen wurde Francos Arbeit als eine Art Comicfilm angekündigt. Zum einen ist das Filmplakat »schlotziger«, expressiver gemalt, in teils groben, ungeschlossenen Pinselstrichen ausgeführt, aber auch hinsichtlich des Farbklimas resoluter. Zum anderen ist das Bildmerkmal des Fragmentarischen aufgelöst und einer im Hintergrund schwebenden stilisierten Erdkugel gewichen. Der Titel MONDO CANNIBALE wurde außerdem in missverständlicher Wortwörtlichkeit visualisiert: Eine Hälfte des Planeten ist zivilisierte Welt (Skyline), die andere voll Kannibalen (Dschungel, Blut und Totenköpfe). Oder ist das der Blick aus einer Abwasserröhre, an deren Eingang sich die beiden Figuren befinden? (Die gründe Flüssigkeit vor der Frau könnte darauf hindeuten...) Jedenfalls: Der »Wilde« ist nicht mehr wild, sondern irre und entmenschlicht. Mit ihm zieht der Nebel der Selbstvergessenheit und er watet in Blut. Der Hinweis darauf, dass es sich um einen Triebtäter aus der Vorstadt handelt, ergibt sich durch Fixierung des Blickes auf die halbnackte Frau, deren Gesichtsausdruck nicht mehr kämpferisch - wie auf dem belgischen Motiv - sondern hilflos - als Opfer - erscheint. Der belgische »Wilde« hat seine Augen hingegen hochgerollt und scheint die junge Frau nur über den Geruchssinn wahrzunehmen. Die Blindheit des »Wilden« und der kämpferische Blick der Blondine lassen die dargestellte Situation jedoch relativ offen. Allein das französische Plakat lässt keinen Zweifel daran, dass der Mann mit Machete erfolgreich sein wird. Das Buschmesser ist sogar mit einer Bewegungsspur versehen, um hervorzuheben, dass es bereits auf den Körper der blonden Frau zuschnellt. Das ulkigste Element dieses Filmplakats ist allerdings die von oben rechts herunterlaufende rote Farbe: Eine Persiflage auf Authentifizierungsstrategien, die dem Publikum die Echtheit oder sogar Nähe der im Film erzählten Gefahren über unerklärliche Blutspuren weiß machen will. --- Jetzt, wo klar ist, dass DIE BLONDE GÖTTIN in Frankreich als Komödie, in Belgien als Abenteuer lief, fragt sich nur noch, was das hässliche deutsche Plakat suggerieren sollte? Es erinnert mit seinem Slogan ja eher an die Plakatkultur der Erotikfilmwelle...
Bearbeitet von Waingro, 19. Mai 2008, 16:43.