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In meinem Herzen haben viele Filme Platz - Filmforen.de - Seite 28

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In meinem Herzen haben viele Filme Platz


2138 Antworten in diesem Thema

#811 Funxton

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Geschrieben 26. Juni 2007, 18:22

"We won't let this gonna get an example!"

Il Cittadino Si Ribella (Ein Mann schlägt zurück) ~ I 1974
Directed By: Enzo G. Castellari


Der rechtschaffene Genuese Carlo Antonelli (Franco Nero) wird eines Tages Opfer einer Geiselnahme, die drei Bankräuber (Nazzareno Zamperla, Masimo Vanni, Romano Puppo) zu verantworten haben. Carlo wird fürchterlich zusammengeprügelt, darf jedoch später von der hoffnungslos überforderten Polizei keine Hilfe erwarten. Also macht er sich auf eigene Faust auf die Suche nach den Tätern und nach Gerechtigkeit. Mittels eines geschickten Plans, an dem der Kleinganove Tommy (Giancarlo Prete) - zunächst unfreiwillig - teilhat, wird Carlo tatsächlich bald fündig.

Der Stadtbürger setzt sich zur Wehr: Im "Death Wish" - Jahr 1974 fackelte auch Castellari nicht lang und holte sich für seine Interpretation des Vigilantentopos den bewährten Franco Nero vor die Kamera. Dieser legt seine Rolle ganz ähnlich an wie Charles Bronson die seine und spielt den aufgeschreckten Spießbürger zwischen Angst, Verzweiflung und Fanatismus. Geglückt. Wie übrigens auch zahlreiche inszenatorische Pinselstriche, die Castellari sich nicht nehmen ließ und die den visuellen Aspekt des Films eindeutig über seine sonstige Diskutabilität stellen. An emotionaler Intensität und innerer Spannung kann sein italienisches Gegenstück es jedenfalls nicht mit dem Winner aufnehmen. Dennoch prima Unterhaltung. Und ein treffliches Beispiel dafür, dass die Gebrüder de Angelis auch anders konnten als bloß Disco (auch wenn in einer Kneipenszene als Selbtreminiszenz "Dune Buggy" im Hintergrund läuft).

6/10

#812 Funxton

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Geschrieben 26. Juni 2007, 18:37

Zitat entfällt.

Il Grande Racket (Racket - Bei Anruf Mord) ~ I 1976
Directed By: Enzo G. Castellari


Eine Bande übler Schutzgelderpresser unter unerkannt hochfinanzieller Führung treibt es in Rom zunehmend bunt. Inspektor Palmieri (Fabio Testi) von der Polizia überlegt sich ein Kabinettstückchen nach dem anderen, um gegen die Gangster vorzugehen, doch vergebens - nicht nur Palmieri selbst, auch jeder, der es wagt, ihn zu unterstützen, erfährt grausame Rache durch die Verbrecher. Doch nach seiner Suspendierung trommelt Palmieri ein schlagkräftiges Trüppchen zusammen, das die Bande gnadenlos aufmischt.

Ein richtiger Asphaltwestern ist Castellari mit diesem Poliziottesco gelungen. Seinen einsamen Kreuzzug gegen das organisierte Verbrechen weiß Testi, ein immer wieder sehenswerter Mann für italienischen Krimikintopp, mit versteinerter Miene sehr überzeugend auszustaffieren. Toll ebenfalls, wie es Castellari durch den Einsatz eigentlich sehr durchschaubarer dramaturgischer Mittel gelingt, auch beim Zuschauer haltlose Aggressionen gegen die ultrafiese Ganoventruppe zu schüren. Man fiebert deren gerechtem Ende regelrecht entgegen, nachdem sie sich in regelmäßigen Abständen immer wieder durch so gemeine wie brutale Aktionen hervortun. Überhaupt erscheint mir Castellaris Arbeit für "Racket" im direkten Vergleich um Einiges versierter gewesen zu sein als bei "Cittadino", der mir immerhin bereits vorher bekannt war. Das Ergebnis wirkt im vorliegenden Fall einfach ge- und entschlossener, weniger zimperlich und auf unnötige Psychologisierung bedacht, kurz: überzeugender als es beim Film mit Nero der Fall ist.

7/10

#813 Funxton

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Geschrieben 27. Juni 2007, 08:02

"So sieht's aus."

Die Abfahrer ~ BRD 1978
Directed By: Adolf Winkelmann


Die drei Nichtstuer Atze (Detlev Quandt), Sulli (Anastasios Avgeris) und Lutz (Ludger Schnieder) treffen sich jeden Tag auf einem Dortmunder Hinterhof zum Abhängen. Mit bezahlter Beschäftigung sieht es mau aus, Lutz, hält seiner Mutter (Tana Schanzara) gegenüber, bei der er noch wohnt und die ihm Spinat mit Spiegelei und Kartoffeln kocht, die Tatsache seiner Arbeitslosigkeit lieber komplett zurück. Sulli ist Grieche und für einen Gastarbeiter überqualifiziert, Atze kann sich selbst kaum noch im Spiegel angucken. Und überhaupt ist das ganze Viertel dem Untergang geweiht, denn die "Hütte" ist dabei, dichtzumachen. Als ihr Nachbar Hermann (Hermann Lause) sich einen Umzugswagen mit kaputter Handbremse bestellt, wird dieser erstmal in Atzes Einfahrt abgestellt. Vor lauter Langeweile kapern die drei das gute Stück, um "mal eine Runde um den Block" zu fahren. Aus der Spazierfahrt wird eine selbstbestimmte "ABM", an der zusätzlich die lustige Svea (Beate Brockstedt) teilnimmt.

Der erste Film aus Winkelmanns späterer "Ruhrgebiets-Trilogie" ist ein sehr schöner, sanft sozialkritischer Kommentar zur Situation im Revier Ende der 70er, der, abgesehen von ein paar wenigen Details, auch gegenwärtig noch durchweg Aktualität besitzt. Ein Film, der "das Ohr am Puls der Zeit hat", möchte ich sagen.
Großflächige Existenzangst und keine Ahnung, wohin mit sich - diese beiden elementaren Emotionen packen die drei Helden des Alltags jeden Morgen aufs Neue. Dass sie den Muttis, die sich zum allmorgendlichen Einkauf im örtlichen Tante-Emma-Laden treffen ("Haben Sie dieses neue, flüssige Scheuerpulver? Sie wissen schon ...") ohnehin suspekt sind, ist nicht schwer zu erraten: Der eine hat lange Haare und geht zu "so politischen Treffen", der andere ist Grieche und "darf eigentlich schon gar nicht mehr hier sein" und der Lutz, "der bringtet doch sowieso zu nix". Ein anderer hängt die ganze Zeit am offenen Fenster und schimpft wie ein Rohrspatz. Ob Winkelmanns Humor verschroben ist, kann ich nicht beurteilen. Ich finde ihn herrlich und sehr lebendig, ebenso wie die drei "Abfahrer", die lange vor Thorwarth ein etwas weniger tarantioeskes Bild vom Pott liefern.

8/10

#814 Funxton

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Geschrieben 28. Juni 2007, 08:21

"Glück auf." - "Jaja, kommkomm."

Jede Menge Kohle ~ BRD 1981
Directed By: Adolf Winkelmann


Katlewski (Detlev Quandt) ist Bergmann. Eines Tages fährt er in Recklinghausen ein, taucht in Dortmund wieder auf und klappt erstmal zusammen. Dann sucht und findet er "Asyl" bei Moni (Betti Eiermann), die bei Steiger Grueten (Hermann Lause) als Untermieterin wohnt. Nach und nach offenbart Katlewski seine Geschichte: Er ist verheiratet und führt auf Kreditbasis ein sogenanntes "etabliertes" Leben in Recklinghausen. Davon hat er die Schnauze voll, will der Sparkasse irgendwie schnellstens die geborgten 9128 Mark zurückkommen lassen und einfach nur weg. Zu diesem Zwecke besorgt er sich zuallererst mal eine Kettensäge.

"Jede Menge Kohle" ist ein Werk, bei dem es mich mal wieder wirklich ärgert, es nicht schon seit urlanger Zeit zu kennen. Der facettenreiche Witz und das freche Plädieren für einen alternativen Lebensstil macht den mittleren Teil von Winkelmanns Ruhrgebiets-Trilogie zu einem der gescheitesten deutschen Filme, die ich in den letzten Jahren gesehen habe.
Für seine kleine Geschichte im grauen Pott um einen Aussteiger, der nicht etwa mit dem Flieger nach Australien jettet, sondern bloß unter Tage bis Dortmund wandert, bedient sich der Regisseur edelster Technik: Mit Panavision-Kameras in Breitbild gedreht und Dolby-Stereo-Ton steht "Kohle" nur scheinbar ein ganzes Stück abseits von "Die Abfahrer", denn das Herz beider Filme schlägt im selben Takt. Wider Spießertum und Konformismus und dafür, den eigenen Kopf auch gegen gesellschaftliche Konventionen durchzusetzen, ist "Jede Menge Kohle" eigentlich aus tiefster Seele Punk. Und einfach ein ganz toller Streifen.

9/10

#815 Funxton

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Geschrieben 29. Juni 2007, 16:35

"Die Fahne kommt nur raus bei Sieg!"

Nordkurve ~ D 1992
Directed By: Adolf Winkelmann


Ein Samstag, 24 Stunden in Dortmund, die nur um eines kreisen: Das am Spätnachmittag anstehende Revierderby, in dem zwei Mannschaften, darunter die heimische "Union" gegen den Abstieg kämpfen. Beleuchtet werden alle, die auch nur marginalst etwas damit zu tun haben: Die Dortmunder Spieler, deren Management, die Fans, die Hools, die Gegner, die zur Abschirmung abgestellten Polizisten, der Besitzer der Fanstammkneipe, der Alkoholiker im Stadion, der Imbisswagenverkäufer.

Rund 10 Jahre nach "Jede Menge Kohle" drehte Winkelmann seinen bislang letzten Revierfilm, das messerscharfe und sauspannende Porträt eines ganz gewöhnlichen Samstags, der nur deshalb das Ende aller Tage bedeuten kann, weil die geliebte Heimelf dem Abstieg nahe ist. Was sich da an Kleinkriegen und -schlachten hinter den Kulissen geliefert wird, ist selbst für jemanden wie mich, der für Fußball nur ein unverständiges Lächeln übrig hat, ein filmischer Hochgenuss und von unbedingtem Reiz. Ganz offensichtlich sind Altman und seine Ensemblefilme wie "Nashville" und "A Wedding" die Hauptinspirationsquelle für "Nordkurve" gewesen, in kurzen Abrissen wechselt Winkelmann die Sequenzen und Perspektiven, manchmal fehlt einem richtig schmerzlich ein erläuternder Off-Kommentar, aber um so nah am echten Leben zu bleiben, wie der Regisseur es sich zum Ziel gesetzt hat, bedarf es für den außenstehenden Zuschauer eben auch an zwingender Distanz.

9/10

#816 Funxton

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Geschrieben 29. Juni 2007, 16:48

"Well you win some, you lose some."

Dazed And Confused (Confusion - Sommer der Ausgeflippten) ~ USA 1993
Directed By: Richard Linklater


Sommer 1976, der letzte Schultag im Leben einiger Kleinstadtkids. Die älteren wechseln von der High School aufs College, die jüngeren, die "freshmen" von der Junior High zur High School. Die gesuchten Aktivitäten bestehen an diesem Tag vornehmlich aus kiffen, Biersaufen und Party, sowie der obsessiven Jagd nach den Schulwechslern, die von den Abgehern gehörig die Ärsche versohlt bekommen.

Nachdem ich kurzzeitig ein richtig schlechtes Gewissen bekommen habe, weil mir dieser Film bislang unbekannt war, muss ich erleichtert feststellen: Man kann auch in Frieden sterben, ohne ihn zu kennen. Das liegt in meinem Falle nicht an der mangelnden Qualität von Linklaters Film, sondern schlicht daran, dass ich für die Erstsichtung zu alt bin. Hätte ich "Dazed And Confused" zum ersten Mal in seiner Veröffentlichungszeit gesehen (da muss ich 17 oder 18 gewesen sein), ich kann mir gut vorstellen, dass er zu einem Dauerbrenner avanciert wäre. Jetzt aber, mit all dem, was an ähnlich gearteten Filmerfahrungen dazwischen liegt, würde ich "Dazed" zwar durchweg bescheinigen, die nette, gut aufgelegte Momentaufnahme einer Generation zu liefern (v.a. der Soundtrack hält einige immer wieder gern gehörte Klassiker bereit, wobei ich mich wundere, den "Titelsong" im Film nicht einmal gehört zu haben - oder habe ich ihn womöglich überhört?) - persönlich berührt hat er mich aber nicht, zumal die Idee ja nicht wirklich neu ist: Irgendwann in den frühen Siebzigern gab es da mal einen gewissen "American Graffiti" ...

7/10

#817 Funxton

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Geschrieben 30. Juni 2007, 10:05

"So, you find me disgusting?"

The Brood (Die Brut) ~ USA 1979
Directed By: David Cronenberg


Nola Carveth (Samantha Eggar) befindet sich im Zuge einer "Psychoplasmatik"-Therapie im Sanatorium des Dr. Raglan (Oliver Reed). Dieser vermag durch eingehende Gespräche, die destruktiven Gefühle seiner Patienten sich körperlich kanalisieren zu lassen. Im Falle Nolas geschieht dies auf besonders spezielle Weise: Sie gebiert geschlechtslose Monsterkinder, die Nolas Aggressionen gegen ihre Umwelt in die Tat umsetzen. Nolas Mann Frank macht sich arge Sorgen, auch um die gemeinsame Tochter (Cindy Hinds).

Der Psychoanalyse als medizinischem Zweig gibt Cronenberg mit diesem frühen Film auch mal "seinen Segen". Wie immer lautet das Grundgusto in Warnform: Pfuscht nicht am Menschen und seinen Innereien (in diesem Fall: der Seele) herum, oder ihr werdet es bitter bereuen. Natürlich rächt sich der Forschungsgegenstand am Forscher und damit geht auch hier wieder die alte Frankensteinformel auf. Nichtsdestotrotz kam dabei ein sehr spannendes Gruselkonstrukt heraus, dass auf rezeptive Erwartungen und Konventionen pfeift und, wie bei Cronenberg üblich, unbeirrt seinen dickköpfigen Weg geht.

8/10

#818 Funxton

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Geschrieben 30. Juni 2007, 10:20

"They're he-ere."

Poltergeist ~ USA 1982
Directed By: Tobe Hooper


Die Freelings, ein Ehepaar mit drei Kindern, besitzen ein schickes Haus in Cuesta Verde, einem neu erschlossenen Bauland in Kalifornien. Eines Nachts nimmt die Jüngste, Carol Anne (Heather O'Rourke), Kontakt zu einem Wesen aus einer Zwischensphäre auf, dass sich über eine leere Frequenz in den Fernseher einklinkt. Schon in der übernächsten Nacht zieht dieses Wesen Carol Anne in seine Welt hinein, so dass die Freelings ihre Tochter mit der Hilfe von Parapsychologen wieder zurückholen müssen. Doch damit ist das Grauen noch nicht gebannt.

Ein Film, den mir die Zeit nicht madig beuteln kann, wohl auch deshalb, weil er zu den ersten Genreerfahrungen gehört, die ich habe machen dürfen. "Poltergeist" ist für mich allen Gerüchten und Dementi zum Trotz immer purster Spielberg gewesen. Von Hooper ist da bei aller Liebe wenig zu spüren - ebensowenig wie von wahrhaft subtilem Schrecken. "Poltergeist" ist laut, voller Kintopp und Effekt - und gerade deshalb so toll. Mit einer Versiertheit und Detailliebe, die ich immer wieder atemberaubend finde, wird das Leben in den amerikanischen Vorstädten Anfang der Achtziger (man kommt selbst in den Genuss eines unglaublich witzigen Kommentars zu den Reaganomics) seziert und auf die Schippe genommen, um es hinterher mit polterndem (sic) Krach zu dekonstruieren. Zwar wird der Wert von familiärem Zusammenhalt nur allzu oft (und bisweilen ins Kitschige abdriftend) betont, diesen Preis mag man angesichts des sonstigen feinhumorigen Bisses aber großmütig und ohne sonderlichen Toleranz-Aufwand bezahlen.
Die Musik von Jerry Goldsmith zählt zu seinen schönsten Arbeiten, die Bildästhetik, um Palaver und Farbe nicht verlegen, ist und bleibt ein Gedicht. Eine große, alte Liebe, immer wieder gern aufgefrischt.

10/10

#819 Funxton

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Geschrieben 01. Juli 2007, 11:01

"I can say what I want - I still got Nazi bullets in my ass!"

Little Miss Sunshine ~ USA 2006
Directed By: Jonathan Dayton / Valerie Faris


Olive (Abigail Breslin) gewinnt wegen des Krakheitsausfalls der eigentlichen Siegerin eine Teilnahme an der "Miss Sunshine" - Wahl, einem Schönheitswettbewerb für unter-zehnjährige Mädchen in Kalifornien. Von Albuquerque aus reist man also mit dem familieneigenen gelben Bully in den Sonnenscheinstaat - Vater Richard (Greg Kinnear), ein erfolgloser Motivationstrainer, Mutter Sheryl (Toni Collette), eine liebe, aber überforderte und entnervte Hausfrau, Bruder Dwayne (Paul Dano), ein frustrierter Teenager, der seit neun Monaten keinen Ton mehr gesprochen hat, Onkel Frank (Steve Carell), ein suizidaler, homosexueller Collegeprofessor und nach eigener Aussage der größte Proust-Kenner in den Staaten und schließlich der heroinsüchtige Opa (Alan Arkin), Olives Trainer und größter Unterstützer.

Etwas unentschlossen sitzt "Little Miss Sunshine" zwischen den beiden Stühlen 'schwarze Komödie' und 'Tragik'. Ich fühlte mich emotional etwas desorientiert, wohl eher ein individuelles Problem.
Ausnahmslos jedes Familienmitglied erlebt auf der Reise durch den sonnigen Westen des Landes die denkbar größte persönliche Enttäuschung - und wächst schließlich angesichts derer über sich hinaus. Dass der Großvater (ganz ohne Frage der klarste Mensch der Truppe) seinen großen und unerwarteten Triumph posthum erlebt, stimmt dann aber doch wieder sehr versöhnlich. "Little Miss Sunshine" gliedert sich formal in den größer und größer werdenden Fundus hintergründiger kleiner US-Tragikomödien ein und überrascht diesbezüglich in keinster Weise. Die meiste Zeit bemüht er sich, seiner geistigen Herkunft angemessen, sein Geschäft möglichst subtil und still über die Bühne zu bringen, dabei sind die denkwürdigsten Momente des Films die zarter Brachialität - der Auftritt des Motorradpolizisten (Dean Norris) etwa, Grandpas (eine wahrhaft denkwürdige Altersrolle für Arkin) rohrspatzenhaftes Plädoyer fürs wahre Leben im Busfond oder natürlich Olives Auftritt (brillant) im Finale. Diese mitunter göttlichen Augenblicke sichern dem Film dauerhafte Sympathien.

7/10

#820 Funxton

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Geschrieben 01. Juli 2007, 14:37

"Rebellion is the only thing that keeps you alive!"

The Girl On A Motorcycle (Nackt unter Leder) ~ UK/F 1968
Directed By: Jack Cardiff


Eines Morgens fährt Rebecca (Marianne Faithfull) los, von ihrem Mann (Roger Mutton) in der Schweiz über die Grenze zu ihrem Geliebten Daniel (Alain Delon) nach Heidelberg. Unterwegs lässt sie die Geschichte ihrer Affäre Revue passieren und zieht Lebensbilanz - bis zum abrupten, tragischen Ende ihrer Reise.

Interessant für eine kleine Studie kultureller Umtriebe in den späten Sechzigern. Halluzinogene Negativbilder in wildeste Farben getaucht, Zooms, schnelle Schnitte und immer wieder Faithfulls breites Grinsen, während sie eine Nummer nach der anderen mit ihrem Feuerstuhl schiebt - eine sehr spezielle Form filmischer Erotik. Juvenile Gedankenwelten und liberale Ideen von freier Liebe, Grenzenlosigkeit und offener Weltordnung werden angeschnitten, weil sie eben zur Entstehungszeit des Films gerade schick waren, unterstützen aber eigentlich doch bloß die kolportagehafte Erzählung, die tief drinnen erzkonservativ und altherrenphantastisch daherkommt. Immerhin macht das Ganze als retrospektiv betrachtetes "Skandalfilmchen" mit zwei notorischen Sexsymbolen ihrer Zeit, das albernerweise selbst einem Käsefondue auf einer Schweizer Almhütte Psychedelisches zu entlocken weiß, Freude.
Von den unvermeidbaren corpora delicti selbst, also LSD oder wenigstens ein paar Pilzen, ist übrigens nichts zu sehen oder zu hören. Die Gefahr liegt hier einzig und allein in der Promiskuität und beim zügellosen Motorradfahren. Es muss halt auch mal ohne Acid swingen.

5/10

#821 Funxton

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Geschrieben 02. Juli 2007, 13:12

"We're fish food."

Frankenfish ~ USA 2004
Directed By: Mark A. Z. Dippé


In einem Byou mitten in den Sümpfen Louisianas haust eine kleine Gemeinschaft von Aussteigern und Fischern, die eines Tages Bekanntschaft mit einer Art Riesenkarpfen macht, der am liebsten Menschenfleisch verspeist. Zwar kommt der Gerichtsmediziner Sam Rivers (Tony Kittles) den Leuten zur Hilfe, doch auch dessen Handfeuerwaffe richtet gegen die Monsterzüchtungen, die, wie sich bald herausstellt, ein skrupelloser Geschäftemacher (Tomas Arana) zu Jagdzwecken dort ausgesetzt hat, wenig aus.

Netter DTV-Splatter um ein paar ausnehmend hässliche Computerfische aus der Sparte "Trash mit Vorsatz". Insgesamt lässt sich der Film trotz einiger Hänger zwischendrin für den Tierhorrorfreund ganz ordentlich goutieren, auch wenn die etwas günstig ausschauenden Fischanimationen einem unentwegt schmerzlich bewusst machen, wie viel herzlicher dagegen doch sorgfältig gemachte Animatronics wirken. Aber die finanziellen Mittel waren eben limitiert und so kann man sich auch mit dem Gebotenen arrangieren, vorausgesetzt man besitzt ein Faible fürs Pappige. Als durchweg gelungen kann man jedenfalls die schönen Naturaufnahmen der Sumpflandschaften bezeichnen, die "Frankenfish" immerhin einen netten Duft von deftiger Cajunpfanne verleihen. Spaßig.

5/10

#822 Funxton

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Geschrieben 02. Juli 2007, 13:38

"Fuck you man! I'll walk by."

Beverly Hills Cop II ~ USA 1987
Directed By: Tony Scott


Den Detroiter Detective Axel Foley (Eddie Murphy) verschlägt es erneut nach Beverly Hills, als sein Freund Bogomil (Ronny Cox) von den das versnobte Städtchen terrorisierenden Alphabetkillern lebensgefährlich verletzt wird. Zusammen mit seinen bewährten Partnern Taggart (John Ashton) und Rosewood (Judge Reinhold) kommt Axel mittels seiner wie üblich koddrigen Methoden dem kriminellen Mastermind und üblen Waffenschieber Dent (Jürgen Prochnow) auf die Schliche.

Tony Scott geht die Sache etwas anders an als Brest in seinem wirklich famosen Original: In der ihm üblichen Hochglanzästhetik und auf Breitwand gefilmt, war es für den Ridleybruder ja auch nicht eben schwer, eine nahezu bombensichere Erfolgsgarantie zu geben. Zum einen hatte er für Simpson und Bruckheimer unlängst "Top Gun" gefertigt und zum anderen zählte "Beverly Hills Cop" seinerzeit zu den zehn erfolgreichsten Filmen überhaupt. Der diesmal vordringlich mitstrickende Eddie Murphy dürfte anno '87 nebenbei zu den rentabelsten Akteuren gehört haben, mit denen man einen Film besetzen konnte. Tatsächlich erwies sich No. Zwo als beinahe ebenso erfolgreich wie der Vorgänger und das, obwohl er als reinstes, kalkuliertes Hochglanzprodukt nicht an diesen heranreicht. Das Haupterfolgsschema aus Teil Eins, hörbar laute Verfolgungsjagden und Schießereien im Wechsel mit Foleys Situationsmeisterungsgeschick, geht auch hier voll auf. Der große Bonus liegt eben darin, dass die Charaktere etabliert sind und der Film sich auf dieser Basis eine bequeme, weiche Matratze schaffen kann, auf der er sich dann ganz gemütlich daniederlegt. Für Menschen wie Hugh Hefner war es ein offensichtliches Vergnügen, sich per Selbstdarstellung einen Ehrenplatz in diesem Spektakel zu sichern. Dazu wieder die Faltermeyer-Musik und rein garnichts konnte mehr schiefgehen. Im Übrigen ist "Beverly Hills Cop II" tatsächlich ein frühes und untrügliches Beispiel dafür, dass Scott der Jüngere sehr wohl einen höchst eigenständigen Stil fährt. Für Zweifler.
Lustige persönliche Anekdote: Im Spätsommer '87 habe ich den Film zusammen mit meiner hoffnungslos überforderten Oma Alwine in der Dinslakener Lichtburg gesehen. Die gute Frau, die noch das Kaiserreich miterlebt hatte, hat damals meinem Eindruck nach zweierlei nicht recht verarbeiten können: 1.) Wie ein Neger die Hauptrolle in einem Krimi spielen kann und 2.) die schnelle Art ebendieses Negers, seine Sätze zu formulieren (dabei war es ja eigentlich der denkwürdige Randolf Kronberg, der da sprach). Oma Alwines entgeisterten Gesichtsausdruck nach dem Kino werde ich nie vergessen.

6/10

#823 Funxton

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Geschrieben 02. Juli 2007, 22:00

"It's always Montana."

Sniper ~ USA 1993
Directed By: Luis Llosa


Thomas Beckett (Tom Berenger) beseitigt als Scharfschütze für den C.I.A. unliebsame Zeitgenossen, darunter Drogenbarone und Minidiktatoren. Seine Assistenten müssen regelmäßig dran glauben und ihre Erkennungsmarken zieren bereits im Dutzend Beckets Armband. Sein aktueller Auftrag führt ihn nach Panama, wo er mit dem Olympioniken Miller (Billy Zane), der wegen seiner Talente von der Regierung angeworben wurde, zusammenarbeiten muss. Die Arbeitsmoral der beiden Männer erweist sich als wenig einheitlich.

"Sniper" ist ein recht ungewöhnlicher Actionfilm, der seine wenigen shoot outs wie die kostbarsten Momente der Filmgeschichte zelebriert und genüsslich den Weg der Kugeln (abgekupfert von den Pfeilen in Reynolds' "Robin Hood" - Version) und deren Zielfindung ins Bild setzt. Die Spannung glaubt Llosa, aus den Differenzen seiner beiden Protagonisten sowie den spärlich gesäten Duell-Situationen ziehen zu können - tatsächlich erweist sich diese Annahme angesichts der regelmäßigen Durchhänger aber als etwas irrig. So richtig verlieren Beckett und Miller nämlich nie die Lageübersicht, ihre Gegner bleiben profil- und weitgehend gesichtlose Pappkameraden. "Sniper" hält dramaturgisch leider nicht das, was seine geschickten Formalia versprechen; als Zuschauer bleibt man nahezu permanent merkwürdig unberührt vom Geschehen. Dennoch kann er auf wenig breitgetrampelten Genrepfaden halbwegs bestehen.

5/10

#824 Funxton

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Geschrieben 02. Juli 2007, 22:25

"I'm the Daddy now."

Scum (Abschaum) ~ UK 1979
Directed By: Alan Clarke


Von einer Besserungsanstalt in die nächste: Carlin (Ray Winstone) ist ein großflächig berüchtigter, delinquenter Jugendlicher, der im Umgang mit seinen Mitmenschen wenig Skrupel kennt. Carlins Neigung zur Gewalttätigkeit ist allerdings nichts gegen das inhumane Strafsystem, in dem er sich bewegt. Die Aufseher erweisen sich ausnahmslos als Sadisten, Phlegmatiker und profilneurotische Puritaner, die teilweise sensiblen Charaktere der eingesperrten Straftäter erweisen sich mehrfach als der Autorität nicht gewachsen.

Wie unangenehm der britischen Regierung die Einrichtung der Borstals, jener Strafvollzugsanstalten für Minderjährige, war, demonstriert bereits die Tatsache, dass die Kinoversion von "Scum" bereits Clarkes zweiter Anlauf ist, sich des Themas zu bedienen, nachdem die zwei Jahre ältere Fernsehfassung ihres kontroversen Themas wegen erst gar nicht ausgestrahlt wurde. Die Kinovariante kam in den frühen Achtzigern bei uns zumindest als Videopremiere heraus, ist bis heute aber ihre 18er-Freigabe nicht losgeworden. Bezeichnend, dass radikale Gesellschaftskritik, wenn sie an die Substanz zu gehen droht, selbst international mit einem Bann belegt wird.
So karg wie nur möglich gehalten, ohne Score oder ablenkende formale Extravaganzen, konzentriert sich Clarke in der gebührenden Intensität (allerdings ohne zu übertreiben) einzig an seinem hehren Anliegen, die Borstals als vollkommen dysfunktionale Institutionen zu denunzieren und den autoritären Mangel an Sensibilität, der aus den Gesetzesübertretern mit Sicherheit keine besseren Menschen macht, darzulegen. So wirkt "Scum" mit fortschreitender Laufzeit tatsächlich zunehmend beklemmend und steht in direkter geistiger Nachfolge zu Milos Formans wesentlich bekannterem "One Flew Over The Cuckoo's Nest". Interessant übrigens, den hageren Phil Daniels, als "Quadrophenia"-Mod ja ungleich populärer, auch mal anderswo zu erblicken.

8/10

#825 Funxton

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Geschrieben 04. Juli 2007, 08:32

"Please forgive me, master."

The Challenge (Wenn er in die Hölle will, lass ihn gehen) ~ USA 1982
Directed By: John Frankenheimer


Der US-Amerikaner Rick (Scott Glenn), der als Box-Sparringspartner jobbt, gerät durch Zufall an ein japanisches Geschwisterpaar (Donna Kei Benz, Sab Shimono), das ihn als Boten einsetzen möchte: Rick soll ein edles Schwert nach Kyoto überführen. Man verspricht sich von seinem Einsatz, dass die um die Waffe konkurriende Partei nichts von der Einfuhr mitbekommt. Doch kaum trifft Rick in Japan ein, bekommt er es sogleich mit den Finsterlingen zu tun. Es stellt sich heraus, dass er mitten in den Streit zweier Brüder, der eine ein weiser Sensei (Toshirô Mifune), der andere ein skrupelloser Geschäftsmann (Atsuo Nakamura), geraten ist. Rick entscheidet sich nach einigem Hin und Her für die spirituelle Seite.

Einer der besonders zwischen den Siebzigern und Neunzigern so beliebten Culture-Clash-Filme, die die Differenzen der ehemals verfeindeten Großmächte USA und Japan zum Thema haben, prinzipiell aus abendländischer Perspektive berichten, und die häufig mit der sanften, mentalen Assimilierung eines zuvor ungehobelten Amerikaners mit charakterlich "reinem" Kern enden. Dabei hat Glenn es als wenig intelligenter, anfänglich ziemlich verschlagener Westgesell' sogar verhältnismäßig leicht bei Mifune (erwartungsgemäß in der Rolle eines alterfahrenen Schwertkampfgroßmeisters). Auf der Suche nach einer tieferen Philosophie - immerhin hat man es mit einem Werk Frankenheimers zu tun - könnte man sogar mutmaßen, Glenns Part diene nur als Medium für den Westmarkt innerhalb einer Meditation über die große Kluft zwischen Tradition und Industrie im modernen Japan. Das wäre aber ein wenig hochgegriffen. Tatsächlich bietet "The Challenge" eine für die Verhältnisse seines Regisseurs eher unterklassige Arbeit, die ingesamt zwar solide ist, die wirklich gebührliche Intensität aber erst gegen Ende und demnach sehr spät entwickelt. Als Beitrag zum Actionkino der Achtziger wiederum bietet der Film gehobenes Mittelmaß, ein klassisches Patt also.
Für eine dringend fällige, angemessene DVD-Veröffentlichung sei hiermit nochmal eingehend plädiert!

5/10

#826 Funxton

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Geschrieben 04. Juli 2007, 09:01

"Next time, there'll be no fuck-up."

To Live and Die In L.A. (Leben und Sterben in L.A.) ~ USA 1985
Directed By: William Friedkin

Nachdem der exzentrische Geldfälscher Masters (Willem Dafoe) seinen kurz vor der Pensionierung stehenden Partner (Michael Greene) ermordet hat, entwickelt Secret Service - Agent Chance (William Petersen) einen noch fanatischeren Ehrgeiz als zuvor, den Gangster dingfest zu machen. Mittels zahlreicher grauzoniger Methoden und vor herben Rückschlägen nicht gefeit, kommen er und sein neuer Partner Vukovich (John Pankow) Masters immer näher.

"To Live And Die In L.A.", der neben "Prince Of The City" beste und wichtigste US-Polizeifilm der 80er Jahre,
ist eine noch schwärzere Sezierung des Exekutivapparats als es "The French Connection" vierzehn Jahre zuvor war sowie eine diesem Klassiker völlig ebenbürtige Transponierung seines Motivs in das aktuelle Jahrzehnt. Konsequenterweise verlagert sich das Geschehen an die Westküste, das Gebahren nahezu sämtlicher Agierender ist oberflächlich und eiskalt. Dafoe als Aktionskünstler und Blütendrucker in einem steckt, ganz skrupelloser Killer, seinen "Ahnherrn" Charnier, eher der Typ europäischer Gentleman, locker in die Tasche, von seiner sexuellen Orientierungslosigkeit ganz abgesehen. Zwischen Chance und Popeye Doyle gibt es indes kaum Differenzen, mit Ausnahme des Kleidungsstils vielleicht. Chance ist inmitten der Polizeisupermänner der Reagan-Ära bestenfalls ein kleines Licht, seine alleinigen "Qualitäten" liegen tatsächlich in seiner Unnachgiebigkeit und Selbstüberschätzung. Von Anfang an macht er einen Fehler nach dem anderen, entwendet Beweise, lässt Hafturlauber entwischen, beutet seine Informantin (Darlanne Fluegel) aus und geht halbgaren Fährten nach. Zudem ist er noch ein recht unsympathischer Typ - möglicherweise zeigt Friedkin der Cannon-Konkurrenz mit ihren reaktionären Überbullen hier ihre Schattenseite auf. "Live And Die" ist aber auch die Geschichte einer Erbschaft. Der eher fragile, konforme Beamte Vukovich hat sich zum Schluss endgültig auf Chances Schattenseite ziehen lassen, was sich bereits durch sein Auftreten in der letzten Szene andeutet.
Zu all diesem moralischen Ballast kommt dann noch Friedkins Inszenierung, die ebenso arktisch ist wie die Figuren des Films und auch in diesem Punkt die Zeichen der Zeit im Grenzbreich zeigt (ein Vergleich mit dem jüngst geschauten "Beverly Hills Cop II" hat da einen geradezu illuminierenden Effekt). Ganz nebenbei ist das Nebenrollen-Trio John Turturro / Dean Stockwell / Steve James unschätzbar wertvoll.
Ein finsteres Meisterwerk von akuter Brillanz.

10/10

#827 Funxton

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Geschrieben 04. Juli 2007, 15:15

"Lorenzo, will you regret?"

Goya's Ghosts (Goyas Geister) ~ E 2006
Directed By: Milos Forman


Als Hofmaler Karls IV (Randy Quaid) kann sich Francisco de Goya (Stellan Skarsgård) im Spanien des späten 18. Jahrhunderts einige Meriten verdienen. Der Klerus unter der Führung Vater Gregorios (Michael Lonsdale) hingegen hält seine weltlichen Arbeiten für wenig kompatibel mit den christlichen Ideen. Goyas naiver Glaube an das funktionierende Zusammenspiel der Institutionen wird auf eine harte Probe gestellt, als die schöne Kaufmannstochter Inés (Natalie Portman), zugleich Goyas Muse, wegen hanebüchener Gründe im Inquisitionsgefängnis landet und dort lange Jahre verbleiben muss. Erst im Zuge der napoleonischen Invasion kommt sie wieder frei, an Leib und Seele gebrochen. Während ihrer Gefangenschaft hat sie zudem ein Kind zur Welt gebracht, dessen Vater, der höchst opportunistische Mönch Lorenzo (Javier Bardem), mittlerweile ganz andere Ideen vertritt.

Da ich wusste, dass Milos Forman gar keine minderwertigen Filme zustande bekommen kann, war ich trotz durchwachsener Stimmen sehr auf sein erstes Werk nach sieben Jahren gespannt. Nun, für den Freund opulenten Kostümkinos ist "Goya's Ghosts" rundum zufriedenstellend, enttäuscht für Forman-Verhältnisse allerdings dahingehend ein wenig, als dass er in der naserümpfenden Darstellung der Historie als Zeugin rasch wechselnder Machtverhältnisse und damit einher des gemeinhin ergreifenden Schicksals der jungen Inés (großartig, die Portman) kaum noch etwas vom Biss früherer Filme des Regisseurs konserviert, sondern bisweilen anmutet wie ein kitschiger Geschichtsroman. Goyas Anteil an der Erzählung ist bestenfalls marginal, sein weitgehend passives Auftreten innerhalb der Geschichte wirkt vielmehr wie das Zuschauerfernrohr in die zurschaugestellte Ära. Man darf also um Himmels Willen nicht erwarten, wie in "Amadeus", "Larry Flynt" oder "Man On The Moon" einen geschichtsträchtigen Charakter, der seine Umwelt auf den Kopf stellt, serviert zu bekommen. Als teure, dramatische Wiederbelebung des plüschigen Kostümdramas hingegen funktioniert der Film ganz prächtig und ist in Momenten durchaus mitreißend. Tadellos im Stil seiner Erstellung ist er darüberhinaus obendrein.

7/10

#828 Funxton

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Geschrieben 05. Juli 2007, 09:26

"I ain't got no change, man!"

Hard Target (Harte Ziele) ~ USA 1993
Directed By: John Woo


Bei der Suche nach ihrem obdachlosen Vater (Chuck Pfarrer) in New Orleans muss die junge Nat (Yancy Butler) feststellen, dass er das Opfer einer Gruppe von Menschenjägern geworden ist. Der Matrose Chance Boudreaux (Jean-Claude Van Damme) steht Nat gegen die Killer unter der Führung des Organisators Fouchon (Lance Henriksen) zur Seite.

Das nunmehr langwierige Unterfangen, seine Persönlichkeit als Regisseur selbst zu unterminieren, hat John Woo mit diesem ersten US-Projekt, produziert u.a. von Sam Raimi, noch nicht ganz so konsequent verfolgt. "Hard Target" als Variation des beliebten Manhunt-Themas ist ein noch recht zaghafter Versuch, die obligatorischen, exzessiven SloMo-, Schieß- und Explosionskaskaden auf westlichem Terrain durchzuspielen. Emotionalität bedient der Film wohlweislich nur in sehr wenigen Momenten, die Reputation Van Dammes würde mehr auch gar nicht zulassen. Stattdessen wird dieser wie ein Wildwestheld mit wehendem Mantel, in Zeitlupe und aufheulender Bluegrass-Gitarre (Graeme Revell) mehr als stattlich hofiert. Dass er dabei die peinlichste und ekelhafteste Frisur seiner gesamten Karriere trägt, muss man eben zähneknirschend hinnehmen.
Mit dem wachsendem Abstand der Jahre verliert der Streifen doch viel von seiner Wucht. Die Stunts sind ziemlich durchsichtig, der Schnitt soll furios aussehen, ist manchmal aber beinahe plump, einstmals grandios wirkende Ideen wie das Finale in der Lagerhalle mit Mardi-Gras-Utensilien nutzen sich mit der Zeit ebenso zunehmend ab, wie die offenbar vertraglich festgelegte Prämisse, dass die Bösewichte nicht mit einer oder zwei, sondern mindestens zwanzig Kugeln durchsiebt werden müssen, bis sie tot umfallen. Nun ja, der Spaßfaktor spielt noch mit und für Van Damme - Maßstäbe hat man hier geradezu diamantenes Zelluloid.

6/10

#829 Funxton

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Geschrieben 05. Juli 2007, 16:23

Zitat entfällt.

Que La Bête Meure (Das Biest muss sterben) ~ F/I 1969
Directed By: Claude Chabrol


Nachdem ein Unbekannter seinen kleinen Sohn (Stéphane Di Napoli) überfahren und Fahrerflucht begangen hat, wird die Vollstreckung seiner Rache zum einzigen Lebenszweck für den Kinderbuchautor Thenier (Michel Duchaussoy). Seine persönlichen Recherchen führen ihn zu der Schauspielerin Helene (Caroline Cellier) und darüberhinaus zu deren Schwager Decourt (Jean Yanne), einem personifizierten Ekelpaket. Dieser stellt sich unzweifelhaft als der Gesuchte heraus. Thenier wartet auf den richtigen Moment zur Vollstreckung seiner Privatjustiz.

Chabrols Verfilmung des Blake-Romans bleibt keinesfalls in den Bahnen eines moderaten Kriminaldramas, sondern wächst sich zu einer Studie um Schuld und ihre Tragweite aus. Erwartungsgemäß endet die Konfrontation Thenier / Decourt nicht mit einem Paukenschlag, sondern wird fein ziseliert zu einem überaus dramatischen Abschluss gebracht. Zuvor werden die Antipathien gegen Decourt, der mit jeder Faser des Seins seine Mitmenschen gegen sich aufbringt, so sehr geschürt, dass man selbst vor der Mattscheibe Gefahr läuft, den gesunden Menschenverstand beiseite zu drängen. Seine immense innere Spannung, die gleich zu Beginn einsetzt und nicht mehr abreißt, zeichnet den Film zusätzlich aus.

8/10

#830 Funxton

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Geschrieben 05. Juli 2007, 19:42

Zitat entfällt.

Ivanna (Das Geheimnis von Schloss Monte Christo) ~ E/I 1970
Directed By: José Luis Merino


Ivanna Rakowsky (Erna Schürer), eine junge Chemikerin, lässt sich von Baron Dalmar (Carlos Quiney) engagieren, um auf dessen Schloss mysteriösen Experimenten zur Findung einer "Bioformel" nachzugehen. Des Barons Bruder ist bei einem Brand ums Leben gekommen und seine sterblichen Überreste vegetieren in einem Spezialtank dahin. Diese Ansammlung von Briketts soll Ivanna nun wieder zum Leben erwecken. Außerdem hat der Baron den Ruf eines Blaubarts, denn nicht nur, dass er eine große Anziehungskraft auf die holde Weiblichkeit ausübt, in der Gegend werden auch andauernd verstümmelte Frauenleichen entdeckt.

Mit Hammer als Vorbild erstellte man mit "Ivanna" einen Gruselmär, die inhaltlich sehr an die alten "Gaslicht"-Schmöker erinnert, die die gänsehautliebende Hausfrau ihrerzeit für ein paar Groschen an jeder Bude um die Ecke erstehen konnte. Das Cover der DVD passt sich dem übrigens auch produktoptisch hervorragend an. Zehn Minuten Erzählzeit-Reduktion hätten den Film sicher wohlgetan, davon abgesehen ist es kaum auszudenken, was Bava aus dem Stöffchen gemacht hätte. So muss man sich mit einer zeit- und ortsentrückten, trotz oben ohne hier und da braven Romantikfabel zufriedengeben, der es ein wenig an Lebenssaft und ergo an Blutvergießen mangelt. Immerhin bemerkenswert: "Ivanna" gewinnt den Synchron-Spezialpreis der Jury für jenen Euro-Gotikhorrorstreifen, in dem am häufigsten das farbenfrohe Verb 'vögeln' gebraucht wird.

4/10

#831 Funxton

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Geschrieben 06. Juli 2007, 08:11

"Well, let's kill 'em all at once."

Capone ~ USA 1975
Directed By: Steve Carver


Nachdem Alphonse Capone (Ben Gazzara) von New York nach Chicago kommt, arbeitet er sich mittels blutiger Methoden zielstrebig zum König der Unterwelt hoch. Die Zeit der Prohibition ermöglicht ihm besonders einträgliche Geschäfte. Doch sein Stern sinkt genauso schnell wie er emporgestiegen ist. Wegen Steuerhinterziehung landet er zunächst im Gefängnis, um nach seiner Entlassung in syphilitischer Umnachtung zu sterben.

Es gibt viele imposante Beispiele dafür, wie exploitativ in den Siebzigern auch grundsätzlich ernstzunehmende Stoffe in Filmform verarbeitet wurden, sobald sie ein sensationsheischendes Element in sich bargen - und das selbst in unmittelbarer Nähe von Hollywood. Spontan fallen mir da die Klassiker "Soldier Blue" und "Mandingo" ein. Auch diese Corman-Produktion kann sich recht problemlos auf jenen Sockel dazusetzen. "Capone" vereint in sich sämtliche Kitschelemente, die das klassische Gangsterkino auszeichnen, allerdings in kostengünstiger Manier (ohne dabei auf den ersten Blick so auszuschauen, versteht sich) und ungleich blutiger, als es die Genretradition gebietet. Irgendwann wird Capone sogar mit den Rudimenten seines Gewissens konfrontiert, als seine Geliebte (Susan Blakely) seinetwegen erschossen wird. Doch sind dies nur Blitzlichter, im Zentrum des Geschehens steht die Tommy Gun und entsprechende Szenen, die fahrende Oldtimer und das Valentinstags-Massaker als Elemente vereinen. Filmhistorisch ist "Capone" auch nicht uninteressant, gibt es hier doch eines der ersten Beispiele für ernsthafte darstellerische Gehversuche des jungen Sylvester Stallone (als Capones Adlatus und Dolchstoßer Frank Nitti) zu sehen, ein typisches, gut sichtbares Beispiel fürs Corman-Recycling (Szene aus seinem "St. Valentine's Day Masscre") sowie Unerlässliches für Tabubruch-Chronisten: Susan Blakely gewährt einen kurzen aber gut sichtbaren Blick zwischen ihre Schenkel. Ich musste doch tatsächlich zweimal hinschauen.

7/10

#832 Funxton

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Geschrieben 07. Juli 2007, 15:01

"I like my meat rare!"

Surviving The Game ~ USA 1994
Directed By: Ernest Dickerson


Eine Gruppe dekadenter Wochenendjäger veranstaltet mit Vorliebe Menschenjagden in den Wäldern der Rocky Mountains. Als Beute dienen Obdachlose, die man in Seattle auftreibt und unter einem Vorwand in die Wildnis lockt. Der vom Leben hart behandelte Mason (Ice-T) ist das aktuelle Opfer der perversen Jagdgesellschaft, erweist sich jedoch als wehrhafter, als den Männern lieb ist.

Dickerson, bis '92 Kamerann für Spike Lee, legt mit "Surviving The Game" seine zweite eigene Regiearbeit vor. Wenn dem Film auch jedes Quentchen Originalität vollkommen abgeht, so muss ich doch feststellen, dass er mir im direkten Vergleich sogar etwas besser gefällt als der thematisch sehr ähnlich struktrurierte "Hard Target", der sicher auch eine "Inspirationsquelle" für "Surviving" war. Eigentlich geht die ganze Manhunt-Mischpoke ja ohnehin auf den großen "The Most Dangerous Game" zurück, insofern kann man sich den Plagiatsvorwurf bezüglich des Woo-Films auch verkneifen.
Fest steht, dass "Surviving" trotz seines total realitsentrückten Szenarios doch um einiges bodenständiger und weniger belustigend ist als "Hard Target". Auch versteht er es, die Naturkulisse hervorragend in die aufgebauschte Story zu packen. Mit Rutger Hauer, F. Murray Abraham, John C. McGinley, Gary Busey und Charles Dutton trifft man vor Ort außerdem eine patente Schar Psychopathen an, die allesamt mit sichtlichem Vergnügen bei der Sache waren. Bisschen prollig ist das Ganze zwar, kann aber einem etwas gnädigen Blickwinkel wie dem meinen durchaus standhalten.

6/10

#833 Funxton

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Geschrieben 08. Juli 2007, 07:05

"I'm a professional."

Città Violenta (Brutale Stadt) ~ I/F 1970
Directed By: Sergio Sollima


Von sämtlichen Freunden, Geschäftspartnern und - allen voran - seiner Freundin Vanessa (Jill Ireland) verraten und verkauft, erledigt sich der Profikiller Jeff Heston (Charles Bronson) in New Orleans nach und nach all seiner unliebsamen Zeitgenossen.

Einer der Marksteine, die Bronsons gigantischen Erfolg in den Siebzigern in Europa ebnen und ihm später ein Rückflugticket in die USA ermöglichen sollten. Obgleich geringfügig differenzierter angelegt als spätere, eindimensionale Rollen, die ausschließlich von seinem Stoizismus und seiner emotionalen Reglosigkeit leben, so hat Bronson auch in "Città" wenig Gelegenheit zur Anstrengung seiner mimischen Muskulatur. Dennoch, und darin liegt wohl das Geheimnis, ist er unheimlich präsent und beherrscht als permanent hintergangener Profi die Szene auf unnachahmliche Weise. Hart, härter, Charles Bronson.
Beeindruckend und unbedingt erwähnenswert ist aber insbesondere die Regie Sergio Sollimas, der nach seiner zu späten Ehren gelangten Western-Trilogie einen inszenatorisch ebenbürtigen Gangsterfilm liefert mit Szenen, die schon ihrer breit ausgespielten Länge wegen unauslöschliche Eindrücke hinterlassen. Man denke da nur an die erste Verfolgungsjagd zu Auto auf einer Karibikinsel oder an Jeffs minutiöse Vorbereitung des Attentats auf seinen Auftraggeber, einen Rennfahrer, den Jeff während eines Formel 1 - Rennnens erledigt. Grandios und dem direkten Vergleich mit US-Arbeiten unbedingt standhaltend.

7/10

#834 Funxton

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Geschrieben 08. Juli 2007, 12:29

Zitat entfällt.

Accattone ~ I 1961
Directed By: Pier Paolo Pasolini


Vittorio (Franco Citti), genannt 'Accattone' haust in Roms Elendsvierteln. Sein Alltag besteht darin, Müßiggang und Nahrungssuche sich abwechseln zu lassen, je nach der täglichen Finanzlage. Um Geld zu verdienen, schickt er seine jeweilige Freundin auf den Strich. Als sein aktuelles Pferdchen (Silvana Corsini) von der Sitte hochgenommen wird und ins Gefängnis wandert, ist Accattone dem Verhungern nah. Auf die Idee, eigeninitiativ Geld zu verdienen, kommt er nicht. Als er die unschuldige Stella (Franca Pasut) kennenlernt, soll es mit dem bisherigen Lebenswandel vorbei sein, doch Accattone weigert sich nach einem kurzen Versuch weiterhin standhaft, harte körperlich Arbeit zu tun. Also betätigt er sich als Dieb - mit tragischem Ausgang.

Pasolinis erster Film, dem Neorealismus zugetan und durch die Bank mit Laiendarstellern direkt aus dem porträtierten Milieu besetzt, hat sich als in mehrerlei Hinsicht radikales Werk einen Namen gemacht. Zum einen sorgte es für protesgeschüttelte Aufschreie wegen der ausnahmslos naturalistischen Darstellung der Verhältnisse in Stadtteilen wie dem Pigneto-Viertel und zum anderen wurde die Einbindung christlicher Motive samt Bach-Kantate und Zitaten aus Dantes "Divina Commedia", die bei pointierter Betrachtung den Protagonisten und das gemächliche Erwachsen seines Altruismus gar zur Passionsgeschichte stilisieren, seitens der Konservativen scharf kritisiert. Dabei sind die Bilder zumindest vordergründig zurückhaltend, ihre wesentliche Schonungslosigkeit offenbart sich allein durch Assoziativität.

8/10

#835 Funxton

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Geschrieben 08. Juli 2007, 17:04

"Somebody's got to pay."

Point Blank ~ USA 1967
Directed By: John Boorman


Nach einem gemeinsam durchgeführten Coup auf Alcatraz, bei der sie ein paar zwielichtige Handelspartner um das übergebene Geld erleichtern, ist Walker (Lee Marvin) eher ungehalten, denn sein Kompagnon Reese (John Vernon) hat die Geprellten erschossen. Dass Reese im Folgenden auch Walker abknallen und mit dessen Frau (Sharon Acker) verschwinden wird, ahnt Walker noch nicht. Doch er kann sich, beseelt von Rachegedanken, retten und arbeitet sich zu Reese vor, der das erbeutete Geld genutzt hat, um sich in ein Unterweltsyndikat namens "Die Organisation" einzukaufen.

Stets aufs Neue ein Erfahrung, dieses halluzinogene Gangster-Kleinod. Erst während des Anschauens wurde mir bewusst, dass Sollimas "Città Violenta" mich darauf gebracht hat, nach langen Jahren mal wieder den Boorman einzulegen.
Ein großes Werk, das für seine Zeit spricht, unglaublich pointiert, ohne jeglichen Ballast und dabei von psychedelischer Hartnäckigkeit - die Szene, in der Walker, auf der Suche nach Reese und seiner Verflossenen mit lautem, gleichmäßigem Schritt durch die Gänge des Flughafens von L.A. schreitet, seinem Namen (der nur aus diesem Teil besteht, einen Vornamen gibt's auch auf Anfrage nicht) alle Ehre machend, sorgt noch immer dafür, dass sich meine Fingernägel tief ins Sesselleder krallen. Eine repräsentative Sequenz für "Point Blank", denn die große Action in Form von Verfolgungsjagden oder ähnlich ausschweifend exponierten Darstellungen spart sich Boorman weitgehend aus. Die dennoch vorhandene, latente Gewalttätigkeit strahlt einzig Marvin aus, der sich, einem kurz vor dem Ausbruch stehenden Vulkan gleich, mit Engelsgeduld bis zu seinem Ziel durchbeißt.
The essence of cool.

10/10

#836 Funxton

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Geschrieben 09. Juli 2007, 14:41

"I don't need to work out. My anxiety acts as aerobics."

Scoop ~ UK/USA 2006
Directed By: Woody Allen


Auf seinem Weg ins Totenreich findet der just verstorbene, ehrgeizige Enthüllungsreporter Strombel (Ian McShane) doch noch die Möglichkeit, mit dem Diesseits in Kontakt zu treten, und zwar über den Zauberer und Varieté-Künstler Sidney Waterman (Woody Allen). Strombel hat scheinbar (noch zu Lebzeiten) herausgefunden, dass der Millionärssohn Lyman (Hugh Jackman) hinter den Londoner Tarot-Morden steckt. Zusammen mt der Journalistikstudentin Sondra (Scarlett Johansson) geht Sidney auf Killerjagd.

Allen-Filme sind und bleiben eine wunderbar verlässliche Konstante in dieser Welt. Glücklicherweise gliedert sich das gesamte Oeuvre des Autors ja in nur zwei Grundfesten - das Drama und die Komödie, und so kann man, je nach Lebenslage, entscheiden, was man zu sehen wünscht. Nach dem recht bittersüßen "Match Point" nun wieder etwas Federleichtes, zwar immer noch dem Kriminalistischen verpflichtet, aber, Allens persönliches Auftreten bürgt bereits dafür, eine durchweg komische Angelegenheit. Selbst mit seinen 71 Jahren frönt Allen noch dem bewährten Bühnenhumor im Form von kleinen Bonmots und eiligen Witzchen, eingeflochten in z.T. ernsthaft orientierten Dialog. Diese Rechnung geht tatsächlich noch immer auf und das ist sehr beruhigend. Weniger gut gefällt mir des Meisters seltsame Obsession für die überstrapazierte Johansson (welche ja nunmehr schon wieder abzuflauen scheint). Mag ja sein, dass er als betagter Herr gern jungen, strammen Dingern hinterhergeifert, aber sie deswegen gleich zweimal nacheinander in tragenden Rollen zu besetzen - nun ja, ich weiß nicht.
Aber gut, sie ruiniert den Film nicht und darauf kommt es an.
An die Qualität seiner alten Comedy-Meisterwerke ragt der späte Allen nicht mehr heran ("Sweet And Lowdown" markiert für mich eine Art Torschluss), für ein stimulierendes, leichtfüßiges und liebenswertes Kinostück reicht es aber allemal noch.

7/10

#837 Funxton

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Geschrieben 09. Juli 2007, 21:05

"Great surfing today."

Big Wednesday (Tag der Entscheidung) ~ USA 1978
Directed By: John Milius


Für die drei Kumpels Matt (Jan-Michael Vincent), Jack (William Katt) und Leroy (Gary Busey), die sich Anfang der Sechziger an den Stränden von Malibu die Zeit vertreiben, gibt es nichts Wichtigeres, als ihre Surfbretter, Dosenbier und Mädels. Doch die harten Lektionen des Lebens in Form von unerwarteter Vaterschaft und dem Einsatz in Vietnam liegen nicht fern. Bleibt die Frage, wie standhaft wahre Freundschaft angesichts der Jahre sein kann.

Welche innere Wandlung Milius durchlebt hat, dass er sich später in solch verbissener Form dem Martialismus zugewandt hat, weiß ich nicht. Schaut man, seine späteren, populäreren Werke "Conan The Barbarian" und "Red Dawn" im Hinterkopf, erstmals den New Hollywood-Nachzügler "Big Wednesday", so fühlt man sich unweigerlich zum Staunen genötigt. In der Tradition von Jugenddramen wie "American Graffiti" und "The Last Picture Show" erzählt Milius vom Verlust der Unschuld und dem Erwachsenwerden und schafft dabei, gerade im Hinblick auf die phantastischen, machtvollen Bilder des sich brechenden Meeres, eine den etwas älteren Vorbildern kaum nachstehenden, schönen und bodenständigen Film fernab allen zu befürchtenden Kitschs.
Eine der denkwürdigsten Anekdoten um "Big Wednesday" erzählt davon, wie Milius zusammen mit seinen Freunden Spielberg und Lucas, die etwa zur gleichen Zeit "Close Encounters" bzw. "Star Wars" vollendet hatten und gerade um den Weltrekord im Tiefstapeln wetteiferten, den Plan fasste, sich gegenseitig jeweils ein Prozent vom Gewinn ihres aktuellen Werks zuzuschustern. Der Einzige im Bunde, dessen Film gnadenlos floppte, war Milius. Die Zeit der Sternenkrieger und Aliens - und auch die der Barbaren - war gekommen.

8/10

#838 Funxton

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Geschrieben 10. Juli 2007, 10:02

"Have you seen my wife?" - "Think she went down to the bay."

Reazione A Catena (Im Blutrausch des Satans) ~ I 1971
Directed By: Mario Bava


Der scheinbare Selbstmord einer aristokratischen alten Dame (Isa Miranda) und das Verschwinden ihres Angetrauten (Giovanni Nuvoletti) lockt eine Menge zwielichtiger Gestalten und potenzieller Erben in die Bucht, in der sich das Anwesen der Verstorbenen findet. Dort beginnt ein Schlachtfest, bei dem keiner vor der Gier des anderen sicher ist.

Bavas große Mörderparty fiel ein wenig anders aus als man es bisher von ihm gewohnt war. Mit der knallbunten Beleuchtung und der Mehrheit an Studioaufnahmen ist es vorbei, Bava schätzt urplötzlich primär das naturgegebene Licht, dreht große Teile unter freiem Himmel und lässt sein Kameraauge sich in einen violetten Sonnenuntergang verlieben. Grell ist eigentlich nur noch eines: Das spritzende Blut der Mordopfer, die in überraschend großer Zahl vorzufinden sind und in für Bava-Verhältnisse (ebenfalls ungewohnt) deftiger Manier dahingeschlachtet werden. Allerdings gibt es hier - untypisch für einen Giallo - nicht einen oder zwei Täter, sondern gleich eine ganze Gruppe davon, die sich systematisch untereinander ausschaltet (wobei fast jeder aus dem Weg geräumte sein Ende irgendwie verdient hat), so dass es regelrecht schwer fällt, den Überblick zu bewahren. Wie phantasielos man den hierzu prächtig passenden Originaltitel des Films ("Kettenreaktion") ins Deutsche übersetzt hat, spricht mal wieder nicht eben für hiesige Vermarktungsstrategien.
Den vielmals angepriesenen Status von "Reazione" als Archetyp für den US-Slasher - offensichtlich rührt diese Einschätzung daher, dass ein paar der Mordakte später in den "Friday The 13th"-Filmen samt ihrer blutroten Metzelästhetik übernommen wurden - konnte ich ehrlich gesagt noch nie so recht nachvollziehen. Die Motivlage ist und bleibt gelb.

8/10

#839 Funxton

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Geschrieben 11. Juli 2007, 11:36

"Do you put a 'the' in front of 'God'?"

The Good Shepherd ~ USA 2006
Directed By: Robert De Niro


Edward Wilsons (Matt Damon) Karriere reicht vom Studium an einer Elite-Universität in den Tagen des zweiten Weltkriegs über den Beitritt in eine Geheimloge bis hin in die oberen Etagen des Geheimdienstes, der bald darauf als CIA bekannt werden wird. Wilson opfert im Laufe der Jahre sein ganzes Leben, seine Privatsphäre und seine Menschlichkeit der Staatsräson.

Der Welle US-kritischer Politdramen aus dem eigenen Lande fügt De Niro mit seiner zweiten Regiearbeit nach 12 Jahren ein weiteres Puzzlestück hinzu, das sich ohne Fehl und Tadel der jungen Tradition anschließt. In breiter Form erzählt "The Good Shepherd" die Geschichte eines Staatsbürgers, dessen aufrechter Gang unter dem Sternenbanner sich allmählich beugt, als er Methoden zu tolerieren beginnt, die im Widerspruch zu jeglicher Humanität stehen und sich selbst in Trostlosigkeit und Einsamkeit drängt - freilich ohne es jemals zu bemerken.
Mit weniger klimatischen Schwankungen durchsetzt als ein vergleichbarer Film etwa von Oliver Stone behält "The Good Shepherd" (unter dem Einsatz eines durchweg formidablen Ensembles) einen permanent ruhigen Fluss bei, der nur selten durch zwei, drei scharfe Momente hochgeschreckt wird. Damit bleibt der Eindruck des Kamerspielhaften trotz der ausladenden erzählten Zeit und des wesentlich dem Epischen verbundenen Einsatzes technischer und narrativer Stilismen (Scope, chronologische Brüche, Ineinanderfließen von authentischen und nachgestellten Bildern samt Farb-S/W-Wechseln) bestehen. Kein Film für Sonnentage.

8/10

#840 Funxton

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Geschrieben 11. Juli 2007, 16:34

"The night is dying."

Les Lèvres Rouges (Blut an den Lippen) ~ B/F/BRD 1971
Directed By: Harry Kümel


Die frisch verheirateten Stefan (John Karlen) und Valerie (Danielle Ouimet) verbringen ihre Flitterwochen in Ostende in einem mondänen Hotel, das wegen der herbstlichen Jahreszeit praktisch leer steht. Kurz nach den beiden treffen noch die mysteriöse Gräfin Bathory (Delphine Seyrig) und ihre Bedienstete Ilona (Andrea Rau) ein. Die Gräfin und Ilona, die sich nur des Nachts blicken lassen, becircen das junge Paar, dessen Beziehung bereits wenige Tage nach der Hochzeit an unausgesprochenen Obsessionen und Lügen krankt.

Das ganze hätte sich im tiefsten Camp-Sumpf verfangen können, doch meidet Kümel etwaige Schlüpfrigkeiten wie der Teufel das Weihwasser und stellt berückend schönes, unvergessliches Horrorkino in edlem und filmhistorisch unverbrauchtem Ambiente her. Delphine Seyrig, in Form und Auftreten ohnehin eine illegitime Nachfolgerin der Dietrich, sieht vor der (im wahrsten Wortsinne) traumhaften Hotelkulisse aus wie personifiziertes Art Deco, trägt blutrot, schneeweiß oder ein silbernes Pajettenkleid und die "roten Lippen" aus dem Titel gehören zweifelsohne ihr.
Die historisch verbürgte Gräfin Bathory, die in Jungfrauenblut badete, um ihre eigene körperliche Jugend zu erhalten war seit jeher ein Motiv der Schauerliteratur und so greift Kümel sie nur allzu gern auf für seine Phantasmagorie um unerfüllte Gelüste, auch wenn hier das Blut verköstigt und nicht mehr nur darin gebadet wird.
Immer wieder ein höchst seltsamer Schrecklieferant: Stefans "Mutter" (Georges Jamin), die ihren Transvestitismus nur sehr nachlässig verschleiert, und inmitten von Orchideenzüchtungen liegt. Über den jungen Mann und seine familiären Verhältnisse würde man gern mehr erfahren, doch da ist es bereits zu spät ...

9/10





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