

The retina of the mind's eye
#39
Geschrieben 12. August 2003, 10:35
Twin Peaks-Vater Ray Wise fährt mit seiner Familie über Weihnachten zu Verwandten. Doch er kommt umd kommt nicht an, den die Straße nimmt kein Ende. Anstelle dessen wird die Familie durch Zwistigkeiten aufgerieben und durch eine unheimliche Macht dezimiert. Dead End ist einer der Gruselfilme, der durch Kurzweiligkeit und Humor besticht und dem man sich immer wieder ansehen kann, was nicht zuletzt auch an den soliden Darstellern liegt.
Meine Kritik
maX
#40
Geschrieben 12. August 2003, 10:43
Wrong Turn verliert keine Zeit, um seine Figuren ins Grauen zu stürzen. Und darin bleiben sie dann auch, denn der Film hat keinen Spannungsbogen, nur ein Hoch, was ihn zwar nicht langweilig macht, aber doch für wenig Abwechslung sorgt. Zudem müsste man sich langsam mal fragen, ob diese ganz spezielle Art der Darstellung us-amerikanischer Südstaatler, die nun auch noch als inzstuöse Krüppel präsentiert werden, nicht langsam ins Faschistische übergleitet. Sicherlich: Die Dichotomie von Gut vs. Böse war dem Horrorfilm schon immer einen blutigen Konflikt wert. Aber die Monster, die Wrong Turn präsentiert, stammen zu 100 % aus dem Vorurteil und chauvinistischer Legendenbildung.
maX
#41
Geschrieben 14. August 2003, 10:12
Zeichentrick-Realfilm-Hybrid über drei Jugendliche und ihre Alltagsprobleme, die sie in der Fantasy-Welt "Otherworld" parabelhaft noch einmal durchleben und aufgeklärt daraus hervorgehen. Ärgerlicher Mythen-Kitsch mit zweifelhafter, politisch aufdringlicher Pointe. Weder überzeugt der Zeichentrick noch die Idee, walisische Nationalmythen für die Entwicklungsgeschichte der drei jugendlichen Helden zu instrumentalisieren.
Mein




maX
#42
Geschrieben 14. August 2003, 10:18
Gefährlich an der Albernheit vorbeischlitternder dritter Teil der Re-Animator-Reihe. Zwar überzeugt Jeffrey Combs als amoralischer Wissenschaftler abermals und das Ergebnis seiner Experimente ist wie immer "ansehnlich", doch werden die Nebenfiguren und ihre Geschichten zu reinen Erfüllungsgehilfen degradiert, um dem Kult Vorschub zu leisten.
Meine Kritik
maX
#43
Geschrieben 14. August 2003, 10:21
Remake der Rattenfilme Willard (1971) und Ben (1972), das handwerklich solide gemacht ist und in der Choreografie (anders kann man es nicht nennen) der Ratten und dem wirklich authentisch wirkendem Hauptdarsteller durchaus zu begeistern vermag.
Meine Kritik
maX
#44
Geschrieben 15. August 2003, 10:22
Einfach unfassbar, was alles produziert wird/wurde. Fulci beweist, dass ihn mit dem Alter aber auch wirklich jedes Gespür für Albernheit und Peinlichkeit verlassen hat. Der Film ist kaum auszuhalten, so langweilig und dumm ist er. Manchmal kann man echt froh sein, dass mit dem physischen Ende eines "Künstlers" auch sein Werk abgeschlossen ist.

maX
#45
Geschrieben 17. August 2003, 08:17
Der Film kommt im Gewande eines frühe-60er-Jahre-Hershell-Gordon-Lewis-Films daher ist jedoch ungleich radikaler. Was hier an morbiden Ideen für Folter und Mord präsentiert wird, ist selbst mit 25 Jahren Abstand noch originell. Einzig die archaische Erzählung und die auf alt getrimmten Bilder machen den Film erträglich. Immer wenn man glaubt, dass es nicht noch frauenverachtender werden kann, wird man von Maister Sardu und seinem Gehilfen Ralphus eines "besseren" belehrt.
maX
#46
Geschrieben 17. August 2003, 08:23
Typisch verkopfter Godard-Kunstfilm. Als roter Faden durch Weekend zieht sich das Thema Gewalt, dass jedoch zu keiner Zeit mit dem Schrecken aufwarten kann, den der Film behauptet. Dafür fügen sich die teilweise blurünstigen Szenen (von denen viele nur angedeutet werden durften) aber in den absurden Kontext ein. Aggressivität vermittelt sich durch das oft zähe retardieren der "Handlung", wenn z. B. 10 Minuten lang eine hupende Autokolonne gezeigt wird, durch die sich die Helden hindurchkämpfen. Ansonsten belasten die handlungstragenden Elemente vor allem durch ihr philosophisches "Gewicht" den Film. Wie oft bei Godard irgendwo ziwschen Marxismus und unkritischer Übernahme des Konzeptes "Stadtguerilla" eingestreute Philosopheme. Weekend enthält aber - und das entschädigt - auch überraschend unpolitische Zeitkritiken.
maX
#47
Geschrieben 26. August 2003, 09:10
Schön zu sehen, wie leicht das Gemüt der 80er Jahre doch noch zu erschüttern war: Nehmt dem Yuppie seine IKEA-Möbel weg und er wird zum Rächer der bürgerlichen Existenz.


maX
#48
Geschrieben 26. August 2003, 09:13
Auf der Suche nach einem Berieselungsergebnis habe ich mal wieder Kassette 84 in den Recorder geschoben. Was soll man sagen: Solche Filme haben wohl wirklich nur vor 18 Jahren funktioniert (bzw. ich habe da wohl noch anders funktioniert). Einige nette Synchro-Gags drin (die wohl auch im Original so waren): "Nur ein Mann, dessen Gewissen rein ist, kann den Dolch an sich nehmen und nur ein Mann, dessen hintern schmal ist, kann diese Treppe hinunter gehen."

maX
#49
Geschrieben 27. August 2003, 10:09
Tja, mit der noch abklingenden Gänsehaut aus "Darkness" habe ich mir dann gestern mal den Vorgängerfilm von Balagueró angesehen. Man merkt schon, dass er seine Handschrift weiter entwickelt. Auch das, was den Grusel seiner Erzählweise ausmacht (Dorkheimer: "Ich kann diese zappelnden Kinder langsam nicht mehr sehen!") hat er in Darkness wesentlich präziser auf den Punkt gebraucht. The Nameless wirkt insgesamt wie eine Vorstudie zu Darkness. Der verschwörungstheoretische Kern überwiegt noch viel zu stark und die Intention der Figuren ist noch zu hölzern. Grusel kam - wenn ich das überhaupt so nennen will - allerhöchstens in anderthalb Szenen auf. (Anm. für mich selbst: Künftig keine als gruselig empfohlenen Filme mehr tagsüber auf dem kleinen TV sehen und dabei nebenher im Netz surfen, wenn die Filme in fremden Zungen und mit englischen UTs daherkommen!).
Gefallen hat mir dann allerdings - wie schon bei Darkness - der Medien-Diskurs. Da wird so herrlich viel(seitig) telefoniert und die Video-Inserts sind wirklich gut und beunruhigend. Die infizieren dann ja auch mehr und mehr die Darstellung des Films. Na ja, und die "zappelnden Kinder" wirken bei mir ganz hervorragend "gruselig" ... aber ich bin ja auch schon ein bissel älter als Dorkheimer.

maX
#50
Geschrieben 28. August 2003, 08:07
Ich weiß nicht genau, warum ich sowohl im Kino als auch in den Videotheken immer an Jeepers Creepers vorbei gegangen (nehme aber an, der zweite Teil des Titels hat mich an einen sehr üblen italienischen Argento-FIlm erinnert

Der Film fängt stark an: Die erste halbe Stunde spürt man (vor allem in der Retrospektive), in welche Richtung der neue amerikanische Horrorfilm geht. Vieles in der Gestaltung der Geschichte und der Bilder findet sich heute in Filmen wie Dead End, Wrong Turn oder sogar Cabin Fever wieder: Ein Mikrokosmos, in dessen Mitte sich ein schwarzes Loch befindet, dass die zuvor rationale Handlung langsam aufsaugt, ohne auch nur einen einzigen Grund zu liefern. Die beiden Geschwister glauben, sie fahren immer gerade aus, dabei fahren sie im Kreis einer Erzählung, die spiralförmig angelegt ist (was man aber nur von "außen" sieht ... eine horrible Umformung von Hitchcocks Suspense-Prinzip.).
Als Jeepers Creepers jedoch aufhört, seine Andeutungen en passent auszuspielen und aus ihnen versucht so etwas wie eine "dämonische Verschwörung" zu machen, verliert der Film. In dem Augenblick, wo das Monster an Kontur gewinnt, wo seine Beweggründe entfaltet werden, weiß das Drehbuch nicht so recht weiter. Gleichsam zwanghaft und hilflos versucht es sein Mysterium aufrecht zu erhalten, scheitert aber am Ende vollständig. Es will, dass man sich fragt: "Warum nimmt der Dämon Justin mit?", "Was hat es mit dem Lied Jeepers Creepers auf sich?", "Was war es, das die schwarze Hellseherin wirklich geträumt hat?" Und all diese Fragen stellt man sich auch, weiß aber gleichzeitig, dass es irgendwie völlig belanglos ist. Und so kommt es, wie es kommen muss: Der Film versackt in seinem selbstbehaupteten Mysterium und keinen interessiert es.
Na, da bin ich ja mal auf Teil 2 gespannt. Hoffentlich wird das kein Versuch einer Rechtfertigung!
maX
#51
Geschrieben 28. August 2003, 08:27
Eine besondere Stärke von Spike Lee ist es, dass er es schafft, aus gesellschaftlichen/historischen Ereignissen die Basis für eine interessant erzählte Geschichte von Individuen zu machen. Das war es auch schon, was mir an Malcolm X besonders gefallen hat.
Summer of Sam ist daher nur in zweiter Linie ein Serienkiller-Film (der sich im Übrigen nur vage an die Kriminalhistorie hält). Die Kriminalhistorie wird dazu benutzt, das Bild der sich selbst verausgabenden späten 70er Jahre nachzuzeichnen. Er funktioniert damit als Kontrast und als Kommentar zu zeitgenössischen Filmen wie Saturday Night Fever, in denen sich der Emotionshaushalt der Figuren viel zu sehr am Musical ausrichtet, um authentisch zu wirken. Bei Spike Lees Film ist die Musik eher der erzählerische Kontrapunkt. Wenn etwa ABBA zu hören ist, passiert immer etwas unangenehmes.
Die Geschichte aus dem italenischen Stadviertel, die in so vielem an Scorsese erinnert, sich aber - zum Glück - nicht bei dessen Gewalt-Klischees bedient, fesselt darum viel mehr, als die Rahmenhandlung. Und das, obwohl vieles in ihr darauf hindeutet, dass sie ein Simulacrum ist. Denn bei aller Authentizität und "Wahrhaftigkeit" der Figuren und ihrer Emotionen entlarvt der Film durch seinen Blick diese Erzählung als inszeniert, ihren Verlauf als "zu glatt", ihre Höhepunkte als "zu melodramatisch", ihre Wendung zum Ende hin als zu "happy ending". Lee gibt nur wenige Hinweise, dass etwas nicht stimmt: Etwa als Vinny betrunken in den Friseur-Laden geht und sich mit seiner Chefin anlegt: Ohne Grund wird die Sukzession dieser "Anekdote" bildlich zerhackt und deren Fragmente wieder aneinander montiert.
Ich vermute, dass hier die Rahmenhandlung dann doch Einfluss auf die Binnenerzählung nimmt. "Dass etwas nicht stimmt" in New York, scheint nämlich die Kernaussage des Films zu bilden. Der Killer, der ja in der historischen Realität nicht ganz so "erfolgreich" war, wie im Film behauptet wird, tötet fast ausschließlich junge Paare und immer im Auto. Warum hält sich Lee hier nicht an die Historie, in der fast alle Opfer überlebten, fast alle weiblich waren und "nur" die Hälfte von ihnen im Auto angegriffen wurde? Spike Lee läst seinen Sam bewusst die Ikonografie der 70er Jahre attackieren. Er stellt die bürgleriche gegen die sexuelle Hysterie. Er greift die Statussymbole an und das Konzept der bürgerlichen Kleinfamilie. Der gesellscchaftliche Konflikt zeigt sich auch in anderen Erzählelementen überdeutlich: an den (warum so ausführlichen?) Szenen des Stromausfalls und der darauf folgende Plünderungen oder an den (warum so agressiven?) Interviews mit den Schwarzen, die Statements zum Killer abgeben sollen (aber in Wirklichkeit Mentalitätsgeschichte einfangen) oder an der (warum so resignativen?) melodramatischen Geschichte von Vinny, seiner Frau und seinen Geliebten oder der vermeintlichen Emanzipation von Ricky dem Punk - dem einzigen, der wirklich versucht auszubrechen ... Der Summer of Sam ist in jedem Falle ein makro- und mirosoziale Ereignis gewesen, behauptet Lee.
maX
#52
Geschrieben 29. August 2003, 20:55
Männern ab 30 wird ja empfohlen, die Haare nur unter fließendem Wasser zu waschen, damit das, was ausfällt, nicht hinterher vor einem liegt und einen ganz schön alt aussehen lässt.
In Blue Sunshine haben etliche Thritysomethings Haarausfall, weil sie 10 Jahre zuvor die ominöse Droge "Blue Sunshine" eingenommen haben - kurz bevor sie die Uni verlassen haben. Und nun fallen die Haare büschelweise aus und auch unter den Fleischmützen ist nicht mehr alles in Ordnung. Die ehemaligen Drogenkonsumenten werden nämlich wahnsinnig und laufen Amok. Einer, aus dessen Umfeld es gleich mehrere erwischt, geht der Sache nach und wird von der Polizei selbst für einen Mörder gehalten, der es auf Kahlköpfe abgesehen hat.
Der "Kultklassiker aus den 70ern", wie es die DVD verheißt, entpuppt sich als ziemlich müder Thriller ohne großartige Spannungsbögen. Alles ist wie es sein muss: nette Schauspieler, nette Idee, nette 70er Jahre (inkl. netter Disco-Mucke), aber irgendwie reicht das nicht. I am not amused.
maX
#53
Geschrieben 02. September 2003, 06:37
Madonna-Oberseminar-geschädigt, habe ich den Zwang verspürt, mir den Film dann doch mal ganz anzuschauen (und weil ich so langsam merke, dass Willem Dafoe wohl mein Lieblingsschauspieler ist). Positiv zu bemerken ist, dass er in seiner Erzählung eine durchaus gelungene Inversion zu Wilders Zeugin der Anklage ist. Und auch nur, wenn man ihn unter diesem Aspekt sieht, "funktioniert" Madonna - als postmodernes Sublimat von Marlene Dietrich. Ansonsten zeigt sie nämlich mal wieder, dass sie nicht anderes außer ihrer eigenen Phantasmen wiederzugeben im Stande ist.
Nunja, und was ist Body of Evidence sonst? (Uli) Edel-Kitsch, wenn es darum geht aus deutscher Perspektive eine amerikanische Geschichte erzählen zu wollen - eben amerikanischer als Amerikaner zu sein. Dass hat Edel ja schon bei "Last Exit Brooklyn" versucht ... aber er wird Roland Emmerich nie einholen können, weil er dann doch wieder nicht dumm genug ist. Jedenfalls dringt aus der Story und vor allem aus der mese-en-scene genau jener Geist, der einen auch sofort die amerikanischen Schloendorffs erkennen lässt, weil da eben dann doch noch ein bissel Fassbinder-Amerika drinstekt: theatreske Übersteigerung des Genre-Begriff (hier nur eben ohne Ironie).
maX
#54
Geschrieben 03. September 2003, 07:52
Nun wollte ich heute ja eigentlich was Nettes über The Hills have Eyes schreiben, habe dann aber doch nur "Hügel der blutigen Augen" gesehen. Ich war schon ziemlich verwirrt nach dieser Geschichte von Außerirdischen, die in der Wüste gelandet sind, Menschen hassen & fressen und von den Streitkräften gejagt werden ... bis ich dann erfahren habe, dass es in der deutsch-synchronisierten Fassung um etwas ganz anderes als in Cravens The Hills have Eyes geht. Ich habe dann die Infos aus dem Netz (und von Dorkheimer) nachträglich auf den Film übertragen und komme zu dem Schluss: Vielleicht ist er ja doch nicht eines der dümmsten Machwerke der modernen Horrorfilmgeschichte ... aber dazu muss ich ihn wohl noch mal in der (im Wortsinne) Originalfassung sehen.
maX
#55
Geschrieben 06. September 2003, 08:37
Riten-Verschwörungs-Einerlei von Schlesinger, der sich dieses Mal auf eine recht wackelige Tour mit seiner Pseudo-Voodoo-Verschwörung begibt. Dem Film ist sein Entstehungsjahrzehnt (die 80er) in jeder Einstellung anzusehen. Alles ist irgendwie konventionell und ohne Ecken und Kanten. Das Drama ist für mich nicht so recht nachvollziehbar gewesen. Nach 45 Minuten bin ich dann snaft entschlafen und hab den Film am nächsten Tag zu Ende geguckt. Na ja, besser als einfach nur die Wand angucken war es dann aber doch.
maX
#56
Geschrieben 07. September 2003, 08:44
Zum wasweißichwieoften Mal die deutsche Synchro-Fassung von Meet the Feebles gesehen. Ganz im Gegenstz zu etlichen Behauptungen macht der Film auch Spaß, wenn man ihn nicht als Persiflage auf die Muppets-Show guckt. Jackson hat derartig viele gute Einfälle und schafft es so viele Handlungsstränge pointiert zusammenzuführen, dass sich der Erfolg, den er jetzt hat, schon fast zwangsläufig aus seinen frühen Filmen ablesen lassen.
Eightball hat's nicht geschafft!
maX
#57
Geschrieben 07. September 2003, 09:28
Der arne Arnold! Immer muss er der oberflächliche "I'll be back"-Held sein. Allein seine Präsenz macht keine Handlungsvariation möglich. Immer muss er gegen die böse Übermacht antreten ... und immer muss er gewinnen.
Das einzig Interessante an Eraser ist sein McGuffin - das ECM-Gewehr. Sobald das zum Einsatz kommt, vergisst man nämlich den Überhelden Arnold und gibt sich dem technoiden Was-wäre-wenn-Spiel hin. Aber das ist ja nur zwei mal ... und so ist Eraser leider stink-langweilig.
maX
#58
Geschrieben 10. September 2003, 08:20
Mit wieviel Feingefühl der Film beständig versucht, seine Behauptungen als authentische Begebenheiten zu unterstreichen und sich dennoch immer wieder durch seine Montage, seine Narration und nicht zuletzt seinen Pathos selbst als Simulation entlarvt, ist schon fast bewundernswert.
Dr. Francis B. Gross - der Name ist nicht nur Programm, sondern auch schon gleich ein Wink mit dem Zaunpfahl - reiht unterschiedliche pseudo-dokumentarische Sequenzen aneinander, die er als die verschiedenen "Gesichter des Todes" klassifiziert und ihnen damit narrative Legitimität verschafft. Alles ist vertreten: Morde, tötliche Unfälle, Suizide, Hinrichtungen aber auch: Tierquälereien, Schlachtszenen und schliussendlich sogar eine Geburt (von Gross als "Anfang vom Ende bzw. Ende vom Anfang" chiasmatisiert). Jede der Sequenzen beginnt mit einem Allgemeinplatz und endet mit einem Klischee. Besonders aufdringlich sind die moralischen Lehren, die der Doktor der Medizin aus seinen Begegnungen mit dem Tod (anderer) zieht: Der Mensch ist dumm, der Mensch ist grausam, der Mensch ist unwürdig. "Sollte ich eines Tages gezwungen werden, auf dem Land zu leben, ich würde Vegetarier werden" und später "Nachdem ich diese Bilder gesehen hatte, habe ich beschlossen, nie wieder ein Kleidungsstück aus Tierfell zu kaufen."
Doch was will "Faces of Death"? Soll uns tatsächlich ein schlechtes Gewissen eingeimpft werden? Sollen wir wirklich über unsere Existenz als die berühmte Heideggersche "Geworfenheit" als "Sein zum Tode" reflektieren? Oder geht es Regisseur Le Cilaire vielleicht darum, uns einzig und allein zu schockieren - mit Bildern, die Leichen und Tode zeigen - und damit eines der letzten (und ziemlich neuen) Abbild-Tabus brechen? Warum sucht der Horror in "Faces of Death" den Anschluss an die Wirklichkeit so dringlich?
Ich meine, es geht zuvorderst um den Diskurs über die Wirklichkeit. "Faces of Death" stellt nicht ohne Grund den Tod in das Zentrum seiner Berichterstattung. Einerseits ist es nämlich die Vergänglichkeit mit all ihren Facetten, die das für den Horrorfilm einzige und gleichzeitig letztmögliche Sujet sein kann - sich an den Tod im doppelten Wortsinne "objektiv" anzunähern ist das finale Streben des Horrors. Andererseits sind die brachialsten Bilder des (menschlichen oder tierischen) Körpers - der getötet, verstümmelt oder einfach nur als tote Masse ausgestellt wird - der absolute Bürge für das Authentische. Denn: nichts scheint so wahrhaftig, wie Schmerz und Tod. Über alles lässt sich philosophieren und philosophierend Skeptizismus verbreiten. Doch allein der Schmerz - das belegt Elaine Scarry in "The Body in Pain" - ist unleugbar, weil er keine Sprache zulässt (sich damit analytischen und logischen Kriterien entzeiht) und allein der Tod ist definitiv, weil er die Sprache zu ihrem Ende führt.
Dieses fatum brutum nutzt "Faces of Death" und darin ist schließlich auch der Grund für seine Phrasen und Klischees zu suchen. Die Begegnung Gross' mit dem Körper und dem Tod (es wird nie klar, ob es sich bei den Sequenzen um "gefundenes" oder um "gesuchtes" Footage handelt) verbunden mit dem Fasizinosum des authentischen Bildes davon und konfrontiert mit der ans Ende gelangten Sprache lassen die Mockumentary "Faces of Death" schlussendlich doch zum Dokumentarfilm werden: einer Dokumentation des unmöglichen Kunstobjektes. Denn das Genre "Mockumentary" ist ja keineswegs allein dem Schau-Effekt geschuldet - vielmehr ist es ein Bekenntnis, dass die sich fiktional gebende Filmkunst im Verlangen, das letztmögliche Auszuformulieren irgendwann notwendigerweise ins Symbolische und damit nicht mehr eindeutig Greifbare abrutschen muss. Dass "Back to Reality"-Prinzip des Mocks beendet diese Ästhetisierung, indem es sie in die Hyper-Ästhetik überführt. Die Suche nach dem wahren Bild ist also immer auch die Suche nach dem, was keine Worte beschreiben können. "Faces of Death" ist "Unterwegs zur Sprache" ... und kommt dort nie an: Das ist sein Horror.
maX
#59
Geschrieben 11. September 2003, 08:52
Berlin, Wohnhaussiedlung des sozialen Wohnungsbaus, 1974. Die Brüder Rolf (ca. 11 Jahre alt) und Jürgen (ca. 17 jahre alt) leben mehr als sechs Wochen lang mit dem verwesenden Leichnam ihrer Mutter unbehelligt von der sonst recht aufmerksamen Nachbarschaft in einer Wohnung. Rolf, von seinem Bruder oft tagelang allein gelassen mit der toten Mutter, hat Angst. Er hört Geräusche in der Wohnung und glaubt, dass die Mutter, die im Wohnzimmer auf dem Sofa liegt, wie sie von den beiden dort vorgefunden wurde, gar nicht tot ist, gar keinen Suizid begangen hat. Jürgen treibt sich mit seinen Freunden in Berlin herum, stiehlt, nimmt kleine Jobs an, um sich und seinen Bruder druchzubringen. Rolf geht nicht zur Schule, wäscht sich nicht, bettelt in nahe gelegenen Einkaufsläden um Essen und stiehlt Raumduft-Spray, um dem Verwesungsgestank etwas entgegenzusetzen.
Die Brüder wollen so lange wie möglich unbehellig "so weitermachen wie bisher". Niemandem etwas sagen - schon gar nicht der Polizei, denn keiner von beiden will zurück ins Heim. Dort sind sie gewesen als die Mutter vom Jugendamt zu einer Alkohol-Entziehungskur geschickt wurde. Jürgen ist (versehentlich) in einem Heim für kriminelle Jugendliche gelandet, wo er die falschen Kontakte geknüpft hat; Rolf hat sich im Kinderheim in sich selbst zurück gezogen, ist schnell Opfer eines gleichaltrigen Schutzgelderpressers geworden, der ihn schließlich sogar auf den Kinderstrich schicken wollte, um seinen Lohn einzutreiben.
Nach sechs Woche ist das Drama beendet. Der mittlerweile (durch die Bakterien in der Wohnung) schwer erkrankte Jürgen und Rolf werden von der Jugendfürsorge, der Polizei und der Freuerwehr aus der Wohnung geholt. Zwar hat es schon wochenlang im Treppenhaus "süßlich" nach Verwesung gerochen und das Licht im Wohnzimmer (in dem die Leiche der Mutter liegt) ist nie ausgegangen, doch die Nachbarn im Haus haben sich lieber rausgehalten.
Peter Beauvais erzählt die Geschichter der Brüder G. - nach einer Vorlage des Schriftstellers Daniel Christoff - so milieugetreu wie nur möglich. Ohne Wertung und ohne Ästhetisierung bleibt er dicht an seinen Figuren. Keine ausgeklügelten Verfahren, die Rückblenden der Biografien beider Jungs und der Mutter zu inszenieren, kein Soundtrack, kein narrativer Spannungsbogen finden sich im Film. Und dennoch ist "Sechs Wochen im Leben der Brüder G." so nüchtern, so beklemmend und horribel, wie ein Thriller - nein, wie ein Thriller es niemals sein könnte. Denn sein Erzählmodus ist der sozialen Wirklichkeit verpflichtet, die er schonungslos vorführt.
Beauvais und Christoff hatten es sich Anfang der siebziger Jahre zur Aufgabe gemacht, dass, was Haneke über 20 Jahre später als "emotionale Vergletscherung der Gesellschaft" bezeichnen sollte, ins Format des Fernsehspiels zu gießen. Ein Jahr nach den Brüdern G. inszenierten beide mit Stumme Zeugen ein Fernsehspiel um einen allein erziehenden Vater, der aus Hilflosigkeit und Ohnmacht seine kleine Tochter erstickt, weil diese nicht mehr aufhöhren will zu weinen. Die Nachbarn, die sich schon immer über das Gebrüll des Kindes echauffiert haben, genießen die trügerische Ruhe nun - auch wenn sie ahnen, dass etwas nicht stimmt. Hinterher - bei Befragungen der Polizei - haben sie es jedoch "immer schon gewusst". Der Film entlarvt sie als neugierige Zuschauer und letztlich Mittäter. Auch in "Sechs Wochen" ist der Zuschauer stets hin- und hergerissen zwischen Wut über die Gleichgültigkeit und die Vorurteile der Nachbarn, dem Entsetzen über den Umgang mit den Kindern in den Heimen und schließlich Beklemmung mit der fatalen Situation der beiden Brüder und ihrer toten Mutter. Beauvais hält den Spiegel vor, verdammt dabei jedoch weniger als dass er zu Aufmerksamkeit im doppelten Wortsinne aufruft.
"Sechs Wochen im Leben der Brüder G." steht für ein Hybrid-Genre zwischen journalistisch motiviertem Dokumentarspiel und fiktionaler Sozialtragödie. Wie nur selten sonst findet sich in diesem Hybrid neben dem ästhetischen Anspruch auch die moralische Funktion des Filmemachens, die sie für den Neuen Deutschen Film stets zentral war. Beauvais - der vor allem durch seine werksgetreuen Literaturadaptionen - weniger dem Oberhausener Manifest verschrieben war, lässt sich dennoch widerspruchsfrei zu jener Riege von Filmautoren aus Deutschland zählen, deren Habitus sozial-realistisch ist: Alexander Kluge, (dem frühen) Volker Schloendorff, Rosa von Praunheim oder Hark Bohm.
"Sechs Wochen im Leben der Brüder G." ist ein Zeugnis - nicht nur der siebziger Jahre, sondern vor allem der urbanen Kälte. Fassen lässt sich das, was der Film zeigt nicht. Man kann es nur zur Kenntnis nehmen und dafür danken, dass das Medium Fernsehen hier seine soziale und politische Verantworung erkennt und ausspielt.
maX
#60
Geschrieben 12. September 2003, 07:45
#61
Geschrieben 12. September 2003, 07:52
Ein bemerkenswerter Dokumentarfilm - nicht nur, weil er Bilder aus New York und von der Arbeit der Feuerwehrleute eingefangen hat, die sonst nirgends zu sehen sind. Der Film, der sich eigentlich dem Thema "Wie in 9 Monaten bei der Feuerwehr aus einem Jungen ein Mann wird", wird durch die aktuellen Ereignisse eingeholt. Äshtetisieren wirkt einzig die Montage und der nachträglich eingefügte Soundtrack.
Leider muss man sagen: Ein schlechter Film - ein schlechter Dokumetarfilm, weil er sich letztlich damit begnügt, die Wirklichkeit abzubilden und sein Pathos voll ausspielt. Die beden Filmen sind - zuminest ws die Aufnahmenr vor den Terroranschlägen betrifft - herlich untalentiert, beweisen dann aber Mut und echten journalistisches Feingefühl.
Trotz der vorgerückten Stunde hat der Film wach (und traurig) gehalten.
Mehr Infos: http://www.3sat.de/k...6969/index.html
maX
#62
Geschrieben 17. September 2003, 22:29
<p align=right>»Psycho Killer, Quest-ce Que Cest?«
(Talking Heads)
<p align=justify>31. Oktober 1978 - dieselbe (diegetische) Nacht wie drei Jahre zuvor in John Carpenters Halloween (1978): Michael Myers hat die sechs Schüsse, die Dr. Loomis auf ihn abgefeuert hat, nicht nur überlebt: Sie scheinen ihm nicht das Geringsten angetan zu haben. Denn immer noch schleicht er mit seinem blauen Overall, dem langen Messer und der William Shatner-Maske durch das nächtliche Haddonfield. Er ist auf der Suche nach einem Opfer - einem bestimmten ... seiner Schwester. Denn die Überlebende Laurie Strode aus Carpenters Halloween ist niemand geringere als Michaels Schwester und dieser ist aus der Psychiatrie ausgebrochen, allein um sie zu töten.
Halloween II ist kein eigenständiger Film. Das Debüt-Werk des Regisseurs Rick Rosenthal basiert auf seinem Prequel und schließt narrativ nahtlos an dieses an. Daher wirkt die Erzählung des Films auf eigenartige Weise schwebend und fast schon willkürlich: Figuren, Orte und Handlungen passieren das Geschehen mit einer Selbstverständlichkeit, als müsse man wissen, "worum es geht". Das Stalking-Prinzip scheint der einzige narrative Faden, der sich souverän fortspinnt. Das macht Halloween II als autonomen Spielfilm nur schwer goutierbar. Doch es eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, auf die Bilder und die subtileren Ästhetiken des Films aufmerksam zu werden.
Da wäre die Spur des Traums. Zusammen mit Laurie kommt es dem Zuschauer so vor, als sei das ganze Geschehen irreal - nur das Hirngespinst eines Schlafenden. Die Langsamkeit des Verfolgers und dennoch sein immer wieder plötzliches Aufrauchen an Orten, wo man ihn nicht erwartet, die Unfähigkeit seiner Jäger, die einem Phantom hinterher zu jagen scheinen (mehr als einmal wiederholt Loomis "Er ist kein Mensch!") und die mise-en-scene unterstützen diese Lesart. Der Film spielt des Nachts und die Szenen sind stets in Halbschatten und Schatten getaucht (inwieweit die Zensur hier noch weiter abgedunkelt hat, soll nicht interessieren). Das Bild ist durch die kurzen Brennweiten der Kamera ganz klar in zwei Schichten geteilt: ein scharf umrissener Vordergrund und ein verschwommener Hintergrund. Und gerade aus letzterem taucht Michael immer wieder auf. Während der Film und seine Optik das Vorn, das Hier und Jetzt fokussiert, arbeitet sich das Grauen/Michael aus dem Hintergrund (das in der Traum-Logik auch immer für das "Dort" und "Damals" stehen kann) langsam vor.
Der vulgär-psychoanalytische Interdiskurs, den der Film hiermit andeutet, findet allerdings auch Eingang in die Erzählung. Loomis selbst ist es, der eine horribel-phantastische Deutung der Morde (einen vermeintlich keltisch-mythischen Hintergrund) ablehnt und sagt: "Es ist das Unbewusste in uns selbst!" Er identifiziert damit den neuralgischen Punkt des modernen Horrors, der sein Grauen stets aus der Alltäglichkeit ableitet. Und alltäglich kommt es im Überall-und-Nirgendwo-Städtchen Haddonfield auch daher: Im blauen Overall, mit Allerwelts-Maske. Michael ist seit Halloween die Variable für das Grauen aus der Nachbarschaft, für die Alltäglichkeit des Ungeheuerlichen. Gerade dieses Moment des modernen Horrorfilms betont Halloween II noch deutlicher als sein Prequel, indem er nicht einmal mehr einen dramaturgischen Aufbau bemüht, um seine Morde zu rechtfertigen. Hieraus jedoch Selbstzweck oder gar Zynismus abzuleiten, wäre ein Trugschluss.
Denn Halloween II bleibt - wie gesagt - narrativ und damit auch intentional in der Schwebe. Er bezieht auf fast apathische Weise für keinen seiner Protagonisten Stellung, weder für "die Guten" noch für "den Bösen". Auf diese Weise führt er auch die Indifferenz dieser Kategorien vor: War im klassischen Horrorfilm (und sogar in Halloween von Carpenter) noch eindeutig ein Aufeinandertreffen von Gut und Böse auszumachen und hat sich sogar in der Ästhetik kondensiert, so beschreibt Halloween II fast dokumentarisch eine Ereigniskette ohne Motiv(ation) und ohne Ziel. Damit kennzeichnet er den Terror, der vom Serienmörder ausgeht wesentlich treffender als eine im Nachhinein alles rationalisierende und konkludente Handlung. Er spiegelt auf "realistische" Weise das wider, was eine Gesellschaft wohl angesichts der Konfrontation mit dem scheinbar willkürlichen Serienmord durchlebt: Angst. Angst auf einem "traumhaften" Niveau, denn die Statisten in Halloween II wissen zwar alle von den Morden, doch niemand rechnet damit, dass er selbst das nächste Opfer sein könnte. Und wenn er feststellt, dass er es doch sein wird, hilft ihm keine Flucht. Sein Vorsprung vor Michael kann noch so groß sein, er wird ihn trotzdem einholen, denn er ist die Verkörperte Metapher für das nicht erkennbare grundlose Böse, das weder Ort noch Zeit kennt.
maX
#63
Geschrieben 21. September 2003, 12:51
Als ich 1992 in New York war, habe ich mir unter anderem (Salzstreuer mit dem WTC drauf - auch dort gekauft) für 4,99 US$ eine Original-kassette von Phantasm gekauft. Jetzt, 11 Jahre später, habe ich endlich mal die Gelegenheit gefunden, mir das Tape anzuschauen.
Ich kannte den Film natürlich schon vorher in der deutschen Fassung, die ja - soweit ich weiß - nicht weniger "integral" (ungekürzt) ist als die OF.
Phantasm ist ein Film, der mich recht ratlos zurück gelassen hat: Das Werk steckt voller Ambition und man merkt geradezu an jeder Einstellung, dass Don Coscarelli unzählig viele Ideen für die Story und ihre Umsetzung parat hatte. Angefangen bei den sehr impressionistischen Farben des Films über die Projektionsspielchen der Bild-im-Bild-Inszenierung bis hin zu den surrealen Traumszenen, die verschiedene Figuren haben: Phantasm will Kunst sein.
Bei all diesem Manierismus lässt der Film seine Story jedoch eigenartiger Weise außer acht. Von inkonsequenten Handlungsentwicklungen (warum sperrt Jody Michael zum Schluss im Zimmer ein und fährt noch mal zurück zum Friedhof?) bis hin zu achtlos entwickelten Nebenfiguren (Was hat es mit der alten Hexe vom Anfang des Films auf sich?) ist Phantasm geradezu schlampig erzählt.
Werner Faulstich hat mit seiner Dawn of the Dead-Interpretation* einmal einen sehr fruchtbaren Anstatz zum Verständnis solcher Inkonsequenzen gegeben: Der Spielfilm als Traum. Faulstich schlägt vor, die Inkonsequenzen von Dawn als verschobene, verdichtete Traumbilder zu lesen und den gesamten Spielfilm damit einem anderen narratologischen Diskurs zu unterstellen. So gesehen könnte Phantasm, der sich zum Ende hin ja selbst als Traum-Narration ausgibt, schon ironische Intelligenz unterstellt werden. Nur müsste sich die Rahmenhandlung ja dann ebenfalls in das Traumkonzept einflechten lassen. Da muss ich mir noch mal meine Gedanken zu machen ... ansonsten hat es mich gestern Abend mal wieder gefreut, mal in New York gewesen zu sein.
maX
* Faulstich, Werner. "Der Spielfilm als Traum. Interpretationsbeispiel: George A. Romeros ZOMBIE." medien + erziehung, 29. Jg., H. 4, 195-209.
#64
Geschrieben 27. September 2003, 21:52
Ein bemerkenswert schlechtes Timing zeichnet GONY zu allererst aus. Während der Film die erste Stunde versucht, eine Erzählung um Rache und Schuld aufzubauen, verliert er jedes Gefühl für den Rhythmus. Nach etwa 100 Minuten, als die "historische Realität" das Gangster-Drama einzuholen beginnt, erkennt man erstmals die Handschrift Scorseses. Ohne Rücksicht auf seine Figuren lässt er die Realität über das Geschehen hinwegwalzen. Zwar erstaunen einige wirklich hölzerne Paralelmontagen (3 Gebete, 3 Armeen, ...), doch entlarven sowohl Kamera als auch Drehbuch den zuvor abgelaufenen schnöden Kostümschinken als Relikt eines Kinos von Gestern. Die Nierderschlagung des Aufstandes ist daher nicht nur dramaturgisch der Höhepunkt des Films.
DiCaprio schaut derweil 160 Minuten lang grimmig bis verbittert aus der Wäsche, schafft es aber trotzdem nicht, sich gegen sein Image zu emanzipieren. Cameron Diaz hat sich durch ihre Darbietung einen festen Platz in meinem "Herzen" (zwischen Julia Roberts und Kelly LeBrook) als nervigstes Breitmaul der Filmgeschichte eingespielt. Beeindruckend war hingegen Daniel-Day Lewis, bei dem man regelrecht spüren konnte, wie er in der Rolle des Butchers auf-, und mit ihm das alte System der Gangs untergegangen ist.
Detaillierte Kritik
maX
#65
Geschrieben 27. September 2003, 22:04
Wie kann eine Kultur nur so derartig verklemmt sein? Einfach nicht zu fassen, wie sich dieser Möchtegern-Haiku-Kalkmann über die Frau hermacht, holzklotzartig versucht, seine sexuellen Begierden an ihr zu zügeln, nur um sie dann (aus sexueller Frustration?) in Stücke zu schneiden. Vorher gibt er ihr noch ne Droge, die IHN glauben lässt, Gewalt mache geil. Na, und dass der Film sich zwar traut, Hände im close-up abzuschneiden, aber sittsam Brüste aus der Kadrage fernhält und jede Ahnung von Muschi mit Dünndarmschlaufen abhängt ... hätte ich gar nicht anders erwartet. Muss man eigentlich Angst vor einer Kultur haben, die solche Nazi-Streifen macht? Na, zum Glück gibt's auch bessere und unverklemmtere Filme aus Japan. Hätte ich eine Woche zuvor nicht Oshimas Im Reich der Sinne gesehen, müsste ich mich jetzt glatt mit nem neuen Vorurteil rumschlagen.

maX
#66
Geschrieben 04. Oktober 2003, 10:13
So hoch die Wellen, so mutig die Fischer, so unrasiert die Gesichter, so traurig-ängstlich die Weiber, so langweilig-spanned der Film - die ganze Zeit. "Die jungen Männer und das Meer", der teure, teure Schwertfisch, die Hybris gegen die Natur, die Hilflosigkeit der Helfer, alles schon gesehen, armer, armer Petersen, verdummst uns dort in Hollywood bei deinen unendlich-dummen Geschichten.
maX
#67
Geschrieben 07. Oktober 2003, 06:47
Jürgen Vogel, Nicolette Krebitz, André Eisermann ... Die Besetzungsliste von Durst liest sich wie die einer zeitgenössischen Großproduktion aus deutschen Landen. Und würde das Produktionsjahr 1993 nicht verraten, dass Durst lange vor dem unsäglichen Aufbäumen des deutschen Anal-Humors Ende der 90er Jahre gedreht wurde, hätte ich mir den Film auch bestimmt nicht angesehen.
Vor 10 Jahren, als ich Durst das erste sah und aufgenommen habe, ist er mir wie ein sehr starkes und intensives Todeszucken des Neuen Deutschen Films vorgekommen. Dieser Eindruck hat sich jetzt etwas - aber nur etwas - abgeschwächt. Deutlich merkt man die Ambitionen Martin Weinhards, etwas über den Konflikt der Generationen zu erzählen. Die Darsteller verfügen über eine Energie, die ihnen (bis auf Eisermann) in späteren Filmen völlig abgeheht. Vor allem Jürgen Vogel wird man wohl nach Durst nie wieder so authentisch und dramatisch spielen sehen.
Erzählt wird die Geschichte Arthurs, der die Schnauze voll von seiner Kleinstadt mit ihrer verlogenen Bürgerlichkeit hat. So reißt der 17-jährige immer wieder aus und kehrt doch immer wieder heim, wo den über-intelligenten Abiturienten nur Spott und Unverständnis erwarten. Einzig sein Freund Ernst (Eisermann) scheint ihn zu verstehen, wir jedoch von einer nur wenig kaschierten homosexuellen Liebe zu Arthur hingezogen. Als ein neuer Pfarrer - der in Aussehen und Gebaren nicht wenig an Bergmans XXX aus Fanny und Alexander erinnert - in den Ort kommt, beginnt eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung zwischen dessen jahrelang unterdrückter Tochter Sabine (Krebitz), Arthur und Ernst. Auch das Umfeld der Jugendliche bleibt von den Erschütterungen nicht unbeeinflusst bzw. verstärkt diese noch: Arthurs Mutter sorgt für Spott unter den Klassenkameraden, weil sie über Zeitungskleinanzeigen einen neuen Mann sucht, Ernsts Vater beginnt eine Liaison mit Sabine und der neue strafversetzte Deutschlehrer wird - weil er das literrische Potenzial in Arthur erkennt und stützt mit Unzuchtsvorwürfen konfrontiert. Uns so kollabiert die Situation im Städtchen schließlich, um sich zum Ende in eine Harmonie einzupendeln, mit der niemand gerechnet hat.
Durst hat beeindruckt. Vor allem, weil er es geschafft hat wirklich starke Figuren zu etablieren und seine sozialen Konflikte jenseits aller Stereotype ("typisch Kleinstadt", "typisch Jungedliche", "typisch Film", ...) zu inszenieren. Wer den Film mal irgendwo in die Finger bekommt, sollte ihn sich auf jeden Fall ansehen.
maX
#68
Geschrieben 07. Oktober 2003, 06:58
Ein absolutes Meisterwerk. Die "Komposition" von Bild und Musik, die Ausstattung der stilllebenhaften Bilder könnten brillianter nicht sein. Greenaway hat Gespür für's Oppulente ohne es übertreiben zu müssen. Und die Erzählung? Ein böses Märchen, dass für den Bösewicht leider viel zu früh und zu human endet.
Greenaway und sein Filmmusikkomponist sind hier auf ihrem absoluten Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit angelangt. Der Regissseur gibt nicht einfach "einen Soundtrack in Auftrag", den er über seine Bilder legt, sondern holt sich eine Komposition Nymans, nach deren Rhythmus er seinen Film schneidet. Damit wird "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" ein tänzerisch-leichtes und trotzdem nicht zu unterschätzendes Kunstwerk. Die Kameraarbeit unterstützt diesen Rhythmus, indem sie ihre sehr häufigen Paralelfahrten schreitend neben den Protagonisten zelebriert und jede Schwarzblende (häufig die Zwischenwand zwischen der Küche und dem Restaurant) nutzt, um die musikalischen Stimmungs- und Tempowechsel optisch zu unterstreichen.
maX
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