bekay sagte am 26. Oktober 2011, 13:26:
Ich teile die Ansicht nicht, dass es eine "künstlerische Urkraft" eines Werkes gibt. Alles, was der Mensch erschafft, lässt sich zum großen Teil auf davor Dagewesenes beziehen, ist Entwicklung und Variation von bereits Geschaffenen. Natürlich gibt es da mal größere oder kleinere Schritte, aber die mythische Heiligkeit des "Originals", die in vielen Remake-Diskussionen auftaucht, kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube, es braucht mehr als bloßes Handwerk, eine alte Geschichte mit neuen erzählerischen Mitteln zu schaffen. Oder zugespitzt: Meines Erachtens besteht künstlerische Leistung hauptsächlich darin, alte Geschichten neu zu erzählen, Aspekte und Gewichtungen unerwartet zu verschieben.
Im Grunde sehen wir manches schon recht ähnlich, nur verstehe ich unter "künslerischer Urkraft" nicht etwas so konventionelles wie ein Element, dass so noch nie dagewesen ist, weil das Unsinn ist, sondern dass bestimmte Elemente, die so schon eine Zillionen Mal verwendet worden sein können, in genau einem Moment (historisch) auf genau eine Weise (die zig Künstler hinter dem Werk) genau so zusammengefügt wurden, dass es genau auf den Punkt so funktionieren konnte, dass es die Zeiten überdauern konnte, dass es eine Vollendung erreichte, die es einzigartig macht. Einem der wenig wirklich erhellenden Remakes, nämlich Gus van Sants Psycho, verdanken wir die Erkenntnis, dass die filmischen Dinge mehr als die Summe ihrer Teile sind. Der Film selbst weist die gleichen Spannungskonstruktionen auf und kann auch als spannend erlebt werden (ich fand ihn spannend), aber er kann nie die originäre Kraft des Originals erreichen, weil das schon passiert ist.
bekay sagte am 26. Oktober 2011, 13:26:
Jacksons KING KONG z.B. geht ja sowieso eine vollkommen andere Richtung, in dem er den Affen vermenschlicht und nicht mehr als rein Fremdes oder eben auch Aggressiv-Männliches Prinzip darstellt. Und m.E. findet das Remake dabei auch wirklich äußerst passende Bilder für diese Beziehung zwischen Frau und Riesenaffe - ein unerwarteter, interessanter Aspekt, der im Orginal gar nicht existent war.
Die Vermenschlichung ist allein durch die Tricktechnik im Original gegeben. Die braucht man nicht in einem 3-Stunden-Film auszubuchstabieren. Das Jackson das macht zeigt, wie gut er das Original vertsanden hat und lässt einen stärker darin schwelgen. Einen grundsätzlich neuen Aspekt hat er damit nicht aufgeworfen. Gerade die Anthropomorphisierung durch O'Brien verhalf King Kong zu dem Erfolg, der er wurde.
bekay sagte am 26. Oktober 2011, 13:26:
Das Remakes grundsätzlich größere Variationsschritte oder neue Aspekte vermissen lassen, hat nichts mit dem Remake an sich zu tun, sondern dass ein größerer Wurf eben auch unter den "normalen Filmen" (welche sich zwar nicht als Remakes bezeichnen wollen, aber nichtsdestotrotz welche sind: ob von einem Film, verschiedenen Filmen, einer Gattung von Filmen - sprich ein Genre-Film etc.) selten ist. Aber es gibt eben auch sowas wie Zombies HALLOWEEN Remakes, welches ich beispielsweise äußerst lohnend finde.
Dein erster Satz leiste m.E. mehr der Komplexitätsreduktion Vorschub. Zombies Remake fand ich bei erster Sichtung toll. Bei zweiter Sichtung scheiße.
Carpenters Film, der auf expliziter wie impliziter Ebene alles aus dem Remake beinhaltet, gefällt mir auch noch bei der 65. Sichtung.
bekay sagte am 26. Oktober 2011, 13:26:
Schlusswort: Jeder Film ist ein Remake.
Bei Gott, nein. Jeder Film ist einzigartig. Er bedient sich lediglich bei vorherigen.