Seh-hee ist krankhaft eifersüchtig. Sobald ihr Freund Ji-woo eine andere Frau auch nur ansieht, wird sie von Verlustängsten überwältigt. Aus Angst ihn zu verlieren, entschließt sie sich zu einer drastischen Maßnahme: von einem Tag auf den anderen verschwindet sie aus seinem Leben, unterzieht sich einer kosmetischen Operation, die ihr Gesicht total verändert und nähert sich Ji-woo dann nach sechs Monaten, in denen die OP-Narben verheilt sind, unerkannt, um ihn neu zu erobern. Doch bald merkt sie, dass ihre Rechnung nicht aufgeht, denn Ji-woo kann seine alte Liebe einfach nicht vergessen.
Shi gan ist ein Film über Liebe und Verlust, vor allem aber auch ein Film über Identität. Er wirft die Frage auf, inwieweit sich die Identität eines Menschen ändert, wenn er sein Äußeres radikal verändert. Wobei es Seh-hee ja ausdrücklich nicht darum geht, schöner zu werden, sondern darum, ihrem Freund Abwechslung zu bieten, eben ein anderes Gesicht als dasjenige, das er seit Jahren kennt. Kim stellt auch die Frage, inwieweit eine durch plastische Chirurgie neu gestaltete "Persönlichkeit" in der Lage ist, das alte Ich zu verdrängen und vergessen zu machen. Genügt es, sich ein neues Gesicht und einen neuen Namen zu geben, in eine andere Wohnung zu ziehen, persönliche Gegenstände und alte Bilder zu vernichten, um ein neuer Mensch zu werden?
Kim geht hier aber noch einen Schritt weiter, indem er beginnt, Seh-hees Persönlichkeit vor der Operation von der nach der OP abzuspalten. Der von ihr erhoffte Effekt, nämlich dass Ji-woo die alte Seh-hee vergisst und sich in die neue Seh-hee verliebt, tritt nicht ein. Sie muss auf schmerzhafte Weise feststellen, dass die alte Seh-hee nicht tot ist bzw. von der neuen Seh-hee verdrängt wurde, sondern dass Ji-woo die alte Seh-hee immer noch liebt und sie (die neue Seh-hee) jederzeit für die alte verlassen würde. In der Folge entwickelt sie eine immer stärker werdende Eifersucht ihrem früheren Ich gegenüber, die in regelrechten Hass umschlägt. Sie beginnt, ihr altes Ich und ihr neues Ich als zwei getrennte Personen wahrzunehmen. Eine schöne Allegorie für ihre sich zunehmend verfestigende Persönlichkeitsstörung, die die Vernunft mehr und mehr verdrängt, ist auch der im Meer versinkende Skulpturenpark, der im Laufe des Films als zentrale Anlaufstelle fungiert und zudem für Seh-hees auseinanderdriftende Persönlichkeiten die letzte Gemeinsamkeit, die letzte Verankerung in der Realität ist. Am Ende ist nicht einmal klar, ob Ji-woo tatsächlich derjenige war, der vom Auto überfahren wurde, und als blutiger Matschklumpen vor ihr liegt. Letztlich spielt das auch keine Rolle, weil sie ihn ohnehin verloren hat.
Auf die Spitze treibt Kim das Ganze dann in der Schlusssequenz nach Seh-hees zweiter OP, als er in einer Zeitschleife ihre Persönlichkeiten komplett voneinander abtrennt und sie wie selbstständige Menschen behandelt. Dies gipfelt dann darin, dass Seh-hees erstes Ich mit ihrem dritten auf der Straße zusammenstößt und dabei das Bild fallen lässt, dass ihr zweites Ich zeigt. Und so endet der Film mit derselben Szene, mit der er begann.
Ein schlichtweg großartiges Werk, mit dem Kim an seine Glanzzeit vor dem schwachen Hwal anschließt und das zum Besten zählt, was er bisher gemacht hat.
Kim Ki-duk
Shi gan ist ein Film über Liebe und Verlust, vor allem aber auch ein Film über Identität. Er wirft die Frage auf, inwieweit sich die Identität eines Menschen ändert, wenn er sein Äußeres radikal verändert. Wobei es Seh-hee ja ausdrücklich nicht darum geht, schöner zu werden, sondern darum, ihrem Freund Abwechslung zu bieten, eben ein anderes Gesicht als dasjenige, das er seit Jahren kennt. Kim stellt auch die Frage, inwieweit eine durch plastische Chirurgie neu gestaltete "Persönlichkeit" in der Lage ist, das alte Ich zu verdrängen und vergessen zu machen. Genügt es, sich ein neues Gesicht und einen neuen Namen zu geben, in eine andere Wohnung zu ziehen, persönliche Gegenstände und alte Bilder zu vernichten, um ein neuer Mensch zu werden?
Kim geht hier aber noch einen Schritt weiter, indem er beginnt, Seh-hees Persönlichkeit vor der Operation von der nach der OP abzuspalten. Der von ihr erhoffte Effekt, nämlich dass Ji-woo die alte Seh-hee vergisst und sich in die neue Seh-hee verliebt, tritt nicht ein. Sie muss auf schmerzhafte Weise feststellen, dass die alte Seh-hee nicht tot ist bzw. von der neuen Seh-hee verdrängt wurde, sondern dass Ji-woo die alte Seh-hee immer noch liebt und sie (die neue Seh-hee) jederzeit für die alte verlassen würde. In der Folge entwickelt sie eine immer stärker werdende Eifersucht ihrem früheren Ich gegenüber, die in regelrechten Hass umschlägt. Sie beginnt, ihr altes Ich und ihr neues Ich als zwei getrennte Personen wahrzunehmen. Eine schöne Allegorie für ihre sich zunehmend verfestigende Persönlichkeitsstörung, die die Vernunft mehr und mehr verdrängt, ist auch der im Meer versinkende Skulpturenpark, der im Laufe des Films als zentrale Anlaufstelle fungiert und zudem für Seh-hees auseinanderdriftende Persönlichkeiten die letzte Gemeinsamkeit, die letzte Verankerung in der Realität ist. Am Ende ist nicht einmal klar, ob Ji-woo tatsächlich derjenige war, der vom Auto überfahren wurde, und als blutiger Matschklumpen vor ihr liegt. Letztlich spielt das auch keine Rolle, weil sie ihn ohnehin verloren hat.
Auf die Spitze treibt Kim das Ganze dann in der Schlusssequenz nach Seh-hees zweiter OP, als er in einer Zeitschleife ihre Persönlichkeiten komplett voneinander abtrennt und sie wie selbstständige Menschen behandelt. Dies gipfelt dann darin, dass Seh-hees erstes Ich mit ihrem dritten auf der Straße zusammenstößt und dabei das Bild fallen lässt, dass ihr zweites Ich zeigt. Und so endet der Film mit derselben Szene, mit der er begann.
Ein schlichtweg großartiges Werk, mit dem Kim an seine Glanzzeit vor dem schwachen Hwal anschließt und das zum Besten zählt, was er bisher gemacht hat.
Kim Ki-duk