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Mille Fleurs, Baby!

Filmtagebuch




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House of the Devil



Leidet, wie viele Filme des Genres, schwer darunter dass vieles bei nachträglicher Betrachtung wenig logisch wirkt. Zumindest irritiert es mich gerade, warum von Seiten der Antagonisten so kompliziert gehandelt wird, wenn ihr Plan am Ende doch auf K.O.-Tropfen hinausläuft - warum nicht gleich so?
Aber: Alles was vor dem leider ziemlich doofen, hektischen, aus dem Film fallenden Ende passiert ist schön gefilmt, gut geschrieben und toll gespielt (beispielsweise das Gespräch der beiden Mädchen auf dem Weg zum Haus - wann gab es zuletzt in Horrorfilmen eine so kleine, aber feine Szene mit sympathischen, glaubhaften Charakteren?).
Ich glaube bei der nächsten Sichtung springe ich nach der Ohnmacht der Heldin einfach zu der Szene im Krankenhaus und rede mir ein, der Film habe einfach sehr viel Mut zur Auslassung gehabt.

Horror



Zitat

Zumindest irritiert es mich gerade, warum von Seiten der Antagonisten so kompliziert gehandelt wird, wenn ihr Plan am Ende doch auf K.O.-Tropfen hinausläuft - warum nicht gleich so?

Vielleicht soll die gute Samantha ein paar Angsthormone mehr ausstoßen, damit der Teufelsrieman auch gut rutscht?! Nein, letzten Endes geht es glaube ich, wie eben sehr oft im Genrefilm, um den Weg, nicht um das Ziel.
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Der Weg mag das Ziel sein, doch wird der Weg am Ende seiner Daseinsberechtigung beraubt.

Ich bin auch kein Anhänger der Meinung, dass narrative Unzulänglichkeiten gerechtfertigt werden können mit dem Verweis auf Filmgeschichte und Genre-Konventionen. Da erschafft "House of the Devil" ein spannendes, atmosphärisch dichtes und nahezu meisterhaft inszeniertes Szenario einer Frau allein im Herrenhaus. Und am Ende erklärt der Film all das, was wir gesehen haben, für im Grunde überflüssig.

Nichtsdestotrotz war ich ziemlich begeistert von dem Film. Der erste Akt war ja schon absolut packend, weil da nicht nur die 80er Jahre toll rekonstruiert werden, sondern weil "House of the Devil" sich auch *anfühlt* wie ein Film aus den 80er Jahren. Das wurde toll gemacht. Und ich fand es auf unspektakuläre Weise brillant, dass der Film gekonnt die Gegebenheiten dieser Dekade für das Erzeugen von Grusel und Unbehagen nutzt (natürlich war es damals Angst-einflößend, wenn man in der Telefonzelle zurückgerufen wurde, denn schließlich gab es keine Rufnummer-Erkennung, weshalb es richtig scary ist, dass der Typ die Nummer der Telefonzelle hat, obwohl das Mädel sie ihm beim letzten Gespräch nicht genannt hat).

Und danach wird es immer besser und besser, steigert sich im zweiten Akt (Haus) noch mal ins Unermessliche. Und dann kommt das faule Ende...

Wenn den Machern nichts besseres einfällt, hätte der Film meinetwegen gerne einfach im Nichts enden können; ohne jegliche Auflösung und Erklärung.
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scarlett_fan123 sagte am 08. März 2010, 00:11:

Ich bin auch kein Anhänger der Meinung, dass narrative Unzulänglichkeiten gerechtfertigt werden können mit dem Verweis auf Filmgeschichte und Genre-Konventionen.
Vorsicht, Paradox! Was "narrativ zulänglich" ist, ist nicht etwa objektiv gegeben, sondern über Filmgeschichte und Genre-Konvention gesetzt... :wacko:
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Um Objektivität geht es mir nicht, sondern um Rezeption. Genauer gesagt um meine Rezeption:

Schau mal, um mich zu involvieren, sollte eine Geschichte in sich schlüssig sein. Denn nur dann kann ich als Zuschauer vollständig in einen Film eintauchen und das, was er zeigt, als "echt" wahrnehmen.

Schlecht und schlampig konzipierte Handlungen sind ein krasser Störfaktor, der mich in den meisten Fällen unsanft aus dem Kosmos eines Films katapultiert. Atmosphäre-Killer!

Und natürlich finde ich es unsäglich, dass Ti West am Ende seines Films nachträglich ad absurdum führt, was er vorher mühevoll an tollem und absolut packendem Grusel aufgebaut hat. Und ich denke nicht, dass er damit irgendwelche Intentionen verfolgt. Leider denken viele Filmemacher, dass der Zuschauer nichts hinterfragt und alles einfach schluckt.



bekay sagte am 08. March 2010, 12:54:

scarlett_fan123 sagte am 08. März 2010, 00:11:

Ich bin auch kein Anhänger der Meinung, dass narrative Unzulänglichkeiten gerechtfertigt werden können mit dem Verweis auf Filmgeschichte und Genre-Konventionen.
Vorsicht, Paradox! Was "narrativ zulänglich" ist, ist nicht etwa objektiv gegeben, sondern über Filmgeschichte und Genre-Konvention gesetzt... :wacko:

Nein, das zeigt einfach nur, dass viel rumgeschlampft wurde und wird und dass der Zuschauer viel Scheiße schluckt.
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Nee, das zeigt einfach nur, dass du Film als Medium zum Erzählen von (in sich schlüssigen) Geschichten wahrnimmst - und andere das eben anders sehen können. Wiederum könnte man natürlich sagen, dass man Hollywood an seinen eigenen Maßstäben messen sollte - und das ist eben das Erzählkino. Aber spätestens jenseits des Erzählkinos beginnen die Argumente pro Schlüssgkeit natürlich nicht mehr zu greifen. Und desweiteren: Ich bin eigentlich gar nicht da, ich hab keine Ahnung, um welchen Film es hier geht. :blush:
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bekay sagte am 08. March 2010, 15:55:

Nee, das zeigt einfach nur, dass du Film als Medium zum Erzählen von (in sich schlüssigen) Geschichten wahrnimmst

Nachdem sich meine Wut über Deine Einschätzung meiner Person gelegt hat, will ich natürlich sachlich und höflich antworten:

Ich nehme Film eher als emotionales Medium wahr. Im Idealfall schafft ein Film durch seine audiovisuelle Gestaltung Atmosphäre und löst in mir eine (wie auch immer geartete) Stimmung aus, zieht mich in seinen Kosmos und vermittelt mir dabei hoffentlich etwas Bereicherndes, indem er mein Augenmerk auf irgend einen Sachverhalt lenkt.

Und Werke wie "Demonlover" und "Inland Empire" zeigen, dass die Vermittlung von Themen eben nicht über eine schlüssige Geschichte passieren muss, sondern durch bloßes Sehen und Erleben.
Im Prinzip wären mir schlüssige Geschichten egal. Aber sehr viele Filme hängen nun mal stark von ihrer Erzählung ab.


Bei "House of the Devil" schrieb ich ja explizit, dass ich den Film schätze, weil er durch seine herausragende Inszenierung wirklich Spannung und ein Gefühl von Creepiness erzeugen kann, das mich völlig involviert. Also, auch "House of the Devil"; ist ein Film, der nicht von seiner Geschichte lebt.

ABER: Er will die Ereignisse am Ende aufklären und eine Auflösung präsentieren. Wenn man so etwas macht, sollte das aber bitteschön in sich schlüssig sein. Nicht des Selbstzwecks wegen, sondern weil sonst die Atmosphäre zerstört wird.

Im Prinzip erzählt "House of Devil" am Ende, dass die Hälfte dessen, was wir gesehen und erlebt haben, überflüssig war. Und das ärgert mich.

Ti West hätte den Film anstatt dessen einfach ins Ungewisse laufen lassen sollen. Oder (wenn er meint, dass der Zuschauer das braucht) ein solides und schlüssiges Finale liefern sollen. Er bringt aber eine schlampige Auflösung in der (nicht unberechtigten) Hoffnung, dass viele Zuschauer das nicht weiter hinterfragen und einfach schlucken.
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