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Cine-Phil schreibt Filmgeschichte

Ein historischer FIlmtageblog




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BLACKMAIL (ERPRESSUNG)



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BLACKMAIL
(ERPRESSUNG)
Großbritannien, 1929
British International Pictures
Regie: Alfred Hitchcock
Produktion: John Maxwell
Buch: Alfred Hitchcock, Benn W. Levy, Michael Powell, nach dem Theaterstück Blackmail von Charles Bennett
Kamera: Jack Cox
Schnitt: Emile de Ruelle
Musik: Hubert Bath
Darsteller: Anny Ondra (Alice White), Sara Allgood (Mrs. White), Charles Paton (Mr. White), John Longden (Detective Frank Webber), Donald Calthrop (Tracy), Cyril Ritchard (Mr. Crew), Hannah Jones (Landfrau), Harvey Braban (Chefinspektor; Tonfilmversion), Sergeant Bishop (Detective Sergeant), Johnny Ashby (Junge), Johnny Butt (Sergeant), Phyllis Konstam (tratschende Nachbarin), Sam Livesey (Chefinspektor; Stummfilmversion), Phyliss Monkman (Klatschtante), Percy Parsons (Gauner), Alfred Hitchcock (Mann in U-Bahn)
Erstaufführuung: 30. Juni 1929

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Filmszene


Inhalt: Trotz ihrer Beziehung mit dem Polizisten Frank (John Longden) geht Alice (Anny Ondra) mit dem charmanten Künstler Mr. Crew (Cyril Ritchard) in dessen Appartement. Dort wird der junge Mann plötzlich übermütlich, bedrängt Alice und versucht sie zu vergewaltigen. Im Affekt ersticht sie ihn. Ausgerechnet Frank leitet die Ermittlungen. Obwohl er einen erfolgreichen Abschluß dringend braucht, hält er das wichtigste Beweisstück zurück, um Alice zu schützen. Da taucht ein Unbekannter (Donald Calthrop) auf, der aus der Klemme, in der die beiden stecken, Kapital schlagen will.


In Hitchocks zehntem Film kommt für mich erstmals wirklich das Feeling auf, das die späteren Werke des Meisters verströmt. Die Szene, in der die verstörte Alice mit dem Messer in der Hand am Tatort steht, ist für mich der erste echte Hitchock-Moment in seiner Filmographie. Was dann folgt ist purer Hitch. Das Gewissen schlägt zu, visualisiert in diversen Formen, wie etwa ins Bild ragende Schatten, die als Gitterstäbe assoziiert werden können. Hitchcock treibt makabren Schabernack mit seiner „armen“ Protagonstin und hält die Spannung bis zum Ende aufrecht.

Zunächst begann Hitch BLACKMAIL als Stummfilm zu realisieren. Doch die Produzenten verlangten nach kurzer Zeit bereits nach einem Tonfilm. Man erlaubte Hitchcock einige Szenen zweimal zu drehen. So entstand neben der Tonfilmversion noch eine stumme Ausgabe für die noch nicht umgerüsteten Kinos. Während er dabei den Chefinspektor in der Stummversion spielenden Darsteller Sam Livesey in der Tonversion gegen Harvey Braban aus. Für seine Hauptdarstellerin AnnyOndra, die er nicht austauschen wollte/konnte, obwohl die Deutschstämmige kaum ein Wort Englisch sprach, fand er eine andere Lösung. Er ließ sie wortlos agieren, ihre Dialoge wurden dabei von Joan Barry eingesprochen, die sich außerhalb des Bildbereichs befand. Not macht erfinderisch und synchroniseren konnte man damals noch nicht. Alfred Hitchcock drehte mit BLACKMAIL den ersten britischen Tonfilm überhaupt. Ehre wem Ehre gebührt.

Obwohl Hitch den Film nicht so ganz drehen konnte, wie er es wollte (so hatte er andere Vorstellungen als seine Produzenten, wie etwa ein böseres Ende), zeigte er sich später weniger kritisch über ihn, als noch für seine vorangegangenen Stummfilme. Ironischerweise war die Stummfilmversion von BLACKMAIL die erfolgreichere, was aber wohl darauf zurückzuführen war, das noch die Mehrzahl der britischen Kinos auf Stumm setzte und sich Stummfilme aufgrund der Sprachbarrieren leichter exportieren ließen.

Zumindest war Hitchcock von den Schreibkünsten Charles Bennetts, dem Autor des Theaterstücks, das als Vorlage diente. Er verfasste für Hitch in der Folge einige der Drehbücher für die erfolgreichsten Filme aus Hitchcocks „britischer Phase“, darunter THE 39 STEPS, SECRET AGENT und THE MAN WHO KNEW TOO MUCH.

Hitchcock selbst hat hier seit EASY VIRTUE von 1928 erstmals wieder einen Kurzauftritt, hier wird er in der U-Bahn von einem Kind belästigt. Von hier an sollte sein Cameo obligatorisch und traditionell werden.




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