
Kann es den perfekten Film geben ? Diese Frage lässt sich natürlich nur eingeschränkt beantworten, letztlich auch weder konkret noch befriedigend. Aber wenn man sich mal rein subjektiv an dieses Thema heranwagt, und an die vielen Kriterien, die damit einhergehen, dann komme ich zu dem Schluss, dass es zumindest Filme geben muss, die perfekt funktionieren. Und unter diesem Gesichtspunkt scheinen die Filme Truffauts absolute Spitzenreiter auf dem Gebiet der Perfektion zu sein. Ich fange zwar erst an, mir diesen faszenierenden Regisseur zu erschließen, doch schon nach meiner ersten Sichtung habe ich begonnen, mich bis über beide Ohren in dessen Werk zu verlieben. Wer immer da behauptet, "Les Quatre Cents Coups" sei der einzig wahre Einstieg in die Materie, der hat "La Nuit Américaine" wohl noch nicht gesehen, oder zumindest nicht mit den Augen und Ohren eines Truffaut-Neulings. Die grenzenlose Liebe fürs Kino und die von ihm ausgehende Magie, die der einstige Kritiker und Hitchcock-Verehrer empfunden haben muss, kommt dort wunderbar unbeschwert und ohne pathetische Exkurse zum Ausdruck. Einen besseren Ausgangspunkt kann es gar nicht geben.
Aber hier geht es selbstverständlich nicht um "La Nuit Américaine", sondern um einen etwas späteren Film, "L'Homme Qui Amait Les Femmes". Dieser hat bei mir nicht minder cineastische Höhenflüge ausgelöst. Schon die Eröffnungssequenz mit dem Hitchcock-typischen Cameo hat es mir angetan. Und auch sonst weiß der Film auf ganzer Linie zu gefallen: Irgendwo verankert zwischen Komödie und Gesellschaftsportrait, gerät er niemals wirklich schwermütig, oder gar tragisch. Zumindest nicht vordergründig. Natürlich, man kann sie erkennen, die seelische Vereinsamung des Hauptprotagonisten. Unterschwellig herrscht sie vor, ruht während des gesamten Films auf Bertrands finsterem Gesicht. Doch auf der anderen Seite wird einem auch immer wieder suggeriert, dass sein Charakter einfach so beschaffen ist. Auf eine bestimmte Weise liebt er die Einsamkeit, genauso wie er all seine Liebschaften auf eine gewisse Weise liebt. Und dieser Aspekt macht den Film nicht nur tiefgründig, sondern auch leichter verdaulich.
Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Truffaut zwar mit Herzblut anspruchsvolle Filme gemacht hat, dabei aber stets mit seinen Gedanken beim Publikum war. Seine Filme sind künstlerisch, formell sowie inhaltlich ungemein versiert, darüber hinaus aber noch extrem unterhaltsam. Diese Feststellung mag vielleicht etwas voreilig getroffen worden sein. Aber mein Gefühl sagt mir, dass ich damit gar nicht mal so falsch liege. Und andernfalls: Dies war zwar erst mein zweiter Truffaut, doch ganz sicher nicht mein letzter...





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Ich habe es mir längst abgewöhnt, einen Roman seiner Verfilmung voranzustellen. In den meisten Fällen wird dieses Prinzip zwangsläufig zu enttäuschenden Resultaten führen. Diesbezüglich ist der Unterschied eines halbvollen Glases zu einem halbleeren nicht unerheblich. Richard Brooks´ Filmfassung von "Cat On A Hot Tin Roof" ist für sich genommen beispielsweise äußerst intelligent und lobenswert geraten. Für mich, als begeisterter Anhänger des originalen Bühnenstücks, wird der Sehgenuss durch die stark verdrehten Intentionen der Literaturvorlage jedoch immer etwas geschmälert. Dieses unangenehme Phänomen konnte ich bei "The Virgin Suicides" von vorneherein ausschließen. Das Buch kann jetzt genaugenommen nur noch besser werden. Schwer vorstellbar, denn der Film hat es bereits verstanden, mich bis ins Mark zu beeindrucken. Und dass, obwohl ich mit komplett anderen Vorstellungen an dieses Erstlingswerk herangegangen bin.
Ein netter Versuch, zu alten Tugenden zurückzukehren. Den Weg dorthin hat Rob Schmidt auch tatsächlich gefunden. Die bierernste Inszenierung, handfeste Splattereffekte, sowie die "TCM"- gerechte Kannibalensippe sprechen jedenfalls für diese Theorie. Aus "Wrong Turn" hätte einiges werden können. Sicherlich kein Film für die breite Masse, aber ein wahrer "Leckerbissen" für diverse Fangemeinden. Und obwohl Drehbuchschreiber Alan B. McElroy nicht gerade für Kreativität oder gar Tiefsinn bekannt ist, hat er doch zumindest bei "Halloween 4" ganz solide Arbeit geleistet. Was er sich allerdings hierbei gedacht hat, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Die Rahmenhandlung gehört schlicht ignoriert, da scham- wie einfallslos zusammengeklaut. An der kaum vorhandenen Spannung und der fast schon peinlichen Vorhersehbarkeit kommen selbst eingefleischte Gorehounds nicht mehr vorbei. Dafür ist die eingesetzte, im Nachhinein sogar recht spärlich gesäte Gewalt, einfach nicht selbstzweckhaft genug. Die Darsteller wirken entsprechend gelangweilt, wenn auch nicht spielfaul. Besonders positiv hervorzuheben ist der bekömmliche Sinn für Realismus, auf das Verhalten der diesmal nicht gänzlich unintelligenten "Opfer" bezogen. Im Groben handwerklich versiert, hat „Wrong Turn“ darüber hinaus praktisch nichts zu bieten, was ein wiederholtes Ansehen provozieren könnte. Damit bleibt es bei einem Versuch. Nicht mehr, aber (gemessen am hohen Bedarf) auch nicht weniger.

Diese neu gewonnene Liebe kam ganz unvermittelt, pirschte sich langsam aber stetig heran, ausgerechnet in Form der neuen Leistungskurs-Lektüre. "To Kill A Mockingbird" von Harper Lee. Eines dieser Bücher, die man "schon immer mal lesen wollte, jedoch bis zuletzt nicht dazu gekommen ist". Die traurige Tatsache, dass ein recht schickes Exemplar der deutschen Übersetzung bereits seit einem geschlagenen Jahr in meinem, ohnehin viel zu wenig beachteten Bücherregal vor sich hinmodert, entlarvt diese Behauptung gekonnt. Bin halt kein Büchermensch, auch wenn mich der Inhalt diverser Arbeiten brennend interessiert. So gesehen, kam mir der auferlegte "Zwang" einer Bearbeitung natürlich mehr als gelegen. Ich begann also zu lesen und war mir auch ziemlich schnell darüber im Klaren, dass ich es hier mit einem ganz besonderen Roman zu tun hatte. Was ihn von den meisten themenverwandten Werken abhebt, sind in erster Linie seine Aufrichtigkeit und die ungewohnt ausgeprägte Nähe zur Realität, mit der das fiktive Südstaatlernest Maycomb und seine kauzigen Einwohner zum Leben erweckt werden. Die Geschichte sowie die Handelnden, oftmals überspitzt gezeichneten Figuren wirken zu keiner Zeit künstlich oder gar unglaubwürdig. Dies ist vor allem auf die, höchstwahrscheinlich autobiographisch bedingte, Wahl der Erzählperspektive zurückzuführen. Die mittlerweile erwachsene Scout Finch passt sich ihren Erinnerungen konsequent an, was zur Folge hat, dass die Rahmenhandlung aus vielen kompakten, fast schon episodenhaften Ereignissen zusammengesetzt ist. Wir sehen praktisch durch die Augen eines Kindes, inhaltlich hin und wieder, doch nur höchst selten, durch gereifte "Erwachsenenlogik" relativiert. Genau diese Art der Narration ist für mich das schöne an der Buchvorlage: Die Reise in die Kindheit, das Wiederentdecken längst vergangener Lebensstationen und nicht zuletzt das wohlige Gefühl, das etwas aus dieser Zeit auf einen übergangen ist, einen fürs weitere Leben geprägt hat.
Die gewonnene Darstellerriege ist ausnahmslos als genial zu bezeichnen. Ich muss übrigens dazu sagen, dass ich schon während des Leseprozesses keine andere Wahl hatte, als mir den großartigen Gregory Peck in der Rolle des Atticus Finch vorzustellen. Sie ist ihm einfach auf den Leib geschneidert. Im Grunde ist dies auch der Charakter, mit dem er am ehesten identifiziert wird. Darauf kann (oder besser gesagt konnte) er meiner Meinung nach mehr als stolz sein. Besonders erstaunt haben mich die beiden Kinder, Mary Badham (Scout) und Phillip Alford (Jem). Sie spielen tausendmal schöner und natürlicher als irgendein Hochgezüchteter "Kinderstar" unserer heutigen Zeit dies jemals fertigbringen könnte. Wie schon im Buch, sind auch im Film die Szenen zwischen Atticus und Scout zu meinen liebsten Momenten geworden - wenn man mal vom Ende absieht. Die letzten 15 Minuten trieben mir dann tatsächlich noch die Tränen in die Augen. Robert Duvall hat mit seinem ersten großen Auftritt gleich eine Meisterleistung hingelegt. So kurz die Sequenzen seiner Präsenz auch sein mögen, ihm gehört jede Sekunde davon. Von Brock Peters (Tom Robinson) bis hin zu James Anderson (Robert Ewell) wurde auch der Rest der Figuren logisch wie tadellos besetzt.









