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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen - Filmforen.de - Seite 26

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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen


776 Antworten in diesem Thema

#751 Cjamango

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Geschrieben 12. Oktober 2009, 11:02

The Washingtonians (TV)

Daß die Macher der „Masters Of Horror“-Serie eher dem liberalen Zweig Hollywoods zuzurechnen sind, weiß man nicht erst seit Joe Dantes „unpatriotischer“ Zombie-Episode HOMECOMING. Der HOMECOMING der zweiten Staffel ist eindeutig THE WASHINGTONIANS, den der Wahlbrite Peter Medak (THE CHANGELING, THE KRAYS, ROMEO IS BLEEDING) nach einer Kurzgeschichte von Bentley Little inszenierte. Es geht um eine kleine Familie, die nach dem Tode der Großmutter deren Haus im ländlichen Virginia beziehen will. Die Eingeborenen erweisen sich als freundlich, aber verschroben. Der kleinen Tochter jagen sie eine Heidenangst ein. Haarig wird es, als die Familie auf dem Dachboden ein Ölgemälde von George Washington entdeckt, verbunden mit einer offensichtlich authentischen Handschrift, die den Landesvater als Kannibalen, schlimmer noch: als Fresser jungfräulicher Mädchen ausweist. In seiner Konsternierung wendet sich der Familienvater an die falschen Leute: Es gibt nämlich einen Geheimbund, der die fiaskösen Eßgewohnheiten Washingtons bis in die heutige Zeit hinübergerettet hat...

Ich habe viel gelacht bei dieser Episode! Die Idee, aus dem ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten einen Kannibalen zu machen, ist wirklich nicht schlecht, wenngleich sie hier natürlich in knalliger – zuweilen sehr blutiger – Form ausgeweidet wird. Der Schlußgag ist auch entsprechend infantil, aber wem HOMECOMING gefallen hat, sollte hier unbedingt wieder einschalten. Ansonsten gehöre ich zu den entschiedenen Gutfindern der Serie, auch wenn manche Episoden deutlich abfallen. (Vor allen Dingen die Argentos – schluchz...) In der Regel sind die Storyideen aber sehr brauchbar und sorgen für jeweils 55 unbeschwerte Minuten mit reichlich Tomatenketchup aus der Küche von Berger & Nicotero. Meine Favoriten der zwoten Staffel sind bislang Joe Dantes vergnüglich absurde Endzeit-Story THE SCREWFLY SOLUTION und die sehr morbide und ruhige Tinnitus-Geschichte SOUNDS LIKE von Brad SESSION 9 Anderson.
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#752 Cjamango

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Geschrieben 14. Oktober 2009, 01:41

Porn Horror Movie (DVD)

Dies ist der Film, in dem Menschen von Ron Jeremys Pimmel ermordet werden!

Ausgeliehen habe ich mir das Ding trotz seines idiotischen deutschen Titels aufgrund der Anwesenheit von Ron Jeremy und Veronica Hart. (Letztere habe ich für mein P-Buch interviewt.) Im Original heißt der Film ONE-EYED MONSTER, was natürlich ein Synonym für den elften Finger darstellt. Es geht um eine Gruppe von Jungfilmern, die in einer gebirgigen Region Kaliforniens einen Pornofilm drehen wollen. Als Glücksbringer sind die realexistierenden Ex-Pornostars Ron und Veronica dabei, die für die nötige Würze sorgen sollen. Als Ron sich in einer Drehpause absetzt, um vor der Hütte eine Stange Wasser wegzustellen, wird er von einer Art Sternschnuppe getroffen. Bei seiner schmerbäuchigen Sexszene mit Veronica benimmt er sich äußerst merkwürdig. Veronica überlebt die Rammelei nur knapp. Danach löst sich Rons 30-cm-Dödel vom Restkörper und nimmt ein gespenstisches Eigenleben auf. Die männlichen wie die weiblichen Crewmitglieder leben in ständiger Angst vor der ultimativen Penetration. Wer wird dem Wüten des Monsterpimmels standhalten?

Aus einer grundsätzlich kindischen Prämisse bastelt der Film - mirabile dictu! - eine ziemlich charmante, wenngleich zotige Reflexion über die Fährnisse des Pornogeschäfts. Ich habe den Film in der Originalfassung gesehen, was ich jedem empfehlen würde, der einigermaßen Englisch versteht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die ganzen Wortwitze in die Synchrofassung rübergerettet wurden. Teilweise habe ich geschrien vor Lachen, was vielleicht auch daran liegt, daß mir das Thema sehr am Herzen liegt. Die Freigabe ab 16 erklärt sich durch die weitgehende Abwesenheit von Blutrunst, wenngleich der Anzüglichkeitenfaktor eine aufgeschlossene Gesinnung erfordert. Als Gaststar schaut auch mal kurz Russ-Meyer-Veteran Charles Napier (Unterbiß!) vorbei, der einen Vietnamveteranen spielt, der eine herzzerreißende Episode erzählt, in der eine gesamte Soldatenmannschaft von einem entmenschten Gemächt zu Tode penetriert wurde, damals in Da Nang... Veronica Hart hat eine großartige Schlußszene, die ich nicht verraten möchte. Kein Wunder, daß "Universal" diesen Film übernommen hat - viel besser, als das Konzept erwarten ließe! Für Interessierte lohnen allein die Extras die Entleihgebühr, da Ron und Veronica ca. 35 Minuten lang über ihre Pornovergangenheit erzählen, launig, offen und hochunterhaltsam. Ich war begeistert!
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#753 Cjamango

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Geschrieben 14. Oktober 2009, 14:06

Der Fluch des ewigen Lebens (TV)

Was ist denn hier bitteschön wieder passiert?

In diesem formlosen Etwas von Film geht es um ein Pärchen, Gay und Trash (oder so), das seit 12.000 Jahren dazu verdammt ist, Menschen zu töten und zu verspeisen. Eine kurze Rückblende, die in abgelegten „Star Trek“-Kulissen gedreht worden zu sein scheint, zeigt eine alte Hexe mit Ganzkörper-Gummiglatze und einer lustigen Perücke auf dem Kopf. Sie erzählt hanebüchenen Mumpitz, der den titelgebenden Fluch näher erläutern soll, aber verstanden habe ich rein gar nichts. Die beiden Verfluchten müssen eben morden und morden. Eine Einblendung klärt uns darüber auf, daß wir uns auf einmal nur noch 16 Jahre in der Vergangenheit befinden. Der männliche Verfluchte trägt jetzt einen Anzug und ermordet einen angelnden Burschen, dem er den Leib aufreißt. Dann verspeist er lustig schmatzend das Herz des Knaben. Auch eine Teenagerin ereilt dasselbe Schicksal. Ohne jeden Zusammenhang erscheint eine noch sehr junge Linnea Quigley und duscht angenehmerweise sofort. Während sie ihren von kalifornischer Sonne gebräunten Zwergenkörper noch in das Handtuch wickelt, erscheint ein geheimnisvoller Fremder im Badezimmer und rollt unheildräuend mit den Augen: „Hallo, die Tür war auf!“ Er will zum Glück nur ein Zimmer mieten. Statt den Eindringling sofort rauszuschmeißen und mit der Polizei zu drohen, wie das jeder normale Mensch machen würde, vermietet sie ihm ein Zimmer. „Ich bleibe vielleicht mehrere Monate“, meint der Fremde. Klar, warum auch nicht? Sie will ihm dann unbedingt den Hausschlüssel geben, aber er hat keine Lust. Als er weg ist, stöbert sie in seinen Sachen herum, um rauszukriegen, was er wohl für einer ist. Auf einmal kommt er wieder nach Hause, sie: „Kreisch!“ Dann zieht sie sich ihre Kleidung aus, Schnitt, und auf einmal stehen sie vor dem Traualtar! Merkt Ihr was? Es ergibt alles überhaupt keinen Sinn! Möglicherweise fehlt in der deutschen TV-Fassung einiges, aber die (bemerkenswert garstigen) Kannibalenszenen sind alle noch drin... Schön aber, daß dem Werk eine ausgesprochene Vorzeigesynchro zuteil wurde. So unterhalten sich Linnea und ihr Paramour nachts im Bett über den Namen ihrer gemeinsamen Tochter, denn eine Tochter haben sie auf einmal auch! Der Mann scheint ihr den ungewöhnlichen Namen „Bundy“ gegeben zu haben. Klar, warum auch nicht? Sie fragt sich, wie er auf diesen Namen gekommen ist: „Hattest du mal eine Geliebte namens Bundy?“ – „Ja, aber sie hieß Bunny. Ich finde den Namen Bundy gut. Er erinnert mich an ein Band zwischen uns...“ Der Zuschauer achtet bei dieser Szene natürlich auf die nackten Titten von Linnea, die großherzig über das Bett verteilt sind, aber die dadaistischen Qualitäten des Dialoges dringen trotzdem ins Unterbewußtsein und treiben dort Wurzeln. Irgendwann wird noch Aldo Ray in die Vorgänge integriert, der seinen Gastauftritt in dem Hardcore-Porno SWEET SAVAGE gerade hinter sich hatte. Er spielt einen Schriftsteller, der sich mit der Geschichte des verfluchten Parks befaßt, sieht aber aus, als habe er in jeder Kaschemme Hollywoods seinen Kredit überzogen. Am Schluß setzt es ein Finale, das man sich so auch erst einmal trauen muß. Kurzum, ein filmisches Fiasko von einigen Gnaden, das aber durch seine schiere Inkompetenz neue Dimensionen der Wahrnehmung erschließt. Ich halte es für nicht ganz ausgeschlossen, daß sich eines Tages eine neue Religion um diesen Film ranken wird. Die wird dann möglicherweise auch erklären können, worum es in dem Film eigentlich geht.
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#754 Cjamango

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Geschrieben 15. Oktober 2009, 20:44

Trick 'R Treat (DVD)

Mehrere Episoden, in denen den Bewohnern einer amerikanischen Kleinstadt zu Halloween übel mitgespielt wird.

Gemessen an dem Wackelkamera-Schrott, der heutzutage als Horrorfilm durch die Kinos oder auf den Fernsehschirm gehievt wird, ist dieser kleine, von Bryan Singer produzierte Film ein kleines Juwelchen. Von Anfang an betont der Film seine Comic-Strip-Verflechtung, die sich nicht nur in gezeichneten Panels à la CREEPSHOW widerspiegelt, sondern auch in der Wahl der Kamerawinkel, der Szenenmontage, der Elfman-haften Musikwahl. Wir bekommen Dylan Baker (den pädophilen Psychologen aus HAPPINESS) als geisteskranken Schulrektor, Brian Cox als sinistren Säufernachbarn, drei notgeile Teenagerinnen, die sich als Märchenfiguren ausstaffieren, einen Bus mit behinderten Kindern, ein lustiges kleines Männlein, das an DAS WAISENHAUS erinnert. Die Episoden werden nicht linear abgehandelt, sondern sind recht geschickt miteinander verwoben. Wiederaufnahmen erfolgen an Stellen, an denen man sie überhaupt nicht erwartet hätte. Blutrunst wird nicht überstrapaziert, aber dafür gibt es zahlreiche morbide Einfälle. Das Budget des Filmes muß recht ordentlich gewesen sein, denn alles sieht ungewöhnlich proper aus. Die saubere Oberfläche ist aber gar nicht der größte Pluspunkt des Filmes, sondern seine verspielte Gesinnung. Er fordert sein Publikum zum Tanz auf, macht sich selbst einen Spaß daraus, und was unterm Strich dabei herauskommt, ist vielleicht kein Klassiker, aber ein angenehm altmodischer, schwarzhumoriger und rundum sympathischer Grusler. Empfohlen!
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#755 Cjamango

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Geschrieben 18. Oktober 2009, 12:46

The Midnight Meat Train (DVD)

Ein ambitionierter Fotograf stellt fest, daß er mit „riskanten“ Fotos bessere Resultate bei der Kunstschickeria erzielen kann und treibt sich deshalb nächtens in U-Bahn-Nähe herum. Dabei kommt er einem grimmigen Metzger auf die Spur, dessen Freizeitaktivitäten mit dem Verschwinden unzähliger Menschen verknüpft sind. Die Suche nach dem „perfekten“ Foto führt den Protagonisten schließlich auf Gleise, die direkt in die Hölle führen...

Ryûhei Kitamuras Version von Clive Barkers Kurzgeschichte (für mich eine der besten, die Barker je geschrieben hat!) bemüht sich um kunstvolle Stilisierung, bettet die zentralen Bilder der Vorlage in eine relativ artifizielle Geschichte ein, die eher der Logik des Alptraums folgt als jener der vorgefundenen Wirklichkeit. Das macht es einerseits schwer, ein Interesse für oder gar Identifikation mit den Protagonisten aufzubauen, aber es entspricht durchaus dem Grundton der Vorlage. Während mich diese überaus kontrastreiche Fotografie mit ihren Metallicfarben, die heutzutage jedem zweiten Film einen „besonderen“ Anstrich verleihen soll, normalerweise mörderisch nervt (Shutter-Wackelkamera, anyone?), ergibt diese Ästhetik hier einmal Sinn. Die Umwelt der Protagonisten erscheint ähnlich desolat und wertelos wie die Welt, die David Fincher in seinem SEVEN einst entwarf. Auch der Beruf der Hauptfigur paßt sich da nahtlos ein, da Fotograf Leon zu den Objekten seiner Tätigkeit ein höchstens nutznießerisches Interesse hat. So hält er – als er zufällig Zeuge eines Überfalls im U-Bahnhof wird – erst einmal mit seiner Knipse drauf, anstatt einzugreifen. Danach besinnt er sich eines Besseren. Es sind sinnfälligerweise genau diese Fotos, die das Wohlgefallen einer schrottigen Kunstschickimickifrau (Gastauftritt von Brooke Shields) erregen, die an Leons früheren Bildern den nicht vorhandenen Aufeinanderprall, den ausgebliebenen Eklat kritisiert hat. Der Eindruck einer Welt, in der die Beziehungen der Menschen völlig vom Nutzen des einen für den anderen definiert werden, entsteht zwangsläufig. In diese eher unerfreuliche Konzeption platzt die Mär vom U-Bahn-Schlachter (gespielt vom Ex-Fußballspieler Vinnie Jones), der mit eisiger Teilnahmslosigkeit seine Arbeit macht. So weit, so (erstaunlich) gut. Regisseur Kitamura hat formal seit seinem Debüt VERSUS (den ich überhaupt nicht mag) einiges dazugelernt. Leider popeider mangelt es ihm aber am nötigen Geschmack, um diesen Ansatz sinnvoll über die Zeit zu bringen. Er serviert am laufenden Meter pubertäres Splatter-Gekasper, zeigt einen herausschießenden Augapfel (schlecht computeranimiert), übernimmt für eine Einstellung die Perspektive eines abgetrennten Schädels etc. Das Hakeln nach „originellen“ Einstellungen, das einem semiprofessionellen Produkt wie THE EVIL DEAD noch gut ansteht, führt im Rahmen dieses depressiven (und deprimierenden) Filmes aber dazu, daß man rein gar nichts mehr ernstnehmen kann. In gewisser Weise sabotiert der Film sich damit selber, zumal der Eindruck entsteht, der Regisseur stünde den Protagonisten ähnlich exploitativ und desinteressiert gegenüber, wie dies beim Metzger der Fall ist. Es gibt einige vorzügliche Einfälle. Mir gefällt z.B. der Anfang, der einen Fahrgast zeigt, der in einem U-Bahn-Waggon erwacht, einige Schritte tut und dann auf einer Blutlache zu Fall kommt. Es wird sehr ausführlich gezeigt, wie er versucht, wieder auf die Beine zu kommen, dabei aber beständig ausrutscht. Dieses „Verrücktspielen“ des Körpers hat mich ein wenig an Tsukamotos tollen TETSUO erinnert. Der Schlußfight zweier Protagonisten findet statt in einem Waggon voller aufgehängter Menschenkörper, die wie Vieh von der Decke baumeln. In einigen Einstellungen wird kaltschnäuzig dokumentiert, wie die Kämpfenden die teilweise noch lebenden Menschen mit ihren Waffen treffen. Dieser scheinbare Zynismus unterstreicht auf wirkungsvolle Weise jene Tendenz, die der Film für mich hätte weiterverfolgen sollen, nämlich eben jenen der Ausbeutung und Entwertung des entpersönlichten menschlichen Körpers. Das wäre gerade im Rahmen eines Splatterfilmes recht interessant geworden. Doch immer wieder wird die frösteln machende Grundstimmung der einzelnen Szenen von formalen Kaspereien aufgebrochen, was mich irgendwann nur noch genervt hat. Ich mußte an die Verfilmung von AMERICAN PSYCHO denken, die die Bluträusche der (hervorragenden) Vorlage klugerweise ausgespart hatte, da der Regisseurin durchaus bewußt war, daß eine 1:1-Umsetzung dazu geführt hätte, daß man nicht von den Charakteren der Story angewidert gewesen wäre, sondern vom Film selbst. Literatur und Kino sind halt zwei sehr unterschiedliche Medien. Kitamura beweist leider nicht solche Einsicht und pendelt zwischen wohlfeilem Splatter-Zirkus und ernsthaftem Horror. Das Resultat ist dann weder Fisch noch Fleisch, demonstriert formales Geschick, aber auch eine Geschmacklosigkeit, die der Vorlage nicht gerecht wird. Zudem wurden – wenn ich mich recht entsinne – einige wichtige Zutaten der Vorlage ausgespart, die das Geschnetzel in einen kulturellen Rahmen stellten. Hier herrscht die Oberfläche. Die ist teilweise beeindruckend inszeniert, hinterläßt aber jenseits des Geschmatters nur Teilnahmslosigkeit. Irgendwie wäre es mir fast lieber gewesen, der Film wäre totaler Mist geworden...
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#756 Cjamango

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Geschrieben 26. Oktober 2009, 15:00

The Last House On The Left (2009) (DVD)

Ich glaube, irgendwo in mir lauern masochistische Anteile. Wie sonst läßt es sich erklären, daß ich mir tatsächlich das Remake zu Wes Cravens fröhlichem Familienfilm MONDO BRUTALE ansehe, einem der hundsgemeinen Klassiker des amerikanischen Independent-Horrorfilms der siebziger Jahre? Es war doch klar, daß das in die Hose geht, und der Umstand, daß Craven und Cunningham höchstselbst Hand angelegt haben bei der Entbeinung ihres Gesellenstücks, macht die Sache nicht angenehmer.

Erneut trifft eine gute Familie auf eine böse Familie. Die böse Familie um den entmenschten Krug Stiller raubt der guten Familie die Tochter. Mama Bär und Papa Bär revertieren daraufhin selber zur Unmenschlichkeit und machen Schluß im Quadrat. So weit, so Blut. Im Remake ist selbstverständlich alles auf Hochglanz gebürstet: Es gibt Hochglanz-Jungtalente, es gibt Hochglanz-Gemetzel, und sogar eine Hochglanz-Vergewaltigung, die sich über eklige drei Minuten hinzieht. War der alte Film noch eine nihilistische Übung in Hollywood-Subversion (das Aushebeln des traditionellen Familienbildes), gerät das neue HAUS zu einem stupiden Selbstjustiz-Nonsens, der sich im völlig vergurkten Finale endgültig das Armutszeugnis ausstellt. Was im Original noch wirklich schmuddelig und unangenehm wirkte, ist im Neudurchlauf nur noch Simulation, Pseudo-Devianz für angepaßte MTV-Jugendliche. Alles ist kalkuliert, exzellent fotografiert und für den Abschlußball aufgemoppelt. Da das Remake verschiedene kleine (aber maßgebliche) Veränderungen am Handlungsablauf vornimmt, fallen Unglaubwürdigkeiten mehr ins Gewicht. Die Verwandlung von Mama Collingwood zu einer mordenden „femme fatale“ etwa erscheint völlig unplausibel, wie auch Papas Richtungsschwenk vom gewidmeten Mediziner zu Chuck Norris´ jüngerem Bruder ziemlich in der Luft hängt. Im Original waren moralische Bedenken weitgehend ausgeklammert, da die Vorgänge anmuteten wie ein böser Zirkus. Im gelackten Ambiente des Remakes ist man sich der Manipulation stets bewußt, es passiert nichts, was man nicht erwarten würde. Ähnlich wie im Falle von THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE hat man die Gewaltschraube noch mächtig angedreht, was die Aktionen aber merkwürdigerweise nicht entsetzlicher wirken läßt, sondern in ihrer Banalität degoutanter. Ob da jemandem die Hand in den Abfallzerkleinerer geschoben wird oder einfach nur der Kopf zertrümmert – es erscheint alles nur wie ein Test, was man heutzutage zeigen kann und was nicht. Die Perversität der Bösewichte ist beispielsweise spürbar zurückgefahren worden. Sie wirken einfach wie belanglose White-Trash-Asis, die die Sau rauslassen. Ich mutmaße, daß Rob Zombie mit dem Material mehr hätte anfangen können, aber das hat er ja in gewisser Weise bereits mit dem deutlich besseren THE DEVIL'S REJECTS vorexerziert. MONDO BRUTALE war ein beherzt unmoralischer Späthippie-Ausflug in die griechische Tragödie. Das neue LAST HOUSE ON THE LEFT serviert unappetitliche Gewalthappen als aufpolierte Selbstjustiznummer, die nichts, aber auch gar nichts zurückläßt. Nach MONDO BRUTALE will man am liebsten ein langes Bad nehmen. Nach dem Remake reicht das höchstens noch für eine Katzenwäsche. Ein Haufen Bullshit.

P.S.: Das Remake von MY BLOODY VALENTINE fand ich übrigens durchaus kuckbar. Bei Fun-Splatter kann man auch nicht so viel verkehrt machen.

P.P.S.: Wenn man den Hund mit dem lustigen Partyhütchen mal so richtig durch den brennenden Reifen springen lassen will, kann man ja den Herrn Bay ein Remake von I SPIT ON YOUR GRAVE produzieren lassen. Yo-ho-ho!

Bearbeitet von Cjamango, 26. Oktober 2009, 15:13.

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Geschrieben 26. Oktober 2009, 17:37

It's Alive! (2009) (DVD)

Okay, okay, also, LAST HOUSE war wenigstens noch ganz ordentlich gemacht und sauber produziert...

Die Prämisse von Larry Cohens IT'S ALIVE (menschenfressendes Baby metzelt sich quer durch L.A.) legte die Absurditätslatte einst ziemlich hoch, doch der Film schaffte es irgendwie, auf Grundlage eines schlauen Drehbuches und zweier hervorragender Hauptdarsteller, die Geschichte sauber über die Rampe zu tragen. Beim Remake hingegen hat der Arsch Kirmes, wie man hier in der Region gerne sagt.

Johoho, was macht der Film alles falsch? Der zentrale Fehler liegt in seiner Unentschlossenheit, ob er nun ein menschliches Drama erzählen oder die Trash-Horror-Route bereisen will. Der Beginn legt ersteres nahe, doch wird der Hintergrund der beiden Elternteile viel zu wenig beleuchtet, als daß man sich auch nur im mindesten für sie interessieren könnte. Statt der nicht mehr ganz jungen Sharon Farrell im Original bekommt man hier Bijou Phillips mit Quietschestimme, deren mütterliche Ausstrahlung nur wenig über der einer beliebigen Infotainmentmuschi aus dem Fernsehen liegt. Nahm man Frau Farrell die Entwicklung zur hysterischen Pro-Life-Aktivistin noch ab, so wirkt Frau Philipps lediglich wie ein geisteskranker Bimbo. Hatte Cohens Film noch einen recht interessanten Subtext über den Schutz behinderter Kinder und die Schwierigkeiten von deren Eltern, sich auf die Komplikationen einzulassen, so bleibt es hier rätselhaft, warum sich Mama Bär immer noch an ihrer Mutterrolle festklammert, obwohl sie Baby bereits in menschlichen Eingeweiden hat planschen sehen. Spätestens ab jener Szene, in der man einen schlecht computeranimierten Babyarm aus dem aufgerissenen Mund eines Opfers herausgreifen sieht, ist dann der Drops gelutscht – Trash-Time! Leider aber nimmt der Film sich weiterhin viel zu ernst und offenbart einen Treuglauben an die Qualitäten des Drehbuchs, den man normalerweise dem Weihnachtsmann zubilligt. IT'S ALIVE macht alles, alles falsch. Bei der tragischen Mülleimer-Szene am Schluß habe ich nur noch gejohlt. Ach ja, und statt der tollen Filmmusik von Bernard Herrmann hat man hier auch nur ein abgedroschen wirkendes Spieluhr-Thema, das spätestens nach der fünfzehnten Durchführung nervt. Wer hat den Film produziert? Boaz Davidson, Moshe Diamant und Avi Lerner – juchhu, „Nu Image“ ist wieder da... Murks, Murkseldi-Murks!
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Geschrieben 04. November 2009, 14:56

Scarce (DVD)

Drei College-Torfnasen haben in einem Skigebiet in Colorado eine schöne Zeit mit Wein, Weib und Gesang. Auf der Rückfahrt bauen sie einen Unfall und bleiben im Schnee stecken. Einer von ihnen ist schwer verletzt. Sie suchen Zuflucht in einem nahegelegenen Haus, aber das hätten sie besser bleiben lassen sollen, jo-ho-ho...

Allmählich habe ich die Nase voll. Vielleicht steige ich demnächst um auf Kinderfilme oder belasse es bei den Klassikern des Horrorkinos. SCARCE ist ein kanadischer Independent-Horrorfilm, und für das, was er beabsichtigt, ist er auch gar nicht schlecht gemacht. Das Problem aber, das ich zunehmend bei dieser Art von Kino habe, hat mit der Schwemme an ähnlich gelagerten Produkten zu tun, die eine simple Grundsituation zu einer vorhersehbaren Übung in Survival-Horror werden lassen. Verglichen mit dem gerade vor ein paar Tagen gesichteten THE HILLS RUN RED, der seine Metzgerei mit einigen neunmalklugen Mätzchen anreicherte, versieht SCARCE sein Tagewerk wenigstens geradlinig und ohne Prätention. Daß ihn das sympathischer erscheinen ließe, kann ich aber nicht behaupten. Erst gestern habe ich Jack Ketchums Debütroman „Off Season“ – der sich ebenfalls mit Kannibalismus befaßt – beendet. (Das erste Buch, das bei mir jemals zu Einschlafproblemen geführt hat!) Was aber bei Ketchum funktioniert, da man die handelnden Figuren in- und auswendig (im wahrsten Sinne des Wortes!) kennenlernt und so eine Beziehung zu ihnen aufbauen kann, führt in einem Film wie SCARCE lediglich dazu, daß einige Dummspacken von Geisteskranken durch den Wald gehetzt werden, was trotz allen Jedönses ziemlich kalt läßt. Da ist es dann auch relativ wurscht, daß der Hauptdarsteller (=der Chefschurke) recht gut spielt. Das Ergebnis ist nur eine typische Backwoods-Hatz, in das die beiden Jungregisseure noch widerwärtiges Gefolter eingebaut haben, das in der deutschen Fassung zumindest teilweise durch Abwesenheit glänzt. (Es fehlen ca. 4 Minuten, die ich, glaube ich, auch nicht sehen muß.) Früher war es so, daß, wenn mal ein Film wie TCM oder LAST HOUSE ON THE LEFT voll durchzog und keine Gefangenen machte, wirklich ein schockierendes Erlebnis dabei heraussprang. Heutzutage treten diese „gross out“-Schocker dermaßen inflationär auf, daß es fast Usus wird, vom Film angewidert zu sein und nicht von dem, was seine Charaktere treiben. Jack Ketchum gefiel sich in seinem Debütroman als Spielverderber, der Horrorkonventionen in den Po tritt und ihnen herben Realismus entgegensetzte. Filme wie SCARCE hingegen dilettieren mit Material, das den Regelverstoß nur noch vortäuscht. Die deutsche Fassung besitzt im übrigen eine lausige Synchronisation, die mich bereits nach zwei oder drei Minuten auf die originale Tonspur hat ausweichen lassen.

Bearbeitet von Cjamango, 04. November 2009, 14:59.

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Geschrieben 05. November 2009, 15:19

Last Days (DVD)

Wie macht man einen Film über eine Legende, die sich selbst den Stecker rausgezogen hat?

Vor LAST DAYS hatte ich etwas Bammel, weil ich befürchtete, er würde uns erklären, warum Kurt Cobain sich das verdammte Gehirn rausgeblasen hat. Cobain gehörte zu den wenigen veritablen Musikidolen meiner Jugend, und während ich selbst immer etwas distanziert vor seiner Legende stand, gibt es nicht wenige in meinem Bekanntenkreis, deren Augen einen umflorten Charakter annehmen, wenn der Name dieses Mannes fällt. In gewisser Weise ist es die scheinbare Sinnlosigkeit seines Ablebens, die für mich immer einen Schlußpunkt gesetzt hat unter das, was ein paar Jahre lang als „Generation X“ durch die Kulturszene geisterte. Es paßte einfach, wie sehr ich dem Mann ein Weiterleben auch gewünscht hätte. LAST DAYS schildert die letzten Tage des Rockmusikers Blake, der aus der Reha abgehauen und mit Freunden in seinem Landhaus untergekrochen ist. Hier wandert er drömelig durch die Gegend, redet mit sich selbst, hat diverse Begegnungen – manche absurd komisch, manche nervig –, und es endet, wie es dann enden muß. Der Abspann stellt klar, daß der Film zwar inspiriert ist vom Ende Cobains, aber trotzdem Fiktion darstelle. Hatte Gus Van Sant für MILK das Format eines klaren Erzählfilmes gewählt, was der klar definierbaren historischen Funktion der Hauptfigur auch entsprach, so befaßt er sich in LAST DAYS primär mit Gefühlen, setzt optische und akustische Signale, erklärt dem Zuschauer nichts. Er fahndet nicht nach leichten Lösungen, was im Zusammenhang mit Cobain sicherlich ein weiser Entschluß war. Der Rockmusiker Blake/Cobain wirkt wie jemand, der völlig dissoziiert ist, auf sich selbst zurückgeworfen ist. Er nimmt von seiner Umgebung – die sehr idyllisch ist – kaum noch etwas wahr, da der große graue Wonnebatzen in seinem Schädel unverläßlich geworden ist. Sein Alltag wird bestimmt von den biochemischen Reaktionen, die in seinem Kopf ablaufen, sowie von Makkaroni mit Käse. Die Menschen um ihn herum sind bloße Schatten, unwichtig und unreal. Nur dann und wann findet er sich selbst für einen Moment wieder, speziell in einer todtraurigen Szene, in der er erst von einem Kumpel zugesülzt wird, dann, nach dessen Abgang, in ein Lied hineinfindet, auf dem die Kamera dann auch 3 Minuten lang aushält. Etwas vorher gibt es bereits eine andere Musikszene, in der man Blake in seinem Aufnahmeraum sieht. Die Kamera schaut durch das Fenster, fährt dann, wenn er mit dem Spielen anfängt, langsam zurück, läßt ihn allein in dem Haus dahinten. Der Rockstar ist mit sich allein, sein Publikum schaut wie ein Voyeur durch das Fenster und denkt, was immer es denken mag. LAST DAYS wurde koproduziert von HBO, ist aber nicht als Fernsehfilm vermerkt. Tatsächlich spielt der Film in der Liga meines persönlichen Lieblingsfilmes von Van Sant, ELEPHANT, und ist ganz große Klasse.
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Geschrieben 09. November 2009, 18:04

Delicto (DVD)

In Spanien gab es zur Regierungszeit von Generalissimo Franco eine wochenschauähnliche Erscheinung namens „No-Do“ (=“Noticiarios y Documentales“), mit der der Bevölkerung eine Version der Wirklichkeit dargereicht wurde, die man in höheren Kreisen als wünschenswert empfand, nicht selten mit dem Beigeschmack staatstragender Propaganda. Elio Quirogas Film DELICTO (sp: NO-DO) erzählt von einem Dokumentarprojekt, bei dem No-Do-Filmemacher einem populären Fall von Wunderglauben nachspüren sollen. Schulkinder an einer katholischen Schule behaupten, die Jungfrau Maria gesehen zu haben. Die Sache geht aber auf furchtbare Weise daneben. Die Öffentlichkeit erreicht nur eine gereinigte Fassung des Filmmaterials. Über alles fällt der Mantel der Vergessenheit. Jahrzehnte danach zieht eine junge Familie in das Haus ein, das früher die Schule beherbergte. Francesca ist Ärztin und hat einige Jahre zuvor bereits ein Kind verloren. Mit ihrem frisch geborenen Sohn soll nun alles prima laufen. Dabei verfährt sie übervorsichtig, was Ehemann Pedro sehr bald nervt. Auch die bereits vorhandene kleine Tochter findet das Verhalten ihrer Mama eigenartig. Es gibt mysteriöse Vorkommnisse im Haus, die von merkwürdigen Geräuschen bis zu handfesten Erscheinungen reichen. Auch eine verwirrte alte Frau läuft immer in der Gegend herum. Die Dinge werden klarer, als sich ein jesuitischer Psychologe einschaltet, der viel über die Geschichte des alten Hauses zu berichten weiß...

Der junge Regisseur Elio Quiroga hatte auf Festivals einen ordentlichen Erfolg mit den eigenwilligen SF-Film THE COLD HOUR. Sein neuer Film greift das Genre der klassischen Geistergeschichte auf, angereichert mit etwas katholischem Verschwörungstamtam, wie man es aus Sachen wie dem DA VINCI KOMPOTT kennt. Dabei beißt er gewissermaßen nicht die Hand, die ihn nährt. Man merkt, daß der Regisseur seiner katholischen Heimat verpflichtet ist, denn viele Handlungselemente, die für Nicht-Katholen schwer zu schlucken sind, werden mit großem Selbstbewußtsein präsentiert. NO-DO hätte ein völliger Kracher werden können. Daß er es nicht geworden ist, liegt an der zu sehr auf äußerliche Effekte hin angelegten Herangehensweise, die an unklugen Momenten auf Schockeffekte (CGI-Geister oder ähnliches) vertraut. Auch ist die Handlungsführung gelegentlich selbstzweckhaft wirr geraten. Trotzdem hat mir der überdurchschnittlich gut fotografierte Film gefallen, zumal er eine originelle und wirklich faszinierende Geschichte zu bieten hat. Man versteht durchaus die Angst der jungen Mutter, ihrem Kind könne etwas ähnliches zustoßen wie einst dem Stammhalter. In dieser Hinsicht wartet der Film mit einer gelungenen Überraschung auf. Am beeindruckendsten ist sicherlich die Handlungslinie mit dem vermaledeiten Filmmaterial, die echten Aufnahmen, die damals vom Vatikan unter Verschluß genommen wurden. NO-DO baut die Neugier des Zuschauers, diesen „bösen“ Film auch mal sehen zu können, geschickt auf, und wenn es dann endlich stattfindet, so ist er hinreichend furchterregend, um die Erwartungen einlösen zu können. Trotz einiger enttäuschender Stellen gibt es ziemlich unheimliche Passagen, und während sich der Film der Tendenz des neuen spanischen Horrorkinos anpaßt, niemals lupenreine Klassiker zu servieren, nur leicht überdurchschnittliche Genrebeiträge, so steht er immer noch meilenweit über dem Schamott, der diesbezüglich in anderen Ländern produziert wird. Ich habe kurz darauf etwa DER FLUCH DER ZWEI SCHWESTERN eingelegt, Hollywoods Versuch, den koreanischen A TALE OF TWO SISTERS zu anglizieren, und habe nach etwa 30 Minuten abgebrochen – eine banale Seifenopern-Familienstory, in der die horriblen Elemente mehr wohlfeil eingestreut sind. Vielleicht gebe ich ihm später noch mal eine Chance. NO-DO brauchte diese zweite Chance nicht, sondern hat mir auch schon beim ersten Versuch recht gut gefallen. Mit einer ruhigeren, weniger effektbetonten Herangehensweise und einer klareren Handlungsführung hätte das ein richtig übler Schocker werden können. Auch so aber ist er schon nicht schlecht.
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#761 Cjamango

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Geschrieben 13. November 2009, 02:47

The Children (2008) (DVD)

Für Ursel:

Zwei Schwestern treffen sich mit ihren Familien in einem einsamen Landhaus in verschneiter, abgelegener Umgebung. Obwohl leichtere atmosphärische Eintrübungen vorliegen, verspricht es, ein fröhliches Wochenende zu werden. Erste Anzeichen für Zores gibt es, als die kleinen Kinder der beiden Familien merkwürdige Krankheitssymptome entwickeln. Daß es sich um etwas Gravierenderes als die alljährliche Rüsselseuche handelt, wird auch bald klar, als die Kleinen eine ausgesprochen liebevolle Beziehung zu potentiellen Mordwerkzeugen entwickeln...

Wer Narciso Ibanez Serradors EIN KIND ZU TÖTEN gesehen hat, weiß in etwa, was ihn hier erwartet. Mir war im Vorfeld bereits sehr wohlwollend von dem Film berichtet worden. Tatsächlich handelt es sich auf jeden Fall um einen der besten britischen Horrorfilme jüngeren Datums, die mir bekannt sind. Zuerst einmal besitzt er glaubhafte Figuren, die – abgesehen vom pubertierenden Gothic-Töchterlein – sogar richtig erwachsen sind, keine dummschwätzenden Teenager. Die beiden Mütter sind durchaus sympathisch, der eine Vater ist ein Beau vom Lande, der andere ein Spätyuppie-Wichtigtuer, der allen Leuten mit seinen tollen Projekten auf die Nerven geht. Der Umgang mit den Kindern bewegt sich auf den Bahnen dessen, was ich bei Eltern im Bekanntenkreis mitbekommen habe. Bei fortschreitender Laufzeit bleibt der Bettelheim allerdings im Schrank: THE CHILDREN ist ein wirklicher Schocker, der zwar relativ wenige blutige Effekte bemüht, dafür aber nachhaltig verstört. Die Kinder sind ausgesprochen gut ausgewählt und bewegen sich im Alter zwischen etwa 5 und 8 Jahren. Sollten also keine Gefahr darstellen für ausgewachsene Menschen. Denkt man. In Filmen dieser Art achte ich immer etwas ängstlich darauf, ob mit den Kinderdarstellern gut umgegangen worden ist. Die meisten Szenen verlangen ihnen wenig mehr als launiges Gerangel mit den erwachsenen Schauspielern ab, doch ist alles so geschickt montiert, daß die kleinen Racker sehr, sehr bedrohlich wirken. War es nicht Ringelnatz, der Kindern mal geraten hat, sie sollen sich mehr zutrauen – schon fünf von ihnen könnten eine alte Oma verprügeln? Nun, die alte Oma wäre hier sehr froh darüber, nur verprügelt zu werden! Man mag durchaus geteilter Meinung darüber sein, ob man solch ein Thema überhaupt verarbeiten sollte („Ein Film für Kinderhasser“ und so fort), doch Horrorfilme arbeiten eben immer mit Universalängsten, mit der bösen Ahnung, das Glück könne nur ein trügerisches sein. THE CHILDREN geht in dieser Hinsicht richtig in die Vollen und serviert einen Alptraum, der manchen etwas zu weit gehen dürfte. Jungen Eltern würde ich auf jeden Fall vom Betrachten des Filmes abraten, und zwar mit Nachdruck. Wer aber einen intelligent gestalteten, sorgfältig aufgebauten und das Blut in den Adern gefrieren lassenden Horrorfilm sehen möchte, ist hier genau richtig! Sind so kleine Hände...
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#762 Cjamango

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Geschrieben 13. November 2009, 18:50

Dead Snow (DVD)

DEAD SNOW handelt von, richtig, ein paar jungen Leuten, die, genau, mit einem Auto unterwegs sind, um, exakt, ein buntes Wochenende in einer einsamen Gegend zu verbringen. Hier geht es mal in die Berge, und da dort zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges mal ein ganzes Nazibattalion aufgerieben worden ist, tanzen bald die Teufel...

Bei diesem norwegischen Splatterfilm bekommt man genau das, wofür man sein Geld entrichtet hat, nur daß man es etwas besser bekommt als erwartet. DEAD SNOW ist ein klassischer Festivalfilm: Wenn man ein ganzes Publikum zur Verfügung hat, das auf Klamauk gebürstet ist, geht der Film fraglos ab wie zehn Zäpfchen. Auch so habe ich aber einige Male laut gejohlt, speziell bei der Darm-Bergsteiger-Nummer, die mich doch sehr stark an meinen letzten Luis Trenker erinnert hat. Das Nazi-Zombie-Thema zum Gegenstand eines ernsthaften Horrorfilmes machen zu wollen, wäre vermutlich zum Scheitern verdammt gewesen. Der letzte Gassenhauer, der dies versuchte, war OUTPOST, und der strandete nach einem interessanten Anfang kläglich. DEAD SNOW ist so, wie man sich Norwegen vorzustellen hat – launig, robust und blutig wie Otter! Offenbar ist der Film sogar ungeschnitten durchgewunken worden, denn teilweise geht das schon in BRAIN DEAD-Richtung, allerdings stets mit einem distanzierenden, gelegentlich auch etwas nervig pubertären Amateursplatter-Prollhumor versehen. Insgesamt kriegt der Film von mir 10 Punkte: Einen Punkt für die Nazi-Zombies, einen Punkt für das Gesplattere, einen für die drollige Norge-Punk-Musik weit jenseits von Turbonegro, einen für die Szene mit dem Molotow-Cocktail, einen für die blonde Maus und fünf Punkte für die tolle Landschaft! Wenn man sich nun noch leicht alkoholisierte Mitkucker und reichlich Knabberkram dazudenkt, hat man einen schönen Film für ein lustiges Wochenende... Hau weg, die Scheiße, is´ Zombie!

Bearbeitet von Cjamango, 13. November 2009, 18:51.

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#763 Cjamango

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Geschrieben 18. November 2009, 14:13

The Blind Woman's Curse (US-DVD)

Eine von Frauen dominierte Yakuza-Familie unter Leitung der atemberaubend schönen Akemi muß sich gegen Ränkespiele anderer Clans zur Wehr setzen, die sie aus dem Geschäft drängen wollen. Dabei hat sie einen besonderen Feind: die Schwertkämpferin Aiko, die einst durch Akemis Schuld das Augenlicht verlor. Nach zahlreichen Turbulenzen stehen sich die beiden Frauen im Duell gegenüber...

Der Film wird in einigen Horror-Standardwerken aufgeführt, vermutlich aufgrund des Exporttitels. Tatsächlich handelt es sich um einen feministischen Samurai-Film, der starke Frauen in einer von männlicher Brutalität geprägten Feudalwelt zeigt. Die männlichen Figuren besitzen zwar nominell die Macht, sind aber den idealistischen Zielen der Frauen und ihrer Kampfkraft letztlich unterlegen. Daß solch ein Film ausgerechnet von Teruo Ishii kommt, der am bekanntesten für seine nicht gerade feministischen Tokugawa-Schocker ist, erstaunt baß. Faszinierend für mich als Laien war auf jeden Fall die Umkehrung der traditionell männlichen Rolle des Samurai-Helden – ein Spiel mit den Traditionen, das etwa die Amerikaner in „ihrem“ Samuraispiel, dem Western, kaum jemals hinbekommen haben, sieht man einmal von Nicholas Rays JOHNNY GUITAR ab. BLIND WOMAN'S CURSE besitzt nicht die formale Brillanz von LADY SNOWBLOOD oder die überwältigende Formulierwut von Ishiis eigenem HORRORS OF MALFORMED MEN, aber er stellt einen interessanten und kurzweiligen Mix aus unterschiedlichen Genre-Leihgaben dar, zu dem auch ein Katzengeist gehört, der in gewisser Weise den Haß verkörpert, der die beiden weiblichen Protagonisten aneinander kettet. Ishii hat auch wieder die Butoh-Künstler eingebaut, die man in MALFORMED MEN erleben durfte, insbesondere den bärtigen Zausel, der hier einen Buckel geschenkt bekommen hat. Der Showdown ist einfach prachtvoll. Zudem gab es eine interessante Wasserfolter, die ich bereits von dem Plattencover der „Torture Garden“-LP von Naked City kannte, dessen Foto wohl diesem Film entnommen wurde. Der Film besaß keine ausreichenden phantastischen Elemente, um ihn in den Horrorartikel der nächsten SI-Ausgabe einzubinden, aber so erwähne ich ihn eben hier.
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#764 Cjamango

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Geschrieben 04. Dezember 2009, 17:36

Nine Miles Down (DVD)

Mitten in der Sahara bohren einige Forscher nach gigantischen Hohlräumen, die seismographische Untersuchungen angedeutet haben. Als sie die Hohlräume erreichen, finden sie dort keine Kullern (vgl. Donald Duck), sondern unschöne Geräusche und Geheimnisvolles. Kurz darauf bricht der Kontakt zur Expedition ab. Ein Sicherheitsmann namens Thomas Jackman soll nach dem Rechten sehen. Er finde das Forschungscamp verlassen vor, bis auf eine einsame Frau. Doch eine Frau dürfte da eigentlich gar nicht sein...

Anthony MUTE WITNESS Wallers neuester Thriller geht von einer ähnlichen Grundsituation aus wie der koreanische GUARDPOST, macht aber etwas ganz anderes daraus. In NINE MILES DOWN geht es um abergläubische Vorstellungen von Hölle und Verdammnis, um Schuld, Sühne und brennend heißen Wüstensand. Das ist teilweise recht pittoresk eingefangen, und einige visuelle Ideen haben mir recht gut gefallen. Allerdings macht der Film aus seiner Prämisse für meinen Geschmack etwas wenig und bläst das dann unbillig auf. Auch fällt es etwas schwer, sich mit den Protagonisten zu identifizieren, zumal der Held ein stoisches Kantengesicht ist (= der Mann, der auch den HIGHLANDER in der TV-Serie gespielt hat) und sein weibliches Gegenstück ein blondes Gift der „Paris Hilton in hübsch“-Liga. Die Musik wird etwas zu überemphatisch verwendet für meinen Geschmack. Allerdings zurrt der Film die Geschichte unterm Strich hübsch zusammen, so daß man es mit einem ordentlichen Film für den Sonntagnachmittag zu tun hat. Was die Erstaufführungen bei „Koch Media“ angeht, so sollte ich mal lobend erwähnen, daß ich bisher noch keinen Rohrkrepierer gesichtet habe. Zudem sind die Synchros ungewöhnlich brauchbar. NINE MILES DOWN würde ich als gesundes Mittelmaß bezeichnen, aber richtig gut hingegen war...
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#765 Cjamango

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Geschrieben 04. Dezember 2009, 17:37

Dorothy Mills (DVD)

Auf einer kleinen irischen Insel, die fest in der Hand fundamentalistischer Katholiken ist, hat eine junge Frau ein Baby mißhandelt. Psychologin Jane soll nach dem Rechten sehen. Gleich bei ihrer Ankunft erlebt sie Grausiges: Ein paar irregeleitete Teenager drängen sie von der Straße ab. Janes Wagen ist Schrott. Die Landbevölkerung erweist sich auch sonst als barsch, unfreundlich, verschroben. Das fragliche Mädchen, Dorothy, ist verschlossen. Jane muß all ihr Einfühlungsvermögen aufbringen, um das Vertrauen Dorothys zu gewinnen. Die erste Diagnose fällt leicht, denn bei der jungen Dame scheint es sich um eine multiple Persönlichkeit zu handeln, die mal eine kreuzfromme junge Frau ist, mal eine Teenie-Schlampe, mal ein kleines Mädchen, mal ein Mann. Klar, daß sie mit dieser Diagnose nicht bei den Dörflern landen kann, die Dorothy für eine Art Gotteswesen halten. Doch es gibt auch beunruhigende Hinweise, daß mehr in der jungen Frau steckt, als einen die psychologische Schulweisheit träumen läßt...

Ein angenehm unspektakulärer Film, der von einer Französin in Irland gedreht wurde. Ich befürchete eine Art EXORZISMUS DER EMILY ROSE, also totalen Scheibenkleister, und stattdessen bekam ich ein Psychodrama, das mit zunehmender Laufzeit immer unbehaglicher und phantastischer wird. Bei solchen Filmen warte ich immer voller Sorge auf den Moment, wenn ein Film umkippt und zu Mist wird. Hier wartete ich vergebens – der Film serviert auch seine phantastischen Beigaben sehr stilvoll vermeidet Fehler in Ton oder Inhalt. Unterstützt wird die Regisseurin von der hervorragenden Darstellerin Dorothys, einer Jenn Murray, die die verschiedenen Persönlichkeiten auf teilweise wirklich furchterregende Weise Gestalt annehmen läßt. Die Synchro ist dabei ausgesprochen gelungen. Auch gut ist die Heldin, die von der Holländerin Carice van Houten gespielt wird und zur Abwechslung mal glaubhaft wirkt als Wissenschaftlerin unter Schafsköpfen. Wer explodierende Autos sehen will, kann den Film getrost stehen lassen, aber ansonsten sollte man ihm eine Chance geben, denn er lohnt sich. Ich fand ihn exzellent.

Bearbeitet von Cjamango, 04. Dezember 2009, 17:39.

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#766 Cjamango

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Geschrieben 08. Dezember 2009, 09:11

BeuteGier (DVD)

In Dead River, einer kleinen Ortschaft in Maine, ging vor Jahren bereits das Grauen um: Eine Familie von degenerierten Kannibalen – Abkömmlinge von Verschwundenen, die sich auf einer einsamen Insel über Generationen hinweg auf ausgesprochen unansehnliche Weise verändert haben – hatten einige Touristen verschaschlikt. Nun scheint es so, als wäre eine neue Generation herangewachsen. Und auf deren Speisekarte steht nach wie vor der Mitmensch ganz oben...

Warum man sich für eine Verfilmung ausgerechnet die Fortsetzung zu Jack Ketchums Roman OFF SEASON ausgesucht hat, verstehe, wer will. Vielleicht war der erste Teil zu unkonventionell und zu vollgestopft mit grausamen Einzelheiten, keine Ahnung. Nach den Zensurschwierigkeiten, die ihm sein Erstling einbrachte, schien Ketchum seine Lektion gelernt zu haben und fuhr die Drastik etwas zurück. Für die Verfilmung wurden die magenbedrohenden Akzente noch ein wenig herabgetönt, zumal Buch und Film zwei sehr verschiedene Medien sind und diverse Elemente einfach nicht funktioniert hätten. Man wäre dann eher angewidert gewesen vom Film als von den handelnden Figuren. Das Aussteigenkönnen ist im Kino immer wesentlich leichter. Der junge Regisseur Andrew van den Houten macht einige Sachen richtig. So setzt er auf eine sehr ruhige, wenig aufgemotzte Präsentation, die den Zuschauer auf durchaus unangenehme Weise in die Vorgänge hineinzieht. Statt albernen Nu-Metal-Gewumperes gibt es auf dem Soundtrack nur sparsame, akzentuierende Klänge, die zudem in TCM-Manier entschieden unangenehmen Charakter besitzen. Wer das Buch gelesen hat, kann sich auf eine 1:1-Umsetzung vieler Passagen einstellen, wobei Drehbuchautor Ketchum klugerweise einige Subplots hat fallen lassen. THE OFFSPRING bekommt es schon hin, dreckig und gemein zu wirken. Wo das Buch allerdings bedeutend besser ist – und wo es auch vermutlich unverfilmbar sein sollte –, ist die Charakterisierung der Kannibalen. Im Roman wird die Motivation der Primitiven deutlicher, da man ihre – sehr beschränkte und auf Stammesritualen basierende – Innensicht teilt. Der Film bemüht sich redlich, das zu transponieren, aber auf den Betrachter, der mit der Vorlage nicht vertraut ist, werden viele Aktionen der Monster eher verstörend wirken. Unterm Strich nimmt man bei diesem eindeutig nicht als Spaßpackung daherkommenden Werk mit, daß Ketchum ein bedeutend besserer Drehbuchautor ist als Stephen King, doch wie man den Film als kompletter Handlungsneuling aufnimmt, ist für mich schwer nachzuvollziehen. Angemerkt sei noch, daß der alte Polizist gespielt wird von Art Hindle, einem kantengesichtigen Charakterschauspieler, der schon den Helden in Cronenbergs THE BROOD gespielt hatte. Er gehört zu den Mitproduzenten von THE OFFSPRING. Mir persönlich gefiel das Werk besser als Alexandre Ajas Remake von THE HILLS HAVE EYES, aber es ist auch bedeutend unspektakulärer als Ajas Haudraufnummer. In jedem Fall empfehle ich nachdrücklich die Lektüre von OFF SEASON und THE OFFSPRING. Ersterer war für mich eine Premiere, denn er war der erste Roman, der mir eine Nacht lang den Schlaf versaute! (Wie stark gekürzt die Dinger in den deutschen Fassungen waren, ist mir nicht bekannt, aber Ketchums sehr kraftvolle, sehr präzise, sehr unfirlefanzige Prosa sollte gerade den Pragmatikern unter den Horrorfans gut gefallen...)

Bearbeitet von Cjamango, 08. Dezember 2009, 09:16.

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#767 Cjamango

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Geschrieben 08. Dezember 2009, 09:42

The Tournament (DVD)

Irgendwelche Finstermänner veranstalten alle sieben Jahre an ständig wechselnden Orten ein Match, bei dem Profikiller um einen Millionenbetrag miteinander kämpfen müssen, zum Gaudium reicher Perverser. Jeder der Teilnehmer besitzt einen implantierten Sender, der nicht nur seinen jeweiligen Standort auf einem PDA preisgibt, sondern auch eine Sprengladung enthält, die jedes Aussteigen aus dem Wettbewerb ausgesprochen unratsam erscheinen läßt. Das Ganze ist auch ein Kampf gegen die Zeit, zumal der Wettbewerb nach 24 Stunden abgebrochen wird. Als Unschuldiger wird ein Priester mit Alkoholproblemen in die Geschichte hineingezogen, denn ein Mitspieler gibt ihm seinen Sender zu schlucken. Noch nie war der Herrgott so wertvoll wie heute...

Mit seinem ersten Langfilm hat Scott Mann einen hübsch asozialen Actionklopper irgendwo zwischen DEATH RACE 2000 und DAS MILLIONENSPIEL hingelegt, einen völligen No-Brainer, bei dem man sein Gehirn vorher abschalten sollte. Dann kann man aber einigen Spaß haben. Ich und meine Mitkucker hatten am Wochenende eine Menge davon. Die Handlung ist komplett von der Stange und unlogisch wie nur was, aber Mann kriegt es durchaus hin, die Balance zwischen Trash-Humor und milde splatterigem Actionfeuerwerk zu halten. Dabei ist er wesentlich erfolgreicher, als dies etwa Neil Marshall in seinem DOOMSDAY gewesen war, der mir irgendwann ziemlich auf den Senkel ging. Der Umstand, daß man mit Robert Carlyle noch einen richtig guten Schauspieler für die Rolle des unschuldig in Not geratenen Priesters bekommen konnte, schadet nicht wirklich. Ich habe irgendwas von Gewaltschnitten gelesen, aber davon bekommt man in diesem ohnehin sehr temporeich montierten Teil eh nix mit, und die Keule kreist auch in der vorliegenden Fassung schon ganz ordentlich. Also: Wer gelegentlich mal Spaß an Proll-Action hat, kann hier nicht viel verkehrt machen...
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#768 Cjamango

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Geschrieben 08. Dezember 2009, 12:12

Mega Shark vs. Giant Octopus (DVD)

Bei inoffiziellen Sonartests an der Küste von Alaska kommt es zur einer Gletscherspaltung, die nicht ein, sondern zwei Urwelttiere zutagefördert: Ein riesiger Hai (Megalodon) und ein riesiger Oktopus machen die Weltmeere unsicher. Trotz hunderter Toter wird das Problem von den Mächtigen zunächst ignoriert. So ist es an Meeresbiologin Emma und ihrem väterlichen Freund Vince, die Welt zu retten...

MEGA SHARK VS. GIANT OCTOPUS ist ein Film, der zutiefst nachdenklich macht. Mit großem Einfühlungsvermögen und großer Intensität geht er den Fragen nach, die Philosophen seit Jahrhunderten beschäftigen. Nämlich: Wer? Wie? Was? Als Mahnung vor den Gefahren des Treibhauseffektes und anderer menschgemachter Katastrophen agieren hier Hai und Tintenfisch Hand in Hand bzw. Flosse in Fangarm, um der Menschheit das Totenglöcklein zu bimmeln. Nur das heldenhafte Wirken Einzelner kann uns alle vor der Hybris des Rüstungswahnsinns retten. Der Moloch wird zum Quadrat und verschwindet im Dunkel der organischen Verzahnung. Agraah! Agraah! Agraah!

Der Regisseur dieses aufrüttelnden Werkes war so überzeugt von seinem Produkt, daß er sich hinter einem Pseudonym verbarg, nämlich „Ace Hannah“. Es kann allerdings auch sein, daß diese Maßnahme als Teil des Spiels zu betrachten ist, denn MSVGO ist natürlich bewußt als Trash konzipiert. Was definitiv nicht als Trash gedacht war, ist die Synchronisation, und hier ist wirklich endgültig Fassenacht: Ich habe Tränen gelacht! Normalerweise hält meine Freude sowohl über gewollten Trash als auch über Gurkensynchros nicht viel länger als 5 Minuten an, aber in diesem Fall muß ich zugeben, daß ich mich weggeschmissen habe – un-fucking-believable! Im Original mag der Film im Entstehungsstadium als echte Hommage an das Monsterkino der 50er Jahre gedacht gewesen sein. Die Macher werden aber bald spitzbekommen haben, daß solcherlei Vorhaben auf niedrigstem Budget zum Scheitern verdammt ist. Meiner Ansicht nach machte man hier aus dem Scheitern eine Tugend und gab dem Affen Zucker. Die visuellen Effekte (von „Tiny Juggernaut“!) sind unglaublich. Etwas ähnliches habe ich seit meinem letzten Computerspiel nicht gesehen. Ein Wunder, daß nicht auch noch Pac-Man auftaucht! Ganz wundervoll sind die in Primärfarben ausgeleuchteten Innenräume sogenannter U-Boote, die an die Abstellkammern von Sozialämtern erinnern und von lustigen Knallchargen bevölkert werden, die markig an der Kamera vorbeischauen und „Wir haben das verdammte Biest erwischt!“ o.ä. hervorstoßen, womit sie natürlich immer Unrecht haben. Die Heldin übrigens wird von einer in den USA wohl sehr bekannten Sängerin namens Deborah Gibson gespielt, die als Wissenschaftler etwa so glaubhaft ist wie ich als Operntenor. Weiß nicht genau, was sie so singt, aber sie sieht so aus, als würde sie in einer Cowboykneipe die Biere servieren – voll schebbig, die Perle! Schön aber ist, daß sie sich in den japanischen Doktor verliebt, einen Dr. Shimago oder Shimado – die Synchro ist sich da nicht sicher, aber es klingt häufig verblüffend wie Dr. Schiwago! Was die Synchro angeht, so möchte ich folgenden Dialog zitieren. Man sollte im Hinterkopf behalten, daß die Biologin Emma von einer Frau gesprochen wird, die so etwas nicht beruflich macht – vielleicht eine Videothekarin oder so – und darüber hinaus lispelt. In der fraglichen Szene betrachten sie und Vince auf einem Computer einen riesigen Haifischzahn, den Emma aus den Eingeweiden eines gestrandeten Wales herausgefummelt hat. Emma (gelispelt): „Ein T-than?“ – Vince: „Das muß ein bezauberndes Lächeln sein!“ – Emma: „Wie groß?“ – Vince: „Drei bis vier!“ – Emma: „Handbreit? Himmel!“ – Vince: „Nein, Meter!“ – Emma: „Beta?“ (soll „Meter“ heißen; sie sagt aber eindeutig „Beta“!) – Vince: „Unglaublich! Was glaubst du, wem der Zahn gehört?“ – Emma: „Keine Ahnung. Sie sind der ehemalige Navy-Paläontologe!“ – Vince: „Ja, da hast du vermutlich recht...“ Reinster Dadaismus. Es gibt während des Filmes diverse tiefschürfende Einsichten über das Leben mitzunehmen. So äußert Dr. Schiwago: „Das Aufeinandertreffen individueller Lebenspfade bedingt Erschaffung und Zerstörung!“ (Das walte Hugo...) Jemand anders meint: „Unter Streß wird unter Wasser alles schneller!“ Ganz aus ist, als mit B-Action-Urgestein Lorenzo Lamas (!) auch noch ein inkompetenter Army-Befehlshaber hinzukommt, der einen tollen Pferdeschwanz trägt und aussieht wie ein erfolgloser Tanzlehrer. Abgesehen davon, daß er der Arsch vom Dienst sein soll, kämpft er in der Synchro mit der deutschen Sprache. Als er z.B. Emma und Vince beleidigen will, meint er zu ihr: „Was kommt als nächstes? Haarflöte putzen?“ (Keine Ahnung, was er damit meint.) An anderem Ort meint Emma zu ihm, als Gemeinheit gedacht: „Na, übergeben sie sich gleich?“, was von der Synchro noch angemessen übersetzt wird. Im Original erwidert der mit Seekrankheit Kämpfende etwas wie: „Die Tabletten müßten gleich anschlagen, gulp!“ Die Synchro macht daraus: „Nein, die Drama-Queen gibt's von mir nicht!“ (Erneut: Ich habe wirklich keine Ahnung...) Daß die Synchro Lampen baut wie die Übersetzung des englischen „dominant“ mit dem deutschen „dominant“, fällt dabei kaum noch ins Gewicht. („Der Hai ist das dominante Raubtier der Meere!“ Jau, und am Wochenende geht er in den Lederclub und sucht sich ein paar Bübchen zum Vermöbeln...) Das geht die ganze Zeit so weiter! Kurzum, wo andere Filme wie DER WEISSE HAI IN VENEDIG irgendwann nachlassen, legt MEGA SHARK VS. GIANT OCTOPUS ständig noch einen drauf. Ich habe mich glänzend amüsiert...
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Geschrieben 08. Dezember 2009, 20:22

Bacchanale (US-Video)

Der Geist einer jungen Frau löst sich von ihrem schlafenden Körper und durchwandert die Abgründe ihrer angstgepeinigten Seele.

Huch? Na ja, ein Pornofilm im herkömmlichen Sinne ist dieser Film sicherlich nicht, auch wenn er eindeutiges Material verwendet. BACCHANALE stellt den ersten Versuch der beiden schwulen Brüder John und Lem Amero dar, in explizites Terrain vorzudringen, nachdem sie bereits fünf Sexploitationfilme gedreht hatten. Das Resultat stellt eigentlich eher Experimentalkino dar und steht in einer Reihe mit Curt McDowells THUNDERCRACK und Stephen Sayadians CAFE´ FLESH, ist aber ungleich sinnlicher geraten. In der Hauptrolle ist eine sagenhaft schöne Frau zu sehen, Uta Erickson, die an zahlreichen New Yorker Filmen mitgewirkt hat, z.B. einigen von Joe Sarno und Michael Findlay. Zu Anfang, nachdem sie ihren schlafenden Körper zurückgelassen hat, sieht sie ein nacktes Pärchen beim Liebesspiel. Sie verfolgt den Vorgang gebannt, wenn auch offensichtlich verstört. Sie will wegschauen, schafft es aber nicht. Als sie sich schließlich lösen kann, betritt sie eine jener tollen Außentreppen, die man an alten New Yorker Gebäuden bewundern kann. Unten lockt – umwabert von mystischer Musik – ein glühend roter Punkt. Sie steigt hinab und teilt sich erneut in zwei. Ein Teil steigt die Treppe ganz hinab, wird von einer Silhouette verfolgt und landet in einem Lichtkegel inmitten von Finsternis. Von der Seite greifen Hände, die sie berühren wollen, was sie schreiend abwehrt. Der andere Teil von ihr betritt eine Schickeria-Party, auf der typische Greenwich-Village-Typen prätentiösen Kram schwätzen. Gleichzeitig findet eine Modenschau statt, ein Sarg enthält erst eine vermummte Gestalt, dann die junge Frau selbst. Wie es scheint, hat sie ihren geliebten Bruder verloren, mit dem sie eine intensive Zuneigung verbannt, was ihr Gewissen aber zurückweist. Splitter aus ihrer Kindheit dringen sowohl auf der Tonspur als auch als Bildschnipsel in ihr Bewußtsein. Die vermummte Gestalt zeigt in den Sarg. Nun sieht die junge Frau eine Beerdigung, auf der sie nackt zugegen ist. Ihr Bruder wird zu Grabe getragen. Schreiend wälzt sie sich auf seinem Grabhügel. Die vermummte Gestalt deutet an, der Bruder sei gar nicht tot...

In diesem Tenor geht das dann weiter. Bis auf kurze Momente verwendet der Film enorm stilvolles Schwarzweiß, das allerdings ständig in vollen Farben eingetönt wird. Der traumwandlerische Charakter der Vorgänge erinnert beizeiten stark an Jess Francos NECRONOMICON, und wem jener Film gefiel, der wird von BACCHANALE begeistert sein. Der Hardcore ist relativ sparsam eingesetzt und im Falle von Frau Erickson geinserted, wenngleich offensichtlich direkt vor Ort. (Ein sehr junger Harry Reems schiebt sich kurz ins Bild und in Frau Ericksons Stunt-Musch.) Es gibt einige unglaubliche Szenen. Mein Favorit ist jene, in der Uta in der Küche der Party einen weiteren Sarg findet, in dem ihr Bruder liegt. Sie beginnt, ihn zu masturbieren, was er mit steinernem Gesicht quittiert. Nach erfolgtem Freudengeysir schaut sie noch einmal in den Sarg, aber es ist erneut sie selbst, die darin liegt. Später geht es dann noch in die Hölle (knallrot eingefärbt), in der sie eine lesbische Begegnung hat, während zwei weitere Männer ihrerseits miteinander beschäftigt sind. Die Reise durch das Tal ihrer Schuldgefühle beendet die Frau wieder in ihrem eigenen Körper. Mit Abstand der beste Film, den ich bisher von den Ameros gesehen habe. Völlig unvulgär, sorgfältig gemacht, exzellent fotografiert, sehr sinnlich. Eine der großen Überraschungen, die ich nach Beendigung der Arbeit am Buch noch machen durfte. Dieser Text ist übrigens Bestandteil einer ganzen Reihe von Zusatzreviews, die ich online stellen werde, sobald das Buch endlich erscheint.
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#770 Cjamango

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Geschrieben 05. Januar 2010, 17:08

Nerven (DVD)

Die tränentreibende Geschichte des Fabrikbesitzers Roloff, dessen Schwester Marja sich ausgerechnet in einen Arbeiterführer verliebt, dem sie mit Haut und Haaren verfällt. Als jener sich ihr verweigert, da er in ihre dicke Schwägerin verliebt ist, bezichtigt sie ihn zu Unrecht der Vergewaltigung, worauf der Arbeiterführer schmachvoll im Gefängnis landet. Als Roloff erkennen muß, daß er einen Unschuldigen in den Karzer geschickt hat, verfällt auch er dem Wahnsinn. Wird irgendjemand überleben?

Nun, die Räterepublik – vor deren Hintergrund NERVEN spielt – überlebte den Film nicht sehr lang. Statt waschechtem Sozialismus wurde die Weimarer Republik erstritten, und was danach kam, dürfte bekannt sein. NERVEN versucht auf für jene Zeit durchaus beeindruckende Weise, den Gang der Welt als Freudianische Verdrängungskatastrophe zu deuten. Roloff ist ein an sich anständiger Kapitalist, den der Druck seiner Arbeit (und eine vage angedeutete und etwas zwielichtige Erbanlagengeschichte) in seelische Zerrüttung führt. Marja ist ein schwärmerisches Wesen, das vermutlich das Überleben der deutschen Romantik nach dem Ersten Weltkrieg verkörpern soll. Tatsächlich benimmt sie sich wie eine dumme, verzogene Trulla, die ihr klassenkämpferisches Potential nur deshalb auslotet, weil ihr Triebleben weitgehend fehlgeschlagen ist. Etwas hehrer erscheint da Arbeiterführer und „Lehrer“ Johann, der die Bergpredigt im Herzen trägt und hohe moralische Ansprüche an seine Umgebung und an sich selbst stellt. Er ist eigentlich die netteste Figur in diesem Drama, erleidet aber aufgrund persönlicher Verblendungen Fischbruch. Regisseur Robert Reinert war Österreicher und eine ganz faszinierende Gestalt, zumal man kaum etwas von ihm weiß. Sicher ist, daß er Anfang des Jahrhunderts einige Bücher schrieb und dann eine Zeit lang mit Frank Wedekind zusammenarbeitete. Die meisten seiner Filmwerke sind mittlerweile verschollen und klingen recht faszinierend. So schrieb er mehrere Drehbücher für das nur noch auszugweise erhaltene und damals immens populäre Serial HOMUNCULUS von Otto Rippert. Als Regisseur schuf er Filme wie DAS SPITZENTUCH DER FÜRSTIN WOLKOWSKA, WENN TOTE SPRECHEN und DIE VIER LETZTEN SEKUNDEN DES QUIDAM UHL. Der einzige mir sonst noch bekannte erhaltene Film von ihm ist das ziemlich sleazige Melodram OPIUM. NERVEN bedient sich größtenteils des naturalistischen Repertoires, und wie viele andere naturalistische Filme seiner Zeit wirkt das Leben & Leiden der Protagonisten dick aufgetragen. Man scheint das ganze Erbe der deutschen Romantik aufarbeiten zu wollen. Gefühle sind groß, schwer, verzehrend, machen die Menschlein zu Spielzeugen des Geschicks, raffen sie hinweg wie dürres Laub. Es gibt einige Fantasiesequenzen und einen allerdings tollen Prolog, die der expressionistischen Tradition verpflichtet sind und auch einige expressionistische Titten im Gepäck führen. Es ist schwer zu sagen, welche ideologische Ausrichtung der Film eigentlich hat. Zum einen ist seine Schilderung der bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse im allgemeinen und der Arbeiterschaft im besonderen fast schon sozialistischer Natur und eigentlich recht mutig. Zum anderen wird, wenn man die Hauptgeschichte des Films mit dem Hintergrund in Beziehung setzt, die Mobilisierung der Arbeiter auf individualpsychologische Irrfahrten zurückgeführt und somit diskreditiert. Die ständige Verherrlichung des Überlebensgroßen ließ mich auch immer wieder an die Verwandtschaft der deutschen Romantik mit dem Schwärmertum nationalsozialistischer Heldentenöre denken. Zuviel Romantik – das zeigt gerade die deutsche Geschichte – ist nicht gut, vor allem für die Unbeteiligten. Wenn am Schluß zwei nackte Menschen in die Berge steigen, mußte ich an den frühen Luis Trenker und an „Blut und Boden“-Bilder denken. Diesen präfaschistischen Ansatz des Filmes unterstreichen auch die letzten beiden Titelkarten: „Zurück zur Natur! Arbeite!“ und „Neue Nerven – neue Menschen!“ heißt es da. Wie soll man das deuten? Wenn die Nervenkrise behoben ist und das deutsche Volk wieder eins, dann ist alles wieder rein und stark. Dann sind wir wieder wer. Anstatt also die durchaus zutreffenden und fortschrittlichen Erkenntnisse zum Thema „Nervenkrise oder Wie wir alle einen an der Waffel hatten“ als Grundproblem des menschlichen Daseins zu erfassen, soll hier der Wurm aus dem Apfel gezogen und eine ideelle Zukunft geebnet werden. Wie die aussah, weiß man aus den Geschichtsbüchern und aus den Erbkrankheitsfilmen der Nazis. NERVEN freilich schildert das alles arglos und unbedarft, aber er macht auch recht anschaulich, auf welchem Boden die Nazis ihr Unkraut anpflanzten. Und nochmal: Lieber mehr gesunder Menschenverstand und ein bißchen weniger schwärmerische Romantik – dann klappt das auch mit den Nachbarn!




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Geschrieben 08. Januar 2010, 18:13

I Eat Your Skin (DVD, zusammen mit DIE TOLLWÜTIGEN)

Als David E. Durston seinen vorzüglichen Schocker I DRINK YOUR BLOOD (DIE TOLLWÜTIGEN) in die Kinos brachte, bewies Produzent Jerry Gross den hervorragenden Geschäftssinn, ein Doppelprogramm jenes Filmes zusammen mit dem 6 Jahre älteren Ladenhüter I EAT YOUR SKIN zu erstellen. Durston war wenig begeistert, aber das Doppelprogramm sollte sich als lukrativ erweisen. Tatsächlich ist I EAT YOUR SKIN auch ein toller Titel, sieht man einmal davon ab, daß in dem Film keine Haut gegessen wird. Genaugenommen passiert auch sonst nicht viel.

Tom Harris, Starautor und Frauenheld, wird von seinem Verleger dazu bewegt, mit ihm auf eine bislang unbekannte Insel in der Karibik zu fahren, wo Eingeborene im Namen des Voodookultes Menschenopfer abhalten sollen. Tatsächlich präsentiert der Film jede Menge Streckmaterial, das aus ziemlich lächerlichen Voodooritualen und fröhlichen Kalypsonummern besteht. Dazwischen tapert auch mal ein Zombie vor die Kamera, der bis zum Schlußakt der einzige Zombie bleiben soll. Dann kommen auch noch ein paar andere herumstalksende Wiedergänger zum Einsatz, mit lustiger Lehmmaske und Spiegeleiern auf den Augen. Es hat alles etwas mit einer Superrasse zu tun, die auf Zombiebasis gezüchtet werden soll, aber das interessiert niemanden wirklich. Ein lausiger Langeweiler mit einem Helden, der sich für James Bond hält, in Wirklichkeit aber 007 nicht einmal den Stuhl anwärmen dürfte. Regisseur Del Tenney hat mit HORROR OF PARTY BEACH eine ähnlich enttäuschende Granate produziert. Sein „old dark house"-Thriller CURSE OF THE LIVING CORPSE (mit einem frühen Auftritt von Roy Scheider und diversen milden Splattereinlagen) ist deutlich interessanter. Ebenfalls sehenswert ist der von ihm produzierte Sexploitation-Thriller VIOLENT MIDNIGHT von 1963. Von I EAT YOUR SKIN sollte man allerdings die Finger lassen, denn das einzige, was hier gefressen wird, ist die Zeit des Zuschauers. Als Extra des tollen Hauptfilmes DIE TOLLWÜTIGEN geht er natürlich in Ordnung...

Bearbeitet von Cjamango, 08. Januar 2010, 18:14.

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Geschrieben 09. Januar 2010, 14:14

Hell's Bloody Devils (US-DVD)

Mark Adams ist Gangster und arbeitet für das Syndikat. Sein neuester Auftrag führt ihn zu einem Graf Delberg, der mit Neonazis in den USA und Altnazis in Deutschland gemeinsame Sache macht und so nebenbei Falschgeld druckt. Das Syndikat will an die Druckplatten, aber es sind auch noch andere Parteien an der Sore interessiert...

Haha, eine weitere Mogelpackung von Al „Whirlpool“ Adamson, dem alten Schlingel! Der Trailer zu HELL'S BLOODY DEVILS läßt einen waschechten Bikerfilm erwarten, sehr im Stil von Adamsons bestem Film, SATAN'S SADISTS. Tatsächlich gibt es am Anfang ein paar Biker zu sehen. Danach werden – mehr oder weniger beziehungslos – noch Robert Dix und insgesamt zwei (!) Spießgesellen hineingewürfelt, die als Nazi-Rocker von Graf Delberg angeheuert werden, um Schmutzarbeit zu verrichten. Tatsächlich sitzen sie nur in einigen Szenen auf ihren Feuerstühlen herum und halten Maulaffen feil. Einmal fummeln sie noch etwas an zwei Anhalterinnen herum, damit man noch ein paar Titten in den Werbetrailer bugsieren kann. Der Rest des Filmes ist ein mäßig spannendes, dafür aber vergnüglich verworrenes Krimigarn, in dem sich am Schluß nahezu alle Leute als Undercoveragenten von irgendwas entpuppen: FBI, Mossad, ADAC – alles dabei. Ein Wunder, daß sich die Nazi-Rocker nicht auch noch als Agenten des Christlichen Vereins Junger Männer erweisen – das hätte mein Glück komplett gemacht! Daß dies einer der kuckbareren der meistens unkuckbaren Adamson-Schlocker ist, liegt an der fetzigen Musik (toller Titelsong!) und an der für Adamson-Verhältnisse leicht überdurchschnittlichen Fotografie, die von Laszlo Kovacs und einem Mann mit dem tollen Namen Frank Ruttencutter stammt. Zu „name dropping“-Zwecken wurden auch noch einige abgehalfterte Gaststars verpflichtet: Auf der Seite des Guten kämpfen Broderick Crawford (der fast nie aus seinem Büro herauskommt!) und Scott Brady, auf der Seite des Bösen Kent Taylor als der böse Graf, und John Carradine hat einen selten sinnlosen Gastauftritt als Tierhändler mit sinistren Motiven. Ziemlich gut ist der Regisseur und Schauspieler Jack SLAUGHTER Starrett, der Mark Adams´ coolen Ko-Gangster mimt. Adamson-Veteranen wie John Bud Cardos, Greydon Clark und William Bonner tauchen auch auf. Die Kinnlade runtergeklappt ist mir bei dem Gastauftritt von Colonel Sanders, Chef und Werbefigur von „Kentucky Fried Chicken“, der mal kurz in die Kamera grinst, als Mark in einem KFC-Restaurant schnabulieren geht. Insgesamt ist der Film natürlich eine Gurke, aber ich gehöre trotzdem zu den Leuten, die sich Adamson-Filme immer wieder gern ansehen, so schlecht sie in der Regel auch sind. Und die Chuzpe des Mannes war wirklich bemerkenswert...
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Geschrieben 18. Januar 2010, 14:10

Die Bestialischen (TV)

Ein bekanntes Rauhbein (Keenan Wynn) soll mit der Postkutsche überführt werden. Da springen einige seiner Spießgesellen aus dem Busch und machen Schluß im Quadrat. Eine zufällig anwesende Lehrerin (jung, hübsch) wird mitgenommen und mehrfach vergewaltigt. Danach lassen sie sie in der Wüste liegen, zwecks Verschmachtens. Auf tritt ein edler Indianer (Henry Silva), der sich der gebeutelten Dame annimmt und sie die Freuden des Indianerlebens lehrt. Gemeinsam gehen sie auf die Pirsch und greifen sich die Übeltäter, einen nach dem anderen...

Was nicht so alles im Pay-TV läuft! FIVE SAVAGE MEN a.k.a THE ANIMALS dürfte zu den schlechtestgemachten Western der Filmgeschichte gehören, verblüfft aber durch seine sehr minimalistische Herangehensweise und seinen hohen Schmierfaktor. Tatsächlich hat man es mit einem klassischen „rape & revenge“-Selbstjustizfilm zu tun, der zufällig im Wilden Westen spielt. Ob eine dramaturgische Entwicklung von der Regie angestrebt wurde und nur mangels inszenatorischem Feinschliff unterging, ist nicht feststellbar. Tatsächlich beschränkt sich die Handlung im wesentlichen auf die blutige Auslöschung der Bösewichte, wobei es sicherlich ein Novum darstellt, daß sich ein frisch kastrierter Mann vor Lachen gar nicht mehr einkriegt. Henry Silva ist als Indianer nicht sonderlich überzeugend. Genausogut könnte man mich als Steptänzer verkaufen. Die Hippiemusik paßt auch nicht so recht, lädt aber gelegentlich zum Mitschnipsen ein. Immerhin ist det Dingen bemerkenswert sleazy, wenngleich es sich technisch nicht wirklich von Demofilo-Fidani-Western unterscheidet. Der Drehbuchautor war ein gewisser Dick Bakalyan, der sich jahrelang in der James-Dean-Nachfolge bewährte und so eine Art klassischer Halbstarkendarsteller war. FIVE SAVAGE MEN blieb sein einziges Drehbuch, wie auch Ron Joy niemals wieder einen Film inszenieren sollte. Das treibt mir jetzt nicht die Tränen in die Augen...
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Geschrieben 18. Januar 2010, 14:30

Horsemen (DVD)

Hätte man den in der deutschen Fassung nicht „Pferdemänner“ nennen können?

Dennis Quaid spielt einen Nußknacker, der sich als Polizist verkleidet hat. Als solcher wird er herangezogen, als es darum geht, eine Reihe von Morden zu untersuchen, bei denen die Opfer an SM-Hakenteilen aufgeknüpft worden sind. Wie es scheint, wurden die Taten von einer Reihe seelischer Napfkuchen verübt, die sich für die eukalyptischen Reiter halten. Und die Mordserie ist noch nicht zu Ende...

Meine Güte, was für ein Schmodder! Abgesehen davon, daß die Ausrichtung dieser Michael-Bay-Produktion wieder einmal streng rechtskonservativ ist (Leute mit Piercings und Tattoos sind des Bösen, Asiaten sind irgendwie unheimlich etc.), weiß der schwedische Videoclipregisseur Jonas Akerlund rein gar nichts mit der Story anzufangen, türmt Kunststückchen auf Kunststückchen und verbockt selbst die einfachsten Szenen. Allerdings muß man attestieren, daß mit dem Drehbuch eh nichts anzufangen war, das in ungelenker und oberflächlicher Form aufzeigt, was für ein hervorragender Film SEVEN doch gewesen war. Das „Mörder als Künstler“-Motiv wird ein weiteres Mal durch das Dorf getrieben, angereichert mit lächerlicher Sozialkritik und ein wenig Ekelkram. Dabei bewegt er sich qualitativ in etwa auf den Spuren von Russell Mulcahys SEVEN-Rip-Off RESURRECTION und einen deutlichen Tacken unterhalb von ANAMORPH, der seinen Unfug wenigstens einigermaßen stilvoll präsentierte. Wer Lust auf religiös angehauchten Schangel hat, wird möglicherweise ordentlich bedient - schlecht unterhalten habe ich mich nicht -, aber als ernstzunehmender Psychothriller ist das hier eine komplette Fahrkarte nach Gurkendorf. Hübsch anzuschauen immerhin ist die Chinesin Ziyi Zhang, die aber im Rahmen des Drehbuches als Exotismus am Rande verheizt wird. Eric Balfour (Milo aus 24) hat eine besonders unerquickliche Szene. Das war es dann aber schon. Auf Bay ist Verlaß...

P.S.: Als Quaid einen Priester und Theologiefachmann besucht, erzählt ihm dieser, das Buch der Offenbarungen stamme vom Apostel Johannes. Dummerweise stammt es von Johannes von Patmos. Soviel zu den umfassenden Recherchen des Drehbuchautors!
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Geschrieben 18. Januar 2010, 14:43

The House Of The Devil (DVD)

Eine junge Studentin namens Samantha ist es satt, mit ihrer Schlunze von Mitbewohnerin zu leben und sucht sich eine eigene Wohnung. Um sich diese leisten zu können, ist sie allerdings auf einträgliche Jobs angewiesen. Als sie die Offerte bekommt, einen Babysitterposten anzunehmen, sagt sie – trotz einiger bizarrer Begleitumstände – sofort zu. Ihre Freundin Megan rät ihr dringend davon ab. Und wißt Ihr was? Megan hat recht!

Nachdem ich vor kurzer Zeit gerade BABYSITTER WANTED gesehen hatte, der nett begann, dann aber zu krudem Unfug wurde, war ich wenig begeistert, als sich dieser Film in eine ähnliche Richtung zu entwickeln begann. Tatsächlich nutzt THE HOUSE OF THE DEVIL die wenig originelle Prämisse aber zu einem richtig netten Landhausthriller klassischen Zuschnitts, der nach einem langsamen Beginn ziemlich spannend wird. Danach kommt dann ein wenig Satanistenschmonzes à la THE DEVIL RIDES OUT, aber das fand ich schon okay. Die Heldin ist hübsch und sympathisch, wenngleich man anmerken muß, daß sie sich reichlich blauäugig verhält. Spätestens, wenn sie herausmendelt, daß die Hausherren Tom Noonan und die großartige Mary Woronov sind, sollte man als junges Ding schreiend die Flucht ergreifen! Ich habe nur kurz in die deutsche Synchro reingehorcht, aber sie kam mir zumindest akzeptabel vor, wenngleich man Noonans verklemmtes Gestammel besser im Original genießt. Der ist mal richtig weeeiiiiird... Noonan war übrigens auch in THE ROOST, einem früheren Film des sehr jungen Regisseurs Ti West, den ich mal auf ARTE aufgeschnappt habe und wenig überzeugend fand. THE HOUSE OF THE DEVIL spielt – trotz des unoriginellen Titels – in einer anderen Liga und hat mich ausgesprochen angenehm überrascht. Als nächstes Projekt wurde Ti West übrigens CABIN FEVER 2 zugeschanzt, der ultrageschmacklos geraten sein soll und nach Ärger mit der Produktionsfirma von West enteignet wurde. Nach HOUSE zu urteilen, hat der junge Mann aber durchaus was auf dem Kasten.
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Geschrieben 18. Januar 2010, 15:06

Paranormal Investigations (DVD)

Geisterjägerin Carter Simms soll ein Haus paranormal abchecken, in dem vor Jahresfrist ein Priester samt Familie abgemurkst wurde und in dem sich jetzt eigentümliche Dinge zutragen sollen. Zusammen mit einem Technik-Nerd, einer Schlampe und einer religiösen Trulla verbringt sie dort einige Nächte des Grauens...

Ich habe keinen blassen Schimmer, warum dieses von unfähigen Nullen zusammengestümperte Machwerk in der IMDb noch 4,7 Bewertungspunkte bekommt! Es ist ja nichts Neues, daß jeder Hanswurst, der eine HD-Videokamera halten kann, mittlerweile zum Regisseur avanciert, aber sich dann am Genre des Geisterfilmes zu vergehen, das eine gewisse Feinfühligkeit erfordert und Charaktere, die sympathisch oder doch zumindest interessant sein sollten, grenzt an Größenwahn. Der opportunistische deutsche Titel verbirgt einen bereits zwei Jahre alten Ladenhüter namens DEATH OF A GHOST HUNTER, dessen Regisseur auch Filme wie THE GREAT AMERICAN SNUFF FILM und THE DEATH FACTORY BLOODLETTING gebastelt hat. Gemessen an jenen dürfte GHOST HUNTER zurückhaltend sein, aber „subtil“ heißt eben nicht einfach, daß nix passiert. In GHOST HUNTER passiert rein gar nichts, die Langeweile legt sich wie eine düstere Wolke über den Betrachter. Die Hauptdarstellerin gibt sich immerhin Mühe (wofür eigentlich?), die anderen Darsteller sind Flitzpiepen. Natürlich wird auch hier wieder ein dokumentarischer Ansatz bemüht, so daß wir Hunderte von Ort- und Zeiteinblendungen zu sehen bekommen, die offenbar in anderen Filmen übriggeblieben sind. Das wird grotesk überstrapaziert, und man wundert sich irgendwann, daß nicht auch noch z.B. die Himmelsrichtungen eingeblendet werden. „9.30 Uhr“, „9.45 Uhr“... So spannend wie die Zeitansage der Bundespost! Als die Story am Schluß mehr oder weniger aufgelöst ist, wird noch ca. 20 Minuten lang völlig unmotiviert und grobschlächtig die ganze Vorgeschichte präsentiert, die zu jenem Zeitpunkt wirklich niemanden mehr interessiert. Immerhin bringt das die Laufzeit des Filmes auf unglaubliche 105 Minuten, und, glaubt es mir, das sind gefühlte 6 Stunden! Gullymurks.
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Geschrieben 20. Januar 2010, 12:45

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