#331
Geschrieben 03. Juni 2012, 11:50
Endlich machen wir auch mal wieder mit Vincente Minnelli weiter. Nachdem mir GIGI, VERDAMMT SIND SIE ALLE und DAS ERBE DES BLUTES etwas zu sehr in der Perfektion des klassischen Hollywoods erstarrten, macht Minnelli, trotz Dean Martin und trotz exorbitanter Lauflänge, wieder eine eher klein angelegte Musicalkomödie. Dass das Entdecken echter Hilfe und Freundschaft über die Virtualität vernetzter Datenwege verlaufen kann (1959/60 freilich noch auf analoger Ebene) ist eine nette Grundgeschichte und wird durch Multitalent Judy Holliday ebenso handwerklich versiert wie anrührend interpretiert. Einer der letzten schwungvoll-spaßigen Dekorateurfilme Minnellis.
RADIOACTIVE DREAMS
Der Film, ich, also der Film und ich, also wir sitzen vorm Bildschirm und der Film läuft. Ach, was soll ich sagen. Zwei Väter sperren aus nicht näher erläuterten Gründen ihre jeweiligen Söhne in einen unterirdischen Atomschutzbunker. Nach kurzer Zeit überlassen sie sie sich selbst und unsere Jungs erlernen sich das Leben aus den Hard-Boiled-Krimis der Schwarzen Serie. Als sie nach 15 Jahren wieder an die Oberfläche gehen, gekleidet wie ihre Romanhelden, weht ein buchstäblich verstrahlter anderer Wind. Der Film war so bis unter die Hutschnurr vollgepackt, dass wir danach völlig satt waren. Zehnjährige Killer-Kids, die wie John Travolta gekleidet sind, der Gang der so genannten Disco-Mutanten angehören und von einer ihrerseits mutierten Riesenratte gefressen werden,... nein, ich fang das gar nicht erst an. Die gegen Ende immer weniger vorhandene dramaturgische Struktur sorgte dafür, dass man einfach nur auf einen Trip mitgenommen wurde.
P.S.: Die Trailershow auf der alten UFA-Kassette war dem Film nahezu ebenbürtig. War TEEN WOLF 2 zumindest noch in der Nähe der Normalität, wurde es immer abstruser. Der Trailer zum dritten Meatballs-Film, bei uns als SOMMERFERIEN - TOTAL VERRÜCKT veröffentlicht, hatte mehr Brachialität als ICH GLAUB' MICH TRITT EIN PFERD, mehr Titten als alle American Pies zusammengenommen und mit seiner zusätzlich um einen Geist angereicherten Story mehr Dümmlichkeit als eine gängige Asylum-Produktion. STAR KNIGHT - einen mittelalterlicher Ritter verschlägt es ins Weltall - todernst dargeboten von Harvey Keitel, Klaus Kinski und Fernando Rey, TEUFLISCHE UMARMUNG, einer der typischen Franzosen-Erotik-Thriller wie es sie in den 80ern noch zuhauf gab, wo allein der Trailer mehr Muschis bot als ein Porno, Werbung für den zweiten Alvin, eine in den 1970ern sehr erfolgreiche Komödienreihe aus Australien, wo wir schon wieder mit Titten en masse erdrückt wurden, THE VALS, ein eindeutiger Vorläufer des Films CLUELESS (1994) mit jeder Menge, na, na, wisst ihr was ich meine, falsch, TITTEN, dann noch einer, oder sogar DER letzte Film, mit dem Wings Hauser fett in den KINOS lief: CLINT HARRIS - MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND. Dann noch ein weiter Aussi-Film mit BACKLASH und das rührende Vater-/Sohn-Drama mit Karl Malden.
THE BOOGEY MAN II
Uli Lommels Fortsetzung seines Horrorfilms hat es tatsächlich geschafft, nach dem wir RADIOACTIVE DREAMS und die Trailershow überlebt hatten, noch eine eigene Note an Wahnsinn hinzuzufügen. Der Film verwurstet in den ersten 38 Minuten jede Menge Material aus dem ersten Teil, welche er als Erinnerungen ausgibt und murkst dann die ätzenden Gäste einer Poolparty ab. Die Synchro sorgt dafür, dass man diesen Film nicht so schnell vergessen wird. Vermutlich aus dem Ruhrpott stammend ist die absolute Krönung deren Eigenmächtigkeit auch in puncto Musik. Läuft im Original eine unheimliche Musik, während die Poolgäste in der Nacht um den Pool stehen und die Kamera versucht durch Schwenks um den Pool die Enge und Eingekesseltheit der Figuren zu verdeutlichen, läuft in der deutschen Fassung ein flottes Rockstück (!), in dem plötzlich, vom Sänger mit Klaus-Lage-Intonation vorgetragen, zu hören ist:
"Eines Abends, es war so kurz vor zehn,
hab' ich mal wieder die Tagesschau geseh'n."
Den Rest konnten wir nur ungenau verstehen, da dann wieder gesprochen wurde, aber weitere Fetzen waren neben "Tagesschau geseh'n", "trink mein Bier im Steh'n", "auch mal 'n Glas Champaign" u.ä.
Bemerkenswert die Anmache eines Möchtegernschauspielers (der Film versteht sich als eine Art Bloßstellung der Hollywoodstrukturen) der unbedingt ne Tussi ins Bett kriegen will. Das Ganze gesprochen, als hätte er eine Socke im Mund und auf voll cool gemacht, ne:
"Ey, isch bin da voll drin Baby, weißt, ne. Ey isch kenn de Burt Rähnulz, ey. Isch mach da grad voll de geilen Seins-Fickschen, weißt, ne. Ey das is sunne Mischung aus STAR WARS und DER KLEINE DICKE RITTER, ey und es geht um Vitamin-C-Schmuggel im Weltraum, weißt wie isch mein, ne."
Auch nicht schlecht, als sich ein Filmproduzent mit seiner Freundin vorstellt. Im Original stellt er sie als ehemalige Miss Arizona vor. In der deutschen Fassung:
"Das ist Peggy. Sie kommt aus Fuck-City-Idaho und bläst drei... Ballons auf einmal auf. (dreckig) Hehehe."
Und abschließend der Kommentar des Möchtegernschauspielers, als Lacey, die Hauptfigur aus dem ersten Teil, von ihren schrecklichen Blutbadereignissen berichtet. Bekundet er im Original Anteilnahme, meint er in der Synchro:
"Ey, isch seh das rassistisch. Stehst de auf Neger?"
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#332
Geschrieben 03. Juni 2012, 12:06
Hat immer noch die reiche Textur, die mir schon bei der Erstsichtung gefallen hat. Sehr knuffig, wie Ferrell den American Way of Life liebt und gleichzeitig haßt.
Dr. Cyclops
Unterschätzter Schoedsack-Film. Hielt bisher Jack Arnolds The Incredible Shrinking Man für den Urvater der Miniaturisierungsfilme, aber weit gefehlt. Natürlich ist Schoedsack 17 Jahre früher dran. Wer, wenn nicht er - der von Größenunterschieden und Menschenjagd Besessene. Tolle Sets, um den Eindruck der Winzigkeit hervorzurufen. Einzig die Rückprojektionen wirken heutzutage antiquiert, aber großartig, wie diese teilweise mit vergrößerten Props angereichert werden, um die Illusion der unterschiedlichen Größen aufrechtzuerhalten. Der titelgebende Bezug zur Odyssee ist ein wenig unterentwickelt, aber was soll's.
#333
Geschrieben 03. Juni 2012, 12:07
#334
Geschrieben 03. Juni 2012, 15:19
John Fords erster Polizeifilm seit 28 Jahren (sein letzter war der 1930 entstandene BORN RECKLESS) zeigt uns einen ganz gewöhnlichen Inspektor bei der Arbeit, mit all den Dingen, mit denen man bei der Polizei so konfrontiert wird. Drogen, ein korrupter Kollege, der dem Glücksspiel verfallen ist und eine Affäre mit einem Gangsterliebchen hat, große Raubüberfälle auf offener Straße, einen Mädchenkiller, der auch seine eigene Nichte tötet (nach den Codes des klassischen Kinos steckt da sogar noch eine vorherige Vergewaltigung drin), der einer Nervenheilanstalt entsprungen ist und für dessen psychische Zerrüttung Ford sehr viel Anteilnahme aufbringt, eine die Identitäten wechselnde Gangsterschönheit und ein wohlhabender Typ, der zum Spaß Überfälle begeht und einen Wachmann tötet, für den Ford dann allerdings gar kein Verständnis aufbringt. Nebenbei geht es noch um Lachs, nichtbezahlte Strafzettel von Gideon, einen Pfaffen, der im Ghetto Ziel des Spotts der Kinder ist, aber die "Rasiermesserbande" zur Strecke bringt und ein Violinkonzert. Nach 24 Stunden ist der Tag vorbei und in der letzten Einstellung lässt Ford eine Verkehrsampel nach einer scheinbar ewigen Wartezeit auf Grün springen. Auch Gideon darf Hoffnung haben.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#335
Geschrieben 03. Juni 2012, 19:40
#336
Geschrieben 03. Juni 2012, 21:09
Der Film pendelt zwischen absurdem Trash und infantilem Humor. Kann man sich ansehen, muß man aber nicht. Erotisch ist sowieso was anderes.
Aber meine Fresse, was hat denn Retroseduction Cinema sich bei der DVD-Auswertung gedacht? Daß man einen Widescreenfilm auf 4:3 trimmt, ok, finde ich nicht gut, aber habe ich auch schon mal überstanden. Dann sollte man doch aber wenigstens darauf achten, daß die Schauspieler halbwegs im Bild zu sehen sind. Manchmal steht links einer außerhalb des Bildes und rechts einer außerhalb des Bildes und die beiden unterhalten sich minutenlang, während man auf die leere Mitte starrt. Jede Filesharer Version ist vermutlich besser.
#337
Geschrieben 04. Juni 2012, 00:58
just imagine - ein twilight zoneskes musical von 1930, das 1980 spielt, wo es flugzeuge statt autos gibt und so. im echten 1980 gab es dann xanadu.
#338
Geschrieben 04. Juni 2012, 04:18
Johannes sagte am 04. Juni 2012, 00:58:
"Just Imgaine"! Den Film muss ich mir merken, so lächerlich er auch sein mag. Der wäre Gold für eine Besprechung.
#339
Geschrieben 04. Juni 2012, 07:51
Die DVD ist auf dem Weg zu mir verloren gegangen. Habe dummerweise Ersatz angefordert. Unlustig, weil nicht ansatzweise das Genre verstehend.
Finishing The Game
Ganz das Gegenteil hier. Die Macher verstehen die Produktionsbedingungen und die Charaktere, die Witze sind eingebettet und nicht als solche deklariert. Liebenswert.
#340
Geschrieben 04. Juni 2012, 08:04
@Johannes
thc for the hint!!!
This must be the place
sehr schöner und eindringlicher, geradezu katarsis fördernder film.
1a Dialoge, sehr gute Musik!!
"Haben sie vor kurzem einen Ölwechsel gemacht?"
Dazu diese The Cure reminiszens bis hin zum Ende ... herrlich.
Sehr gute Regie!!! Bin mal gespannt was von dem Herrn Sorrentino als nächstes kommt!!
8,5/10 oder mehr ... hmmmmm ???
Anonymous
Sehr schöner und spannender film. Recht komplexer Hintergrund, toll in szene gesetzt.
Dezente optik durchweg.
So lange Worte aus Atem und Atem aus Leben ist.
Irgendwas hat mir trotzdem ne gewisse Unruhe verpasst, i was net was.
Nicht geschafft mich vollends zu begeistern, doch
trag ich ihn hoch, in Ehren,
wie kann ich einem solchen Gutwill es verwehren?
haha
8,8
Bearbeitet von wowie, 04. Juni 2012, 08:11.
#341
Geschrieben 04. Juni 2012, 10:16
Typischer, auffälliger Genrehybrid der Zeit, in dem ein Wissenschaftler aus der Zukunft (Klaus Kinski) versucht die Erbfolgenkette seines Widersachers zu zerstören, in dem er dafür eine Zeitreise in den Wilden Westen des Jahres 1886 unternimmt. Ein Historiker aus dem Jahr 1986 kommt dem ganzen auf die Schliche und erhält noch unerwartet (Schützen-)Hilfe von einer schönen Fremden. Der Film gehört zu meinen persönlichen Nostalgieerlebnissen und wurde nach langer Zeit mal wieder gesichtet. Naiv-charmante TV-Film-Unterhaltung von Michel Schultz - einem der wenigen innerhalb der amerikanischen Filmindustrie wirklich als reiner Handwerker tätigen afro-amerikanischen Regisseure -, der ein paar nette inszenatorische Spielereien einbaut und niemandem weh tut.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#342
Geschrieben 04. Juni 2012, 17:55
Johannes sagte am 04. Juni 2012, 00:58:
ja, so können die Meinungen auseinander gehen. Aber interessante Sichtweise kurz und knapp geschildert...
#343
Geschrieben 04. Juni 2012, 21:12
Pasquale Festa Campanile strickt eine weitere Tragikomödie mit sozialistischem Anstrich und Adriano Celentano in der Hauptrolle. Besonders krass die Parallelisierung von italienischen Einwandererszenen mit der Behandlung der Opfer eines Nazi-Konzentrationslagers. Leider ist die um 30 Minuten gekürzte Fassung, die hierzulande auf DVD erhältlich ist, höchstens als Fragment zu bezeichnen.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#344
Geschrieben 04. Juni 2012, 21:47
#345
Geschrieben 05. Juni 2012, 09:44
Nette, kleine Splatterkomödie, die etwas bemüht um ihre Ausgangsidee herumeiert und nicht immer ganz sicher ist im Verwenden der zitierten Formalien.
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#346
Geschrieben 05. Juni 2012, 11:28
Also: Warum schaffen es diese Serien nicht nach Deutschland?
#347
Geschrieben 05. Juni 2012, 11:37
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
#348
Geschrieben 05. Juni 2012, 20:09
"Der Unterschied zwischen dem Kino damals und heute ist, dass man heute die Kackwurst zeigt."
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