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Cinéma Quebécois - Filmforen.de - Seite 2

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Cinéma Quebécois


261 Antworten in diesem Thema

#31 Praxisphilosoph

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Geschrieben 12. Oktober 2007, 14:20

El Asaltante
ARG | 2007 | Pablo Fendrik

El Asalante/The Mugger handelt von einem älteren Mann um die 50, der in Buenos Aires freundlich, aber bestimmt Schulen überfällt, in dem er sich zuerst als Vater eines Kindes ausgibt.

Das kurze (67 Min.) Langfilm-Debut von Pablo Fendrik erzählt einen Ausschnitt aus dem Leben des titelgebenden Gentlemen-Räubers, insgesamt umfasst die Handlung wenige Stunden. Erzählzeit und erzählte Zeit sind bis auf ein paar kleine Zeitsprünge identisch. Die Kamera verfolgt den Protagonisten vom ersten Bild an unerbittlich, sie sitzt im sprüchwörtlich stellenweise im Nacken und erzeugt damit ein ungeheuer dichtes Portrait voll innerer Spannung. Der Film verzichtet auf jede Musik und nutzt nur O-Ton als Soundkulisse. Dieses minimalistische Konzept wird duch die "Echtzeit" der Ereignisse verstärkt. El Asalante ist Independent-Kino in der reinsten Form. "Billig" produziert, rau und ohne Kompromisse an narrative Konventionen. Hervorzuheben sind desweiteren das präsente Schauspiel von Arturo Goetz und die wirklich eindrucksvolle Kamera von Cobi Migliora, die wie ein Magnet an dem Protagonisten klebt und selbst verzwickte Situationen, wie das Einsteigen in ein Taxi, ohne Schnitt meistert. Eine raue, "realistische" Perle. Sehenswert!

Bearbeitet von Manifesto, 12. Oktober 2007, 14:21.


#32 Praxisphilosoph

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Geschrieben 12. Oktober 2007, 18:21

Redacted
USA | 2007 | Brian de Palma

Trotz der guten bis stellenweise euphorischen Kritiken finde ich Redacted einen zwiespältigen bis zweifelhaften Film. Als politische Analyse des Irak-Konflikts oder des "War on Terror" ist er meiner Meinug nach überhaupt nicht zu gebrauchen. Der Film funktioniert eher als Drama über den Einsatz von (männlicher) sexueller Gewalt als militärisches Instrument und natürlich als Propaganda-Film, der aber mehr als die letzlich naive Parole "get out of Irak" nicht zu bieten hat. Es langt halt nicht nur gegen Krieg zu sein. Meist entwickelt sich so eine Einstellung aus einer moralischen Empörung und die trägt de Palma hier eindrucksvoll vor. Zwar finde ich die medienreflexiven Ansätze durchaus interessant, der Film im Gesamten ist aber ein hilflos naives Machwerk, das zum Schluss alle Kaliber des Manipulationskinos auffährt und zum widerwärtigen, moralinsauren Melodram verkommt (Taschentücher inklusive!). Politische Filme sehen für mich anders aus, zumal das Ende genau die Mechanismen benutzt, die Redacted den "pro-war"-Filmen vorwirft. Verbunden mit dem "anti-war"-Slogan ist Redacted letztendlich zutiefst bürgerliches Betroffenheitskino ("Ach, die Welt wäre so schön ohne Krieg..."), gepaart mit kindlich-naiver Politikanalyse verpackt in eine konventionelle Narration.

P.S. Im nachhinein wirklich ärgerlich sind die vielen Stammtisch-Polit-Parolen, die der Film als vermeintliche Gegenposition zum Irak-Krieg etabliert, die dumme und schlichtweg falsche Analogie zwischen Bush und Hitler bzw. den USA und dem deutschen Faschismus mal als Beispiel...

#33 Praxisphilosoph

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Geschrieben 12. Oktober 2007, 22:32

Extranjera
ARG/GR/POL | 2007 | Inés de Oliveira Cézar

Extranjera/Foreigner ist ein extrem langsamer, minimalistischer und reduzierter Film über eine archaische Gruppe von Menschen in der argentinischen Wüste, die unter einer lebensbedrohlichen Dürre leiden, der bereits einige Nutztiere zum Opfer gefallen sind. Eine ausgestossene junge Frau soll als Ausweg zur Beendigung der regenlosen Zeit geopfert werden, was diese fast verständnisvoll annimmt. Das Drehbuch beruht lose auf "Iphigenie in Aulis" von Euripides. Von einer Handlung kann dabei eigentlich nicht gesprochen werden, vielmehr versucht der Film über Bilder und Töne das harsche Leben unter extremsten, natürlichen Bedingungen erfahrbar zu machen. Hervorzuheben ist die grandiose Kamera-Arbeit von Gerardo Silvatici, die beeindruckende Cinemascope-Bilder in erdigen Braun-Gelb-Tönen liefert und damit eine fast irreale Umgebung schafft. Vom Rhythmus und Atmospähre her erinnert mich Extranjera an Carlos Reygadas Debutfilm Japon. Anstrengendes & irritierendes, aber lohnenswertes Kino.

#34 Praxisphilosoph

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Geschrieben 13. Oktober 2007, 15:22

Dai-Nipponjin
JAP | 2007 | Hitoshi Matsumoto

Der Film beginnt als gemächliche Fake-Doku über einen reichlich seltsamen, exzentrischen Mann, der von seinem sozialen Umfeld gemieden und ausgerenzt wird. Im Laufe der Ereignisse entpuppt sich dieser als "Dai-Nipponjin", der "Super-Japaner", der in alter Superhelden-Tradition "die bösen Monster" bekämpft, die scheinbar Japan bedrohen, mit der amüsanten Wendung, dass 2007 sich niemand mehr für solche Albernheiten interessiert. Dai-Nipponjin ist eine groteske & abgedrehte Satire auf die japanischen Supehelden (Godzilla usw.), in der sich die eher ruhigen, mit leidlichem Wortwitz ausgestatteten Interview-Passagen mit computeranimierten Schlachten der Monster/Helden abwechseln. Da diesem Schema allerdings nichts wirklich neues hinzukommt (Interview/Schlacht/Interview...) wird es spätestens nach 40 Minuten langweilig und öde. Die letzte halbe Stunde fand ich dann wirklich als Zeitverschwendung. Was bleibt sind ein paar nette Gags und verrückte Ideen mit ausgeprägtem Trash-Fakor... Kann man sehen, muss man aber nicht.

#35 Praxisphilosoph

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Geschrieben 14. Oktober 2007, 14:44

Sügisball
EST | 2007 | Veiko Öunpuu

Sügisball/Autumn's Ball
erzählt die Geschichte von sechs Menschen und ihren Angehörigen in einem trostlosen Wohnblock in Tallinn und thematisiert das unerbittliche Leben in der post-sowjetischen Zeit. Alle Protagonisten sind gescheitert oder treiben vor sich hin, umhüllt und umnebelt von Einsamkeit, Alkoholismus und der ewigen Suche nach Liebe und Glück. Das mitreißende Sozialdrama wechselt zwischen traurigen, komischen, grausamen, absurden und poetischen Momenten, ohne überladen oder uneinheitlich zu werden. Als Referenz denke man sich den "Hyperrealismus" des neuen österreichischen Films (Barbara Albert; Götz Spielmann) plus den lakonischen Humor von Mika Kaurismäki und die Absurdität der Filme von Roy Andersson. Die Kamera ordnet sich dem Gesamtästhetik unter und liefert konzentrierte, entsättigte Bilder, wirklich herausragend ist das Musikkonzept, dass vor allem die poetischen Momente wirkungsvoll betont. Neben der für den Film komponierten Musik ist die Auswahl der Musiktitel (u.a. von Bohren und der Club of Gore; Godspeed You! Black Emperor) hervorzuheben. Absolut sehenswert!

#36 Praxisphilosoph

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Geschrieben 14. Oktober 2007, 15:10

Nightwatching
UK/F/D/POL/CAN/NL | 2007 | Peter Greenaway

Nightwatching thematisiert das Rätsel hinter dem berühmten Bild "Nachtwache" von Rembrandt und bietet im Laufe der Narration eine Interpretation der Ereignisse an. Wie immer in einem Greenaway ist auch der neue Theater-Film ein komplexes Werk, das auf verschiedenen Ebenen funktioniert: Kriminalfall, Biografie, Gesellschaftsportrait, Bildinterpretation, Medienreflexion, Übertragung und Reflexion der Bildästhetik Rembrandts im Film, Theaterstück, Komödie... Das sind jetzt die Ebenen, die mir bei der ersten Sichtung aufgefallen sind, bestimmt gibt's noch einige mehr. Ach ja, die meisten Einstellungen imitieren ein Bild Rembrandts und liefern durch die Handlung in dem Bild-Tableau gleichzeitig eine Interpretation des Originalwerks. Gleichzeitig finde ich den Film (wie die meisten Greenaways) als ungeheuer geschwätzig und stelle mir die Frage, ob solche Filme im Kino überhaupt Sinn machen, da sich die meisten, vor allem kunstreflexiven, Diskurse, nur mit entsprechender Hintergrundinformation verstehen lassen. Mit einer gut ausgestatteten DVD und einem dicken Essay würde das dem Interessierten wesentlich mehr bringen. So bleibt ein visuell eindrucksvoller Film mit herausragender Kameraarbeit und wirklich atemberaubenden Setdesign, mit dem ich mich aber aufgrund seiner intellektuellen Kühle und nervenden Dialoglastigkeit irgendwie nicht richtig anfreunden kann.


P.S.
Ich muss mein viel zu pauschales Urteil über Video in dem Beitrag über La Antena an dieser Stelle revidieren. Nightwatching ist ebenfalls in HD (Thomson Viper) gedreht und dann auf 35mm ausbelichtet und sieht selbst auf einer großen Leinwand wirklich großartig aus. Es kommt dann doch letztendlich auf die vorhandenen (ökonomischen) Ressourcen an.

Bearbeitet von Manifesto, 14. Oktober 2007, 15:14.


#37 Praxisphilosoph

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Geschrieben 14. Oktober 2007, 18:32

Cristóvão Colombo - O Enigma
PORT/F | 2007 | Manoel de Oliveira

Manoel de Oliveira's 47. Spielfilm Cristóvão Colombo - O Enigma/Christopher Columbus - The Enigma ist eine schnarchige Altherren-Geschichtslehrstunde und verhandelt in biederer und altbackener Inszenierung die, angeblich wissenschaftlich begründete, These, Christopher Columbus sei nicht in Genua, sondern in Portugal geboren und somit gebüre den Portugiesen der Respekt und die Anerkennung des Entdeckens der "neuen Welt", was gegen Ende des Films in einer peinlichen, nationalistischen Feier des portugiesischen Imperialismus kulminiert. What a crap!

#38 Praxisphilosoph

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Geschrieben 15. Oktober 2007, 15:34

Smiley Face
USA | 2007 | Gregg Araki

Smiley Face ist die aberwitzige Story von Jane (Anna Faris), die schon reichlich stoned in einem Anfall eines morgendlichen Fressflashs versehentlich sämtliche Gras-Cookies ihres Mitbewohners vertilgt und anschließend völlig abgeschossen von einer absurden Situation zur nächsten schlittert. Es folgt ein Feuwerk an abgedrehten und höchste amüsanten Episoden, die hervorragend inszeniert sind und einfach gute Laune verbreiteten. Ein symphatischer, witziger und kurzweiliger Film, der nie in eine ätzende Pubertätsposse abgleitet. Ich mag ja lieber die schweren Stoffe, weil sie meist tiefgründiger und reichhaltiger sind, hier habe ich mich allerdings bestens unterhalten gefühlt. Sicher ist Smiley Face kein Film, der über das Gesehene hinaus Diskurse aufwirft, aber er macht einfach Spass. Wirklich hervorzuheben ist das Schauspiel Anna Faris, die die Hauptfigur großartig spielt. Sehenswert!

#39 Praxisphilosoph

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Geschrieben 16. Oktober 2007, 15:07

Du levande
SE/D/F/DK/NO | 2007 | Roy Andersson

Der dritte Langfilm von Roy Andersson ist ein weiteres groteskes Meisterwerk der Absurdität und bitterbösen Gesellschaftskritik und entpuppt sich für meinen Geschmack als politisch expliziter als Songs From The Second Floor und steht damit eher in der Tradition des großartigen Kurzfilms World Of Glory. Da kommt unter der goldberandeten Tischdecke einer gutbürgerlichen Großfamilie mal eben zwei Hakenkreuze zum Vorschein; vorsitzende Richter bekommen während der Gerichtsverhandlung Maßkrüge voll Bier serviert und entscheiden sich wie in einer Auktion für die Todesstrafe; der Hinrichtung wird wie im Kino popcornessend entgegengefiebert. Diese kleinen teils bösen, teils existenziellen Szenen inszeniert Andersson wie zuvor meist in einer Einstellung als "verzerrtes Tableau" in trostlosen Farben, aber immer mit einem augenzwinkerndem Detail. Niemand sonst macht solche Filme; sie sind in der Tat einzigartig und selten. Du levande ist unter vielen anderen guten Filmen das erste, wirklich herausragende Highlight des Festivals!

Bearbeitet von Manifesto, 16. Oktober 2007, 15:13.


#40 Praxisphilosoph

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Geschrieben 16. Oktober 2007, 15:35

Daisy Diamond
DK | 2007 | Simon Staho

Daisy Diamond ist die erschütternde Geschichte einer alleinerziehenden, hoffnungslos überforderten Schauspielerin, die mit ihrem Neugeborenen fluchtartig von Stockholm nach Kopenhagen gezogen ist. Auf sich allein gestellt, kämpft sie gegen die widrigen, auch selbst verursachten Umstände, bis ihre Verzweiflung in einer schrecklichen Tat münden. Der in der Hauptrolle großartig gespielte Film inszeniert den folgenden Absturz der Figur für meinen Geschmack etwas zu abrupt, entwickelt aber von Anfang an eine beklemmende Atmospähre und seziert nebenbei gnadenlos das Filmgeschäft als widerliches Buisness. Die Kamera wird meist aus der Hand geführt, Musik sehr sparsam, aber effektvoll eingesetzt. Ein rauer und eindrucksvoller Film, der mich in seiner Kompromislosigkeit und Härte und dem Inszenierungsstil stellenweise an Lilya 4-ever und A Hole In My Heart von Lukas Moodysson erinnert. Sehenswert!

P.S.
An dieser Stelle sei auf Simon Stahos wirklich lohnenswertes Drama Dag och natt/Day and Night (2004) mit dem wunderbaren Mikael Persbrandt hingewiesen, bei dem sich die Kamera ausschließlich im oder am Auto befindet und damit eine interessante Erzählperspektive entwickelt. Eine DVD von dem Film mit englischen UT ist in Schweden erschienen.

#41 Praxisphilosoph

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Geschrieben 17. Oktober 2007, 20:58

Ploy
TH | 2007 | Pen-ek Ratanaruang


Ploy beginnt als behutsam inszeniertes Ehe-Drama, in dem man nie ganz sicher sein kann, was filmische Realität und Traum ist. Gegen Ende des Films kommen Thriller-Elemente hinzu, was ich als unausgegoren, unpassend und letztlich aufgesetzt empfinde. Kein schlechter Film, aber irgendwie auch kein guter und so bleibt eher ein Gefühl der Belanglosigkeit.

#42 Praxisphilosoph

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Geschrieben 17. Oktober 2007, 21:01

The Man From London
F/D/HU | 2007 | Béla Tarr

Béla Tarrs neustes Werk ist die Adapation des gleichnahmigen Romans von Georges Simenon, wobei die Kriminalhandlung wie erwartet nur den äußeren Erzählrahmen liefert. Einmal mehr bietet Tarrs Film eine langsame und schleichende Reise in das Innere seiner Figuren und entwickelt eine ungeheure Atmosphäre zwischen Melancholie, Trauer und Erstarrung. Die wieder wunderbare s/w-Photographie wurde diesesmal von Fred Kelemen gestaltet, was ich sehr interessant finde, da Kelemens Filme in Atmosspähre und Themen wie die rauen Zwillinge zu Tarrs Filmen erscheinen. Unbedingte Empfehlung für The Man From London, der Geduld und Aufmerksamkeit fordert, aber mit einer intensiven Seherfahrung belohnt.

Bearbeitet von Manifesto, 17. Oktober 2007, 21:01.


#43 Praxisphilosoph

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Geschrieben 18. Oktober 2007, 18:47

Stellet Licht
MX/F/NL/D | 2007 | Carlos Reygadas

Carlos Reygadas dritter Film spielt in einer religiösen, bäuerlichen, (platt)deutschsprachigen Gemeinde in Mexiko und erzählt von einem Mann, der zwei Frauen aufrichtig liebt und keinen Ausweg aus der, für alle Beteiligten quälenden Situation findet. Silent Light erzählt von Würde und Ehrlichkeit, von Solidarität und tiefen Gefühlen und ist nichts anderes als ein utopisches, humanistisches Meisterwerk. In rauen Cinemascope-Bilder und gewohnt langsamen Erzählrythmus entfaltet der Film eine Reife und Empathie für seine Figuren, deren zutiefst menschlicher Umgang miteinander letztendlich sogar den Tod besiegen kann. Nebenbei funktioniert der Film ebenfalls als soziologische Studie einer intakten, nach allgemein akzeptierten Regeln, funktionierende Gemeinschaft. Ein herausragender, aufwühlender und bewegender Film von einem der aufregendsten, zeitgenössischen Autorenfilmer, der seinem großen Vorbild Ingmar Bergman mit Silent Light heftigst am Thron kratzt. Absolut sehenswert!

#44 Praxisphilosoph

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Geschrieben 18. Oktober 2007, 19:01

Berliner Reigen
D | 2007 | Dieter Berner

Berliner Reigen ist der Abschlussfilm einer Vielzahl von StudentInnen (Schauspiel, Kamera, Produktion) der HFF Potsdam und basiert lose auf dem gleichnahmigen Theaterstück von Arthur Schnitzler. Großes Plus des kurzweiligen Episodefilms sind die wirklich exzellenten Darsteller von überzeichneten, aber durchaus realistischen Charakteren, während der Film inhaltlich mehr als Beziehungsaspekte nur selten zu bieten hat. Ästhetisch finde ich den Film durchaus ansprechend, aber nicht besonders innovativ. Kann man sich mal im Fernsehen anschauen...

Bearbeitet von Manifesto, 18. Oktober 2007, 19:02.


#45 Praxisphilosoph

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Geschrieben 18. Oktober 2007, 19:14

Import/Export
AT | 2007 | Ulrich Seidl

Import/Export ist ein erschütternder und grausamer Film über kapitalistische Ausbeutungsmechanismen, männlicher, sexueller Gewalt, Erniedrigung und dem "Verwahren" von Alten und bietet eine Reihe von wirklich widerlichen Figuren. Der groteske, bittere Humor der frühen Filme von Seidl ist wie schon in Hundstage nur noch spärlich vorhanden, es geht ganz deutlich eher in die Richtung von Barbara Albert, Michael Glawogger und Ruth Mader. Ein schockierender, wichtiger und aufwühlender Film, der mich zuerst traurig, dann wütend zurückließ. Absolut sehenswert!

#46 Praxisphilosoph

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Geschrieben 18. Oktober 2007, 19:32

La Zona
MX | 2007 | Rodrigo Plà

Die titelgebende Zone ist eine faschistoide Siedlung, "geschützt" durch eine meterhohe Mauer mit Stacheldraht und privaten Sicherheitsdienst, in der eine handvoll reicher Familien wohnen und die von Favelas umgeben ist. Quasi Schäubles Paradies auf Erden. In einer stürmigen Nacht gelangen drei Jugendliche aus den Favelas in die Zone und töten bei einem missglückten Einbruch die Hausherrin. Die Bewohner der Siedlung üben Selbstjustiz und töten den "Müll", wie sie die Jugendlichen titulieren; einer kann jedoch entkommen, auf den Jagd gemacht wird, während selbst die offizielle Polizei kein Zutritt in die Siedlung bekommt. Aus dieser Ausgangssituation entwickelt sich ein wirklich spannender Thriller, der geschickt seine Gesellschaftskritik äußert, ohne plakativ zu werden. Da lässt sich sogar das stellenweise konventionelle, melodramatische Musikkonzept verschmerzen. Sehenswert!

#47 Praxisphilosoph

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Geschrieben 20. Oktober 2007, 16:46

Baixio das Bestas
BRA | 2007 | Cláudio Assis

Baixio das Bestas/Bog Of Beasts spielt auf dem von Arbeitslosigkeit geprägten Land in Brasilien und erzählt die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das von ihrem Großvater gezwungen wird, sich gegen Geld auszuziehen und von zahlenden Fremden betatschen zu lassen. Der zweite Erzählstrang handelt von einem Studenten aus reichem Hause, der mit Freunden die Tage mit ungezügeltem Alkohol- und Marijuhana-Konsum verbringt und dann völlig zugedröhnt Jagd auf Frauen macht. Das erschütternde Drama thematisiert dabei mit unerbittlicher Konsequenz den Kreislauf aus sexueller Gewalt, Alkoholismus, Machismo, sozialer Ungleichheit und Erniedrigung und zeigt eine Gesellschaft, in der Frauen lediglich ein Existenzrecht als Arbeiterinnen und Mißbrauchopfer zu haben scheinen. Sie stecken bis zum Hals im titelgebenden "Sumpf der Untiere" ohne ein Anzeichen von Hoffnung. Der kompromißlose Film ist wirklich sehenswert und wichtig, auch wenn manche Mißbrauchsszenen kaum auszuhalten sind. Die Kamera von Walter Carvalho (Carandiru) zeigt die Figuren oft aus einer Aufsicht und verleiht dem Film in der Kombination mit der beweglichen Handkamera seine intensive Beklemmung. Als einzigster Kritikpunkt würde ich die durchaus vorhersehbare und stellenweise sehr schematische Narration anführen. Sehenswert!

#48 Praxisphilosoph

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Geschrieben 20. Oktober 2007, 21:11

La France
F | 2007 | Serge Bozon

Herbst, 1917: eine junge Frau bekommt keine Briefe von ihrem Mann von der Front und macht sich als Mann verkleidet auf die Suche nach ihm. Unterwegs trifft sie auf eine Gruppe von Desateuren, die ihre Waffen gehen zum Teil selbstgebaute Instrumente getauscht haben. Die realistische (Kriegs)Atmospäre wird immer wieder von musicalartigen Gesangeinlagen unterbrochen, die das Fortschreiten der Geschichte reflektieren und dabei fast surreale Welten enstehen lassen. Ein ungewöhnlicher Film, der mich allerdings nicht wirklich überzeugen konnte und somit eher einer der Werke ist: kann man sehen, muss man aber nicht...

#49 Praxisphilosoph

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Geschrieben 21. Oktober 2007, 14:30

I'm a Cyborg, But That's OK
KR | 2007 | Chan-Wook Park

Eine wirkliche Enttäuschung ist I'm a Cyborg, But That's OK. Klar hat der Film einige skurile, witzige und auch poetische Momente, aber das fällt alles im Gesamten dermaßen auseinander und ist völlig strukturlos. Fragmentarisches Erzählen ist für mich mehr als nur das bloße Aneinanderreihen von Szenen und Episoden, im Hinblick auf eine narrative Geschlossenheit ist der Film für meinen Geschmack völlig gescheitert. Das ist von allem ein bißchen, halbgar und konfus, was bei mir einen heftigen Anfall von Langeweile aufkommen ließ. Belanglos!

#50 Praxisphilosoph

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Geschrieben 21. Oktober 2007, 20:10

Eye In The Sky
HK | 2007 | Nai-Hoi Yau

Eye In The Sky ist der Debutfilm des erfolgreichen Drehbuchschreibers Nai-Hoi Yau (Runnings Out Of Time, Election, PTU) und steht wie erwartet in der Tradtion der Filme Johnny Tos. Der Film handelt von einer Observierungsspezialeinheit auf der einen und von skrupelosen Schmuckdieben auf der anderen Seite. Was folgt ist hervorragend inszenierte Genre-Unterhaltung mit den bekannten Zutaten. Mitreißend und unterhaltsam, ohne jedoch wirklich Neues zu liefern. Erzählerische Stagnation auf hohem Niveau.

#51 Praxisphilosoph

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Geschrieben 22. Oktober 2007, 13:32

I'm Not There
USA/D | 2007 | Todd Haynes

Mein letzter Film des Festivals entpuppte sich als mäßig spannendes Biobic über Bob Dylan, der zwar durchaus interessante Ideen aufzubieten weiß, z.b. die Hauptfigur von sieben verschiedenen SchauspielerInnen interpretieren zu lassen, je nach dem welcher Aspekt des Lebens thematisiert werden soll. Auch hier und dar in die Spielhandlung eingestreute (inszenierte) Interviews versuchen ein komplexes Bild des Musiker zu entwerfen, was ich allerdings für gescheitert halte. Irgendwie ist der Film von allem ein bißchen, aber nichts wirklich konsequent ausgeführt (s. I'm a Cyborg...), er wabert an der Oberfläche und ist mit seinen 135 min. viel zu lang. Ich denke, Bob Dylan-Fans haben vielleicht nochmal einen anderen Blickwinkel, für mich bleibt I'm Not There weitestgehend belanglos.

#52 Praxisphilosoph

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Geschrieben 27. Oktober 2007, 13:21

Zurück zum harten Alltag des Cinéma québecois...

Mémoires affectives
CAN | 2004 | Francis Leclerc

Ein Mann leidet an Amnesie, nachdem der aus einem langjährigen Koma erwacht ist und wird von verstörenden Erinnerungsbildern verfolgt. Die Story dreht sich darauf aufbauend um die Suche nach seiner Identiät, bzw. die Bedeutung der Erinnerungen. Der Film entwickelt die Spurensuche gemächlich und leise und die Kamera von Steve Asselin findet zum Teil wunderschöne, entsättigte Bilder für die existenzielle Situation des Protagonisten. Das Drehbuch ist allerdings eine reine Katastrophe. Figuren und Sub-Narrationen verschwinden einfach und werden nicht weiter erzählt, wie zum Beispiel der Unfall des Protagonisten, der zum komatösen Zustand führte. Es wird eine polizeiliche Ermittlung thematisiert, alle groß aufgebauscht, um an Ende des Films die Handlungslinie völlig zu vergessen und dem Film einen Plottwist zu spendieren. Das ist handwerklich wirklich schlecht! Kann man über diese Unzulänglichkieten hinwegsehen, bekommt man ein durchaus spannendes Thriller-Drama serviert. Danach kann man aber den Film auch schnell wieder vergessen. Das steckt nichts drin, was wirklich von Belang wäre.

#53 Praxisphilosoph

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Geschrieben 30. Oktober 2007, 19:56

CQ2 (Seek You Too)
CAN | 2004 | Carole Laure

Der Film mit dem selten dämlichen Namen CQ2 ist kein futuristischer Actioner, sondern die Geschichte einer 17-jährigen Teenagerin, die aufgrund von sexuellen Belästigungen durch ihren Stiefvater und der Schweigsamkeit der Mutter hinsichtlich ihrer Situation von zu Hause wegläuft und von einer gerade aus dem Knast entlassenen Tanzlehrerin aufgenommen wird. Durch die folgende harte Schule des Tanzes erfährt die Protagonistin einen Lebensinhalt und Selbstvertrauen, um ihr weiteres Leben zu meistern. Das klingt riechlich klischeehaft nach Sozial-Drama und in der Tat werden eine Reihe von Standardsituationen vorgeführt, ohne dem Sujet Neues hinzuzufügen. Dazu fallen die Tanzszenen vollkommen aus der Narration heraus, die zwar für sich schön anzusehen sind, aber in keinster Weise eine erzählerische Funktion besitzten. So bleibt für mich der Verdacht, da wollte jemand unbedingt einen Tanzfilm mit vielen Tanzszenen machen und hat drumherum eine Außenseiter-Story gebastelt. Wäre ja auch nicht schlimm, wenn's funktionieren würde. Tu es aber in diesem Fall nicht. Kamera und Musik sind solide, aber nicht wirklich erwähnenswert...

#54 Praxisphilosoph

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Geschrieben 20. November 2007, 17:27

La peau et les os aprés
CAN | 2005 | Hélène Bélanger-Martin

1988 drehte Johanne Prégent mit La peau et les os einen Dokumentarfilm in einer Klinik in Montréal, der den Alltag von essgestörten jungen Frauen thematisierte. Die dokumentarischen Aufnahmen wurden immer wieder von inszenierten Szenen unterbrochen, um so psychische Zustände der Protagonisten zu visualisieren. Die Hauptrolle spielte die damals an Bulemie leidende Hélène Bélanger. 17 Jahre später besucht sie drei Freundinnen, mit denen sie die Krankheitsgeschichte teilt und trifft auch auf den sie ehemals behandelten Arzt. Wie in dem Film von 1988 unterbrechen inszenierte Szenen die Interviews und erweiteren die Film um eine poetische Ebene.

La peau et les os aprés ist ein durchaus aufwühlender, sehr persönlicher und emotionaler Dokumentarfilm über die Krankheitsgeschichte von insgesamt fünf Frauen, die sich vor der Kamera öffnen, um das weitestgehend tabuisierte Thema in die öffentlichkeit zu tragen. Überhaupt geht der Film um das Sprechen, um die Chance, endlich die Dinge beim Namen zu nennen. Eine der eindrucksvollsten Szenen ist schließlich auch das Interview der Regisseurin mit ihrer Mutter, die auch 2005 behauptet, sie hätte von dem Zustand ihrer Tochter (sie wog damals ca. 40 Kilo) nichts mitbekommen.

Gesellschaftliche Ursachen werden nur am Rande erwähnt und keiner genaueren Analyse unterzogen und so droht das Anliegen des Films durch seine überemotionale Inszenierung erdrückt und lediglich als individuelle Schicksalsgeschichte wahrgenommen zu werden. Eine ausgewogenere Gewichtung von persönlichem Schicksal und gesellschaftlicher Relevanz hätte den Film gut getan. Trotzdem ein sehenswerter Film, der allen Betroffenen Mut machen und Hoffnung spenden soll.

#55 Praxisphilosoph

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Geschrieben 27. November 2007, 17:09

On est au coton
CAN | 1976 | Denys Arcand

Die Bewertung des umstrittenen Klassikers des cinéma direct ist leider nur mir erheblichen Abstrichen möglich, da die einzige Veröffentlichung des Films durch das NFB/ONF keine englischen Untertitel aufweist. Und, wie schon an anderer Stelle bemerkt, ist mein französisch eher rudimentär und der quebecische Dialekt extrem schwer verständlich. Ich kann mich also lediglich auf die Bilder und etwas Vorwissen beziehen, um den Film hier vorzustellen.

On est au coton dokumentiert in der klassischen Ästhetik des direct cinema (Handkamera, kein Off-Kommentar) die Arbeitsbedingungen in zahlreichen Fabriken der Textilindustrie in Québec und verfolgt dabei eine orthodoxe, marxistische Perspektive, die sich auf die Enthüllung von Ausbeutungsmechanismen fokusiert. Zu Wort kommen eine Reihe (frankophoner) ArbeiterInnen, die von ihren Arbeitsalltag berichten, sowie die (anglophonen) Fabrikbesitzer, die ihre Sicht darlegen. Dieses, anhand sprachlichen Linien ausgerichtetes, Klassenverständnis spiegelt durchaus die damalige, reale Sozialstruktur wider. Thematisiert werden im Film dabei hauptsächlich konkrete, arbeitsrechtliche Fragestellungen wie Sicherheit, Lohn und Arbeitszeit. Ästhetisch und von seiner ideologischen Ausrichtung erinnert mich On est au coton deutlich an Fernando Solanas' Filmpamphlet Die Stunde der Hochhöfen (1968).

On est au coton ist wie die meisten Filme des direct cinema ein "Montagefilm", der geschickt Widersprüche und Gemeinsamkeiten und Ursache und Wirkung gegenüberstellt, miteinander verwebt und so über den Film hinausgehende Fragen stellt...

#56 Praxisphilosoph

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Geschrieben 30. November 2007, 19:05

Octobre
CAN | 1994 | Pierre Falardeau

Kurz vorneweg zur Person des Regisseurs: Pierre Falardeau ist der umstrittendste Filmemacher Québecs, vertritt er doch vehement eine unversöhnliche, extrem nationalistische Sichtweise. Waren seine Positionen in den 1970er Jahren noch von orthodox-marxistischen Ideen bestimmt, verschwanden die Inhalte einer klassenlosen Gesellchaft zunehmend, bis schließlich einzig "die Nation" einer Volksgemeinschaft als Ziel übrig blieb (ein Phänomen, das übrigens in weiten Teilen des "Befreiungsnationalismus" zu beobachten ist). Farlardeau vertrat deutlich rassistische Positionen, wie die Forderung nach der Ausweisung aller anglo- und allophonen Menschen; von seinen antisemitischen Ausfällen mal ganz zu schweigen. Unzählige Dementis Falardeaus folgten auf öffentlichen Druck.

Octobre erzählt nun die Geschichte einer FLQ-Zelle (FLQ = Front Libération de Québec), die während der Oktoberkrise 1970 zwei Politiker entführten, um Gefangene freizupressen. Der Film schildert die Ereignisse von der Entführung bis zur Ermordung der Geisel ganz aus Sicht der Felquisten und thematisiert dabei ihre Beweggründe, ihre Zweifel und den Versuch des Erhalts ihrer Menschlichkeit angesichts des enormen Drucks und der Todesangst.

Octobre ist überraschenderweise ein wirklich spannender Polit-Thriller, der die Entführer menschlich, aber nicht einseitig inszeniert und ihr Verhalten aus ihrer Persektive dem Zuschauer durchaus verstehbar macht. Gerade aber die Ambivalenz aller Figuren und ihre moralische Reflektionen machen den Film interessant, wenn man im Hinterkopf die Intention mitdenkt. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit den politischen Inhalten kommt dabei aber zu kurz und erschöpft sich in platten, moralisch aufgeladenen Ungerechtigskeitplattitüden. Der formale Aspekt des Films ist solide, positiv gefällt der sparsame Einsatz von kommentierender Musik. Mit einem kritischen Gestus durchaus sehenswert.

#57 Praxisphilosoph

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Geschrieben 30. November 2007, 19:17

15 février 1839
CAN | 2001 | Pierre Falardeau

Hatte Octobre, wenn auch auf einer eher parolenhaften Ebene, noch politische Inhalte zu bieten, sind "die Engländer" in 15 février 1839 einfach nur noch Abschaum und brutale Unterdrücker, die brandschatzen, morden und vergewaltigen. Der Film thematisiert den Aufstand von 800 sogenannten "Patrioten" gegen die britische "Besatzung" im 19. Jahrhundert und schildert die letzten 24 Stunden einiger Männer, die im Gefängnis auf ihre Hinrichtung warten. Der Film ist ein moralinsaures, pathetisches Melodram, das einzig auf das Evozieren von Mitleid mit den Gefangenen aus ist und den Aufstand als gerechtfertigt darstellt, ohne wirkliche politische oder sozialstrukturelle Bedingungen zu reflektieren. Mit Falardeaus politischem Hintergrund ist 15 février 1839 letzendlich ein billiger, nationalistischer Propagandafilm der aufdringlichsten Sorte, der mit "bewegenden" Bildern und bombastischen Musikkitsch operiert. Pfui!

#58 Praxisphilosoph

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Geschrieben 29. Dezember 2007, 15:42

Zero Tolerance
CAN | 2004 | Mischka Saäl

Zero Tolerance ist ein Film über den alltäglichen Rassimus der Montréaler Polizei gegenüber den zahlreichen migrantischen Einwohnern der Metropole. Im Stil einer klassischen Reportage werden Beobachtungen von Polizeieinsätzen und Interviews gegeneinander montiert. Auch Rassimus innerhalb der Polizei wird thematisiert. Ästhetisch bewegt sich der Film weitestgehend auf TV-Niveau, ohne wirklich eindringliche Bilder zu liefern. Somit bleibt als Stärke der thematische, ungeschminkte Blick auf die rassistischen Teile der Polizei, wobei auch die Widersprüche aufgezeigt und der Kampf gegen Rassismus auch innerhalb der Institution nicht ausgeblendet wird. Ein Film über ein universelles Thema.

#59 Praxisphilosoph

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Geschrieben 30. Dezember 2007, 14:53

Mein Aufenthalt neigt sich so langsam dem Ende entgegen und somit ist dies der letzte Eintrag des Cinéma Quebécois-Filmtagebuchs. Vielleicht starte ich irgendwann zu passender Gelegenheit wieder ein ähnliches Projekt. Au revoir et bientôt...

#60 Praxisphilosoph

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Geschrieben 17. Juli 2008, 13:00

Ich habe mich entschieden, mein Filmtagebuch zu reaktivieren - ein Ort der knappen Rezeptionseindrücke, Kurzanalysen und Gedanken nach der Erstsichtung.


Das Pulverfass
YUG/F/GR/TUR | 1998 | Goran Paskaljevic

Destruktives und nihilistisches Episoden-Drama, das männliche, zum Teil sexualisierte Gewalt als einzigstes Kommunikationsmittel beschreibt und damit als Zerrbild der in die verschiedenen antagonistischen Ethnien zerfallenden jugoslawischen Gesellschaft fungiert. Auch der gelegentlich aufblitzende schwarze Humor und das Stilmittel der Groteske verschleiern nicht die zutiefst pessimistische Perspektive des Films - Ein Film der bei mir leichte Aggression auslöste aufgrund der zum Teil extrem unsymphatischen und frauenfeindlichen Charaktere; er scheint also zu funktionieren.


The Mummy/Die Mumie
USA | 1932 | Karl Freund

Im besten Sinne altmodischer Horror-Klassiker, der jedoch jede narrative Wendung bis ins Detail erklärt. Das hölzerne Schauspiel wirkt stellenweise unfreiwillig komisch - Mit übersinnlichem Hokuspokus kann ich mich ja auch im Film nicht wirklich anfreunden, von daher zwar eine kurzweilige, aber für meine Interessensgebiete eher unbrauchare Sichtung.





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