Wadd: The Life And Times Of John C. Holmes (US-Video)
Auf den Tag genau 24 Jahre vor mir kam John Curtis Holmes zur Welt. Er entstammte einer unbedeutenden Familie aus Ohio, hatte einen Alkoholiker zum Vater und träumte davon, jemand Besonderes zu sein. Die 34 cm in seiner Hose erwiesen sich in dieser Hinsicht als hilfreich, katapultierten sie ihn doch von den frühen 70ern an in den Porno-Olymp. Drogen, Selbstüberschätzung und Ziellosigkeit verschafften ihm das Erster-Klasse-Ticket zum Elefantenfriedhof. Wes Emerson versucht, in seiner Dokumentation den Weg Holmes´ nachzuvollziehen. Er tut dies weitgehend glaubhaft und lauter, verklärt die Pornoindustrie dabei an keiner Stelle, zeichnet sie nur als einen weiteren Ort, an dem sich die Wunschvorstellungen vieler und die Lebenslinien einiger weniger begegnen. Für mich war der Film ein Eldorado an Informationen und spannender als mancher Krimi, zumal der ehemalige Pornofilmer Emerson weder von selbstkasteienden Verhexungen angetrieben scheint noch von Rehabilitierungszwang im Hinblick auf den oftmals gescholtenen Geschäftszweig. Viele der Leute, die an Holmes´ Filmen beteiligt waren, kommen zu Wort, darunter auch verschiedene Leute, die ich für mein Buch interviewt habe. (Unter den Regisseuren und Darstellern befinden sich Bob Chinn, Bill Margold, Ann Perry, Annette Haven, John Leslie, Juliet Anderson, Ron Jeremy, Bobby Hollander, Richard Pacheco, Candida Royalle und Bob Vosse.) Filmkritiker Kenneth Turan und BOOGIE NIGHTS-Regisseur P.T. Anderson äußern sich, und auch einige Vertreter der Justiz geben ihre Eindrücke der späteren Kriminalgeschichte kund. Die Verstrickung Holmes´ in Einbruchsdiebstähle und einen Mordfall werden nüchtern aufgerollt. Im Zusammenhang mit den Kinder- und Jugendbildern des Mannes läuft es einem eiskalt über den Rücken. Es überwiegt dabei aber nicht der Eindruck eines falsch eingeschlagenen Lebensweges (wie dies eine moralisierende Deutung nahelegen würde), sondern der einer verhängnisvollen Häufung von Umständen, die schließlich zur Katastrophe geführt haben. Man sieht einige Menschen weinen, nicht nur um Holmes, sondern auch um sich selbst. Richtig leid getan haben mir in erster Linie seine langjährige Ehefrau Sharon und seine ebenfalls langjährige Geliebte Dawn, die im Film nur in unkenntlich gemachter Gestalt sprechen. Man merkt, wie sehr ihre eigenen Wünsche mit den Wünschen eines anderen kollidierten, der vom ganz anderen Tanzen war, wie diese Unverträglichkeit über Jahre hinweg ignoriert wurde, wie dieses gräßliche Mißverständnis alle Beteiligten noch Jahre danach zeichnet. Der Mut dieser Frauen – keine Vernunft, keine Klugheit, sondern Lebensmut – steht als unaufdringliche Alternative neben dem Lebensweg des John Holmes und seiner Selbstvermarktung. Der Film bewertet das weder mit Gut oder Böse, zeigt nur die Mechanismen auf, die in den Menschen ablaufen. Das tut er aufrichtig und gerät nicht zu einer Werbung für die Fantasielieferanten des Erwachsenenfilmmarktes. Keine Dämonisierung, keine Verniedlichung – ein akkurates und bemerkenswert menschliches Bild, das der Film zeichnet. Hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Auf den Tag genau 24 Jahre vor mir kam John Curtis Holmes zur Welt. Er entstammte einer unbedeutenden Familie aus Ohio, hatte einen Alkoholiker zum Vater und träumte davon, jemand Besonderes zu sein. Die 34 cm in seiner Hose erwiesen sich in dieser Hinsicht als hilfreich, katapultierten sie ihn doch von den frühen 70ern an in den Porno-Olymp. Drogen, Selbstüberschätzung und Ziellosigkeit verschafften ihm das Erster-Klasse-Ticket zum Elefantenfriedhof. Wes Emerson versucht, in seiner Dokumentation den Weg Holmes´ nachzuvollziehen. Er tut dies weitgehend glaubhaft und lauter, verklärt die Pornoindustrie dabei an keiner Stelle, zeichnet sie nur als einen weiteren Ort, an dem sich die Wunschvorstellungen vieler und die Lebenslinien einiger weniger begegnen. Für mich war der Film ein Eldorado an Informationen und spannender als mancher Krimi, zumal der ehemalige Pornofilmer Emerson weder von selbstkasteienden Verhexungen angetrieben scheint noch von Rehabilitierungszwang im Hinblick auf den oftmals gescholtenen Geschäftszweig. Viele der Leute, die an Holmes´ Filmen beteiligt waren, kommen zu Wort, darunter auch verschiedene Leute, die ich für mein Buch interviewt habe. (Unter den Regisseuren und Darstellern befinden sich Bob Chinn, Bill Margold, Ann Perry, Annette Haven, John Leslie, Juliet Anderson, Ron Jeremy, Bobby Hollander, Richard Pacheco, Candida Royalle und Bob Vosse.) Filmkritiker Kenneth Turan und BOOGIE NIGHTS-Regisseur P.T. Anderson äußern sich, und auch einige Vertreter der Justiz geben ihre Eindrücke der späteren Kriminalgeschichte kund. Die Verstrickung Holmes´ in Einbruchsdiebstähle und einen Mordfall werden nüchtern aufgerollt. Im Zusammenhang mit den Kinder- und Jugendbildern des Mannes läuft es einem eiskalt über den Rücken. Es überwiegt dabei aber nicht der Eindruck eines falsch eingeschlagenen Lebensweges (wie dies eine moralisierende Deutung nahelegen würde), sondern der einer verhängnisvollen Häufung von Umständen, die schließlich zur Katastrophe geführt haben. Man sieht einige Menschen weinen, nicht nur um Holmes, sondern auch um sich selbst. Richtig leid getan haben mir in erster Linie seine langjährige Ehefrau Sharon und seine ebenfalls langjährige Geliebte Dawn, die im Film nur in unkenntlich gemachter Gestalt sprechen. Man merkt, wie sehr ihre eigenen Wünsche mit den Wünschen eines anderen kollidierten, der vom ganz anderen Tanzen war, wie diese Unverträglichkeit über Jahre hinweg ignoriert wurde, wie dieses gräßliche Mißverständnis alle Beteiligten noch Jahre danach zeichnet. Der Mut dieser Frauen – keine Vernunft, keine Klugheit, sondern Lebensmut – steht als unaufdringliche Alternative neben dem Lebensweg des John Holmes und seiner Selbstvermarktung. Der Film bewertet das weder mit Gut oder Böse, zeigt nur die Mechanismen auf, die in den Menschen ablaufen. Das tut er aufrichtig und gerät nicht zu einer Werbung für die Fantasielieferanten des Erwachsenenfilmmarktes. Keine Dämonisierung, keine Verniedlichung – ein akkurates und bemerkenswert menschliches Bild, das der Film zeichnet. Hat mir ausgesprochen gut gefallen.