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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen

Cjamangos neues Filmtagebuch




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Zigeunerschnetzel



Drag Me To Hell (DVD)

Dies ist Sam Raimis großer Anti-Zigeuner-Film!

Zuerst einmal ein paar Anmerkungen zum Wort „Zigeuner“. Ich weiß nämlich gar nicht, was ich da sagen soll! Das Wort an sich ist ja gar nicht beleidigend und schuldet seine Herkunft wohl dem selben Wortstamm, der auch für das italienische „zingara“, das spanische „gitano“ und die bekannten französischen Zigaretten verantwortlich ist. Mit „ziehende Gauner“ hat das Wort rein gar nichts zu tun – das ist nur eine rassistisch geprägte Verballhornung. Trotzdem, wann immer ich auf meinem Roma-Synthie traurige Lieder spiele, frage ich mich, was ich stattdessen sagen könnte. Man will ja auch niemanden beleidigen.

Nun, Sam Raimi hat dieses Problem nicht, denn seine alte Zigeunerin ist ein sabberndes, zahnloses Wrack, und sie ist vor allem auch noch richtig böse, als ihr die blonde Protagonistin einen Kredit verwehrt. Bankangestellte Christine will der Vettel gar nichts Böses, aber die Situation läuft irgendwie aus dem Ruder, und bevor sie sich's versieht, hat sie einen Fluch an der Backe, und es handelt sich um einen Fluch der Güteklasse A!

Eine Freundin von mir warnte mich bereits, daß sie sich über diesen Film maßlos geärgert hätte. Ich vermute, daß dies weniger mit den rassistischen Gemeinplätzen zu tun hat, mit denen DRAG ME TO HELL operiert. Viel eher dürfte eine Szene dafür verantwortlich sein, in der Christine eine Katze opfert, um den Lamia-Dämon günstig zu stimmen, der ihr die Hölle heiß macht. Ich kenne sogar die Einstellung, mit der der Film bei ihr zweifelsohne verloren hatte...

Um es kurz zu machen: Mir hat der Film einen Riesenspaß bereitet! Zu Anfang war mir etwas unwohl, zumal ich Sam Raimi ja eher dem liberalen Flügel Hollywoods zurechne. Fakt ist, daß mir die blonde Bankangestellte und ihr widerwärtiger Yuppie-Freund richtig unsympathisch waren. Wenn man nun aber meint, daß Raimis Sympathien den Schönen & Reichen gehören, dann irrt man, glaube ich. Wer einen Beleg dafür braucht, der sollte sich mal den Anstandsbesuch bei den Eltern des Yuppie-Schnösels ankucken, den Raimi mit großer Lust zum Fiasko werden läßt. Christine stammt auch aus niederen Verhältnissen und strebt nach Akzeptanz durch die herrschende Klasse. Das wird überdeutlich in den Bank-Szenen, die größtenteils geprägt sind von ihren hektischen Versuchen, es dem ekligen Boß (wie üblich großartig: David Paymer) und dem schleimigen Mitbewerber recht zu machen. Christine wird vor allem für den Versuch bestraft, sich einem üblen System anzubiedern. Daß die Auslöserin des Fluches eine Zerrbildversion der bösen Zigeunerhexe ist (die ihr übrigens mehrmals am Kinn lutscht!), erscheint mir im Nachhinein als eine regelrecht koboldhafte Maßnahme Raimis, der damit Sozialkitsch nachdrücklich die Tür weist. Wie böse die Zigeuner auch immer erscheinen mögen, sie sind die Opfer des Systems, dem sich Christine anbiedert, und jenes System wird so unerquicklich dargestellt, das der Zuschauer ihm wohl kaum die Daumen drücken mag. DRAG ME TO HELL serviert seinen Horror-Comic-Quatsch mit viel inszenatorischer Raffinesse. Sein erster relativ preisgünstig gedrehter Film seit vielen Jahren scheint Raimi beflügelt zu haben. Das Tempo ist rasant, die Schocks massiv – man kommt kaum zum Luftholen. Ich betrachte den Film als einen gelungenen dreckigen Scherz, und wenn sich mancher Zuschauer über die politischen Unkorrektheiten aufregt, so paßt das irgendwie zum Film. Die Lektion, die ich aus dem Film bezogen habe, ist eindeutig: Never mess with a gypsy!




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