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In meinem Herzen haben viele Filme Platz - Filmforen.de - Seite 69

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In meinem Herzen haben viele Filme Platz


2138 Antworten in diesem Thema

#2041 Funxton

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Geschrieben 15. November 2009, 21:33

"Ich war's nicht, ich schwör's!"

Die Geißel des Fleisches ~ AT 1965
Directed By: Eddy Saller


Der zwanghafte Frauenmörder Alexander Jablonsky (Herbert Fux) ist gefasst worden und sieht sich nun seiner Gerichtsverhandlung gegenüber. Seine Verbrechen werden von der Staatsanwaltschaft und seinem Verteidiger (Hans Obonya), der Jablonsky als geisteskrankes Produkt einer fehlgeleiteten Sozialisation und damit als unzurechnugsfähig darstellt, minutiös aufgearbeitet.

Mit seinem Produzenten Herbert Heidmann machte Eddy Saller in den sechziger und siebziger Jahren ein paar kleine Exploitationfilme, von denen "Geißel des Fleisches" gemeinhin als der beste gilt. In der Tat ist die schön schundige Darstellung des Wiener Rotlichtmilieus mitsamt dem tollen Jazzscore von Gerhard Heinz auch heute noch ein Hingucker, wenngleich nach dem Laufe der Jahre etwas ab von einer ernstzunehmenden Betrachtung. Besonders arg wird es, wenn der Film sich um Erklärungsversuche bemüht; die ökonomisch florierenden Zeiten mitsamt ihrer besonders von jungen Frauen praktizierten, neuen Freizügigkeit seien es, die Sittlichkeitsverbrechern ganz neue Aktionsgebiete eröffneten, heißt es da unter anderem. Herbert Fux wird permanent als verquerer Kunstgeist und Alkoholiker mit abstoßendem Äußeren diffamiert, dabei ist er selbst, besonders in jungen Jahren, weder überdurschschnittlich hässlich, noch machen seine Auftritte als Barpianist oder gar seine phantasievollen Porträts einen üblen Eindruck. Eigentlich doch zum Piepen das alles, mal ehrlich. 1965 waren die hier demonstrierten, nackten Tatsachen und Kameraperspektiven jedenfalls beileibe noch keine Selbstverständlichkeit, selbst in schwarzweiß nicht, daher kommt Sallers Miniklassiker durchaus ein gewisser Vorreiterstatus zu.
Für den Chronisten deutschsprachigen Exploitationkinos ist "Die Geißel des Fleisches" somit unverzichtbar. Auf der just erschienenen DVD befindet sich leider nur die hochdeutsch nachvertonte Fassung, die zwar immer noch sehenswert ist, leider aber von Fuxens Schmäh (der wie immer tolle Akteur hat hier die Stimme von Fred Maire) nichts mehr hören lässt. Schade, aber wohl nicht zu ändern.

6/10

#2042 Funxton

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Geschrieben 15. November 2009, 21:52

Zitat entfällt.

L'Ultimo Treno Della Notte (Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien) ~ I/UK 1975
Directed By: Aldo Lado


Mit feschen Weihnachtseinkäufen im Gepäck reisen Lisa Stradi (Laura D'Angelo) und ihre deutsche Cousine Margaret Hoffenbach (Irene Miracle) mit dem Zug von München nach Verona um mit Lisas Eltern (Enrico Maria Salerno, Marina Berti) Weihnachten zu feiern. Doch es kommt ganz anders: Beide Mädchen werden zu Opfern zweier durch eine mysteriöse Frau (Macha Méril) im Zug aufgepeitschte Ganoven (Flavio Bucci, Gianfranco De Grassi), was die jungen Damen jeweils nicht überleben. In Verona wird das mörderische Trio dann ausgerechnet zu Gästen der Stradis...

Ein ziemlich unumwundenes Ripoff von "The Last House On The Left" ist Lados Film, dabei jedoch kaum weniger bedrückend und unbequem in seiner frenetischen Konsequenz. Zwar spielt der Rachefaktor hier keine solch wesentliche Rolle wie in Cravens Vorlage, dafür lässt Lado einen anderen, interessanten Aspekt miteinfließen: Den der gubürgerlich legitimierten Barbarei. Ohne die diabolische Einflussnahme der namenlosen blonden Dame im Zug, die am Ende auch noch als einzige ungestraft davonkommt, wären die Ereignisse nicht so eskaliert und auch der wohlsituierte Voyeur (Franco Fabrizi), der sich die vorgeblich erzwungene Vergewaltigung Margarets nicht zweimal befehlen lassen muss, gibt ein vortreffliches Indiz für die alte Weisheit ab, derzufolge Gelegenheit Diebe macht. Das Proletariat, so "L'Ultimo Treno", werde also erst durch die geistige Influenz der Bourgeoisie zu wahren Verbrechern. Ein bisschen weit hergeholt für einen italienischen Plagiatshorrorfilm der harten Schule, dennoch nicht ganz von der Hand zu weisen. Ebenso wie Lados vortreffliche Inszenierungs- und Montagekunst, die sein Werk weit über den Durchschnitt heben.

7/10

#2043 Funxton

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Geschrieben 15. November 2009, 22:06

Zitat entfällt.

La Ragazza Del Vagone Letto (Horror-Sex im Nachtexpress) ~ I 1979
Directed By: Ferdinando Baldi


Im Nachtexpress drangsalieren die drei Gangster David (Werner Pochath), Peter (Gianluigi Chirizzi) und Ernie (Carlo De Mejo) die übrigen Mitreisenden mittels Erniedrigung und Vergewaltigung. Erst der tapfere, politische Sträfling Phil (Fasto Lombardi) kann dem Trio Einhalt gebieten.

Das Plagiat eines Plagiats. Zwar behauptet Luigi Montefiori, der diesen Murks innerhalb weniger Tage zusammengestoppelt hat, er habe sich an Larry Peerces "The Incident" orientiert, tatsächlich ist das ganze jedoch nichts mehr als eine Wiederholung von "L'Ultimo Treno Della Notte" abzüglich dessen geistiger Reife und mit einem dreifach getunten Frauenverachtungsfaktor angereichert. In der Welt von Baldis Nachtzug gibt es genau vier feminine Ausprägungen: Die, die sich während einer Vergewaltigung lustvoll ihrem bzw. ihren Vergewaltiger(n) hingeben, weil sie's eigentlich ja doch bloß wollen, die, die gleich nach einer Vergewaltigung erstmal Sex mit einer richtigen Liebschaft praktizieren (wahrscheinlich weil ihnen die vorherige Nummer zu dröge war), die, die nicht vergewaltigt zu werden brauchen, weil sie sowieso naturgeil sind und schließlich die, die zu alt und zu hässlich sind, um vergewaltigt zu werden. Klare Fronten also. Über die Tatsache, hier nichts anderes als einen Softporno mit ein paar Krimieinlagen vorgesetzt zu bekommen sowie die schlampige bis unmögliche Regie breite man darüberhinaus besser das Mäntelchen des Schweigens und freue sich stattdessen über den wie immer agil agierenden Pochath (keiner starb so schön wie er), die nett anzuschauenden Weiberleiber und die lustige Münchner Synchronisation. Carlo De Mejo, nachdem die titelgebende Wagonhure Silvia Dionisio sich zum Beischlaf mit ihm und Pochath hat überreden lassen: "Na, ist Polen wieder offen?" Da schlägt's glattweg Dreizehn!

4/10

#2044 Funxton

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Geschrieben 17. November 2009, 15:19

"Shoot it, man! Shoot it in the head!"

Dawn Of The Dead (Zombie) ~ USA/I 1978
Directed By: George A. Romero


In naher Zukunft werden die USA von einer Seuche unbekannten Ursprungs heimgesucht, die die Toten sich aus ihren Gräbern erheben lässt. Auf der Suche nachvorzugsweise aus Menschenfleisch bestehenden Nahrung überrennen die so tumben wie sich inflationär vermehrenden Untoten das Land. Ein Biss genügt und binnen kurzer Zeit stirbt das Opfer, um dann selbst wiederaufzuerstehen. Die Regierung begegnet der Situation mit Hilflosigkeit und polizeistaatlichen Maßnahmen, vornehmlich unter der urbanen Bevölkerung kommt es zu Anarchie und Plünderungen. Die beiden Polizisten Peter (Ken Foree) und Roger (Scott H. Reiniger) fliehen zusammen mit dem Helikopterpiloten Stephen (David Emge) und seiner schwangeren Freundin Fran (Gaylen Ross) per Hubschrauber aus dem arg gebeutelten Philadelphia und besetzen eine shopping mall abseits der Städte. Eine Rockerbande zerstört ihren kurzen Traum vom absoluten Konsumparadies.

Zehn Jahre nach "Night Of The Living Dead" schrieb Romero die Geschichte des durch verwesende Wiedergänger herbeigeführten Armageddon fort und schuf damit wahrscheinlich die ultimative Zombiemär, wobei wiederum nicht unerwähnt bleiben sollte, dass der "Zombie"-Terminus im Film nicht einmal Erwähnung findet. Jener war eher auf die dichterische Freiheit verschiedener internationaler Umtitelungen zurückzuführen - "Morgengrauen der Toten" zum Beispiel wäre vermutlich wenig zugkräftig gewesen. Für das Remake von Zack Snyder stellten sich solche Fragen erst gar nicht mehr. Was Romeros Original angeht, so muss man diesem unterstellen, einer der kaltschnäuzigsten Horrorfilme der gesamten Gattungshistorie zu sein, denn er führt sein Publikum auf höchst perfide Weise völlig ad absurdum. Die ziemlich grellen Effekte und der ganze Aktionismus von "Dawn Of The Dead" erscheinen spätestens nach mehrfachem Anschauen als bloße Katastrophenfilmmaskerade, die Romero verwendet, um seine zutiefst sozialistische an den Mann und die Frau zu bringen. Politisch betrachtet ist der Film ungeheuer radikal und von interpretatorischen Untiefen förmlich durchsetzt. Die Dekodierung der zahlreichen Symbole und Bilder fällt jedoch nicht schwer: Die Untoten sind keine Untoten, sondern Konsumenten, blind dem kapitalistischen Diktat folgend, der Widerstand der Lebenden ist zwecklos und zeitlich einzig und allein durch die Qualität ihre individuellen Intelligenz bzw. ihre Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, befristet. Die vornehmlichen Reaktionen, durch Gier und falsche Emotion hervorgerufen, bestehen in gänzlich falschen Verhaltensweisen. Darum ist der endgültige Niedergang des Menschengeschlechts auch landläufig vorprogrammiert.
"Dawn Of The Dead" ist und war somit primär nie ein "Zombiefilm", sondern eine Parabel für die sukzessive Auflösung der Wohlstandsgesellschaft. Dass Romero allerdings auch gern die gorehounds schnurren hört, sei ihm angesichts seines zum Archetypen avancierten Werks zugestanden. Die bis heute vorherrschende Beschlagnahmung des Films in Deutschland indes ist ein furchtbar peinliches Armutszeugnis für das hiesige Kulturverständnis.

10/10

#2045 Funxton

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Geschrieben 17. November 2009, 15:42

"You have to show a movie at a party. It's a Hollywood law."

Singin' In The Rain (Du sollst mein Glücksstern sein) ~ USA 1952
Directed By: Stanley Donen / Gene Kelly


Hollywood, 1927: Als die Konkurrenz von Warner Bros. unter immensem Kassen- und Kritikerecho den 'Talkie' "The Jazz Singer" ins Kino bringt, erblasst R.F. Simpson (Millard Mitchell), der Chef der Monument Pictures, vor Neid. Der neuen Entwicklung zu begegnen gibt es nur eine Möglichkeit: Auch sein Leinwandtraumpaar, Don Lockwood (Gene Kelly) und Lina Lamont (Jean Hagen), muss zu sprechen 'lernen'. Dummerweise sieht die Lamont nur gut aus, sobald sie ihren Mund auftut, vermasseln ihre quieksende Stimme und ihr erbarmungswürdiger Dialekt jede Visualität. Die Rettung erscheint in Person der weitaus talentierteren Kathy Selden (Debbie Reynolds), die Lina ihre Stimme leihen soll.

In die Schönwetter-Stimmung der alten MGM-Musicals, besonders derer mit Gene Kelly, lasse ich mich von Zeit zu Zeit grundsätzlich gern fallen. Diese Filme können nach manch anstrengendem Tag erfahrungsgemäß nämlich glatt als komfortables Seelenpflaster herhalten. Für "Singin' In The Rain", den schönsten Vertreter dieser Filmspezies, gilt das sogar noch potenziert; Donens und Kellys Meisterstück ist nämlich nicht nur ein "ordinäres" Filmmusical, das wie sonst üblich um eine singuläre Liebesaffäre kreist, sondern zudem eine große Liebeserklärung an das Golden-Age-Hollywood der verblassenden Stummfilmtage sowie an die Erfindung des Filmtons im Allgemeinen. Nicht nur die Songs sind durch die Bank fabelhaft arrangiert, auch die Geschichte und das Dialogscript enthalten einen solch charmanten Humor, dass dieser selbst bis heute noch frisch und komisch daherkommt. Wie die arme Jean Hagen sich selbst demontiert bzw. ihre Rolle als blondes Dummchen, das die Klatschspalten-Geschichten über sich mit der Realität verwechselt, ist ein absolutes Bonbon, Donald O'Connors Gummimensch-Vorstellungen sind Lektionen über eine längst vergangene - und wie mir scheint vergessene - Entertainer-Professionalität und Gene Kelly... was soll man zu dem noch sagen. Wenn der Mann triefnass (innen gut - außen mit Hut) und wie ein Derwisch durch die tiefen Pfützen des Studiostraßenpflasters steppt und einem enerviert dreinschauenden Bullen versichert "I'm singin' - and dancin' in the rain", dann geht ganz bestimmt nicht nur in meinem Herzen die Sonne auf. Und schließlich die Inszenierung des überlangenen Stücks "Broadway Melody" - eine Hommage an Irving Thalbergs frühe Musicals -, das ist ein fast schon transzendenter Bühnentraum. Irre.

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#2046 Funxton

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Geschrieben 18. November 2009, 15:07

"Oh champagne, I've never had enough." - "You will... tonight."

The Philadelphia Story (Die Nacht vor der Hochzeit) ~ USA 1940
Directed By: George Cukor


Zwei Jahre nach ihrer unrühmlichen Trennung von Lebemann C.K. Dexter Haven (Cary Grant) plant die hochtrabend-kühle Societyschnepfe Tracy Lord (Katharine Hepburn) eine neuerliche Hochzeit mit dem spießigen Emporkömmling George Kittredge (John Howard). Glücklicherweise schreitet Haven rechtzeitig ein, bringt die beiden widerwilligen Klatschreporter Connor (James Stewart) und Imbrie (Ruth Hussey) ins Grantsche Haus und sorgt dafür, dass Tracy sich nach einer feucht-fröhlichen Nacht eines Besseren besinnt und endlich zu sich selbst findet.

Cukors wortgewandte Screwball-Comedy pflegt einen recht unkonventionellen Ansatz Hollywood'scher Philanthropie. Gegen Ende betont Jimmy Stewart: "Ich habe in der letzten Nacht zweierlei gelernt. Dass auch jemand, der sich aus eigenen Kräften hocharbeitet, ein Ekel sein kann und dass nicht jeder, dem ein Portemonnaie in die Wiege gelegt ist, automatisch ein Ekel sein muss." Tatsächlich: Auch die Reichen, die Schönen und die Snobs sind Wesen aus Fleisch und Blut und durch ihr entmenschlichtes Auftreten zu einer Rolle gezwungen, die zu spielen sie oftmals tief drinnen zermartert. Verpackt wird diese 'Weisheit' in eine scheinbar so lockere Dialogkaskade, dass es eine einzige Lust ist, ihr zuzuhören - und zuzuschauen natürlich. Zwischendrin ist auch mal Platz für richtigen Tacheles - ohne diesen würde Tracy Lord vermutlich nie unvernünftig - und selbst diese ernsten Zwischenpassagen stehen "The Philadelphia Story" tadellos zu Gesicht.
Das Schönste aber: Cukors Film ist ein waschechtes Plädoyer für die verbrieft ungesunden Lebenslüste Zigaretten und Alkohol. Erst mithilfe eines Champagnerrauschs erlebt Tracy das Erwachen aus ihrem emotionalen Dornröschenschlaf - denn Promille, besonders in Mengen, das weiß man, lockern Zunge und Ratio. Ganz schön kaltschnäuzig und später fraglos alles andere als gern geehen. So ist die lustigste Figur des Films, der nie abgeneigte Onkel Willie (Roland Young), ein lupenreiner Alkoholiker. Oder sagen wir besser Schluckspecht, für Rauschmittelpathologie ist bei Cukor nämlich kein Platz.
Es gibt ja für jede Situation im Leben einen ultimativen, rettenden Film. Dieser ist einer aus jener Gilde, bei "The Philadelphia Story" handelt sich nämlich um den definitiven Katerfilm!
Das ebenfalls ganz schöne Remake "High Society" muss auch bald mal wieder ran.

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#2047 Funxton

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Geschrieben 19. November 2009, 16:09

"She's an awful witch!"

Ms. 45 (Die Frau mit der 45er Magnum) ~ USA 1981
Directed By: Abel Ferrara


Die stumme Näherin Thana (Zoë Lund) wird auf dem Heimweg nach der Arbeit von einem maskierten Mann (Abel Ferrara) überfallen und vergewaltigt. Daheim angekommen, findet sie einen Einbrecher (Peter Yellen) in ihrer Wohnung, der sich ebenfalls an ihr vergeht - Thana kann ihn jedoch überwältigen und töten. Durch die schlimmen Ereignisse in eine tiefe Psychose getrieben, wähnt sich Thana von nun an als Racheengel aller Frauen und erschießt mit der Pistole des Einbrechers jeden Mann in ihrem Umkreis, der eine sexuelle oder gar sexistische Absicht auch nur erahnen lässt.

Ferraras zweiter regulärer Langfilm gehört zu den großen Manhattaner Undergroundwerken dieser Tage in der Tradition von Scorseses frühen Arbeiten. Ähnlich wie Ferraras eigener "The Driller Killer", "Maniac", "The Exterminator" oder "Basket Case" widmet sich auch "Ms. 45" unter Zuhilfenahme grimmigsten Humors der gewaltbeflissenen Schattenseiten der Millioneninsel und wähnt die Stadt als Schmelztiegel von abgründiger Perversion und moralischem Verfall, dem letzten Endes nur mit konsequenter Gegenwehr zu begegnen sei. Auch an Winners "Death Wish" orientiert sich Ferrara, schließlich geht es gleichfalls um Vigilantentum infolge mangelnder rechtlicher Befugnisse und die später aufgedeckte, eigene innere Dunkelheit, die sich unter anderem durch gezielte Provokation zur Befriedigung der persönlichen Blutgier offenbart. Thana wandelt sich ziemlich rasch von einer feministischen Heldin in ein äußerlich zunehmend attraktives Rachemonster ohne jedes Maß, das ironischerweise erst durch die Hand einer vermeintlichen Gesinnungsgenossin aufgehalten werden kann. Immerhin lässt sie - ein klarer Sympathiebonus für die mordende Ballerfrau - den kleinen Mischlingshund Phil am Leben und verspricht ihrer zerzausten Nachbarin wider Erwarten nicht zuviel im hinterlassenen Brief, in dem steht, dass Phil sicher zurückkehren werde. Über die Odyssee der putzigen Töle durch die Lower East Side, von der in "Ms. 45" leider nichts zu sehen ist, hätte Ferrara meinethalben gern noch einen weiteren kleinen Film machen können.

8/10

#2048 Funxton

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Geschrieben 20. November 2009, 15:58

"You ain't so friendly."

A Perfect World ~ USA 1993
Directed By: Clint Eastwood


Texas, 1963. Zusammen mit seinem Zellengenossen Terry Pugh (Keith Szarabajka) flieht der Gauner Butch Haynes (Kevin Costner) aus dem Gefängnis. Sie nehmen den kleinen Phillip (T.J. Lowther) als Geisel, dessen Mutter (Jennifer Griffin) strenggläubige Zeugin Jehovas ist. Als Pugh sich an Phillip vergehen will, erschießt Haynes ihn und flieht mit dem trotz mehrfacher Option zu gehen freiwillig bei seinem Kidnapper bleibenden Phillip weiter in Richtung Staatsgrenze, den eifrigen Texas Ranger Red Garnett (Clint Eastwood) auf den Fersen.

Die längere Pause, die ich zwischen dem letzten Eastwood-Film und diesem gemacht habe, liegt, so glaube ich, auch darin begründet, dass mit "A Perfect World" endgültig das umfangreiche Spätwerk des Regisseurs eingeläutet wird. Ab hier gibt es nur noch besonnene, ruhig inszenierte Filme, die beseelt sind von einer altersbedingten Gelassenheit und Lebensweisheit, ohne jemals auch nur einen Ansatz von Spekulation sich in den Vordergrund drängen zu lassen. Eastwood überlässt hier seinem Antagonisten Costner das Feld als Hauptfigur. Jener spielt einen betont intelligenten, psychoemotional aber stark verwahrlosten Kriminellen, der sich (ein mutiger und wichtiger Schachzug innerhalb der Geschichte) trotz aller angesammelten Sympathie am Ende doch noch als tickende Zeitbombe und als gefährlicher Neurotiker entpuppt, der seine lang überfällige Rechnung am falschen Schalter einlösen möchte. Aufgewertet mittels eines starken Facettenreichtums wird Butch Haynes erst durch seine achtjährige Geisel Phillip, für den Haynes sich unterbewusst als Vaterfigur aufspielt, um vergangene Fehler innerhalb seiner eigenen Erziehung wieder gutzumachen, dann jedoch erkennen muss, dass es sich dabei allein um einen Wunschtraum handelt. Aller Abenteuerlichkeit ihrer seltsamen Reise zum Trotz will Phillip irgendwann wieder heim zu seiner Mutter - die nur allzu vorhersehbare Reaktion eines Kindes.
Eastwood selbst setzt sich als hintergründige Eminenz und ergrauten, harten Hund vergangener Tage gerade so in den Rahmen der von Jack N. Green idyllisch photographierten Bilder, wie seine Altersrollen ihn von da an praktisch samt und sonders ausweisen. Auch Ranger-Chief Red Garnett scheint zwischen seinen Backenzähnen Kiselsteine zermalmen zu können und ist damit eine am Ende doch wieder typische Eastwood-Figur.
"A Perfect World" kultiviert eine recht bleierne Stimmung und ist keineswegs von einer cineastischen Sprengkraft wie "Unforgiven", markiert aber doch ein kleines, mattes Juwel in Eastwoods Schaffenskrone.

8/10

#2049 Funxton

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Geschrieben 21. November 2009, 12:46

"Who's speaking?" - "This is the gladiator."

The Gladiator ~ USA 1986
Directed By: Abel Ferrara


Nachdem sein kleiner Bruder Jeff (Brian Robbins) während einer Probefahrt durch die Attacke eines namenlosen, irren Autofahrers in einem schwarzen Sportwagen getötet wird, möbelt der verzweifelte Automechaniker Rick Benton (Ken Wahl) seinen Pickup auf und wird zum selbsternannten 'Gladiator', einem Straßenvigilanten, der sämtliche Betrunkenen und Raser, die ihm vor die Haube kommen, von der Straße rammt oder per Ankermontur einfängt und zum Stehen bringt. Lt. Morgan (Robert Culp) vom LAPD jagt den unwillkommenen Hilfssheriff, bekommt ihn jedoch nicht zu fassen. Als eine schwangere Frau wegen Ricks unnachsichtigen Eingreifens fast eine Fehlgeburt bekommt, stellt er sich der Polizei. Doch fast im selben Moment taucht wieder der schwarze Sportwagen auf.

TV-Crap von Abel Ferrara, als dessen Arbeit der profillose "The Gladiator" tatsächlich in keinster Weise identifizierbar ist. Der an sich so respektable New Yorker Undergroundfilmer steckte offensichtlich in finanziellen Nöten, als er sich seinerzeit dazu hinreißen ließ, diesen unbeholfenen Actionfilm für ABC an der Westküste zu inszenieren. Schlapp, behäbig, müde und vor allem durchweg unmotiviert wirkt der zudem künstlerisch indiskutable Film, der mit Wahl, Culp und Nancy Allen zwar ein halbwegs beachtliches Hauptdarsteller-Trio aufweist, in der finalen Ausführung aber kaum Eindruck zu hinterlassen vermag. Nach ein paar weiteren Auftragsarbeiten für das Fernsehen Mitte der Achtiger, unter anderem zweier Episoden für "Miami Vice" und dem Piloten der kleinen Reihe "Crime Story", wandte Ferrara 1988 den Glotzenengagements endgültig den Rücken zu - er wird gewusst haben, warum.

3/10

#2050 Funxton

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Geschrieben 21. November 2009, 13:14

"Punk rules, Elvis is everything."

Out Of The Blue ~ CAN 1980
Directed By: Dennis Hopper


Die pubertierende Cebe (Linda Manz) flüchtet sich vor der grauen Realität in eine kleine Welt der Elvis-Vergötterung, der Joints und des Punk. Ihr Vater Don (Dennis Hopper) sitzt im Gefängnis, weil er vor fünf Jahren volltrunken am Steuer seines Trucks gesessen und in einen Schulbus gebrettert ist - mit Cebe als Beifahrerin. Ihre Mutter Kathy (Sharon Farrell) arbeitet als Kellnerin und pflegt neben ihrer Heroinsucht einen recht promisken Lebenswandel. Als Don aus dem Knast entlassen wird, muss Cebe schmerzlich erkennen, dass all ihre langjährige Idealisierung des vermeintlich so rebellischen Vaters reine Illusion war: Don lässt sich permanent mit seinem Kumpel Charlie (Don Gordon) volllaufen, verliert deshalb seinen gerade erst ergatterten Job auf einer Müllkippe, schlägt Kathy, zeigt kein bisschen äußere Reue für seinen selbstverschuldeten Unfall und vergeht sich fast an Cebe. Dem Mädchen bleibt nur die Flucht nach vorn, zu Elvis, in den Rock'n Roll - Himmel.

"Out of the blue, and into the black" singt Neil Young im wunderbaren "Titeltrack" "Hey Hey My My" dieses nachtschwarzen Dramas um eine Welt, in der das Erwachsenwerden absolut wertlos geworden ist. Zwölf Jahre nach "Easy Rider" und neun nach "The Last Movie" fertigte Dennis Hopper seine dritte, nur auf den ersten Blick spröde erscheinende Regiearbeit. Die resignative Haltung seines Debüts hat sich in "Out Of The Blue" keinen Deut gewandelt. Noch immer ist die vermeintliche Freiheit von einst bestenfalls ein Traum ihrerselbst. Die damaligen Hippies haben sich längst ins soziale Abseits und aus der Realität verabschiedet, hängen an der Flasche oder an der Nadel und praktizieren freie Liebe nicht mehr als antiautoritäres Signal, sondern nurmehr aus Gewohnheit. Die daraus hervorgegangenen Sprösslinge, wie eben die kleine Cebe (Linda Manz, grandios aufspielende, aus "Days Of Heaven" und "The Wanderers" bekannte Kindfrau), sind planlose Unfälle, für die die Elterngeneration keine kompetente Verantwortung zu übernehmen in der Lage ist. Eine harmonische Kindheit, eine Erfüllung dessen, was sie sich tief in ihrem Herzen wünscht, bleibt Cebe stets vorenthalten. Auf der Suche nach Fixpunkten wendet sie sich einer einamen Rebellion zu, die vornehmlich darin besteht, viel erwachsener zu tun als man eigentlich ist und sich unverstandenen subkulturellen, durch bizarre Äußerlichkeiten und "no future" - Sprüche auffallenden Strömungen anzuschließen. Nach einem Spliff rollt sich Cebe ein in die Embryonalstellung und nuckelt am Däumchen. Da ist sie dann einmal ganz bei und in sich, wenn auch nur für kurze Augenblicke.

9/10

#2051 Funxton

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Geschrieben 21. November 2009, 16:26

"More brains!"

The Return Of The Living Dead (Verdammt, die Zombies kommen) ~ USA 1985
Directed By: Dan O'Bannon


Freddy (Thom Mathews) hat einen ziemlich schrägen neuen Job in einem Lagerhaus der Firma Uneeda, die allerlei bizarres Zeug hortet. Sein alteingesessener Kollege Frank (James Karen) zeigt Freddy etwas besonders Verrücktes im Keller des Gebäudes: Eine Batterie von Kanistern, in denen vor sich hingammelnde Leichen stecken, die durch ein von der Army entwickeltes Gas bereits einmal in Leben zurückgerufen werden konnten. Durch eine Unachtsamkeit öffnet sich einer der Kanister und das Gas entweicht nebst dem lebenden Toten. Zusammen mit ihrem Boss (Clu Gulager) zersägen die sich zunehmend schlechter fühlenden Freddy und Frank den eingefangenen Zombie und verbrennen ihm im gegenüberliegenden Krematorium des Bestatters Ernie (Don Calfa) - keine gute Idee, denn durch den Schornstein entweicht auch das den Toten einhüllende Gas und fällt mit einem plötzlichen Regenschauer auf den angrenzenden Friedhof hinab. Bald ist buchstäblich die Hölle los.

O'Bannons anarchische Zombiekomödie, die eine kleine Serie von mehr oder minder guten, bis in die Gegenwart entstandenen Beiträgen lostrat, ist neben Romero's "Dead"-Reihe der visuell prägendste Film dieses Subgenres. Dies liegt nicht zuletzt in der tricktechnischen bzw. animatronischen Meisterschaft begründet, mittels derer O'Bannon seine Kreaturen auf die Kinos losließ - der stets nach "mehr Gehirnen" verlangende, physisch stark angegriffene Klapperzombie zum Beispiel ist im Laufe der Jahre zu einer ikonischen Figur herangereift und auch der Torso eines weiblichen Zombie vom benachbarten "Resurrection Cemetery", der den wackeren Eingeschlossenen Informationen über die Beweggründe der unfreiwilligen Wiedergänger (die bei O'Bannon sogar einer etwas angestrengten Sprache mächtig sind) liefert, ist schauerlich-schön anzuschauen. Nicht nur in Bezug auf seinen Titel wollte der Film sich wohl eindeutig als Hommage an "Night Of The Living Dead" verstanden wissen, auf Romeros Klassiker wird in "Return" sogar inhaltlich Bezug genommen - angeblich basiere "Night" auf Tatsachen, die jedoch verschleiert werden mussten, damit der Film überhaupt veröffentlicht werden konnte. Auch in "Return" fällt nicht einmal die Vokabel 'Zombie', dennoch sind O'Bannons Untote um einiges unangenehmer: Nicht genug damit, dass sie wie erwähnt sprechen und ihre Speisebestellungen, die allein aus menschlichem Hirn besteht, quasi selbst durchführen können; eine Zerstörung oder Separierung ihres Oberstübchens reicht nicht aus, denn jede einzelne Zelle des toten Körpers führt ein Eigenleben. Außerdem können die toten Racker flitzen wie die Karnickel und sich sogar organisieren.
Das alte Hawks-Motiv von der belagerten Truppe passt, das weiß und kennt man, vortrefflich in ein solches Szenario, so dass O'Bannon sich rühmen kann, mitsamt seinen witzigen Einfällen und dem starken Soundtrack mit Songs u.a. von The Damned und den Cramps einen veritablen Miniklassiker geschaffen zu haben.

7/10

#2052 Funxton

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Geschrieben 23. November 2009, 15:44

"Joey, I'm not into dead guys..."

Return Of The Living Dead Part II (Toll treiben es die wilden Zombies) ~ USA 1988
Directed By: Ken Wiederhorn


Die aus dem Vorgänger bekannten Fässchen sind offenbar nicht allesamt bei Uneeda in Kentucky eingelagert - ein paar Kids entdecken jedenfalls noch anderswo eine Batterie der Dinger. Es kommt, wie es kommen muss: Einer der Behälter öffnet sich, das Gas entweicht Richtung Friedhof und eine kleine Gruppe wehrhafter, aber größenteils spinnerter Individuen muss sich zusammenraufen, um der Bedrohung zu entgehen.

Wiederhorns Fortsetzung recycelt die meisten Ideen des Originals und ist damit weniger als Sequel denn als - immerhin sehr unterhaltsames Remake aufzufassen. James Karen und Tom Mathews, die beiden unglückseligen Lagerarbeiter aus dem ersten Teil, sind wieder dabei und müssen sich, diesmal als professionelle Leichenfledderer, nochmal vom selben Schicksal ereilen lassen wie drei Jahre zuvor. An der Gerissenheit eines Dan O'Bannon mangelt es diesem Film jedoch an Ecken und Enden, so dass er mehr heruntergespult wirkt als so hübsch knackig wie der erste "Return". Wo jener noch Geschmacklosigkeiten auf dem Silbertablett servierte, traut sich relativ anämischer Wiederhorns Film allerhöchstens die üblichen Minisauereien, wie sie das Genre in der zweiten Hälfte der Achtziger, die sowieso vornehmlich von Fortsetzungen bestimmt wurde, eben auszeichnete. Dennoch ist das alles immer noch deutlich besser und erfreulicher anzuschauen als das inflationäre Zombiefilm-Gros der Gegenwart.

5/10

#2053 Funxton

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Geschrieben 23. November 2009, 16:03

"Tradition!"

Fiddler On The Roof (Anatevka) ~ USA 1971
Directed By: Norman Jewison


Der jüdische Milchmann Tevje (Chaim Topol) lebt mit seiner Familie ein genügsames, aber glückliches Leben in dem prärevolutionären russischen Schtetl Anatevka. Drei seiner fünf Töchter befinden sich im heiratsfähigen Alter und jede wünscht sich einen immer kritischeren Ehemann: Tzeitel (Rosalind Harris) will den armen Schneider Motel (Leonard Frey) zum Manne, Hodel (Michele Marsh) hat es auf den linksradikalen Lehrer Perchik (Paul Michael Glaser) abgesehen. Chava (Neva Small) schließlich will Fyedka (Ray Lovelock), einen orthodoxen Christen, ehelichen. Das geht selbst Tevje zu weit, der Andersgläubige, nicht zuletzt der immer öfter stattfindenden, durch den Zaren initiierten Progrome wegen, nicht akzeptiert.

Bewegendes Musical von Jewison, eines der schönsten seiner Gattung und ausnahmsweise von einer geistigen Reife, die man gemeinhin nicht mit dieser Art Film verbindet. "Fiddler On The Roof" wirkt so nachhaltig großartig, weil er seine Musik als Medium zur Erzählung seiner Geschichte gebraucht und nicht etwa die narrative Struktur um die Musikstücke herumkonstruiert. Das Resultat könnte man, um Nichtkennern den Film sehr grob zu umreißen, als eine Art musikalischen "Dr. Zhivago" klassifizieren. Auch in "Fiddler On The Roof" geht es um Entbehrung, Umbruch und Vetreibung, wenn auch diesmal in einem anderen sozialen und ethnischen Milieu. Dennoch ist auch "Fiddler On The Roof" von einer ganz eigenen Ästhetik geprägt, wo sich von "Zhivago" die kalte Weiße der Taiga im Kopf verankert, bleiben von "Fiddler" die goldenen Ähren der Weizenfelder hängen. Für den israelischen Schauspieler Topol, der später noch schöne Nebenparts in "For Your Eyes Only" und in "Flash Gordon" übernehmen sollte, ist die eigentlich deutlich ältere Figur des Tevje zu einer ähnlichen identifikatorischen Lebensrolle geworden wie etwa der Tarzan für Johnny Weissmuller. Hört man ihn "If I Were A Rich Man" schmettern, muss man sich darüber nicht weiter wundern.

9/10

#2054 Funxton

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Geschrieben 23. November 2009, 16:23

"It's nothing serious - just an arrow in his heart."

A Midsummer Night's Sex Comedy (Eine Sommernachts-Sexkomödie) ~ USA 1982
Directed By: Woody Allen


Irrungen und Wirrungen auf dem Landsitz des New Yorker Finanzberaters und hobbymäßigen Erfinders Andrew Hobbs (Woody Allen): Im ersten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts lädt dieser an einem hochsommerlichen Samstag den renommierten Philosophen Leopold Sturgis (José Ferrer), zudem Onkel seiner Frau Adrian (Mary Steenburgen), eben dorthin ein. Leopold möchte noch am selben Wochenende seine Verlobte Ariel (Mia Farrow) heiraten. Hinzu kommen noch Andrews bester Freund Maxwell Jordan (Tony Roberts), Internist und waschechter Filou, sowie dessen jüngstes Liebchen Dulcy (Julie Hagerty). Mit allen Sechsen gehen die Gefühle durch.

Nach seinem eher nachdenklichen, betont nicht selbstreflexivem "Stardust Memories", eine leichte Komödie, in der Allen nach längerer Pause mal wieder den Meister Hampelmann macht, der mit seinen obskuren Flugmaschinen allenthalben vom Himmel fällt (jeweils im Bildoff freilich; man hört die Unfälle nur, was für zusätzliche Komik sorgt). Außerdem ist es der letzte Film, in dem nochmal Tony Roberts als Allens bester Freund und Mentor in Sexual- und Gefühlsfragen auftritt. Mia Farrow sieht in keinem der Werke ihres Mannes schöner aus und lässt sich tatsächlich als einmal begehrenswerte Frau erahnen; José Ferrer hat die witzigsten Momente des Films, wenn er am Ende alle intellektuelle Steifheit abschüttelt und zu einer Mischung aus Amor, Neandertaler, Sexgott und metaphysischem Irrlicht wird - nichts weniger wird sich ein verknötterter, schlohweißer Prof. phil. wünschen. Behauptet zumindest Allen. Sein geistreicher Film, dessen Humor spielerisch zwischen Groteske und charmanter Spitzzüngigkeit pendelt, ist ansonsten eine typische Arbeit dieses auteurs und damit so schön wie eh und je.

8/10

#2055 Funxton

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Geschrieben 24. November 2009, 19:51

"Lovers of the world, unite!"

Ninotchka (Ninotschka) ~ USA 1939
Directed By: Ernst Lubitsch


Um die seltsamen Geschäftspraktiken dreier Genossen (Felix Bressart, Alexander Granach, Gregory Gaye), die eigentlich den Schmuck einer früheren russischen Aristokratin (Ina Claire) zu Barem machen sollen, zu überprüfen, kommt die sowjetische Parteifunktionärin Ninotschka Yakushova (Greta Garbo) nach Paris. Dort trifft sie auf den Lebemann Léon d'Algout (Melvyn Douglas), der sich Hals über Kopf in sie verliebt. Doch die Staatstreue der bald für die unwiderstehliche Romantik der Stadt der Liebe erweichten Erzkommunistin überwiegt trotz allem - vorerst...

Billy Wilder und Charles Brackett haben mitgeschrieben an dem wunderbaren Script dieser MGM-Komödie, die ihrerzeit mit den sensationell anmutenden Worten angekündigt wurde: "Die Garbo lacht!" In der Tat durfte die für ihre steinerne Melancholie berüchtigte 'Göttliche' hier erstmals on screen einem Lachanfall anheim fallen, den der von einem Stuhl plumpsende Douglas auslöst. Die wahren bonmots liegen jedoch im Dialog und in dem scheinbar spielerisch-jonglierenden Umgang mit Worten, die aus der Feder der Autoren und mittels Lubitschs Inszenierung zu Miniraketen gegen den real existierenden Sozialismus werden. Wilder, der Diktaturen und Totalitarismen bekanntlich spinnefeind gegenüberstand, beklagt das Heraufziehen des Krieges, und, ganz naiv und ganz beherzt, die eigentlich unfassliche Tatsache, dass nicht nur nicht jeder Mensch dorthin gehen kann, wohin er möchte auf der Welt, sondern dass es gar ganze Völker gibt, die nur wegen einer andernorts unpassenden Meinungsäußerung um ihr Leben zu fürchten haben. Und das alles im großzügigen Comedy-Korsett. Formidabel.

9/10

#2056 Funxton

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Geschrieben 24. November 2009, 20:09

"Oh! Never have I seen such a reptile in a first class cabin!"

Death On The Nile (Tod auf dem Nil) ~ UK 1978
Directed By: John Guillermin


Der belgische Detektiv Hercule Poirot (Peter Ustinov) ist zufällig dabei, als die reiche englische Flitterwöchnerin Linnet Ridgeway (Lois Chiles) während einer Nilkreuzfahrt ermordet wird. Jeder der weiteren Mitreisenden, mit Ausnahme von poirots altem Freund Colonel Race (David Niven) ist verdächtig, die Tat begangen zu haben, da die Ridgeways als mächtige und einflussreiche Familie sich eine Menge Feinde gemacht haben. Ausgerechnet die Hauptverdächtige, Linnets ehemalige beste Freundin Jackie (Mia Farrow), der die wohlhabende Dame den Liebhaber (Simon MacCorkindale) ausgespannt hat, verfügt über ein wasserdichtes Alibi. Da geschieht bereits der nächste Mord...

Der zweite große Poirot-Kinofall der Siebziger kann dem ersten, "Murder On The Orient Express", nicht das Wasser reichen. Nicht nur, dass John Guillermin als mediokrer Routinier keineswegs die Verve und das Geschick eines Sidney Lumet besitzt, ich bin ja auch der eher raren Meinung, Finney sei der bessere Poirot, unabhängig davon, dass Ustinov noch weitere fünf Male (darunter dreimal fürs Fernsehen) als der Gentleman-Schnüffler zu sehen sein sollte und dessen Figur zu einer späten Leib- und Magenrolle machte. "Death On The Nile" ist gelungenes Krimikino ohne dramaturgische Durchhänger, dem es Freude macht zuzuschauen. Dennoch sind gewisse Schwächen, die Lumet zuvor allesamt umschifft hat, nicht fortzuleugnen: Die Inszenierung der Mordtaten wirkt im Kontext des sich sonst so elegant wähnenden Films etwas vulgär, die Stars werden größenteils verheizt und keinesfalls so eingesetzt, wie es ihnen eigentlich gebührte. Wohlgemerkt sind dies alles Vergleichsziehungen zu Lumets Film. Existierte dieser nicht, bräuchte man sich um den Qualitätsstandard von "Death On The Nile" wohl keine Sorgen zu machen, aber: es ist eben, wie es ist.

7/10

#2057 Funxton

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Geschrieben 25. November 2009, 14:35

"How well did you know the Swede?"

The Killers (Rächer der Unterwelt) ~ USA 1946
Directed By: Robert Siodmak


Zwei Auftragskiller (William Conrad, Charles McGraw) kommen in das winzige Nest Brentwood und erschießen einen eher als introvertiert bekannten Autoschlosser (Burt Lancaster). Dessen Lebensversicherung geht an ein ältliches Zimmermädchen (Queenie Smith), dass Ole Andersen, wie der Ermordete richtig hieß, eigentlich nur flüchtig kannte. Der Versicherungsdetektiv Reardon (Edmond O'Brien) untersucht den Fall und stößt auf die trübe Vergangenheit Andersens, der ehedem als Boxer "The Swede" bekannt war und später in unheilige Unterweltkreise abgerutscht ist.

Erstverfilmung von Hemingways short story "The Killers" und einer der führenden Klassiker des film noir. Burt Lancaster präsentiert sich hier in einer noch wenig heldenhaften Rolle als strauchelnder Exsportler, dessen Naivität gegenüber seiner Umwelt, im Speziellen gegenüber der verhängnisvollen femme fatale Kitty Collins (Ava Gardner), landläufig seinen Untergang bedeutet. Die Struktur von "The Killers" ist bis auf wenige narrative Kniffe typisch für die während dieser Zeit entstandenen Kriminaldramen. Die wahre Bedrohung liegt in der Verführungskraft, Gier und Feigheit einer skrupellosen Schönen, also in der geballten Femininität. Da helfen selbst sportliches Ehrenmannestum und Muskeln, die Lancaster hier wie üblich repräsentiert, wenig. Die einmalige Entscheidung für einen moralischen Seitenwechsel brechen dem Schweden das Genick. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass der Hauptcharakter gleich zu Beginn ermordet wird und seine Biographie erst durch die Mittelsfigur Reardon durchleuchtet wird. Um dem seinerzeit noch verhältnismäßig unreifen und eskapistisch geprägten Publikum inmitten all des ethischen Verfalls einen Lichtcharakter bieten zu können, stellte ihm das Drehbuch den Charakter des fleißigen Versicherungsdetektivs anheim, der letztlich alles ins Reine und ins Lot bringt. Heute wäre O'Brien - so sympathisch er auch sein mag - redundant.

8/10

#2058 Funxton

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Geschrieben 26. November 2009, 10:06

"There ain't no right for us poor people than the end of a gun."

The Return Of Frank James (Rache für Jesse James) ~ USA 1940
Directed By: Fritz Lang


Nach der Trennung von seinem Bruder Jesse lebt Frank James (Henry Fonda) zusammen mit dem Ex-Sklaven Pinky (Ernest Whitman) und seinem jungen Freund Clem (Jackie Cooper) incognito unter dem Namen Ben Woodson auf einer kleinen Farm. Als Frank von Jesses Ermordung durch die Ford-Brüder Bob (John Carradine) und Charlie (Charles Tannen) im Auftrage der Eisenbahngesellschaft erfährt, schwört er Rache. Unbeirrt verfolgt er die Fords bis nach Colorado, wo ihm die reizende Nachwuchsjournalistin Eleanor Stone (Gene Tierney) den Kopf verdreht. Zumindest Charlie kann er stellen. Als Frank dann erfährt, dass Pinky festgenommen wurde und gehängt werden soll, gibt er die Jagd nach den Fords auf und stellt sich dem Gesetz.

Dass es sich bei "The Return Of Frank James" historisch betrachtet um recht dreiste Geschichtsklitterung Marke Hollywood handelt, spielt kaum eine Rolle angesichts der sonstigen Qualitäten des Films. Sequels stellten um diese Zeit noch ein Novum dar; dass die Geschichte um den feige von hinten abgeknallten Outlaw Jesse James (Tyrone Power hatte diesen in Henry Kings Vorgängerfilm gespielt) allerdings nicht so enden konnte, war andererseits jedoch akut. Lang fertigte mit "The Return Of Frank James" den ersten seiner drei prächtigen Western und zugleich seinen ersten Farbfilm an. In beiden Metiers erwies er sich erneut als Meister: Als sorgfältig und schlüssig arrangierte Fortsetzung mit diversen Figuren und Darstellern aus dem Original funktioniert "Frank James" ebenso gut wie als klassischer Genrefilm mit faszinierenden Einblicken in die US-Kultur kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende, die bereits früh anfing, ihre eigenen Mythen und Legenden zu errichten und zu glorifizieren. Was Lang schließlich mit Technicolor anstellt, ist ein einziges Gedicht: Romantische Sequenzen werden von einem zarten Rosa übertüncht, harte Actionszenen indes sind klar und knackig gestaltet. Dabei scheut Lang selbst für ihn noch ungewohnte Außenaufnahmen nicht.

8/10

#2059 Funxton

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Geschrieben 27. November 2009, 10:33

"I would prefer some more reliable authority..."

Murder By Decree (Mord an der Themse) ~ UK/CAN 1979
Directed By: Bob Clark


1888 werden im Londoner East End mehrere Prostituierte von dem mysteriösen Serienmörder 'Jack The Ripper' getötet. Die gesellschaftliche Stimmung wendet sich derweil gegen die Monarchie. Sherlock Holmes (Christopher Plummer) und sein Freund Dr. Watson (James Mason) werden von einer Abordnung der Antimonarchisten beauftragt, den Ripper zu entlarven. Über Umwege kommt Holmes einer furchtbaren Verschwörung auf der Spur, die bis in höchste Königshauskreise reicht und an der eine Freimaurerloge eifrig mitstrickt.

Dass Sherlock Holmes und Jack The Ripper als jeweilige Kinder des viktorianischen Zeitalters für eine fiktionale Zusammenführung praktisch prädestiniert sind, erkennt Clarks Film nicht als erstes Kulturartefakt. Was "Murder By Decree" trotzdem so denkwürdig macht, ist der Rückgriff auf eine zu dieser Zeit noch recht junge, dafür umso packendere Theorie der Ripper-Historiker Elwyn Jones und John Lloyd: Der Ripper wird in der Person des königlichen Leibarztes Sir William Gull (hier als Thomas Privey bezeichnet) sondiert, der im persönlichen Auftrage Königin Viktorias gehandelt habe, die wiederum sämtliche Mitwisserinnen um eine Liebschaft ihres Enkelsohns Albert Victor mit einer Prostituierten namens Annie Crook und der daraus entstandenen Leibesfrucht eliminiert wünschte. Als Mitglied der Freimaurer muss der zunehmend irrsinnige Gull im Nachhinein allerdings die Missbilligung und Strafe seiner Genossen in Kauf nehmen. Wie später Alan Moores "From Hell" und dessen anschließende Verfilmung beruft sich auch "Murder By Decree" in recht akribischem Maße auf diese Verschwörungsthese, freilich unter Beimengung der Holmes-Charaktere. Als reines Sherlock-Holmes-Filmabenteuer betrachtet zählt "Murder By Decree" sicherlich zu den Besten, die das Kino hervorgebracht hat. Die Enddekaden der 1800er erstehen in beeindruckend nebulösen Bildern zu neuem Leinwandleben und werden, wesentlich sorgfältiger als in dem sehr artverwandten "A Study In Terror", mit einem hervorragenden Auge für Details inszeniert. Die exzellente Besetzung um die selbst in kleinen Nebenrollen hochkarätig aufspielenden Donald Sutherland (als authentisches Medium Robert Lees) und Geneviève Bujold (als bemitleidenswerte Annie Crook) bereitet zudem größtes Vergnügen.

8/10

#2060 Funxton

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Geschrieben 27. November 2009, 13:24

"This kind of certainty comes but once in a lifetime."

The Bridges Of Madison County (Die Brücken am Fluss) ~ USA 1995
Directed By: Clint Eastwood


Die Geschwister Carolyn (Annie Corley) und Michael Johnson (Victor Slezak) reagieren ob des überraschenden Bestattungswunsches ihrer just verstorbenen Mutter Francesca (Meryl Streep) verwundert. Sie hat zu Lebzeiten verfügt, dass ihr Körper verbrannt und die Asche von der Roseman-Bridge verstreut werden soll. Die Lektüre dreier geheimer Tagebücher bringt Klarheit: Vor 30 Jahren pflegte Francesca eine nur vier Tage währende, geheime Affäre mit dem Fotografen Robert Kincaid (Clint Eastwood), die ihr weiteres Leben nachhaltig beeinflussen sollte. Die zunächst bestürzt reagierenden Carolyn und Michael lernen dabei viel über ihre Mutter und über sich selbst.

Zweiundzwanzig Jahre nach "Breezy" inszenierte Eastwood seinen zweiten Liebesfilm, erneut über eine durch gesellschaftliche Vorurteile geächtete Beziehung. Zwar war der Regisseur diesmal mutig genug, sich selbst als Teil der Romanze ins Bild zu setzen, dafür lässt seine Lebenserfahrung diesmal kein vollwertiges happy ending mehr zu: Auch wenn Francesca die Entscheidung, zu ihrer Familie und ihrer relativ unbedeutenden Hausfrauenexistenz in Iowa zu stehen, im Nachhinein nicht bereut; die Gewissheit, einen lang gehegten Lebenstraum für eine Sekunde in der Hand gehalten und dennoch aufgegeben zu haben, wird sie dennoch niemals loslassen. "The Bridges Of Madison County" ist auch ein sehr feministisch orientierter Film, der vornehmlich von seiner Protagonistin und deren Umtrieben berichtet und die männliche Hauptfigur eher als eine Art "emotionellen Katalysator" benutzt. Die Figur der Francesca Johnson darf sich dabei durchaus als Repräsentantin für eine quantitativ nicht unrelevante Gruppen US-amerikanischer Frauen in den mittleren Jahren verstehen, die sich irgendwann der bitteren Realität gegenübersehen, ihr Leben an Familie und Herd verschenkt zu haben. Was Eastwoods sanften Regiestil anbelangt, so kann man ihm eine zunehmende Unverwechselbarkeit, einen sich nun endgültig manifestierenden auteurism attestieren. Das gilt sowohl für seine inszenatorischen trademarks als auch für die unverkrampfte Emotionalität. Ich habe "The Bridges" nicht zum ersten Mal gesehen und musste am Ende doch wieder weinen.

8/10

#2061 Funxton

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Geschrieben 28. November 2009, 10:17

"You heartless whore... I'm not about to run from you."

Absolute Power ~ USA 1997
Directed By: Clint Eastwood


Für seinen neuesten Coup hat sich der alternde Gentlemandieb Luther Whitney (Clint Eastwood) die Villa des reichen Präsidentengönners Walter Sullivan (E.G. Marshall) ausgesucht. Sullivan und seine Familie sollen im Urlaub auf Barbados weilen. Als Whitney bereits im Haus ist, kommt überraschend Sullivans junge Frau Christy (Melora Hardin) heim, die sich dort zu einem Techtelmechtel trifft - mit niemand geringerem als dem US-Präsidenten Richmond (Gene Hackman). Christy geht auf Richmonds Wünsche nach Sadomaso-Spielen nicht ein und bedroht ihn schließlich mit einem Brieföffner - woraufhin die beiden Leibwächter Burton (Scott Glenn) und Collin (Dennis Haysbert) hereinstürmen und Christy erschießen. Die Tötung wird verschleiert, Luther ist bald Hauptverdächtiger in dem Fall und muss von mehrerlei Seite um sein Leben und das seiner Tochter Kate (Laura Linney) fürchten.

Dem dramaturgisch betrachtet höchst trivialen Stoff drückte Eastwood seinen typischen Regiestempel auf, macht den Protagonisten - ergo sich selbst - zu einer höchst sympathischen, rundum liebenswerten Figur, der eben nur diese eine Schwäche des Einbrechertums nicht verhehlen kann. Da Luther Whitney aber in ebendieser Funktion aufdeckt, was für ein unmoralisches, selbstsüchtiges und feiges Schwein der US-Präsident ist (der selbstverständlich keinerlei Ähnlichkeiten mit authentischen Personen aufweisen darf), das nicht nur nicht zu seinen Fehlern steht, sondern diese noch zusätzlich unter dem hauchdünnen Deckmäntelchen der Staatsräson verbirgt, ist selbst diese Charaktereigenschaft letztendlich eine integre. Zudem praktiziert Eastwood hier letztmalig im Film metagesetzliche Gewalt - als Agent Collin gleich zweifach Kates Leben bedroht - sie soll als Mitwisserin liquidiert werden - ermordet Whitney ihn ohne mit der Wimper zu zucken. Eine recht unebene Szene in diesem ansonsten sehr glatten Krimi. Vorzüglich in ihren Rollen sind ferner Scott Glenn und Judy Davis als des Präsidenten wackere, aber intrigante Stabschefin, die keine Scheu zeigt, sich massig Unsympathiepunkte einzufahren.

8/10

#2062 Funxton

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Geschrieben 28. November 2009, 10:31

"I been done seen about everything, when I see an elephant fly."

Dumbo ~ USA 1941
Directed By: Ben Sharpsteen


Der kleine Zirkuselefant Dumbo hat gleich zwei gewaltige Handicaps - seine riesigen Ohren, die ihn nicht nur zum unfreiwilligen Tolpatsch machen, sondern zugleich zum Gespött der Massen und schließlich zum Ärgernis der übrigen Elefanten, die sich seiner schämen. Dumbos grantige Mama landet in Einzelhaft und der kleine Elefant ist fürchterlich traurig - bis sein einziger Freund Timothy Q. Mouse den rettenden Einfall hat...

Eine der witzigsten Szenen in Spielbergs Weltkriegsfarce "1941" ist die, in der Robert Stack als eisenharter Offizier Stilwell in einem Kino auf dem Sunset Boulevard hockt und sich bei "Dumbo" zum wiederholten Male die Augen ausheult. Tatsächlich: Die Disney-Filme dieser Zeit, neben "Dumbo" wäre da insbesondere dessen Nachfolger "Bambi" zu nennen, sind mit die hemmungslosesten tearjerker der gesamten Leinwandhistorie. Was dieses so putzige kleine, angesichts seines unerbittlichen Schicksals permanent dicke Krokodilstränen weinende Elefantenbaby durchmachen muss, ist aber auch wirklich der Gipfel. Wenn man bedenkt, dass gegen Ende der Siebziger die Menschen mit aufklärerischem Gestus vor dem Genuss der Filme eines Aristide Massaccesi gewarnt wurden - "Dumbo" hätte eine solche Vorwarnung gleich doppelt und dreifach verdient. Und natürlich würde niemand abseits seiner Filmrealität ernstlich über Dumbo lachen, dazu ist er viel zu knuffig. Spätestens die Szene, in der Dumbo seine eingesperrte Mama zu "Baby Mine" besucht, lässt dann sämtliche Schleusen sperrangelweit offenstehen. Doch ist "Dumbo" selbstverfreilich auch trickfilmhistorisch keinesfalls zu verachten. Als der kleine Elefant und sein Mäusekumpel ihren initialisierenden Champagner-Vollrausch erleben (der ihnen letztlich Dumbos verborgenes Talent offenbart), gibt es "Pink Elephants On Parade", eine wahnwitzig animierte, hochpsychedelische Nummer mit tanzenden Neonelefanten, die fraglos nur unter dem Einfluss bewusstseinerweiternder Substanzen ersonnen werden konnte. Geradezu halsbrecherisch!

9/10

#2063 Funxton

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Geschrieben 29. November 2009, 10:41

"This is my son, Richard. He's four years old. We named him after your former president, Richard Nixon." - "George, from now on, tell people that you named him after the director Richard Burton. Just trust me on this."

Alien Nation (Spacecop L.A. 1991) ~ USA 1988
Directed By: Graham Baker


Im Kalifornien des Jahres 1988 landet ein Raumschiff mit einer Kolonie flüchtiger außerirdischer Sklaven an Bord. Die als "Newcomer" bezeichneten Aliens weisen eine weitestgehend humanoide Physiognomie auf und gliedern sich sehr rasch in die menschliche Gesellschaft ein. Drei Jahre später leben sie bereits als großflächig akzeptierter Teil unter der Bevölkerung von Los Angeles. Der rustikale Detective Matt Sykes (James Caan) gehört allerdings noch zu jenen, die ziemliche Probleme mit der Toleranz der Fremden haben. Als sein Kollege Tuggle (Roger Aaron Brown) ausgerechnet von einem kriminellen Newcomer erschossen wird, reagiert Sykes umso wütender. Das Angebot, als neuen Partner den ersten Newcomer-Detective Sam "George" Francisco (Mandy Patinkin) zu bekommen, nimmt Sykes daher zunächst auch nur an, um ungehinderter in der Alienszene ermitteln zu können. Doch die beiden ungleichen Cops kommen sich nicht nur persönlich näher, sondern auch den Aktivitäten eines außerirdischen Drogendealers (Terence Stamp) auf die Schliche.

"Alien Nation" gehört zu den schönsten cop-buddy-movies der achtziger Jahre. Dass er unverdientermaßen nie die ihm gebührende Aufmerksamkeit bekommen hat, habe ich mir später gern mit der im Anschluss entstandenen, recht beliebigen TV-Serie und dem an verwandt strukturierten Filmen nicht armen, vielleicht gar übersättigtem zeitgenössischen Umfeld zu erklären versucht. Für Bakers Film ist es jedenfalls alles in allem ziemlich unglücklich gelaufen. Wahrscheinlich ist bei dieser Einschätzung zugegebenermaßen aber auch ein gutes Maß an nostalgischer Verklärung inbegriffen. Die Krimistory in "Alien Nation" verbleibt tatsächlich im Schematischen und ist eher zu vernachlässigen. Was den Film so sehenswert macht, ist seine symbolträchtige Thematik der extraterrestrischen Neuankömmlinge und ihrer schwierigen Integration in die US-Gesellschaft. James Caan steht dabei für den typisch xenophoben, proletarischstämmigen Zweifler, der gerade erst erfolgreich seinen Rassismus gegenüber Farbigen bewältigt hat, als ihn auch schon die nächste "Prüfung" erwartet. Wie soll der Arme auch begreifen, dass sich jemand mit saurer Milch statt mit Bourbon besäuft, dass dieser Jemand über zwei Herzen verfügt, Meerwasser als Salzsäure erlebt, ihm ein beherzter Tritt in die Familienjuwelen nichts ausmacht und vor allem, dass Sykes' Stammtischwitzchen seinen sittlich betrachtet deutlich weiter entwickelten neuen Partner nicht eben zu Lachstürmen hinreißen. Die langsam keimende Freundschaft zwischen Sykes und Francisco ist, auch das natürlich eine typische Ingredienz des Subgenres, also die Würze des sehr humorvollen und zudem in den Actionszenen überzeugend gefertigten Films.

8/10

#2064 Funxton

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Geschrieben 29. November 2009, 11:43

"You need a shave, my friend."

Harry Potter and the Half-Blood Prince (Harry Potter und der Halbblut-Prinz) ~ UK/USA 2009
Directed By: David Yates


Um ein Schlüsselereignis aus Voldemorts früher Jugend in Erfahrung zu bringen, reaktiviert Dumbledore (Michael Gambon) den im Ruhestand befindlichen Hogwarts-Lehrer Slughorn (Jim Broadbent), Experte für Zauberelixiere aller Art. Harry soll als Spion fungieren und Slughorn das betreffende Geheimnis entlocken, bei dem es, wie sich herausstellt, um eine von Voldemorts Macht-Grundfesten handelt. Die anschließende Entdeckung birgt einige erschütternde Enthüllungen und Wendungen in Hogwarts.

Meist kulminieren meine "Harry Potter" - Betrachtungen und gleichfalls deren nachträgliche Beurteilungen darin, dass ich mich vor mir selbst rechtfertigen muss, diesem gnadenlos profitträchtigen Kommerz-Franchise ziemlich hoffnungslos aufgesessen zu sein. Aber so ist das eben, es nutzen ja doch keine Klagen. Mit der "Biss"-Serie, das kann ich schonmal stolz vermelden, wird mir das mit hundertprozentiger Gewissheit nicht passieren. Bin ja schließlich auch kein Mädchen.
Der sechste Film der Potter-Reihe jedenfalls scheint mir gleichfalls so etwas wie die kalkulierte Ruhe vor dem finalen Sturm zu sein, ein in vielerlei Hinsicht eher gemäßigtes Zauberabenteuer für etwas größere Kinder, das sich entsprechend nicht scheut, seine Zuschauerschaft als mit ihm (er-)wachsende Größe zu behandeln. Wie bereits in den letzten Filmen angedeutet, halten die hormonellen Tücken der Adoleszenz mit mindestens ebensolcher Gewalt Einzug in Hogwarts wie der böse Lord Voldemort und seine Vasallen, derer sich im aktuellen "Potter" einer outet, von dem man es eigentlich ohnehin längst erwartet hatte.
Ansonsten kann man diesem Film wie eh und je konstante Entertainment-Qualität mit nur sehr geringen Abnutzungserscheinungen bescheinigen. Man muss sich als angesichts der körperlichen Entwicklung der einstigen Kinderdarsteller ohnehin immer wieder schluckender Potter-Rezeptionist ja langsam an den Gedanken der Vergänglichkeit gewöhnen - ein bisschen traurig werde ich ganz gewiss sein, wenn in kaum allzu ferner Zukunft die letzte Filmminute der Serie auf meiner Glotze zu sehen sein wird...

7/10

#2065 Funxton

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Geschrieben 29. November 2009, 12:34

"I'm dead. Please bury me!"

Dead & Buried (Tot & begraben) ~ USA 1981
Directed By: Gary Sherman


In dem kleinen Westküstenstädtchen Potter's Bluff häufen sich seltsame Ereignisse, mit denen der ratlose Sheriff Gillis (James Farentino) zu Rande zu kommen versucht: Jeder Fremde, der in der Stadt auftaucht, wird von einer größeren Gruppe Unbekannter ermordet und erfreut sich, damit nicht genug, schon bald wieder bester Gesundheit und bleibt, weil's so schön ist, gleich vor Ort. Selbst Gillis' eigene Frau (Melody Anderson) erscheint ihm bald verdächtig. Einzig der Bestatter Dobbs (Albertson) erfreut sich eines konstant regen Geschäftsganges...

Kleines Horrorjuwel aus besseren Genretagen. Ronald Shusett und Dan O'Bannon, die gar nicht lange zuvor die klaustrophobische Story von "Alien" ersonnen hatten, konzentrierten sich mit "Dead & Buried" wiederum auf ein phantastisches Sujet in bester literarischer Gruseltradition, diesmal allerdings ohne außerweltliche oder zukünftige Bestandteile. Die Atmosphäre der nordkalifornischen Küstenregion, die man bereits aus etlichen Steinbeck-Geschichten so lieb gewonnen hat, gibt Shermans Film bereits ein vorzügliches, zwischen heimelig und geheimnisvoll pendelndes Flair, bei dem man das Salz in der modrigen Luft fast zu schmecken scheint. Dass dann gleich zwei hübsche, wenn auch selbst für den Erstbetrachter recht offensichtliche story twists den frostigen Grusel finalisieren, ist in dem Zusammenhang noch zusätzlich begrüßenswert. Persönliches Bonmot dieser Filmschau: Gestern ist mir erstmals aufgefallen, dass der Krankenhausdoktor von einem Menschen namens Joseph G. Medalis gespielt wird, der wiederum als Talkmaster in "The Kentucky Fried Movie" das Fernsehinterview mit dem Meeresforscher Claude LaMont ("Isch lebe das Unbekannte, isch liebe das Unbekannte, isch bin unbekannt") und diesem lustigen Mikrofon geführt hat. Da musste ich dann zwischendurch doch mal herzhaft lachen angesichts dieser Erkenntnis.

7/10

#2066 Funxton

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Geschrieben 30. November 2009, 09:26

"Your attention, ladies and gentlemen..."

Circus World (Circus-Welt) ~ USA/E 1964
Directed By: Henry Hathaway


Kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende kommt der Zirkusbesitzer Matt Masters (John Wayne) auf die Idee, sein neues Programm in Europa aufzuführen. Er belädt mit Sack und Pack einen Ozeandampfer, der, kaum, dass er in Barcelona vor Anker geht, havariert. Mensch und Tier können zwar gerettet werden, das Equipment jedoch versinkt in den Fluten. Um den Zirkus wieder aufbauen zu können, verdingen sich Masters und seine Ziehtochter Toni (Claudia Cardinale) vorübergehend in einer Wildwest-Show, derweil Masters seine Verflossene und Tonis Mutter Lili (Rita Hayworth) auzsfindig macht, die sich einst aus Gram über einen verhängnisvollen Fehltritt aus dem Artistengeschäft zurückgezogen hatte...

Dem legendären Indie Samuel Bronston war stets daran gelegen, es trotz beschränkterer Mittel mit seinem großen Vorbild Cecil B. DeMille gleichzutun und aufwändige, überlange Starvehikel in die Kinos zu bringen. Daher wählte er für seine insgesamt sechs zwischen 1959 und 1964 in Europa entstandenen Monumentalproduktionen - von denen "Circus World" zugleich die letzte ist - Stoffe, die dem Vernehmen nach auch DeMille gereizt hätten bzw. die von ihm in ähnlicher Form bereits bearbeitet worden waren. Jener hatte zwölf Jahre zuvor mit dem Oscar-Gewinner "The Greatest Show On Earth" den Zirkusfilm quasi salonfähig gemacht. Die MGM zog kurz darauf noch mit "Tapeze" nach, dann wurde es in Hollywood ein paar Jahre still um das ausladende Manegedrama. Bronston schließlich kombinierte sein Revival mit dem typischen Duke-Abenteuer dieser Tage. Der Produzent hatte offenbar genau bei Hawks' "Hatari" hingeschaut, denn die Figurenkonstellation und die episodische Struktur von "Circus World" sind diesem alles andere als unähnlich. Mit Henry Hathaway wurde schließlich ein Regisseur engagiert, der mit Wayne zuvor bereits hinreichende Erfahrungen sammeln konnte. Das Ergebnis ist ein verschwenderisch-aufwändiges, aber auch sehr naiv anmutendes Produkt, das förmlich nach Ehrgeiz riecht, sich resümierend aber doch bloß in der Betulichkeit bewegt. Immerhin wird man ganz passabel unterhalten, nicht zuletzt durch die üppigen Dekolletés der damals 25 Jahre jungen Cardinale.

6/10

#2067 Funxton

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Geschrieben 30. November 2009, 09:44

"Clickedy-clickedy-click, I hear it perkin'."

The Desperate Hours (An einem Tag wie jeder andere) ~ USA 1955
Directed By: William Wyler


Drei entflohene Gangster, namentlich die Brüder Glenn (Humphrey Bogart) und Hal Griffin (Dewey Martin) sowie der bullige Sam Kobish (Robert Middleton), wählen zur Überbrückung einer kurzen Wartezeit auf eine größere Geldsumme ausgerechnet das Vorortshaus der biederen Hilliards. Sie besetzen die Familienburg und zwingen mit vorgehaltener Waffe Vater Dan (Fredric March), Mutter Ellie (Martha Scott) und die beiden Kinder Ralph (Richard Eyer) und Cindy (Mary Murphy), ihren Alltag unter gastfreundlicher Beherbergung des Trios ganz normal weiterzuspielen. Die Spannung verschärft sich mit jeder Minute, besonders Dan erträgt nicht, dass seine Familie im eigenen Hause zum hilflosen Spielball von Verbrechern wird.

Für seinen vorletzten Film kehrte Bogey noch einmal zu den Anfängen seiner Karriere zurück. Als Gangster, den er so erfolgreich in etlichen Warner-Klassikern der dreißiger Jahre gespielt hatte, konnte er seinem Oeuvre noch ein letztes Krönchen aufsetzen. Tatsächlich getraut sich Bogart in dem auf ein Bühnenstück zurückgehenden "The Desperate Hours", einen durchweg bösen, asozialen und argwöhnischen Charakter zu porträtieren, der nicht nur ein diebisches Vergnügen daran findet, Spießbürger wie die Hilliards zu erniedrigen, sondern der zudem noch als Ersatvater für seinen jüngeren Bruder eine lausige Versagernummer abgibt. Über Griffins frühere Biographie kann man nur spekulieren, aber ebendiese Spekulationen sind wohl das einzige, was eine Art Restsympathie für ihn überhaupt möglich macht. Auf der anderen Seite steht Fredric March als biedermännischer Pantoffelheld, der sich letztendlich für die Gelegenheit bedanken müsste, seiner Familie den aufopferungsvollen Patriarchen demonstrieren zu können. Neben klassischen Noir-Stilmitteln bedient Wyler also auch ein raffiniertes psychologisches Moment. Klassefilm.

9/10

#2068 Funxton

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Geschrieben 01. Dezember 2009, 10:25

"Be my dog."

Adam Resurrected (Ein Leben für ein Leben - Adam Resurrected) ~ USA/D/IL 2008
Directed By: Paul Schrader


Der zur Zeit der Weimarer Republik gefeierte jüdische Bühnenkomiker und Intellektuelle Adam Stein (Jeff Goldblum) kommt 1944 ins Konzentrationslager Stellring, wo ihn Kommandant Klein (Willem Dafoe) sogleich wiedererkennt. Klein lässt Adam für sich den Entertainer spielen, und zwar dergestalt, dass Adam tagaus, tagein den Hund macht, mit den Schäferhunden der Aufseher im Zwinger zusammenlebt und die Todesmärsche der Insassen in die Gaskammern und Öfen auf der Fidel begleitet. Selbst den letzten Gang seiner Frau und seiner Tochter muss Adam bespielen. Bei Kriegsende verehrt Klein dem zur Gänze ausgebrannten Adam aus "Dankbarkeit für seine Dienste" das unterschlagene Vermögen eines Berliner Bonzen. Jahre später, Adam erfährt vom Tod seiner ältesten Tochter Ruth im Kindbett in Haifa, reist er nach Israel, um ihr Grab zu besuchen. Dort bricht er zusammen und kommt in ein Wüstensanatorium für psychisch gebrochene Holocaust-Überlebende. Als Adam hier eines Tages einen Jungen (Tudor Rapiteanu) entdeckt, der die Verhaltensweisen eines Hundes hat, erweist er sich als der Therapeut der Stunde.

Beasierend auf Yoram Kaniuks Roman, der die existenzielle Auslöschung durch den Holocaust als individuelles psychologisches Problem der Überlebenden behandelt, respektive die Frage aufwirft, wie ehemalige KZ-Insassen, die mit Ausnahme ihres eigenen, nackten Lebens alles verloren haben, mit solch unauslöschlichen Eindrücken im Kopf überhaupt weiterleben sollen. Für Adam Stein stellt sich diese Sorge kaum mehr. Der einst umjubelte Magier, Kabarettist und Entertainer existiert ohnehin nur noch ohne zu leben. Manchmal beginnt er ohne erkennbare Ursache aus unsichtbaren Wunden zu bluten oder spürt das akute Versagen lebenswichtiger Organe. Dem Alkohol verfallen und seelisch zertrümmert, lud Adam in Stellring zudem persönliche Schuld auf sich, die ihm weder er selbst, noch Ruth oder gar sein Volk vergeben kann: Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, im Angesicht des eigenen Todes nicht als Held oder Märtyrer, sondern als Opportunist gehandelt zu haben. Kommandant Klein hat daher auch noch weit über seinen eigenen Tod hinaus Macht über Adam.
Dieses metaphysisch und metaphorisch aufgeladene Holocaust-Drama birgt ein für Paul Schrader nicht eben alltägliches Sujet, das am Ende aber doch wieder zur Linie des Regisseurs zurückfindet: Ein scheinbar verlorener Strauchelnder sucht nach Absolution. Dass dieser Topos auch im Bezugsrahmen eines solch hochsensiblen historischen Kontextes eine Heimat finden kann, scheint nach dem Genuss von Schraders Film und insbesondere von Jeff Goldblums markerschütternder Performance nicht nur offensichtlich, sondern vielmehr glasklar.

9/10

#2069 Funxton

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Geschrieben 02. Dezember 2009, 15:47

"So that's what death tastes like."

Terminator Salvation (Terminator - Die Erlösung) ~ USA/UK/D/I 2009
Directed By: McG


2018: Die Zivilisation liegt brach und die Skynet-Computer versuchen, auch noch die letzten überlebenden Menschen vom Angesicht der Erde zu tilgen. John Connor (Christian Bale) setzt alles daran, seinen zu dieser Zeit noch jungen Vater Kyle Reese (Anton Yelchin) zu finden, der in die Gewalt der Maschinen gerät. Derweil befreit sich der 15 Jahre zuvor hingerichtete Marcus Wright (Sam Worthington) aus einem Trümmerhaufen, nicht ahnend, dass er ein Prototyp der ersten Skynet-Cyborgs ist. Connors und Marcus' Wege kreuzen sich bald.

Der neueste Beitrag zur "Terminator"-Reihe erschien mir nach dem etwas mauen dritten Teil wie ein Stück zurückeroberter Ehrenrettung. McG und die Scriptautoren Brancato und Ferris versuchten offenbar recht beherzt, an die Kompromisslosigkeit des mittlerweile fünfundzwanzig Jahre alten Erstlings anzuknüpfen, was nicht nur durch etliche Injokes und Zitate (auch betreffend das erste Sequel) geschieht, sondern durch eine grundsätzliche Verfinsterung der Atmosphäre. Der Schritt hin zur Dystopie wird wieder wesentlich konsequenter verfolgt als es in den beiden, das fröstelnde Ankündigen des "Großen Sturms" (mit der wohltuenden Ausnahme des Finales von Teil 3) ziemlich stark relativierenden und zugunsten spektakulärer Gegenwartsaction und S-F/X-Machbarkeitsdemonstrationen aussetzenden Vorgängern der Fall war. Davon abgesehen, dass "Terminator Salvation" eine gewisse existenzielle Bedeutungslosigkeit nicht verleugnen kann, die natürlich damit zusammen hängt, dass sein primärer Zweck als Fortsetzungsfilm der des Profitmachens ist, geht er als handwerklich wie inhaltlich weitgehend konzis gefertigtes Stück Genrekino durch, das sich sogar als brauchbarer Wegweiser für weitere Folgen des Franchise profilieren könnte. Bin alles in allem ganz zufrieden mit dem Film.

7/10

#2070 Funxton

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Geschrieben 02. Dezember 2009, 16:08

"Don't start tryin' to do the right thing, boyo. You haven't the practice."

L.A. Confidential ~ USA 1997
Directed By: Curtis Hanson


In den frühen Fünfzigern ist Los Angeles ein wahres Sündenbabel; zwar sitzt der Obergangster Mickey Cohen (Paul Guilfoyle) wegen Steuerhinterziehung hinter Schwedischen Gardinen, seine potenziellen Nachfolger aber sind allesamt gieriger als eine Horde ausgehungerter Kojoten. Korruption gehört zum Polizeialltag, der geschniegelte Jack Vincennes (Kevin Spacey) hat daraus sogar eine persönliche Profession gemacht. Derweil ist der schmierige Käseblattverleger Hudgens (Danny DeVito) auf der Suche nach - notfalls arrangierten - heißen Storys und der Milieuprinz Pierce Patchett (David Strathairn) zunehmend dick im Geschäft. Der aufstrebende Cop Ed Exley (Guy Pearce) nutzt die Situation zu seinen Karrieregunsten.

Wundervoll geschriebener und inszenierter period-crime-thriller, der für einen neo noir etwas zu bunt und großkotzig daherkommt, als subtil-ironisches Zeitporträt aber zu den Musterexemplaren seiner Gattung zählt. Den Vergleich mit deren ewigem Meisterstück "Chinatown" muss Hansons Film jedenfalls nicht scheuen, zumal Personenkonstellation und Handlungsschlenker der auf Ellroy basierenden Story noch um einiges komplexer ausfallen als bei Polanski und Towne. Jeder der an "L.A. Confidential" Beteiligten kann sich zudem rühmen, tadellose Arbeit vorgelegt zu haben und selbst die hier und sa wohl unvermeidbaren, kleineren Klischees und Standards in Regie und Script sind so geschickt in die prächtige Werksgesamtheit eingewoben, dass man sie notfalls auch als Metaelemente wahrnehmen und damit sogar goutieren kann. Neben der detailverliebten Aufarbeitung, zu der auch der brillante Einsatz der zeitgenössischen Songs zählt, vermögen ganz besonders die Darstellungen von Kevin Spacey und Russell Crowe, ganz besonders aber die von James Cromwell zu begeistern. Ein Glücksfall spannenden, modernen Erzählkinos.

9/10





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