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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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THE BIG SLEEP (Howard Hawks/USA 1946)



"You don't look like a man who'd be interested in first editions." - "I collect blondes in bottles, too."

The Big Sleep (Tote schlafen fest) ~ USA 1946
Directed By: Howard Hawks


Der Privatdetektiv Philip Marlowe (Humphrey Bogart) erhält von seinem Klienten General Sternwood (Charles Waldron) den Auftrag, sich um eine Erpressungsepisode seine jüngere Tochter Carmen (Martha Vickers) betreffend zu kümmern und wenn möglich den Aufenthaltsort von Sternwoods verschwundenem Freund Sean Regan ausfindig zu machen. Marlowe stößt schnell auf die einfältige Erpresserbande, muss dann jedoch feststellen, dass auch Sternwoods andere Tochter Vivian (Lauren Bacall) in die Klauen eines Erpressers gefallen ist.

Einer von Hawks' schönsten Filmen und eines der großen Meisterwerke des klassischen film noir, das zudem die filmische Inkarnation des hardboiled p.i. ausdefiniert. Für Bogart bedeutete der Part des Philip Marlowe, nachdem er ja für Huston bereits Hammetts Sam Spade gespielt hatte, die coolste Rolle seiner Leinwandkarriere. Marlowe ist ein Typ, den absolut nichts anficht und der selbst bei höchster Gefahr für Leib und Leben noch Herr der Lage bleibt. Auf schnippische Kommentare zu seiner Person, besonders solche, die auf seine Körpergröße abzielen oder ihn anderweitig aus der Reserve locken sollen, hat er stets die passende Antwort parat. Wie "To Have And Have Not" ist auch "The Big Sleep" vorneweg ein Vehikel für die Paarung Bogart/Bacall. Ansonsten erweist er sich als großer Triumph singulärer Bestandteile über die Gesamtkohärenz. Trotz des brillanten Dialogscripts, das vor wundervollen, zitierfähigen Zeilen nur so wimmelt, ist die Story in ihrer Gesamtheit nicht vollends nachvollziehbar. Selbst wenn man sich mit einem Notizblock danebensetzte und bunte mind maps anfertigte, würde man vermutlich nicht restlos jede Plotwendung erfassen können, so dermaßen verworren und konfus läuft das Ganze ab. Der eigentliche Kniff liegt aber eben darin, diese vermeintliche Schwäche durch die vielen übrigen Stärken zu egalisieren. Sogar die erst relativ spät entstandene Synchronisation macht dem Film trotz mancher Soundtrackpfuschereien keine Schande. Arnold Marquis, der auf Bogart besetzt war, lieferte eine seiner allerbesten Vorstellungen.
Ich persönlich finde es nur jedesmal, da ich mir die knappen zwei Stunden mit diesem prachtvollen Film schenke, schade, dass meiner Lieblingsfigur, nämlich dem alten General Sternwood, nicht etwas mehr screentime eingeräumt wurde.

10/10

hardboiled Howard Hawks Raymond Chandler film noir Philip Marlowe William Faulkner Los Angeles



Echt, Funx... nicht im O-Ton geschaut... :( Gerade bei diesem Film sollte das doch eigentlich "Pflicht" sein. :happy:
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:gaehn:

Mein Bester... ich habe den Film zum ersten Mal vor etwa 20 Jahren gesehen - sicher ein paar vor dir - und seitdem ungefähr ebensooft. Zwei- oder dreimal war auch die Originalfassung darunter und der Genuss derselben hat mich nur darin bestärkt, die Synchro weiterhin toll zu finden.
Davon abgesehen gibt's für mich nur eine Pflicht, und die heißt Sterben :D
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Kann ich zwar nicht nachvollziehen, aber jedem dat seine... nennense mich Purist: für mich muss ein Film so gesehen werden, wie es gewollt war... (es sei denn Herr Brand hatte seine Finger im Spiel ;)
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Nuja, per definitionem wäre ich dann zumindest in Einzelfällen ja ebenso ein Purist wie du. Bin ich aber glaube ich gar nicht. Nicht die grundsätzliche Bevorzugung des einen oder anderen halte ich für verwerflich, sondern eher den kategorischen Ausschluss eines von beiden. Die ganze Synchro-oder-nicht-Diskussion halte ich ohnehin für obsolet, daher auch mein :gaehn:

Wobei es sich ganz bestimmt nicht leugnen lässt, dass die Qualität von Synchronisationen durch die Schwemme von Fernsehformaten im Privat-TV bitter leiden musste. Es scheint jetzt aber wieder etwas bergauf zu gehen.

Außerdem bin ich ja bei neuen Filmen weitgehend von der Synchronitis geheilt. Ist eben so'n Nostalgieding.
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Jaja, die Nostalgie... :D habe da auch ein paar "Umgewöhungsprozesse" durchgemacht, wobei das Umgewöhnen dann aber auch durch den Vorteil der ewig selben Stimme sehr leicht fiel (und Bogey hat ja nu auch ne markante Stimme :love: ). Will dir hier auch nichts madig machen, nur isses ja schonn so, dass der Verzicht auf O-Ton mit dem Ansehen einer Fassung im beschnittenen Bildformat oder zensierten Fassung gleichzusetzen ist.
Ich seh's auch noch ganz pragmatisch: so bleibt man fit fürs Metier, in dem man seine Brötchen verdient :D
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Howie Munson sagte am 05. Februar 2010, 18:26:

Will dir hier auch nichts madig machen, nur isses ja schonn so, dass der Verzicht auf O-Ton mit dem Ansehen einer Fassung im beschnittenen Bildformat oder zensierten Fassung gleichzusetzen ist.

Entschuldige, aber dass diese Aussage spätestens mit dem Beginn DVD-Zeitalters Quark ist, wirst du bei nochmaligem Überdenken selbiger sicherlich zugeben. Erstens obliegt die Wahl zwischen dem Originalton und der Synchronfassung (zumindest in den meisten Fällen) dem Betrachter, zweitens ist die Institution Synchronisation, unabhängig von ihren individuellen Qualitäten, so alt wie der Tonfilm selbst und zunächst mal ein filmförderliches und kein zensorisches oder bewusst kompositionsfeindliches Element, das nebenbei internationale Anerkennung selbst bei den Filmschaffenden genießt. Ich will jetzt gar nicht von Kubrick anfangen, der die Synchronisationen seiner Filme persönlich überwacht hat, von Woody Allen, der mal sagte, er hätte gern die Stimme von Wolfgang Drager oder von Michael Douglas, der sich mit Volker Brandt angefreundet hat.
Natürlich ist prinzipiell die Originalfassung aus naheliegenden Gründen vorzuziehen, alles andere käme Verblendung gleich. Deshalb aber unreflektiert die gesamte Branche zu verdammen oder Synchroschauer als Banausen abzustempeln, sollte sich verbieten. Wir sollten vielmehr froh sein, dass es die Synchronisation gibt und dass sie besonders hierzulande für eine derart wertige Arbeit steht.
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Synchronisation ist stets ein Drahtseilakt. Man kann vieles kaputtmachen, wichtige Nuancen überhören, die man nicht in die andere Sprache rüberretten kann.

Natürlich kann man sich über Übersetzungen ärgern, wo aus welchen Gründen auch immer geschludert wird, oder ein guter Witz zerstört wird. Ich denke da z.B. an Tanz der Vampire, wo im O-Ton Shagal in etwa zu dem Kruzifix sagt „ich bin Jude, das wirkt doch nur bei Christen“, in der Übersetzung wird daraus „das wirkt doch nur bei alten Vampiren.“

Die Phantasie der Übersetzer wird dann auf die Probe gestellt.

The Big Sleep ist aber eine hervorragende Synchronisation, da wurde viel Mühe reingesteckt und das „hört“ man. Es steckt einfach viel Herzblut drin. Ich würde sogar so weit gehen: The Big Sleep ist eine Sternstunde deutscher Synchronisation!
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Mein Reden! Thanks for supportin' :cheers:
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Froh sein über Synchros... darüber lässt sich streiten. Die Niederländer zeigen ja, wie es gehen kann. Und die sprechen auch ziemlich gut Englisch dadurch. :D

Nee, von Banausen und einer Verteufelung will ich nicht sprechen. Ich verstehe natürlich, dass 95% der Filmegucker lieber die Synchro schauen, weil sie das Medium Film ja mehr zur Unterhaltung schauen, als es zu analysieren bzw, sich näher damit auseinandersetzen. Ist ja auch eine Frage der Bequemlichkeit. Und das soll jetzt wirklich nicht negativ klingen: man entscheidet sich schließlich immer für den bequemeren Weg. Das ist ja ganz normal und in unserer Profession ist das ja auch täglich zu beobachten. ;)
Vorteile der Synchronarbeit ist sicherlich, dass Filme dadurch einer breiteren Masse zugänglich gemacht werden. Und dass Synchro auch eigene Kunst sein kann: keine Frage. Ohne Synchronarbeit wären Spencer/ Hill wahrscheinlich niemals so erfolgreich bei uns gewesen. Dennoch bin ich ziemlich sicher, dass wenn wir wie unsere Nachbarn niemals Synchronfassungen bekommen hätten, die Filmindustrie trotzdem bei uns floriert hätte.
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Howie Munson sagte am 07. Februar 2010, 12:09:

Froh sein über Synchros... darüber lässt sich streiten. Die Niederländer zeigen ja, wie es gehen kann. Und die sprechen auch ziemlich gut Englisch dadurch. :D
Abgesehen davon, dass schon die demografische Struktur der Niederländer mit nur einem Fünftel unserer Bevölkerungszahl eine ganz andere ist und sich Vergleiche daher per se verbieten: Unsere Nachbarn haben natürlich auch Synchros - für Kinderfilme.

Howie Munson sagte am 07. Februar 2010, 12:09:

Nee, von Banausen und einer Verteufelung will ich nicht sprechen. Ich verstehe natürlich, dass 95% der Filmegucker lieber die Synchro schauen, weil sie das Medium Film ja mehr zur Unterhaltung schauen, als es zu analysieren bzw, sich näher damit auseinandersetzen. Ist ja auch eine Frage der Bequemlichkeit. Und das soll jetzt wirklich nicht negativ klingen: man entscheidet sich schließlich immer für den bequemeren Weg. Das ist ja ganz normal und in unserer Profession ist das ja auch täglich zu beobachten. ;)
Ob du willst oder nicht, das liest sich negativ und implizit arrogant. Und: wenn es dir egal wäre und, wie du doch immer so hübsch anführst, jeder doch nach seinem Gusto verfahren darf, warum kommst du dann immer wieder damit um die Ecke? Ist das vielleicht die Lehrerkrankheit der unverbesserlichen, missionarischen Klugscheißerei? Dachte immer, die stellt sich erst so ab 45 ein. Doch Spaß beiseite: Das Thema sollte eigentlich seit zehn Jahren durch sein, oder wie lange kennen wir uns jetzt?
Davon abgesehen ist die Frage, ob ich mir einen Film in der synchronisierten oder in der Originalfassung ansehe, zumindest wenn Untertitel verfügbar sind, für mich keine Frage der Bequemlichkeit, sondern der jeweils aktuellen Präferenz. Ich sag's auch gern nochmal: Bei (Erst-)Betrachtungen neuer Filme ist die Synchronfassung mittlerweile passé. Zumindest wenn ich allein schaue. Was andere angeht, magst du Recht haben.

Howie Munson sagte am 07. Februar 2010, 12:09:

Vorteile der Synchronarbeit ist sicherlich, dass Filme dadurch einer breiteren Masse zugänglich gemacht werden. Und dass Synchro auch eigene Kunst sein kann: keine Frage. Ohne Synchronarbeit wären Spencer/ Hill wahrscheinlich niemals so erfolgreich bei uns gewesen. Dennoch bin ich ziemlich sicher, dass wenn wir wie unsere Nachbarn niemals Synchronfassungen bekommen hätten, die Filmindustrie trotzdem bei uns floriert hätte.
s.o.
Und Synchronisationen vom Schlage Brandt, so lustig und unikal sie auch sein mögen, sind im Professionssinne eben genau keine Kunst. Höchstens Tresenkunst, da sie das Prinzip "guter" bzw. adäquater Synchronisation ja im Grunde völlig ad absurdum führen.
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Ja, ich merke schon, dass ich mich anders ausdrücken muss... will nu wirklich nicht klugscheißern o. ä., sorry... glaube auch, dass schriftliche Debatten generell nicht so mein Ding sind. ;)
Belassen wirs dann einfach bei unseren Präferenzen. :)
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