Stanley Kubricks Filme haben die Rezensenten, Interpreten sowie Film- und Medienwissenschaftler immer wieder besonders beschäftigt. Und dies durchaus zu Recht: Kubrick hat Meisterwerke in verschiedenen Genres geschaffen (ich denke dabei vor allem an 2001, Barry Lyndon und Wege zum Ruhm), nahezu alle seine Filme haben beachtliche filmästhetische Qualitäten und fordern den Zuschauer geradezu heraus, seine eigene Betrachtungsweise zu finden.
Manchmal schießen die Kubrick-Exegeten aber auch ein wenig über das Ziel hinaus und "ergehen sich dementsprechend in hoch intellektuellen Interpretations-Orgien", wie Rolf Thissen es sehr hübsch in seinem Buch über Kubrick formuliert.
Besonders mit Shining stand ich persönlich eigentlich schon immer mal mehr, mal weniger auf Kriegsfuß und war selbst während der kurzen, aber sehr intensiven Phase meiner größten Kubrick-Verehrung nicht wirklich überzeugt von dem Film. Woran liegt's? Zum einen sicherlich daran, daß ich den zugrundeliegenden Roman Stephen Kings gar nicht so übel finde und mich schon daher mit Kubricks stark abweichender Filmversion von jeher schwertat. Die Qualitäten Kings als Schriftsteller beurteile ich zwar alles in allem ähnlich zurückhaltend wie jene von Thomas Harris (zu denen ich mich kürzlich geäußert habe) und habe mittlerweile auch fast alle King-Bücher aus meinem Regal verbannt, von Shining konnte ich mich aber bis heute nicht trennen. Daß kaum jemand dieses Buch in einen Literaturkanon aufnehmen wird, ist mir klar, aber es ist spannend, mitunter auch erschreckend, und es hat interessante, sorgfältig entwickelte Figuren zu bieten, die sicherlich zu den gelungensten Charakteren Kings gehören (was vermutlich auch damit zu tun hat, daß es ein, wie ich vermute, sehr persönliches Buch ist, in dem King seinen eigenen Alkoholismus thematisiert hat). Daß Kubrick in seinem Film nun etliche Details des Romans weggelassen oder abgeändert hat, läßt sich auch als Liebhaber des Romans sehr gut aushalten, denn außer King selbst glaubt wohl niemand, daß solche Dinge wie seine heißgeliebten Heckentiere sich einfach auf die Leinwand übertragen lassen. Daß Kubrick sich aber auch für die Figuren herzlich wenig interessiert, dürfte wohl jeden verstimmen, der den Roman gern gelesen hat.
Nun gibt es freilich Stimmen, die meinen, daß man den Film völlig unabhängig vom Roman betrachten und beurteilen sollte. Das Argument hat zwar einen gewissen Charme, aber in der Praxis ist es eben gar nicht so einfach, das Gelesene einfach zu vergessen, während man den Film sieht. Es kommt aber noch hinzu, daß ich auch in rein filmischer Hinsicht einige Einwände gegen Kubricks Shining habe (ich bin auch der Meinung, daß der Film das filmische Potential der Vorlage nicht wirklich nutzt, aber darauf komme ich noch zurück) und deswegen auch immer wieder verblüfft bin, daß gerade dieser Film die Kubrick-Anhänger zu besonders vielfältigen Theorien und Interpretationen eingeladen hat. Im Laufe der Jahre habe ich daher ziemlich viele, durchaus kluge Gedanken verschiedener Leute zu Kubricks Shining gelesen, und so lange ich solche Ausführungen nur lese, hört sich das alles sehr gut an. Das Problem ist nur: wenn ich mir dann den Film selbst ansehe und versuche, zu neuen Blickwinkeln und Sichtweisen zu finden, stolpere ich doch jedes Mal wieder über die selben Dinge, die mir so gar nicht gefallen wollen (und der bizarre Nebeneffekt davon ist der, daß ich Shining von allen Filmen, die ich nicht wirklich mag, mit Abstand am häufigsten gesehen habe). Als ich das letzte Mal (das war noch zu kino.de-Zeiten) einen solchen Schiffbruch erlitten hatte, schrieb ich einen recht boshaften Text, der sich ein wenig über den Film, vor allem aber seine Rezeption lustig machte, und in dem ich zum Abschluß erklärte, nun wirklich keinen weiteren Versuch mehr zu unternehmen, mich mit diesem Film anzufreunden.
Das war damals auch ernst gemeint, aber die Jahre vergehen, und im Zuge meiner schon erwähnten kleinen Horrorreihe bot es sich an, doch noch mal einen Blick auf Shining zu werfen (gerade auch im Vergleich zu Tystnaden, der ja auch zu den "Hotelfilmen" gerechnet werden darf). Also habe ich mir Kubricks Film doch noch mal angesehen (erstmals im deutsch untertitelten Original), und, um es vorwegzunehmen: mit dem üblichen Ergebnis.
Dabei hat der Film durchaus seine Qualitäten, die ich ihm auch nicht absprechen möchte: die Steadycam-Fahrten etwa sind ganz vorzüglich, und auch die Ausstattung ist großartig, wie eigentlich in allen Kubrick-Filmen. Die Bildkompositionen sind von strengen geometrischen Prinzipien geprägt, und auch das Labyrinth fügt sich gut in die visuelle Struktur des Films ein. Und es gibt sogar eine wirklich starke, ja sogar große Szene: wenn Wendy Torrance Jacks Manuskript entdeckt und feststellt, daß es nur aus einem einzigen, unzählige Male wiederholten Satz besteht.
Eine große Szene allein macht indes noch keinen großen Film, und für einen solchen halte ich Shining auch nicht, weil den eben genannten Vorzügen leider auch diverse Mißgriffe gegenüberzustellen sind. Warum etwa Jack Nicholson gerade für seine Darstellung des Jack Torrance so oft gelobt wird, hat sich mir nie recht erschlossen, denn er überschreitet mit seinem betont diabolischen Dauergrinsen oft - zu oft - die Grenze zum Overacting (auszunehmen ist hier eine Szene, in der Jack Torrance mit seinem kleinen Sohn Danny spricht und dabei sagt, daß er ihm nie etwas antun werde, aber auch andeutet, daß er "für immer und immer" im Overlook bleiben wolle, womit er die "Einladung" zweier erschlagener Mädchen an Danny kurz zuvor wiederholt - hier hält Nicholson sich endlich mal zurück, wodurch er gleich viel bedrohlicher wirkt). Ein dezenterer Einsatz der Musik hätte dem Film auch gut getan, und die Blutströme, die Kubrick durch die Hotelkorridore fließen läßt (und das gleich mehrmals), halte ich für einen vollkommenen Fehlgriff (und die Deutung, dies sei die hervorbrechende Gewalt der amerikanischen Geschichte kommt mir doch arg bemüht vor).
Solche Dinge könnte ich - zumindest bei guter Laune - vielleicht noch als Schönheitsfehler eines ansonsten gelungenen Films durchgehen lassen, aber als echte Katastrophe (sic!) und absoluten Stimmungskiller empfinde ich alle Momente, in denen "Tony" vorkommt, der Junge, der Danny zeigt, was geschehen wird. Danny Visionen gehören im Roman, auf den ich an dieser Stelle doch noch mal zurückkommen muß, zu den stärksten und beunruhigendsten Passagen, und vor allem steckt viel filmisches Potential darin. Voller Wehmut muß ich dann immer daran denken, was etwa ein David Lynch daraus gemacht hätte (ich sage nur "Twin Peaks"!!). Bei Kubrick wackelt der kleine Danny mit seinem Finger herum und spricht mit krächzender Stimme; und das ist einfach so außerordentlich albern, daß ich dann nie so recht weiß, ob ich darüber lachen oder mich ärgern soll (meistens beides: zunächst lache ich herzlich, um mich dann anschließend zu ärgern). Und da es leider ziemlich viele dieser Szenen im Film gibt, schaffe ich es dann auch nicht, mich so auf ihn einzulassen, daß ich noch ernsthafte Ambitionen hätte, mich mit all den tiefschürfenden Deutungen, die in Büchern und im Internet zu finden sind, näher auseinanderzusetzen. Daß ich alles in allem das Hotel in Das Schweigen ganz ohne Blutströme und aufdringlich tönende Musik als bedrohlicher und unheimlicher empfunden habe als Kubricks Overlook Hotel, dürfte daher nicht weiter verwunderlich sein.
Kubricks Filme zeugen praktisch immer von einem großen Gestaltungswillen, dem Anspruch, Klassiker zu schaffen, die aus ihrem jeweiligen Genre herausragen. Mit seinen besten Filmen ist dies Kubrick auch gelungen; in Shining ist dieses Vorhaben dagegen gescheitert, und der Wille ist weitaus größer als die Ausführung. Dies ist zumindest meine Einschätzung (wobei mir bewußt ist, daß sehr viele die nicht teilen), und von dieser werde ich wohl auch nicht mehr abrücken, wie mir gestern endgültig klargeworden ist.
Manchmal schießen die Kubrick-Exegeten aber auch ein wenig über das Ziel hinaus und "ergehen sich dementsprechend in hoch intellektuellen Interpretations-Orgien", wie Rolf Thissen es sehr hübsch in seinem Buch über Kubrick formuliert.
Besonders mit Shining stand ich persönlich eigentlich schon immer mal mehr, mal weniger auf Kriegsfuß und war selbst während der kurzen, aber sehr intensiven Phase meiner größten Kubrick-Verehrung nicht wirklich überzeugt von dem Film. Woran liegt's? Zum einen sicherlich daran, daß ich den zugrundeliegenden Roman Stephen Kings gar nicht so übel finde und mich schon daher mit Kubricks stark abweichender Filmversion von jeher schwertat. Die Qualitäten Kings als Schriftsteller beurteile ich zwar alles in allem ähnlich zurückhaltend wie jene von Thomas Harris (zu denen ich mich kürzlich geäußert habe) und habe mittlerweile auch fast alle King-Bücher aus meinem Regal verbannt, von Shining konnte ich mich aber bis heute nicht trennen. Daß kaum jemand dieses Buch in einen Literaturkanon aufnehmen wird, ist mir klar, aber es ist spannend, mitunter auch erschreckend, und es hat interessante, sorgfältig entwickelte Figuren zu bieten, die sicherlich zu den gelungensten Charakteren Kings gehören (was vermutlich auch damit zu tun hat, daß es ein, wie ich vermute, sehr persönliches Buch ist, in dem King seinen eigenen Alkoholismus thematisiert hat). Daß Kubrick in seinem Film nun etliche Details des Romans weggelassen oder abgeändert hat, läßt sich auch als Liebhaber des Romans sehr gut aushalten, denn außer King selbst glaubt wohl niemand, daß solche Dinge wie seine heißgeliebten Heckentiere sich einfach auf die Leinwand übertragen lassen. Daß Kubrick sich aber auch für die Figuren herzlich wenig interessiert, dürfte wohl jeden verstimmen, der den Roman gern gelesen hat.
Nun gibt es freilich Stimmen, die meinen, daß man den Film völlig unabhängig vom Roman betrachten und beurteilen sollte. Das Argument hat zwar einen gewissen Charme, aber in der Praxis ist es eben gar nicht so einfach, das Gelesene einfach zu vergessen, während man den Film sieht. Es kommt aber noch hinzu, daß ich auch in rein filmischer Hinsicht einige Einwände gegen Kubricks Shining habe (ich bin auch der Meinung, daß der Film das filmische Potential der Vorlage nicht wirklich nutzt, aber darauf komme ich noch zurück) und deswegen auch immer wieder verblüfft bin, daß gerade dieser Film die Kubrick-Anhänger zu besonders vielfältigen Theorien und Interpretationen eingeladen hat. Im Laufe der Jahre habe ich daher ziemlich viele, durchaus kluge Gedanken verschiedener Leute zu Kubricks Shining gelesen, und so lange ich solche Ausführungen nur lese, hört sich das alles sehr gut an. Das Problem ist nur: wenn ich mir dann den Film selbst ansehe und versuche, zu neuen Blickwinkeln und Sichtweisen zu finden, stolpere ich doch jedes Mal wieder über die selben Dinge, die mir so gar nicht gefallen wollen (und der bizarre Nebeneffekt davon ist der, daß ich Shining von allen Filmen, die ich nicht wirklich mag, mit Abstand am häufigsten gesehen habe). Als ich das letzte Mal (das war noch zu kino.de-Zeiten) einen solchen Schiffbruch erlitten hatte, schrieb ich einen recht boshaften Text, der sich ein wenig über den Film, vor allem aber seine Rezeption lustig machte, und in dem ich zum Abschluß erklärte, nun wirklich keinen weiteren Versuch mehr zu unternehmen, mich mit diesem Film anzufreunden.
Das war damals auch ernst gemeint, aber die Jahre vergehen, und im Zuge meiner schon erwähnten kleinen Horrorreihe bot es sich an, doch noch mal einen Blick auf Shining zu werfen (gerade auch im Vergleich zu Tystnaden, der ja auch zu den "Hotelfilmen" gerechnet werden darf). Also habe ich mir Kubricks Film doch noch mal angesehen (erstmals im deutsch untertitelten Original), und, um es vorwegzunehmen: mit dem üblichen Ergebnis.
Dabei hat der Film durchaus seine Qualitäten, die ich ihm auch nicht absprechen möchte: die Steadycam-Fahrten etwa sind ganz vorzüglich, und auch die Ausstattung ist großartig, wie eigentlich in allen Kubrick-Filmen. Die Bildkompositionen sind von strengen geometrischen Prinzipien geprägt, und auch das Labyrinth fügt sich gut in die visuelle Struktur des Films ein. Und es gibt sogar eine wirklich starke, ja sogar große Szene: wenn Wendy Torrance Jacks Manuskript entdeckt und feststellt, daß es nur aus einem einzigen, unzählige Male wiederholten Satz besteht.
Eine große Szene allein macht indes noch keinen großen Film, und für einen solchen halte ich Shining auch nicht, weil den eben genannten Vorzügen leider auch diverse Mißgriffe gegenüberzustellen sind. Warum etwa Jack Nicholson gerade für seine Darstellung des Jack Torrance so oft gelobt wird, hat sich mir nie recht erschlossen, denn er überschreitet mit seinem betont diabolischen Dauergrinsen oft - zu oft - die Grenze zum Overacting (auszunehmen ist hier eine Szene, in der Jack Torrance mit seinem kleinen Sohn Danny spricht und dabei sagt, daß er ihm nie etwas antun werde, aber auch andeutet, daß er "für immer und immer" im Overlook bleiben wolle, womit er die "Einladung" zweier erschlagener Mädchen an Danny kurz zuvor wiederholt - hier hält Nicholson sich endlich mal zurück, wodurch er gleich viel bedrohlicher wirkt). Ein dezenterer Einsatz der Musik hätte dem Film auch gut getan, und die Blutströme, die Kubrick durch die Hotelkorridore fließen läßt (und das gleich mehrmals), halte ich für einen vollkommenen Fehlgriff (und die Deutung, dies sei die hervorbrechende Gewalt der amerikanischen Geschichte kommt mir doch arg bemüht vor).
Solche Dinge könnte ich - zumindest bei guter Laune - vielleicht noch als Schönheitsfehler eines ansonsten gelungenen Films durchgehen lassen, aber als echte Katastrophe (sic!) und absoluten Stimmungskiller empfinde ich alle Momente, in denen "Tony" vorkommt, der Junge, der Danny zeigt, was geschehen wird. Danny Visionen gehören im Roman, auf den ich an dieser Stelle doch noch mal zurückkommen muß, zu den stärksten und beunruhigendsten Passagen, und vor allem steckt viel filmisches Potential darin. Voller Wehmut muß ich dann immer daran denken, was etwa ein David Lynch daraus gemacht hätte (ich sage nur "Twin Peaks"!!). Bei Kubrick wackelt der kleine Danny mit seinem Finger herum und spricht mit krächzender Stimme; und das ist einfach so außerordentlich albern, daß ich dann nie so recht weiß, ob ich darüber lachen oder mich ärgern soll (meistens beides: zunächst lache ich herzlich, um mich dann anschließend zu ärgern). Und da es leider ziemlich viele dieser Szenen im Film gibt, schaffe ich es dann auch nicht, mich so auf ihn einzulassen, daß ich noch ernsthafte Ambitionen hätte, mich mit all den tiefschürfenden Deutungen, die in Büchern und im Internet zu finden sind, näher auseinanderzusetzen. Daß ich alles in allem das Hotel in Das Schweigen ganz ohne Blutströme und aufdringlich tönende Musik als bedrohlicher und unheimlicher empfunden habe als Kubricks Overlook Hotel, dürfte daher nicht weiter verwunderlich sein.
Kubricks Filme zeugen praktisch immer von einem großen Gestaltungswillen, dem Anspruch, Klassiker zu schaffen, die aus ihrem jeweiligen Genre herausragen. Mit seinen besten Filmen ist dies Kubrick auch gelungen; in Shining ist dieses Vorhaben dagegen gescheitert, und der Wille ist weitaus größer als die Ausführung. Dies ist zumindest meine Einschätzung (wobei mir bewußt ist, daß sehr viele die nicht teilen), und von dieser werde ich wohl auch nicht mehr abrücken, wie mir gestern endgültig klargeworden ist.