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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden




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DJANGO UNCHAINED (Quentin Tarantino, 2012)



Die Frage, die mich vor der Sichtung am meisten beschäftigte, war die, wie Tarantino es schaffen würde, in einem solchen Film seinem Fußfetisch zu huldigen. Umso ernüchternder war die Erkenntnis, dass er darauf verzichtet hat. Und es sollte nicht die einzige Enttäuschung bleiben. Nach dem tollen Beginn verflacht Django Unchained zusehends und ist zeitweise sogar richtig langweilig. Eine der größten Stärken Tarantinos in seinen bisherigen Filmen waren seine ebenso absurden wie lebensnahen Dialoge, die hier - mit Ausnahme der aberwitzigen Diskussion der Ku-Klux-Klan-Männer über ihre Kapuzen - völlig fehlen. Christoph Waltz selbstgefälliges, affektiertes Gehabe ging mir ziemlich auf den Keks und Jamie Foxx spielt den Django zwar überzeugend, aber völlig unsympathisch. Die in den übrigen Tarantino-Filmen starke Identifizierung mit den Charakteren ging mir hier völlig ab. Und so ist es an Leonardo di Caprio und vor allem dem starken Samuel L. Jackson, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Und noch eine bisherige Stärke Tarantinos habe ich schmerzlich vermisst: eine gelungene musikalische Untermalung. Die Musik ist stellenweise richtig unpassend, von seinem ansonsten so ausgeprägten Gespür für eine Harmonie zwischen Bild und Ton ist hier nichts zu merken. Inglorious Basterds war schon nicht gerade ein Highlight in Tarantinos Schaffen und Django Unchained ist eine ganze Ecke schlechter. Ich kann nur hoffen, dass künftige Sichtungen meinen bisherigen Eindruck zu korrigieren vermögen oder aber – falls nicht – , dass Tarantino alsbald zu alter Stärke zurückfindet.

Quentin Tarantino



Fand Django Unchained auch nicht überragend, verglichen mit dem tollen Basterds sogar ziemlich unterirdisch, doch frage ich mich, wo Du im Werk von Tarantino lebensnahe Dialoge ausfindig gemacht zu haben glaubst (zumal mit Verweis auf die peinliche und sich irrsinning ziehende Kaputzen-Diskussion). Für mich ist das alles mehr überstilisiertes Gequake, das böse Zungen als "auf cool getrimmt" bezeichnen würden. 'Lebensnah' bedeutet für mich entweder 'so würde ich auch sprechen' oder 'so kann ich mir zumindest vorstellen, dass es vielleicht irgendwo auf der Welt eine Gruppe Menschen gibt, die sich ohne ironische Brechung in dieser Weise artikuliert'. :critic:
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Zunächst mal definiere ich die Begriffe ähnlich wie du. Ein Beispiel für einen lebensnahen Dialog ist die Anfangssequenz von Reservoir Dogs mit der Diskussion über Madonna-Songs und Trinkgeld. Oder zahlreiche DIaloge in Pulp Fiction. Oder fast der komplette Film Jackie Brown, zumindest alle Szenen mit Pam Grier und Robert Forster.

Die Diskussion mit den Kapuzen ist IMO die mit Abstand beste Szene des Films, wobei sich meine Einrückung oben eher auf das Prädikat absurd als auf "lebensnah" bezog, was anhand der von mir benutzten Formulierung nicht ohne Weiteres zu erkennen ist. Wobei man sich doch durchaus vorstellen kann, dass die Ku-Klux-Klan-Männer sich irgendwann mal über ihre Kapuzen unterhalten haben, denn hinderlich sind sie vermutlich schon, wenn auch sicher nicht in der im Film dargestellten Art und Weise. Oder nimm z. B. die Szene in Pulp Fiction, in der Samul L. Jackson John Travolta nach seinen Erlebnissen während des Europa-Aufenthalts befragt. Es folgt der Dialog mit den Quarterpoundern etc, der einerseits lebensnah ist, weil ich mir schon vorstellen kann, dass ein Amerikaner, der zum ersten Mal nach Europa kommt, dort viel Staunenswertes zu sehen kriegt und dies aber nicht an kulturellen Dingen oder Sehenswürdigkeiten festmacht sondern eben an den Fastfood-Gewohnheiten. Sie ist aber auch absurd, weil die Beiden Profikiller sind und wenige Minuten später ein Blutbad anrichten werden.

Man kann das Ganze auf die Kernaussage reduzieren, dass viele der bisherigen Filme Tarantinos zu einem Großteil aufgrund ihrer Dialoge so toll sind, wohingegen die Dialoge von Django überwiegend uninspiriert bis langweilig sind. Mit Ausnahme der Kapuzenszene.
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Die Dialoge in DJANGO UNCHAINED haben imho eine andere Funktion als in bisherigen Tarantino-Filmen: es geht nicht um die oft besungene Coolness, sondern um Hierarchien, um (die) Macht (des Wortes), denen der Kulturermächtigung (deshalb auch die häufigen Verweise auf den Analphabetismus). Deswegen fand ich die KKK-Szene auch völlig deplatziert in diesem Film.
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Guter Punkt, Bastro. Dennoch ist die KKK-Szene wichtig weil sie den Hintergrund abgibt für den Gegensatz zum sich kultiviert gebenden und deshalb weitaus gefährlicheren Gespann Calvin Candie - Stephen. Die Umsetzung der KKK-Szene ist indes, mhm, ein Relikt von Tarantinos Vergangenheit.
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Zustimmung :cheers:
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Tarantinos Filme sind eigentlich ausgesprochen literarische Filme,in denen der Dialog eine große Rolle spielt und auch viel Platz einnimmt. Der äußerst belesene Tarantino sagt auch selbst, dass er an seine Drehbücher den Anspruch stellt, ein Stück Literatur zu sein. So gesehen sehe ich auch keinen großen Unterschied bezüglich Dialoge zwischen Django Unchained
und frühere Filme, mit Ausnahme von Jackie Brown, wo
"richtige" Menschen portaitiert werden, während in allen
anderen Filmen "nur" Filmfiguren mitspielen.
Außer , dass ich dass ich denke, das Inglourious
Basterds auch bezüglich der Dialoge gelungener ist. Hans
Landas menschenverachtende rassistische Ausführungen über Juden die mit Ratten zu vergleichen sind hat sich bei mir eingeprägt, vergleichbares gelang ihm hier nicht, obwohl ich
Bastros Ausführungen über die Funktion der Dialoge hier
durchaus zustimmen kann.
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Tommy The Cat
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