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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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KILLER JOE (William Friedkin/USA 2011)



"No, he was not all right. He set his genitals on fire."

Killer Joe ~ USA 2011
Directed By: William Friedkin

Chris (Emile Hirsch), Sohn des dümmlichen Trailerpark-Bewohners Ansel Smith (Thomas Haden Church), sitzt in der Scheiße. Er hat beim örtlichen Paten (Mark Macauley) einen ganzen Berg Schulden und weiß nicht, wie er diesen begleichen soll. Als Chris in seiner Verzweiflung den nebenbei als Berufskiller tätigen Cop Joe Cooper (Matthew McConaughey) anheuert, um seine heruntergekommene Mutter zu ermorden und so deren Lebensversicherung einzustreichen, ahnt er nicht, dass sein schlecht ausgearbeiteter Plan in Kürze für einigen familiären Trubel sorgen wird. Als "Sicherheit" für seine womöglich nicht bezahlte Rechnung hat sich Joe nämlich Chris' leicht unterbelichtete Schwester Dottie (Juno Temple) ausersehen - die sein Spiel sogar willfährig mitspielt.

Ich habe mich doch sehr gefreut auf Friedkins neuen Film - nur, um fürs Erste doch recht bitter enttäuscht zu werden. Im Stillen hatte ich gehofft, dass er aus dieser ebenso bärbeißigen wie abseitigen, im südstaatlichen White-Trash-Milieu angesiedelten Story etwas mehr herausholen würde als irgendein x-beliebiger Tarantino-Epigone. Bewerkstelligt hat er es am Ende jedoch nur in bestenfalls halbseitig zufriedenstellender Weise, zumindest, insofern man "Killer Joe" als mehr denn eine bloße Regieleistung zu betrachten geneigt ist. Geschwätzige, asoziale whiteys als Symbol für Amerikas gewaltige Bevölkerungsproblemkomplexe heranzuziehen, ist eine Idee, die in etwa so frisch ist wie ein fünf Jahre alter, stinkender Limburger mit pittoreskem Grünschimmel. Jenem ausgehöhlten Personal dann auch noch die übliche, substanzlose Dummparliererei in den Mund zu legen, zeugt nicht eben von stilistischer Sensibilität.
Allerdings muss man einräumen, dass Friedkins Inszenierung bravourös ist und in keinem Verhältnis steht zu dem wie bereits im Falle von "Bug" von Tracy Letts bearbeiteten Stück. Der Stoff selbst ist es, der sich überschätzt und aufbläht, sich dabei jedoch uninteressant ausnimmt und letzten Endes versagt. Er hat einen Regisseur dieses Formats nicht verdient. Welchen Narren andererseits Friedkin an Tracy Letts' Schreiberei gefressen hat, begreife ich nicht recht. Er wird etwas daran oder auch darin finden, dass sich mir nicht erschließen will. Mein Problem, möglicherweise.

5/10

William Friedkin Profikiller White Trash Südstaaten Louisiana based on play Schwarze Komödie Satire



Ich finde ja, dass Friedkin seit Jahr(zehnt)en an Format verloren hat und in einem aktuelleren Interview (um die Zeit von BUG) scheint er sich - so wie du KJ bezeichnest - einfach zu überschätzen. Früher war alles besser, meine tollen Filme damals etcpp... Ich finde das auch sehr schade, denn bis zum großartigen TO LIVE AND DIE IN L.A. hat der in meinen Augen wie kaum ein anderer Regisseur Mainstreamkino auf den Kopf gestellt. Nach JADE und BUG hab ich die Hoffnung aufgegeben, dass er zu alter Form zurückfindet. Wie Carpenter isser vielleicht auch einfach nur amtsmüde.
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Ob ich diese These insgesamt stützen würde, weiß ich nicht - "The Hunted" gehört zu Friedkins besten Filmen wie ich mittlerweile finde - und der ist ja auch erst gerade mal neun Jahre alt.
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Friedkins RAMPAGE - ANKLAGE MASSENMORD - nach "L.A." entstanden - ist das beste, was ich zu "intellektueller Behandlung des Serienkiller-Themas" kenne. Dagegen wirkt ein SIEBEN wie purer Schrott. BUG ist ein Meisterwerk des Kammerspielpsychodramas und eine glänzende Schließung des Kreises zu Friedkins Theaterfilmen THE BIRTHDAY PARTY und DIE HARTEN UND DIE ZARTEN. Ohne KILLER JOE zu kennen, aber der Mann hat sein Pulver bestimmt noch nicht verschossen. Dass er in den 1990ern grauenhafte Filme gedreht hat und nicht mehr so einen sicheren Kurs wie in den 70er und 80ern hat, würde ich allerdings auch sagen.
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Ich kann Funxtons Kritikpunkte zwar nachvollziehen, fand es aber durchaus erfrischend, wie Friedkin hier bewußt gegen den Hollywood-Mainstream schwimmt - ähnlich, wenn auch anders ging ja auch Coppola mit seinem neuem Film TWIXT vor.
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RAMPAGE kenne ich noch nicht, muss den dann unbedingt noch sehen!

Pasheko, Coppola ist auch ein gutes Beispiel für Regisseure, die für mich nix mehr zustande kriegen. TWIXT ist nicht nur erzähltechnischer Schrott; er bewegt sich formal m. E. gerade mal auf unterem TV-Niveau.
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Also, um das nochmal ganz klar herauszustellen: Der größte Vorwurf, den ich Friedkin bezüglich "Killer Joe" mache, ist die Wahl des zugrunde liegenden Stoffs, denn Tracy Letts' Dialoge und Motive erscheinen mir flach und klischiert. Ich vermute, dass Friedkin als Regisseur vermutlich noch immer das Bestmögliche aus Letts' Stück gemacht hat; seine Inszenierung ist nämlich, losgelöst von der Geschichte betrachtet, ziemlich beklatschenswert und präsentiert ihn durchaus noch als einen Filmemacher, mit dem zu rechnen sein muss. Auch McConaughey und Church spielen formidabel. Leider läuft deren Kunst diese arg dumme Story zuwider. Mir scheint, das alles hat man anderswo schon tausendmal zuvor gesehen und gehört.
Darum, pashi, verstehe ich auch nicht so ganz deine Anmerkung bezüglich des negierten Hollywood-Mainstreams: Inwiefern? Durch die zwei, drei visuellen Schlüpfrigkeiten in Form nackter weiblicher Unterleibe, die dem Film das R-Rating versagten? Ich muss sagen, dass ich ein solches "künstlerisches Statement" nichts sonderlich rebellisch finde. Das gab's z.B. bei Altman schon vor knapp zwanzig Jahren.
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Innovativ oder originell ist es bestimmt nicht, finde es trotzdem zu begrüßen, wenn sich gerade alte Hasen dem Einheitsbrei versperren...

@Heisi: Nun ja, TWIXT folgt von der Erzählung her ja eher einer Traumlogik denn einer herkömmlichen Narration und ich konnte daran nichts kritisches finden, finde aber Coppolas Entscheidung, kleine und persönliche Filme zu machen, die bei Kritik und Publikum nicht notwendigerweise auf Gegenliebe stoßen, rehct mutig.
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Ich fand TWIXT eher schlampig inszeniert; vor allem sah der grottenbillig aus. Schade um Dern, Fanning und Kilmer, die ihr bestes geben. Mir scheint, also wollte Coppola seine TWILIGHT-Version drehen. ich glaub vom künstlerischen Anspruch her geben die beiden sich nicht viel. :D
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TWIXT fand ich so schlecht nicht. Das Niveau hat mir für meinen Intellekt auch ausgereicht.

An KILLER JOE hat mich etwas ganz anderes gestört, was noch nicht so richtig zur Sprache kam - und wenn ich jetzt davon anfange, geht wahrscheinlich das große Stöhnen los. Ich fand den Film sehr zynisch, manchmal selbstzweckhaft in seinen Gewaltszenen. Am Schlimmsten in der diabolischen Vergewaltigungsszene einer Minderjährigen. Denn hier sieht man einerseits, was Friedkin "immer noch" drauf hat, andererseits muß ich aber sagen, dass mir das zuviel ist. Diese schiere Lust am Grenzübertritt hat mich sehr angewidert und ich kann das nicht einfach damit abtun, das sei Pulp oder sowas. Mit einem moralischen Standpunkt hat das nicht unbedingt was zu tun - mir schien, hier weide sich ein Regisseur an seiner Machthoheit, was dann der Zuschauer halt zu ertragen habe. Besonders perfide deshalb, weil die Szene auch noch so gut gemacht ist. Er hat sich da m. E. den falschen Gegenstand gesucht.
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ein grenzübertritt, der erotische spannungen generierte; aufgeladen mit (unschuldiger als auch intriganter) geilheit, die verführte...
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ich seh da nichts tarantinoeskes, ich sehe eher einen für friedkin ungewöhnlichen humor mit bitterer story, so was hab ich noch nicht gesehen, auch und vor allem nicht bei altmann
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Das "Tarantinoeske", so man es denn überhaupt als solches bezeichnen möchte, bezieht sich vor allem auf Tracy Letts' m.E. wenig originelle Art, Dialoge und Anekdoten LMAA-Style darzubieten, alles betont locker, lässig und cool. Allerdings ist auch das Personal rund um den Auftragskiller und die fiesen White-Trash-Gangster nicht weit weg vom ach so abgefuckten Black-Suit-Indie-Gangster-Kosmos der Neunziger.
Mit finsterem Weltschmerz-Humor hatte es Friedkin ferner auch in der Vergangenheit schon hier und da, siehe "The Brink's Job" oder "Deal Of The Century".
Die Anmerkung betreffs Altman bezog sich auf die Präsentation eines wie beiläufig entblößten weiblichen Unterleibs, der ja hier und da erstaunte bis empörte Blicke auf sich zog. Ich denke, das habe ich oben bereits hinreichend erläutert.
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"finsterer Weltschmerzhumor"

Damit hatte Friedkin es eigentlich sogar von Anfang an. Besonders in seinem Schwulendrama THE BOYS IN THE BAND zu erkennen und selbst im chaotischen DIE NACHT ALS MINSKYS AUFFLOG. In THE BIRTHDAY PARTY wird es ein wenig durch Pinters kafkaeske Ausgangslage übertüncht.

Oder das Meisterwerk ATEMLOS VOR ANGST. Obwohl, da gibt es nur Weltschmerz, keinen Humor.
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Hab den eben gesehen und bin sehr zwiegespalten: ich hatte den Film bis kurz vor Schluss als Hommage an das 70s-Exploitationkino verstanden und mich köstlich beömmelt bis mit Friedkin (oder dem Script) die Gäule durchgehen. Fühlte mich da an die TCM-Familienszenen erinnert. Absoluter over the top-Kindergeburtstag und die Schlussszene geriet unfreiwillig komisch. Ob da irgendeine Metapher o. ä. im Stoff steckte war mir egal, aber einen bis dato so unterhaltsamen und handwerklich wie darstellerisch überragenden Film (erinnerte mich an BLOOD SIMPLE oder auch den göttlichen CANDY SNATCHERS) so dämlich zu beenden war sehr enttäuschend.
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Funxton

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