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The Diarrhoea Diary





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Messer im Kopf



Messer im Kopf Deutschland 1978, Regie: Reinhard Hauff

Obwohl sie sich vor einiger Zeit getrennt haben, möchte der Biogenetiker Hoffmann eines Abends seine Frau bei ihrer Arbeit in einem Jugendzentrum abholen. Dort findet aber gerade eine Razzia statt, in deren Verlauf Hoffmann in den Kopf geschossen wird. Im Krankenhaus kann man sein Leben retten, doch sein Gehirn ist schwer beschädigt, er kann sich an wenig erinnern und muß vieles neu erlernen. Derweil versucht die Polizei, ihn als Terroristen zu überführen, während die Gruppe linker Aktivisten um seine Frau ihn zu einem Opfer der Staatsgewalt machen will...

Wie der Protagonist findet sich auch der Zuschauer hier zwischen zwei "Wahrheiten" und wie dieser bleibt er auch über den Abspann heraus im "Dazwischen". Der Film deutet vieles nur an, so scheint Hoffmann zu Beginn eine schockierende wissenschaftliche Entdeckung gemacht zu haben, durch den Kopfschuß ist diese aber wieder verloren gegangen. Auch der genaue Tathergang bei der Razzia läßt sich nicht mehr rekonstruieren, es gibt nur die etwas zweifelhafte offizielle Version der Polizei. Messer im Kopf ist ein äußerst cleveres Drama, das trotz des Themas politisch keine Seite ergreift und sich vielmehr auf den taumelnden Zustand seines Protagonisten konzentriert. Es gibt eine Menge bekannter Gesichter - Bruno Ganz in der Hauptrolle dreht mal wieder ziemlich auf, was aber hier durchaus angemessen erscheint, Angela Winkler versprüht kühle Erotik, dann gibt es da noch einen jungen Heinz Hoenig in voller Lockenpracht mit Lederjacke und Hans Brenner als seine bayrische Bullen-Nemesis. Am meisten im Gedächtnis bleiben aber die Aufnahmen des nächtlichen Münchens sowie Irmin Schmidts fabelhafter, melancholischer Score.

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Pscht! Woher weisst du, dass ich diesen leider etwas in Vergessenheit geratenen Film unmittelbar nach meinem ersehnten Urlaub besprechen will? Völlig in Übereinstimmung mit deinen Eindrücken, versteht sich. Was mich als heutigen Zuschauer ebenfalls zum Nachdenken brachte. Der mehrfache Schwenk zum Fenster des Zimmers, in dem Hoffmann liegt, gibt den Blick auf einen Trakt des damals als hypermodern betrachteten Krankenhauses (es befand sich ja in Wirklichkeit noch im Bau!) frei. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, gerade diese Art von Gebäudekomplexen sei heute bereits mehr als renovationsbedürftig, weil die Bauherren nicht bereit waren, genug Geld in den Bau stabiler Häuser zu investieren.

Kritik an diesem Aspekt war von den Filmemachern sicher nicht beabsichtigt; ich kam aber nicht umhin, solche Details wahrzunehmen.
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Ja, der Krankenhaus-Gebäudekomplex kam mir auch in seiner "Neuheit" recht bedrohlich vor - und du hast recht, in den 70er Jahre begann man ja einige Bausünden (z.B. auch Flußbegradigungen), die man damals ganz toll fand und jetzt wieder zurückdrehen möchte...bin gespannt auf deinen Text, wird ja dann erfahrungsgemäß etwas umfangreicher als mein knappes Gekritzel.
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War das bei "Messer im Kopf" mit dem kehlkopflosen Raucher, oder bringe ich da jetzt was total durcheinander?
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Nein, das war der Film, der sich von der Rudi Dutschke-Geschichte beeinflussen liess und sie auf das Milieu der 70er Jahre (den Kampf um autonome Jugendzentren) übertrug. Unbedingt zu empfehlen, weil Bruno Ganz den Menschen, der sich nach dem Attentat auf ihn alles wieder aneignen muss, mehr als überzeugend rüberbringt.
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