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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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SHOWGIRLS (Paul Verhoeven/USA, F 1995)



"Why aren't you erect?"

Showgirls ~ USA/F 1995
Directed By: Paul Verhoeven


Die blöde, aber wehrhafte Herumtreiberin Nomi Malone (Elizabeth Berkley) will ihr Glück im Spiel- und Showparadies Las Vegas versuchen, muss jedoch unmittelbar feststellen, dass hinter dem Antlitz der Glitzermetropole alles einem gigantischen Prostitutionskarussell entspricht. Dabei will die Arme doch partout keine Hure sein... Mittels rüpelhafter Methoden zum Star einer Topless-Show aufgestiegen, zieht Nomi noch gerade rechtzeitig die Reißleine vor dem endgültigen Abstieg in die Selbstkorruption.

Fegefeuer der Oberflächlichkeiten: Unter Befleißigung "normaler" Maßstäbe lässt sich diese grelle Posse kaum einordnen, geschweige denn überhaupt erfassen. Nachdem Verhoeven bereits mit "Basic Instinct" ein eher zu vernachlässigendes Eszterhas-Buch bebildert hatte, degradierte er sich mit "Showgirls" endgültig zum Gurkenkönig des internationalen Films, auf den man schon bereitwillig zu pfeifen bereit war, hätte er sich nicht bald darauf mit "Starship Troopers" wieder so spektakulär am eigenen Schopfe aus dem Dreck gezogen. Was war geschehen? "Showgirls", von vornherein konzipiert als scheinskandalöses NC-17-Vehikel für den gepflegten älteren Herrn mit Beule in der Hose, erwies sich im Endeffekt als stockkonservative Moralfabel um die ach-so-böse Welt des Showbiz, in der die Gutherzigen zwar ihren Platz haben, diesen aber mit ehrlicher, harter Arbeit verteidigen müssen. Je wohlhabender das Pack, desto korrupter, verruchter, niederträchtiger seine Aktivitäten. Das Ganze versandet schlussendlich dann irgendwo unterhalb des geistigen Niveaus der Protagonistin, deren Lehrgeld in Vegas im Prinzip darin kulminiert, dass ihr Kyle MacLachlan als geckenhafter Koksdandy steckt, man solle Versace doch bitte nicht wie 'Vörsejs' aussprechen. Dieses bemitleidenswerte, blonde Dummchen. Wieder mal reingefallen, wie so oft.
Die deutsche Synchronisation beutet die arme Berkley übrigens noch schärfer aus: Da wird aus ihrem Lieblingskommentar "It doesn't suck" kurzerhand "Tittengeil". Ungeheuer. Bleibt nur zu hoffen, der Paulemann kann mittlerweile ebenso über seinen Abstecher in die Niederungen des subdebilen Kinos lachen wie jeder Mensch, der halbwegs bei Trost ist. Ansonsten dürfte ihm die massiv verjubelte Kohle angesichts gewisser, bis dato unrealisierter Leibprojekte noch fünfzehn Jahre später ganz zu Recht arge Herzstiche versetzen.
Jessas, was für ein unverfroren dämlicher Film.

3/10

Las Vegas Trash Joe Eszterhas Paul Verhoeven Prostitution



Och der ist doch ganz lustich. ;) Da hab ich mir sogar die Special Edition aus den USA besorgt mit Trinkspielen, Schnapsgläschen und Nippelbändchen :D
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Definitiv einer der lustigsten "auf hohe Kunst" getrimmten Filme, die ich je sehen durfte. :immo: Da kommt STARSHIP TROOPERS in Sachen Unterhaltungswert niemals dran. :))
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SHOWGIRLS ist IMHO der Meilenstein des modernen Exploitation-Kinos schlechthin. :love:

Ob das nun von Verhoeven beabsichtigt war oder nicht, sei mal dahingestellt. :P
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@ C4rter: Schick. Ginge es um einen anderen Film, wäre ich neidisch :D

@ Torn: Man muss ja nicht immer über dieselben Dinge lachen. Ich bin Rheinländer, du Westfale. Da kommen wir eh auf keinen stabilen Ast :D :D

@ Splatti: Deine Meinung als Trash-Masochist sei dir natürlich unbenommen. Weiß ja, dass du dich gern mit Gurkenfilmen selbst kasteist (Allerdings weiß ich noch nicht genau, wofür. Vielleicht verrätst du's mir ja mal in 'ner intimen Minute...) :D :D :D
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Funxton sagte am 24. March 2010, 16:16:

@ C4rter: Schick. Ginge es um einen anderen Film, wäre ich neidisch :D

Hehe, naja, muss ja nicht immer für die extremst guten Filme sein, wenns gute Verpackungen zum kleinen Preis gibt bin ich gern zu haben. Indy Kristallschädel und T4 Head hab ich schließlich auch für die kleinen Preise bei den Amazonen mitgenommen.
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Also ich fand den ehrlich gesagt auch nicht so schlecht ... da kann "Starship Troopers" tatsächlich kaum heran, denn der ist nichts weiter als unterhaltsames Popcorn-Kino ...

"Showgirls" hingegen fand ich echt faszinierend, ein derart aufwändiger Hollywood-Film, und dann so eine Pool-Sex-Szene, die jedem beliebigen VOX-Erotikfilm entnommen sein könnte ... und der dramaturgische Verlauf der Handlung ist doch wirklich traumhaft, die Dialoge natürlich sowieso ... nicht ernstzunehmend, aber äußerst witzig anzusehen
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Rolando sagte am 24. März 2010, 17:05:

Also ich fand den ehrlich gesagt auch nicht so schlecht ... da kann "Starship Troopers" tatsächlich kaum heran, denn der ist nichts weiter als unterhaltsames Popcorn-Kino ...

:blink:
Alles weitere dann bitte im bald folgenden Eintrag dazu.
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Funxton, ich glaube, Rolando versucht uns mit Starship Troopers auf den Arm zu nehmen. Ähm, ich hoffe das.

Showgirls war eine interessante Seherfahrung. Nachts um drei per Zufall darauf gelandet, konnte ich nicht umschalten. Ernsthaft vorgetragen und in den angeschnittenen Themenkomplexen nicht mal uninteressant, hatte ich immer das Gefühl, jetzt müßte der Film richtig losgehen, nur um mit dem nächstbesten billigen money shot abgespeist zu werden. Ein merkwürdiger Zwiespalt aus Ekel und Faszination war die Folge.
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The Critic sagte am 24. März 2010, 18:10:

Ein merkwürdiger Zwiespalt aus Ekel und Faszination war die Folge.

Genauso geht es mir auch jedesmal wenn ich den Film sehe. Ich sublimiere diese Unentschlossenheit dann regelmäßig mittels sich abwechselndem Kopfschütteln und schmallippigem Grinsen. Wie soll man auch sonst reagieren angesichts eines derart dreist vorgetragenen Höchstmaßes an Stumpfsinn?
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Funxton sagte am 24. März 2010, 16:16:

@ Splatti: Deine Meinung als Trash-Masochist sei dir natürlich unbenommen. Weiß ja, dass du dich gern mit Gurkenfilmen selbst kasteist (Allerdings weiß ich noch nicht genau, wofür. Vielleicht verrätst du's mir ja mal in 'ner intimen Minute...) :D :D :D

Also als Trash-Masochist würde ich mich jetzt nicht wirklich bezeichnen wollen. :)) Ich sehe Filme dieser Art auch weniger als Selbstkasteiung, sondern viel mehr als - oft sogar ganz wunderbare - Unterhaltung an. Natürlich gibt es auch immer wieder die eine oder andere Vollgurke zu überstehen, dafür werden aber auch hin und wieder echte Perlen entdeckt, die ich ansonsten wohl nie zu Gesicht bekommen hätte. :)
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Splatter-Fanatic sagte am 24. März 2010, 21:37:

Also als Trash-Masochist würde ich mich jetzt nicht wirklich bezeichnen wollen. :)) Ich sehe Filme dieser Art auch weniger als Selbstkasteiung, sondern viel mehr als - oft sogar ganz wunderbare - Unterhaltung an. Natürlich gibt es auch immer wieder die eine oder andere Vollgurke zu überstehen, dafür werden aber auch hin und wieder echte Perlen entdeckt, die ich ansonsten wohl nie zu Gesicht bekommen hätte. :)
Ich glaub' dir das mal, großmütig wie ich bin ;)
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Stumpfsinn ist für mich was anderes.

EDIT:

Habe hier was über den Film geschrieben.
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Funxton sagte am 24. März 2010, 21:39:

Ich glaub' dir das mal, großmütig wie ich bin ;)

Warum solltest Du auch nicht? :)

P.S.: Ich muss wohl nicht anfügen, dass ich SHOWGIRLS für eine dieser Perlen halte, oder? :D
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The Redacted sagte am 25. März 2010, 10:53:

Stumpfsinn ist für mich was anderes.

EDIT:

Habe hier was über den Film geschrieben.

Ich weiß, dass du den Film sehr magst und habe deinen Blogeintrag dazu ohnehin nochmal gelesen (nachdem ich meinen fertig hatte, wohlgemerkt). Da haben wir eben noch eine Divergenz, nach "Ninth Gate" und "Puni: War Zone", welche du ganz sicher für stumpfsinnig hältst, nur diesmal eben eine in umgekehrter Ausrichtung.

@ Splatti: Nein, das musst du nicht sagen.

Ich muss glaube ich auch nochmal betonen, dass ich es keinesfalls schlimm finde, wenn einer "Showgirls" mag. Da gibt es bestimmt weitaus streitbarere Fälle.
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@ Funx:

Nein, die genannten Filme finde ich einfach nur schlecht ("stumpfsinnig" habe ich wohl noch nie einen Film genannt), weil sie m. E. ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Polanski hat seine Romanvorlage nicht verstanden (und seine ewig untalentierte Frau mitspielen lassen), die WAR ZONE-Tante das Gleichgewicht aus Gewalt und Humor nicht hinbekommen.

Du kritisierst an SHOWGIRLS aber aus meiner Sicht genau das, was ihn auszeichnet. Die Charaktere müssen doof sein, die Geschichte ist natürlich naiv, genauso wie die Moral von der Geschicht. Das ist der Witz an der Sache. (In der SI stand damals, SHOWGIRLS sei der Beweis dafür, dass man Scheiße tatsächlich polieren kann, was ich recht treffend finde.) Man muss ihn deshalb natürlich nicht gut finden, aber die 3 Pünktchen finde ich angesichts der Tatsache, dass du sonst nicht geizig mit 7er- und 8er-Wertungen bist (wenn ich mich recht entsinne eine 9 für NINTH GATE!), schon ziemlich hart. Dass SHOWGIRLS ein ziemliches Unikat darstellt, lässt sich wohl kaum bestreiten.

Aber ich merke schon an deinem auf das Totschlagsargument vom Unterschied der Geschmäcker abzielenden Schlusssatz, dass eine Diskussion in diesem Fall zwecklos ist.

PS Dein Text hat mich echt ziemlich geärgert. Sonst ist aber alles gut. :)
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The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Nein, die genannten Filme finde ich einfach nur schlecht ("stumpfsinnig" habe ich wohl noch nie einen Film genannt), weil sie m. E. ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Polanski hat seine Romanvorlage nicht verstanden (und seine ewig untalentierte Frau mitspielen lassen), die WAR ZONE-Tante das Gleichgewicht aus Gewalt und Humor nicht hinbekommen.
Darüber haben wir ja schon d.ö. gesprochen. Betreffs "Ninth Gate" kann ich nicht kontern, weil mir die Vorlage nach wie vor unbekannt ist. Mir gefällt der Film (tatsächlich sehr gut) insofern eher um seiner selbst Willen als für das, was er repräsentiert oder eben nicht repräsentiert. Ich habe auch gegen die Seigner nichts, mag sie auch bestimmt keine ausgesprochene Klasse-Actrice sein.

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Du kritisierst an SHOWGIRLS aber aus meiner Sicht genau das, was ihn auszeichnet. Die Charaktere müssen doof sein, die Geschichte ist natürlich naiv, genauso wie die Moral von der Geschicht. Das ist der Witz an der Sache. (In der SI stand damals, SHOWGIRLS sei der Beweis dafür, dass man Scheiße tatsächlich polieren kann, was ich recht treffend finde.)
Den Satz halte ich ebenfalls für treffend, nur würde ich ihn (losgelöst von seinem vermutlich eher postiv konnotierten Kontext) ganz im Sinne meiner Mängelkriterien verbuchen. Über die formale Seite des Films lasse ich mich ja überhaupt nicht aus, tatsächlich ist das Unglaublichste an "Showgirls" ja sein ungeheures Budget und die in ihm steckende kreative Energie im Gegengewicht zu seiner intellektuellen Substanzlosigkeit. Und es ändert aber nichts daran, dass der Film inhaltlich betrachtet verflucht dumm ist, selbst, wenn er bereits prämissehalber so intendiert und meinethalben sogar als großer sophistischer Gag von sophistischen Menschen gedacht ist. Auch und gerade derjenige Filmenacher, der seine Geschichte vorsätzlich mit dem Vorschlaghammer platt kloppt, muss im Nachhinein auf die entsprechende Kritik gefasst sein und damit umgehen können.

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Man muss ihn deshalb natürlich nicht gut finden, aber die 3 Pünktchen finde ich angesichts der Tatsache, dass du sonst nicht geizig mit 7er- und 8er-Wertungen bist (wenn ich mich recht entsinne eine 9 für NINTH GATE!), schon ziemlich hart.
Ich bin genau dort geizig, wo ich meinen Geiz für angebracht halte. Im umgekehrten Sinne gilt natürlich dasselbe. Du gehst ja anders als ich nicht mit numerischen Wertungen zu Werke, aber wenn dir nach Zerfetzen ist, kannst du mittels rein vebaler Sprache doch auch ganz schön rigoros sein - aber das weißt du selbst.

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Dass SHOWGIRLS ein ziemliches Unikat darstellt, lässt sich wohl kaum bestreiten.
Völlig richtig. Aber der Werksstatus eines Unikats steht doch nicht a priori für eine besondere Wertigkeit oder für eine unumgängliche Respektshaltung. Man muss doch auch Filme nicht mögen oder gar stupid finden dürfen/können, wenn sie eine gewisse historische Einzigartigkeitsstellung bekleiden...

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Aber ich merke schon an deinem auf das Totschlagsargument vom Unterschied der Geschmäcker abzielenden Schlusssatz, dass eine Diskussion in diesem Fall zwecklos ist.
Stimmt nicht. Ich habe nur angemerkt, dass ich es im Gegensatz zu anderen Filmen bei "Showgirls" nicht für verwerflich halte, ihn zu mögen, weniger der abgelutschten Geschmacksfrage wegen als eben wegen der Argumente, die man ihm zugute halten kann, von wegen "polierte Scheiße" und so. Bei anderen Sachen wäre ich aber tatsächlich weitaus weniger diskussionsbereit (wobei ich mir die vermutlich gar nicht erst ansähe).

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

PS Dein Text hat mich echt ziemlich geärgert.

So wie mich damals dein "War Zone" - Text. Aber sowas müssen wir eben jeweils abkönnen (und können wir glaube ich auch).

The Redacted sagte am 26. März 2010, 11:08:

Sonst ist aber alles gut. :)
Das will ich aber auch gehofft haben. :)
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Nochmal von meiner Seite aus abschließend zum Thema "Funxtons Punktwertungen vs. Ollis verbale Rundumschläge":

Die Wertungen bergen m. E. den Nachteil, dass sie oft allzu abgeklärt und souverän wirken und sich - das haben Noten so an sich - als Faktenurteil ausgeben, wo sie auch nur Meinung sind. Gerade im Zusammenhang mit deinem persönlichen Stil, der sehr sachlich ist und deine Texte manchmal als "Lexikoneinträge" erscheinen lässt, wird diese Eigenschaft der Noten noch verschärft. Da du auch keinen für außen stehende erkennbaren Notenschlüssel hast bzw. deine Bewertungskriterien offenlegst, wirken diese Wertungen noch mehr wie Gottes Wort.

Ich schlage wahrscheinlich oftmals verbal über die Strenge, doch unterminiert das m. E. ja gerade meine Urteilsfähigkeit. Ein Merkmal des beherzten Verrisses ist, dass er emotional ist und die Emotionalität ist oft ein schlechter Richter. Mehr als den Film rücke ich in meinen Verrissen also mich selbst ins Zentrum. (Natürlich stehst auch du im Zentrum deiner Texte, aber du versteckst dich eben hinter einer "objektiven" Note.) Ich würde einen Verriss nicht zwei mal in der gleichen Weise schreiben können (etwa wenn der Rechner abschmiert): Beim zweiten Anlauf wären die Emotionen verbraucht, der Zugang vielleicht ein sachlicherer. Bei dir steht die 3 vermutlich auch heute noch.
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Erstmal danke für deine Antwort :cheers:
Um Missverständnissen oder falschen Eindrücken vorzubeugen: Ich betrachte mich natürlich nicht als Graue Eminenz der Qualitätskategorisierung und möchte auch gar nicht gern so wahr genommen werden. Mir fällt es bloß einfach nicht so schwer, mit Punktwertungen "um mich zu schmeißen", da ja im Grunde mein ganzes (Arbeits-)Leben davon bestimmt ist.
Andere Köpfe moppern pausenlos herum, wie lapidar oder banal es doch sei, einen Bericht mit einer Punktewertung zu schließen und hauen danach mit diebischer Freude und im stillen Kämmerlein ihre imdb-Wertungen raus. Ich bin insofern nur ehrlich. Dass meine nackten Ziffern andererseits kaum als Diskussionsgrundlage herhalten können, ist wohl klar, aber dafür gibt's ja auch immer noch den Text darüber. Bezüglich der vermeintlichen Ärgernis unterschiedlicher Eindrücke und Bewertungsansätze: Ist doch auch irgendwo so, dass man kein FTB oder Blog führt, um seine Meinung erst öffentlich zu machen und sie dann nach Interventionen geschätzter oder weniger geschätzter Diskussionspartner gleich wieder zu ändern, sondern um eine Plattform des Austauschs und der Ansichtsuntermauerung bieten zu können. Dabei ist es natürlich mein - und auch bestimmt anderer Leute - letztes Ziel, jene Diskutanten in ihren persönlichen Ansichten zu vergrätzen. Aber es gibt eben Uneinigkeiten und das ist doch auch gut so. Insofern muss Ehrlichkeit - selbstverständlich in Verbindung mit zumindest dem Versuch der Eloquenz - gestattet sein.
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Ich habe mir den Film letztens angesehen. „All about evil“ las ich einmal, das stimmt!

Du regst Dich über die „ach so böse Welt auf“, über das simple Strickmuster, aber es handelt sich bei Showgirls um eine Gesellschaftssatire, die explizit den vor allem im Unterhaltungsgeschäft anzutreffenden materiellen Zynismus anprangert! Ein Exploitationfilm, der zeigt wie Menschen, konkreter Frauen ausgebeutet, zu seelenlosen Körpern degradiert werden. Ein gelungener Drahtseilakt. Ich gehe sogar noch weiter: er ist frauenfreundlich! Das Ende spricht für mich Bände. (Das Zusammentreten des Vergewaltigers) Da dachte ich: Starke Frau! Gewiss, eine Zeit lang hat sie sich korrumpieren lassen, naiv war sie auch, aber jetzt ist Schluss! Im doppelten Sinne…

(Damit will ich aber nicht sagen, dass Verhoeven sich als Frauenflüsterer outet, nein, das würde ich eher Tarantino nach DEATH PROOF unterstellen und das Finale ist dem hier sehr ähnlich und bekanntlich mag er Showgirls)

Ein Film, der derartige Gedankenspiele bei mir verursacht, ist für mich definitiv nicht stumpfsinnig. Es fasziniert und verstört mich zugleich wie unterschiedlich Sehbetrachtungen beim Zuschauer ankommen und verarbeitet werden.

Ich habe mich ja dank Deiner Verhoeven-Retrospektive wieder etwas mit „Paulemann“ beschäftigt, sogar in einem Buch nachgelesen. Zu TURK FRUITS kann ich nur sagen: Du hattest vollkommen Recht und ich habe mich blenden lassen.

Ich attestiere Showgirls sogar einen Anspruch, man kann ihm gerne vorwerfen ihn nicht entsprechend gezeigt zu haben.

Esterhaz recherchierte lange im Milieu (er verstand sich vielleicht als Aufdeckungsjournalist) und nachdem MGM den Film völlig anders lancierte, veröffentlichte er einen Brief in der Variety, den er besonders an Frauen richtete:

„Showgirls is set in Las Vegas, in a world of nude lap dancing and topless casino dancing. My script is based on extensive interviews with the young women who are Vegas'dancers. The movie shows that dancers in Vegas are often victimized, humiliated, used, verbally and physically raped by the men who are at the power centers of the world … The studio releasing Showgirls, in its infinite corporate wisdom, has decided to place some of the advertising for the movie on the sports pages … Their advertising people have devised a tag line 'Leave your inhibitions at the door` to sell a movie which is about a young woman who leaves her ambitions at the door to save her soul … I implore you not to let … either misguided, fast-buck advertising … nor politically correct axe-grinding influence your feelings about Showgirls. I implore you to form your own conclusions … I believe deeply that you will like Showgirls.”

(Dennoch habe ich das Gefühl, dass Esterhaz mal gerne als Wolf im Schafspelz daherkommen wollte.)

Ich glaube nicht, dass hier Verhoeven vorsätzlich versucht hat einen flachen Film zu machen.

Verhoeven sagte über diesen Film: “Every time I really want to say something in a film, it seems to go wrong.”
(er fühlte sich dabei an “Spetters” erinnert, den ich leider nicht kenne.)

Ich fand es immer verdammt mutig in den USA einen „teuren“ Film zu machen, der dem Markt so widerspricht und sogar noch weitergeht: er kastriert den amerikanischen Traum! (Dennoch darf man den finanziellen Aspekt nicht kleiner machen als er ist, Geld wird nicht ohne Bedacht für einen Film bereitgestellt. MGM hat wohl auch auf den Hype um Basic Instinct und die Provokation gesetzt)
Die Reaktionen in den prüden USA überraschen mich nicht, vor allem wenn man den Film als Nestbeschmutzung sieht.

Showgirls ist für mich vor allem eines, ein Blendwerk. Dieses Blenden ist bei Verhoeven ja nicht selten. Und dann nimmt der ein oder andere Zuschauer den Stein des Anstosses, reduziert alles darauf. Die Fleischbeschau. Alles verdunkelt sich, nur ein Spot „erhellt“ das Objekt der Fixierung, alles andere wird ausgeblendet, übersehen.

:cheers: Funxton, ich halte Dich nicht für prüde … bitte nehme mir meinen Kommentar nicht übel.
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Danke dir für deinen ausführlichen Kommentar :)

Ein wenig Senf noch zu meiner Rechtfertigung: Nein, prüde bin ich ganz sicher nicht und wer mich kennt, weiß das auch. Ich denke auch nicht, dass ich "Showgirls" missverstanden habe, vielleicht hat dich mein absichtlicher textueller Sarkasmus auch etwas irritiert. Dass der Film irgendwann, als er noch "flüssig" war, durchaus mal als eine Art feministische Initiationsgeschichte geplant gewesen sein könnte, merkt man dem Resultat ja tatsächlich noch an. Allein - sollte dem so sein, hapert es doch ganz gewaltig bei der Umsetzung dieses hehren Ideals.
Wie kann ich denn erwarten, Verständnis oder gar Empathie für Figuren und Einblick in eine realitätsferne und doch existente Glitzerwelt evozieren zu können, wenn ich auf der anderen Seite doch alles dafür tue, ebenjenes Milieu als gewaltige Kitsch- und Klischeeschleuder zu charakterisieren, deren Beziehungsgefüge und Charaktertiefe kaum das Niveau einer täglich abgespulten Telenovela erreicht? Verhoeven liebt ja die Perfidie; in "RoboCop" und "Starship Troopers" verwendet er übersteigerte Gewalt resp. militaristisches Blendwerk als scheinheiliges Rüstzeug zu bravouröser Kreation ätzender Satire. Da lassen sich dann aber auch immer wieder entsprechende Indizien herausfiltern, die diese These nicht nur stützen, sondern ganz klar untermauern. Ein Scriptautor wie Ed Neumeier ist zu solcher Art subversiver Darstellung aber auch in der Lage. Sollte auch "Showgirls" als diese Art Groteske geplant sein (was man angesichts der grellen Umsetzung manchmal ja vermuten könnte), dann fehlt es schlicht an der nötigen Konsequenz, das auch zu zeigen. Ich kann als Filmemacher von meinem Publikum nicht erwarten, dass es mir auf einem Weg folgt, der so widersinnig ist, dass nurmehr ich selbst ihn begreife. Selbst eine zweideutige Kritisierung oder Porträtierung benötigt noch eindeutige Hinweise in Richtung bestimmter Tendenzen. An denen fehlt es mir bei "Showgirls", oder ich bin schlicht zu blind, sie zu erkennen. Kann auch sein.
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Wollte dir auch lediglich mitteilen, warum ich meine Texte so verfasse, wie ich sie verfasse, warum ich Notengebung problematisch finde und bei dir ab und zu mal darüber stolpere.

Ich weiß natürlich, dass du dich nicht zum Zampano machen willst und wollte dir das auch keinesfalls unterstellen. Du trittst in deinen Texten sehr sicher auf und die Noten unterstreichen das noch. Daraus ergibt sich eben dieser - eine Diskussion oft auszuschließen scheinender - "Basta!"-Stil, wie bekay ihn neulich mal genannt hat.

@ Phantomias & Groteske

Wenn man SHOWGIRLS nicht als Groteske/Satire versteht, muss man meiner Ansicht nach soweit gehen, Verhoeven Dummheit zu unterstellen. Aber er ist doch ein intelligenter Mann, der sicherlich selbst weiß, dass seine Figuren kaum mehr als Schablonen und ihre Dialogzeilen hochgradig albern sind. Seine Methode (die sich auch in STARSHIP TROOPERS zeigt) sieht eben von einer klaren, expliziten Äußerung von Kritik ab, sie entwickelt sich bei ihm aus der Erzählung und ihrer Form selbst. So wie es in ST niemanden gibt, der den Krieg verdammt, wir aber aus dem Geschehen selbst entnehmen, dass die Protagonisten sinnlos in den Tod getrieben werden - und sich das auch noch gefallen lassen. In SHOWGIRLS wird das Lügenmärchen vom amerikanischen Traum durch die Verfasstheit der Geschichte selbst enttarnt, davon, dass da ausschließlich vollkommen verblendete oder aber total korrumpierte Figuren rumlaufen. Und SHOWGIRLS - als Bestandteil des Show Business - ist selbst so ein lebensunfähiger Bastard, der vor Kraft kaum laufen kann.

Es gibt etliche ernst gemeinte Filme, die die Geschichte vom Aufstieg zum Ruhm in verkitschten Bildern und mit schwerem Pathos erzählen, Inspirationals, die suggerieren sollen, dass es "jeder schaffen kann". SHOWGIRLS räumt damit nicht nur ziemlich auf, er stellt überhaupt in Frage, ob das überhaupt ein erstrebenswertes Ziel ist. Und seine (absichtlichen) "Inszenierungsfehler" unterstreichen das nur.
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Zitat

"vielleicht hat dich mein absichtlicher textueller Sarkasmus auch etwas irritiert."

Touché!

Vielleicht ist es auch deine Art so sicher zu sein.

Eigentlich mag ich ja keine Kommentare der Sorte „bin da anderer Meinung“. Das läuft dann bei mir nach dem Motto ein anderes Bewusstsein, eine andere Meinung, andere Sozialisation, jedem das seine, blablabla… Aber manchmal haue ich dann doch in die Tasten und hoffe durch Argumente oder bislang unbekannte Infos etwas zur Erhellung/Verdunklung beitragen zu können.

Zitat

„Dass der Film irgendwann, als er noch "flüssig" war, durchaus mal als eine Art feministische Initiationsgeschichte geplant gewesen sein könnte, merkt man dem Resultat ja tatsächlich noch an. Allein - sollte dem so sein, hapert es doch ganz gewaltig bei der Umsetzung dieses hehren Ideals.“

Das könnte zu Verhoeven's Zitat passen. Vielleicht hätte ein anderer Drehbuchautor was gebracht. Ich weiß es nicht.

Telenovelas – auch wenn ich nur wenige kenne – sind intrigant, betreiben schwarz-weiß-Malerei, auf lange Sicht sehr moralisch, ziemlich eindimensional, politisch korrekt. Bis auf letztes würde ich da sogar zustimmen. Aber dieser wunderbar rüde Ton sticht da vollkommen raus. Ich finde ihn sogar authentisch.

„Komm wieder, wenn du dir dein Babyspeck weggefickt hast.“

oder

„Wir fehlen ihr wie mir die Warze auf meiner Schamlippe, die sie mir vorige Woche entfernt haben.“

Herrlich. Aber ich war immer enttäuscht, wenn andere den Film gut fanden, weil er so eine schön Trashgurke ist und ihn darauf reduzierten. Da bin ich froh, dass es auch Leute gibt, die mehr als nur das Vordergründige sehen ... wie z.B. The Redacted.

Deine verlinkte Kritik hat mir sehr gefallen, weil ich Verhoeven einfach liebe. Es gibt keinen anderen wie ihn. Auf Basic Instinct und Hollow Man kann ich gerne verzichten, aber auf Showgirls nicht!!!

The Redacted: Was meinst Du eigentlich mit absichtlichen Inszenierungsfehlern?
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Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, hätte ich darauf schwören können, dass Dieter Wedel heimlich Regie geführt hat. Showgirls ist DER Wedel-Film schlechthin. Ich hab immer drauf gewartet, dass Ingrid Steeger gleich um die Ecke kommt.
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Krumbein sagte am 22. November 2010, 17:21:

Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, hätte ich darauf schwören können, dass Dieter Wedel heimlich Regie geführt hat. Showgirls ist DER Wedel-Film schlechthin. Ich hab immer drauf gewartet, dass Ingrid Steeger gleich um die Ecke kommt.

Ich könnte schwören, du könntest 'ne Menge schwören :)
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