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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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DEAD POETS SOCIETY (Peter Weir/USA 1989)



"I sound my barbaric YAWP over thec rooftops of the world!"

Dead Poets Society (Der Club der toten Dichter) ~ USA 1989
Directed By: Peter Weir

Wilmington, Vermont 1959: Die hochrenommierte Welton Academy, die als sicheres Sprungbrett für Elite-Studenten gilt, erhält kollegialen Zuwachs durch den Englischlehrer John Keating (Robin Williams) sowie einen neuen Obersekunda-Schüler in Person des schüchternen Todd Anderson (Ethan Hawke). Beide haben schon bald ihre Sympathisanten beieinander: Keating, weil seine unkonventionelle Art, die Jungen zu unterrichten und zu Freigeistern zu erziehen, sich vornehmlich hoher Beliebtheit erfreut und Todd, weil seine poetische Ader von Keating gefördert und von seinen Kameraden anerkannt wird. Sieben der Jungen finden sich bald zum "Club der toten Dichter" zusammen, bei dressen Treffen Gedichte von Whitman und Byron rezitiert oder einfach nur centerfolds bewundert werden. Zur Katastrophe kommt es, als einer der Schüler, Neil Perry (Robert Sean Leonard), sich gegen seinen überautoritären Vater (Kurtwood Smith) stellt und unerlaubterweise in einem Shakespeare-Stück auftritt.

Und es gibt ihn doch, den "pädagogisch wertvollen Film", hier in Gestalt von Weirs wohl gleichermaßen meistgeliebtem und meistgehasstem Film, aus jeweils identischen Gründen. Nach "Good Morning Vietnam" wurde Robin Williams hier endgültig auf den Part des ewigen Gutmenschen und Seelentrösters festgenagelt; auf den Hobbytherapeuten und Philanthropen, der gern zu absurdem Humor und Kindlichkeit neigt. Die Meisten haben ihn irgendwann - vermutlich ganz zu Recht - nicht mehr in dieser ganz speziellen Inkarnation ertragen können und doch sind die Rolle des John Keating und auch Williams' diesbezügliches Spiel unleugbar unvergesslich. Als Lehrer kann man sich wohl kaum ein größeres Vorbild bzw. Ideal wünschen als einen, der pädagogischer Repression, elitärem Denken und dem stocksteifen Standesdünkel der Klassengesellschaft begegnet, indem er seine Eleven erstmal die Seiten zur Lyriktheorie und -bewertung aus den Unterrichtswerken herausreißen lässt. Verdammt, das ist Wahrheit, nichts weniger. Man kann dem Film auch vorwerfen, seinen Humanismus auf eine massenkompatible, verständige Art zu verkaufen - aber muss man das denn? Sollten Botschaften wie diese, solche, die zum Denken und Debattieren anregen, denn einem bildungsbürgerlichen Zirkel vorbehalten sein? Hätte Weir seinen Film so inszeniert, wäre er vermutlich keinen Deut besser zu nennen denn der gusseiserne, prügelnde headmaster Mr. Nolan (Norman Lloyd), dem 'Tradition' und 'Disziplin' über alles gehen, selbst über Freigeistigkeit und Ratio.
Nein, dies ist und bleibt so wertvolles wie edel gesonnenes Kino, das hoffentlich noch über viele Generationen fortlebt und von denen geschaut und internalisiert wird.

9/10

Freundschaft period piece Schule Internat Peter Weir Coming of Age Vermont Herbst Theater Literatur



Vielen, vielen Dank für diesen Kommentar! In den letzten Jahren habe ich so viele negative (und zumindest in manchen Fällen ein wenig snobistische) Äußerungen über diesen Film lesen müssen, daß es mich sehr freut, endlich mal auf jemanden zu treffen, der ihn auch (immer noch) mag.
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Ich schließe mich meinem Vorredner an. Diese Haltung wider dem Zynismus ist eh eine der schönsten Seiten an deinem FTB, Funxton, wenn ich das als langjähriger Leser mal so sagen darf.
Kommen da noch mehr Weirs? Den Mann und sein sehr integres und konsequent seinem eigenen Blick folgendes Gesamtwerk mag ich sehr.

Habs schon bei meinen Kommentaren geschrieben, aber zur Sicherheit hier nochmal: Beast with five fingers besitze ich leider nur als zerleierte VHS.
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Wes Craven's "Music of the Heart" (1999) wäre ein Film, der in diesem Zusammenhang auch genannt werden müsste; denn musikalisch lässt sich das Motiv noch schöner umsetzen als poetisch. :sof: . Womit ich bei meinem Geständnis wäre: Ich konnte mit diesem speziellen Weir nie etwas anfangen, empfand ihn sogar als herbe Enttäuschung. Und das lag nicht an Mrs. Doubtfire, sondern eher an der mangelnden Schwüle in diesem pubertierenden Kreis, der auch ein Wordsworth nicht abzuhelfen vermag. Hinzu kommt: Wenn schon "Dead Poets", dann muss auch die Lyrik von Thomas Hardy gewürdigt werden (ich verlinke wieder nicht zur Besprechung von "During Wind and Rain" meinem Blog).

Und damit mich niemand für einen emotionalen Rüppel hält, werde ich eines Tages, eines sehr fernen Tages "Les Choristes" (2004) liebevoll besprechen. Dafür erwarte ich aber auch ein paar tausend Fränkli von Arthur Cohn, der ja beinahe mein Nachbar ist.

Dies alles schreibe ich natürlich nur, weil ich mit der Besprechung eines zwangsneurotischen Films nicht voran komme. Also einfach nicht zur Kenntnis nehmen! :)
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Settembrini sagte am 01. Dezember 2011, 19:48:

Vielen, vielen Dank für diesen Kommentar! In den letzten Jahren habe ich so viele negative (und zumindest in manchen Fällen ein wenig snobistische) Äußerungen über diesen Film lesen müssen, daß es mich sehr freut, endlich mal auf jemanden zu treffen, der ihn auch (immer noch) mag.

Herzlichen Dank dafür und :cheers:
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Javier sagte am 01. Dezember 2011, 20:03:

Ich schließe mich meinem Vorredner an. Diese Haltung wider dem Zynismus ist eh eine der schönsten Seiten an deinem FTB, Funxton, wenn ich das als langjähriger Leser mal so sagen darf.Kommen da noch mehr Weirs? Den Mann und sein sehr integres und konsequent seinem eigenen Blick folgendes Gesamtwerk mag ich sehr. Habs schon bei meinen Kommentaren geschrieben, aber zur Sicherheit hier nochmal: Beast with five fingers besitze ich leider nur als zerleierte VHS.

Ja, ich mache in der Tat gerade eine kleine Weir-Schau. Leider fehlen mir ab den Achtzigern "The Year Of Living Dangerously", "Mosquito Coast" & "Fearless". Letzteren mochte ich zumindest früher nicht sehr, aber die beiden anderen hätte ich schon gern gehabt. Die Idee kam mir aber allzu zu spontan, als dass ich noch lange auf Import-DVDs hätte warten wollen.
Ansonsten auch dir ein dickes Dankeschön für deinen Zuspruch. Sowas macht Laune!
Das mit "The Beast" hatte ich i.d.T. überlesen, schade. Aber vielleicht hat der DVD-Gott ja irgendwann ein Einsehen auch bezüglich dieses Films :)
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Zodiac sagte am 01. Dezember 2011, 21:40:

Wes Craven's "Music of the Heart" (1999) wäre ein Film, der in diesem Zusammenhang auch genannt werden müsste; denn musikalisch lässt sich das Motiv noch schöner umsetzen als poetisch. :sof: .
Auf den habe ich aus vielerlei Gründen keinen Bock. Vielleicht irgendwann mal, aber mittelfristig wohl eher nicht :(

Zodiac sagte am 01. Dezember 2011, 21:40:

Womit ich bei meinem Geständnis wäre: Ich konnte mit diesem speziellen Weir nie etwas anfangen, empfand ihn sogar als herbe Enttäuschung. Und das lag nicht an Mrs. Doubtfire, sondern eher an der mangelnden Schwüle in diesem pubertierenden Kreis, der auch ein Wordsworth nicht abzuhelfen vermag. Hinzu kommt: Wenn schon "Dead Poets", dann muss auch die Lyrik von Thomas Hardy gewürdigt werden (ich verlinke wieder nicht zur Besprechung von "During Wind and Rain" meinem Blog). Und damit mich niemand für einen emotionalen Rüppel hält, werde ich eines Tages, eines sehr fernen Tages "Les Choristes" (2004) liebevoll besprechen. Dafür erwarte ich aber auch ein paar tausend Fränkli von Arthur Cohn, der ja beinahe mein Nachbar ist. Dies alles schreibe ich natürlich nur, weil ich mit der Besprechung eines zwangsneurotischen Films nicht voran komme. Also einfach nicht zur Kenntnis nehmen! :)

Geschrieben heißt geblieben! :D Mit "mangelnder Schwüle" habe ich zum Glück keinerlei Probleme.
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Dann oute ich mich mal als einen der "Dead-Poets-Hasser". Wobei man "Hasser" natürlich nicht wörtlich nehmen sollte, wer ernsthaft einen Film hasst, muss ein schwerwiegendes Problem haben...

Ich mag Peter Weir und seine Filme sehr, bis auf Green Card kenne ich alle. Und bis auf Dead Poets Society mag ich alle. Jener ist in meinen Augen mit Abstand Weirs schwächste Arbeit, ein vollkommen uninspirierter, vor Klischees nur tropfender Film, der jeden Funken von Esprit vermissen lässt. Meine bisher einzige Sichtung liegt allerdings schon ein paar Jahre zurück, aber ich bezweifle, dass ich ihm heute irgendetwas abgewinnen könnte.

Auf deine Weir-Schau freue ich mich natürlich trotzdem, denn seine anderen Filme mag ich ja alle. :cheers:
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"...ein vollkommen uninspirierter, vor Klischees nur tropfender Film, der jeden Funken von Esprit vermissen lässt."

Das trifft übrigens auch auf den von mir empfohlenen "Music of the Heart" zu, falls Funxton die kleine Boshaftigkeit nicht bereits durchschaut hat. :)
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Ich sag's ja: Ein Polarisierer :)

@ Zodi: Du Schlimmer, du.
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