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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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DEEP END (Jerzy Skolimowski/UK, BRD 1970)



"I love her." - "You perverted little monster!"

Deep End ~ UK/BRD 1970
Directed By: Jerzy Skolimowski

Der fünfzehnjährige Londoner Mike (John Moulder-Brown) nimmt einen Job in einer Badeanstalt in Fulham an. Dort lernt er die ein paar Jahre ältere Angestellte Susan (Jane Asher) kennen, auf die sich bald Mikes geballte adoleszente, erotische Phantasien projizieren. Allerdings wurmt speziell die Tatsache, dass Susan, die Mikes verzehrende Gefühle durchaus wahrnimmt und ihn damit neckt, sich zum einen mit einem fatzkenhaften Verlobten (Christopher Sandford) und zum anderen mit Mikes früherem, wesentlich älteren Sportlehrer (Karl Michael Vogler) abgibt, den jungen Mann immens. Durch ein umständliches taktisches Manöver kann Mike Susan schließlich zu einem eher hektischen Beischlaf bewegen, der für ihn enttäuschend ausfällt. Und so einfach will er seine Eroberung dann doch nicht ziehen lassen...

Sozusagen die naturalistische, europäische Antwort auf Nichols' "The Graduate" ist "Deep End" eine besondere cinematographische Ausnahmeerscheinung. Ein in London spielendes Coming-of-Age-Drama, von einem Jungregisseur der polnischen Nouvelle Vague zum Teil in den Bavaria-Studios inszeniert - sowas gab's selbst damals nicht alle Tage. Ein Glücksfall des dekadenwechselnden Kinos zwischen den Sechzigern und Siebzigern war die Folge, der das besondere Kunststück bewerkstelligt, sich gänzlich in das Gefühlschaos eines Heranwachsenden fallen lassen zu können, sozusagen kompromisslos. Heute wird "Deep End" häufig in einem Atemzug genannt mit "Blowup" und "Repulsion", die jeweils das "Swingin' London" jener Tage aus der unbestechlichen Sicht junger internationaler Filmemacher karikierten und in einen albtraumhaften Kontext einbetteten. So falsch ist diese Analogie nicht, aber auch kaum gänzlich zutreffend. Skolimowski weidet sich nicht groß an urbanen Ansichten, sondern verharrt ganz in seinen zwei, drei Schauplätzen, als da wären: das halbverfallene Schwimmbad, ein Stück Rotlichtmeile und der winterliche Stadtpark (freilich im Englischen Garten abgefilmt) und konzentriert sich auf seinen omnipräsenten Hauptcharakter und dessen sich zunehmend irrational gestaltendes Innenleben. Einer der wichtigsten, repräsentativsten Filme seiner Zeit ist die verpflichtende Folge, mit einem aus Songs von Cat Stevens und Can kompilierten Wahnsinns-Soundtrack.

9/10

London Jerzy Skolimowski Kiez Coming of Age



In beiden Fällen ist die Musik extra für den Soundtrack geschrieben worden. Bei Cat Stevens ist das wohl innerhalb von einer Nacht mit zwei Sessionmusikern passiert, bei The Can war es so, das geht jedenfalls aus dem Bonusmaterial der Blu-ray hervor, dass Skolimovski ein zu kurzes Stück geliefert bekommen hat und es von den Musikern in einem zweiten Anlauf verlängert werden musste. Das erinnert Irmin Schmidt (Keyboarder bei der Band) in einem Interview mit Wolf Kampmann anders. Danach hat S. gleich ein Stück über 18 min bestellt. Er kannte einen anderen Titel (Yoo Doo Right) der ihm gefiel. Den gab er zur Orientierung an. Rhythmisch lief dann allerdings etwas anderes ab und die Szene ist bis zur U-Bahn "musikalisch" geschnitten worden.
Viele der Filmmusiken sind entstanden indem jener Irmin Schmidt, der auch die Kontakte zu den Filmleuten hatte, den Film ansah/Angaben einholte und den anderen Musikern davon erzählte. Das Gitarrensolo in Mother Sky geht zum Beispiel darauf zurück, dass dem Gitarristen die Straßenszene mit einem Hot-Dog-Verkäufer erzählt wurde. Man kann das hören, dass das Burt Kwouk ist.
(Im Bonusmaterial werden zu meiner Überraschung noch andere musikalische Bezüge hergestellt: Jimi Hendrix war wohl Skolimovskis Nachbar, da gibt es im Film den Taxistreit, natürlich zu Paul McCartney und zu Hapslash and the Coloured Coat.)
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Die ausführliche Fischer-Dokumentation "Starting Out", aus der du jawohl auch einige deiner o.a. angeführten Informationen bezogst, ist wirklich beispielhaft für ein geglücktes Making Of und glücklicherweise auch auf der DVD enthalten.
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Könntest du mal bitte checken - wenn du dazu kommst - ob bei dir die dt. Untertitelspur funktioniert? :)
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Eben nachgeschaut - bei mir gibt's keine dt. Untertitelspur - nur eine holländische und eine zweite, leere. Auf der Hülle und im Menü - zumindest der DVD - sind aber auch keine deutschen UT angegeben... :unsure:
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Aha, interessant. Habe nur den Screener, der mir zwar eine Untertitelspur anbietet, die aber leer ist. Danke dir!
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Görn :)
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Toller Film, toller Text.
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:blush:
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Der Film hat einfach was...kultig.
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Funxton

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