"Off with their heads!"
Alice in Wonderland (Alice im Wunderland) ~ USA 2010
Directed By: Tim Burton
Die junge, selbstbewusste Halbwaise Alice Kingsley (Mia Wasikowska) flieht nach einem öffentlichen Heiratsantrag durch den unangenehm verschrobenen Aristokratensohn Hamish Ascott (Leo Bill) in den Garten und in einen Kaninchenbau, an dessen Ende sie alle Figuren aus ihren Kindheitsträumen wiederentdeckt. Sie wird dort, im "Wunderland", schon sehnsüchtig erwartet, denn es gilt, die böse Rote Königin (Helena Bonham Carter) zu vetreiben, bzw. ihren Drachen, den Jabberwocky, zu erschlagen. Erst nach einigem Zögern sieht sich Alice dieser Aufgabe gewachsen und findet dadurch die Kraft, auch ihre Probleme im Diesseits zu regeln.
Weniger eine um Exaktheit bemühte Carroll-Verfilmung denn eine Fortsetzung seiner "Alice"-Geschichten. Die Protagonistin leidet offensichtlich an einer Art Teilamnesie, als sie im Film nach ihrer überstürzten Flucht aus dem Gartenpavillon ohne sich dessen bewusst zu sein bereits zum wiederholten Male das Wunderland betritt. Dessen Bewohner identifizieren sie indes nämlich noch vorsichtig als ihr - nunmehr gereiftes - alter ego (und analog dazu als jenes kleine bzw. jüngere Mädchen als das sie einst hier ihre Abenteuer erlebte), sind sich ihrer allerdings, aufgrund ihrer Erwachsenwerdung, zu Anfang nicht ganz sicher.
Diese Mehrdimensionalität zeigt Wirkung: Anders als in den Geschichten üblich geht es hier weniger um die grenzenlose Macht der Imagination als um eine junge Dame an der Schwelle zu unbeirrter Emanzipation, die ihre Kraft zur künftigen Mündigkeit aus der sich bei Burton mitnichten als Traumland präsentierenden Parallelwelt zieht. Jenes Wunderland derweil zeigt sich bei aller wiederum bemühten Gestaltungs- und Detailfreude, wie schon das viktorianische London in "Sweeney Todd", als komplett durchdigitalisiertes Rechner-Shangri-La, in dem konsequenterweise jedes sichtbare organische Körperteil wie ein Fremdkörper erscheint. Für mich ist das nichts; ich kann zwar Arbeit und Aufwand dahinter respektieren, mag es aber deutlich lieber, wenn ein Film atmet und nicht unter glitzernder Plastikfolie erstickt wird. Darum sehe ich mir auch grundsätzlich keine dieser neuen Fantasy-Literaturadaptionen von "Narnia" bis hassenichgesehn an. Selbst, da Burtons inszenatorische Kraft den Film nicht nur "rettet", sondern ganz klar über das durchschnittliche Biedermeierkino hinaushievt, hoffe ich insgeheim doch sehr, dass er den mit "Alice In Wonderland" eingeschlagenen stilistischen Weg nicht weiterverfolgt.
7/10
Parabel Lewis Carroll Maerchen Tim Burton Disney England 3-D Coming of Age Kinder period piece
Alice in Wonderland (Alice im Wunderland) ~ USA 2010
Directed By: Tim Burton
Die junge, selbstbewusste Halbwaise Alice Kingsley (Mia Wasikowska) flieht nach einem öffentlichen Heiratsantrag durch den unangenehm verschrobenen Aristokratensohn Hamish Ascott (Leo Bill) in den Garten und in einen Kaninchenbau, an dessen Ende sie alle Figuren aus ihren Kindheitsträumen wiederentdeckt. Sie wird dort, im "Wunderland", schon sehnsüchtig erwartet, denn es gilt, die böse Rote Königin (Helena Bonham Carter) zu vetreiben, bzw. ihren Drachen, den Jabberwocky, zu erschlagen. Erst nach einigem Zögern sieht sich Alice dieser Aufgabe gewachsen und findet dadurch die Kraft, auch ihre Probleme im Diesseits zu regeln.
Weniger eine um Exaktheit bemühte Carroll-Verfilmung denn eine Fortsetzung seiner "Alice"-Geschichten. Die Protagonistin leidet offensichtlich an einer Art Teilamnesie, als sie im Film nach ihrer überstürzten Flucht aus dem Gartenpavillon ohne sich dessen bewusst zu sein bereits zum wiederholten Male das Wunderland betritt. Dessen Bewohner identifizieren sie indes nämlich noch vorsichtig als ihr - nunmehr gereiftes - alter ego (und analog dazu als jenes kleine bzw. jüngere Mädchen als das sie einst hier ihre Abenteuer erlebte), sind sich ihrer allerdings, aufgrund ihrer Erwachsenwerdung, zu Anfang nicht ganz sicher.
Diese Mehrdimensionalität zeigt Wirkung: Anders als in den Geschichten üblich geht es hier weniger um die grenzenlose Macht der Imagination als um eine junge Dame an der Schwelle zu unbeirrter Emanzipation, die ihre Kraft zur künftigen Mündigkeit aus der sich bei Burton mitnichten als Traumland präsentierenden Parallelwelt zieht. Jenes Wunderland derweil zeigt sich bei aller wiederum bemühten Gestaltungs- und Detailfreude, wie schon das viktorianische London in "Sweeney Todd", als komplett durchdigitalisiertes Rechner-Shangri-La, in dem konsequenterweise jedes sichtbare organische Körperteil wie ein Fremdkörper erscheint. Für mich ist das nichts; ich kann zwar Arbeit und Aufwand dahinter respektieren, mag es aber deutlich lieber, wenn ein Film atmet und nicht unter glitzernder Plastikfolie erstickt wird. Darum sehe ich mir auch grundsätzlich keine dieser neuen Fantasy-Literaturadaptionen von "Narnia" bis hassenichgesehn an. Selbst, da Burtons inszenatorische Kraft den Film nicht nur "rettet", sondern ganz klar über das durchschnittliche Biedermeierkino hinaushievt, hoffe ich insgeheim doch sehr, dass er den mit "Alice In Wonderland" eingeschlagenen stilistischen Weg nicht weiterverfolgt.
7/10
Parabel Lewis Carroll Maerchen Tim Burton Disney England 3-D Coming of Age Kinder period piece