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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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ZAPFENSTREICH


Aufgrund der bevorstehenden Schließung der Filmforen, die ich als langjähriges Mitglied sehr bedauere, bin ich gezwungen, dieses Tagebuch hier zu schließen. Ironischerweise betrifft mein letzter Eintrag den Film Exodus - als hätte ich es vorausgeahnt. :P Obwohl das Schreiben über Filme mir bisweilen auch lästig ist, ist es mir doch über die Jahre eine liebgewonnene Tradition geworden, mit der ich nicht brechen will. Ich habe mich daher entschlossen, mein FTB als Filmblog weiterzuführen, und zwar hier:

http://camelbackcinema.blogspot.de/

Ich würde mich freuen, wenn der Ein oder Andere mal reinschaut und vielleicht auch - sofern er selbst ein Blog betreibt, mein Blog verlinkt. Solange das möglich ist, werde ich neue Filmeinträge im Filmtextregister verlinken.

Man liest sich (hoffentlich)...

Thomas


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EXODUS: GODS AND KINGS (Ridley Scott, 2014)


Exodus wurde von der Kritik einhellig zerrissen, doch lässt mich das völlig unbeeindruckt, zumal es angesichts des Regisseurs schon im Vorfeld klar war, dass der Film die für dessen Alterswerk fast schon typischen Schwächen aufweisen würde. Und so ist es dann auch: schwächelnde Dialoge und eine nicht immer schlüssige Story sind ja schon fast Standard bei Scott. Hinzu kommen historische Ungenauigkeiten, die sich angesichts der Tatsache, dass es sich bei Moses nicht um eine geschichtliche sondern nur um eine biblische Figur handelt, relativ leicht verschmerzen lassen. Schwerer fällt das schon mit Scotts Entscheidung, Gott als kleinen Jungen darzustellen. Und Christian Bales Moses ist auch nicht unbedingt das, was man als charismatischen Anführer bezeichnen würde. Auch der teilweise etwas schwülstige Score von Alberto Iglesias kann nicht völlig überzeugen. Und dennoch: Ich mag Ridley Scotts überheblichen, selbstgefälligen Inszenierungsstil, den er natürlich auch hier wieder bis zum Anschlag ausreizt. Im Gegensatz zu DeMilles Schinken bleibt man hier auch von christlichem Fundamentalismus verschont, soweit die Story dies zulässt. Exodus kommt jedenfalls deutlich bodenständiger daher und daher schon weitaus sympathischer. Zudem hat er ungeachtet seiner zahlreichen Angriffspunkte auch nicht zu leugnende Stärken, wie z. B. die anfängliche Schlacht zwischen den Ägyptern und Hethitern, die überaus effektvolle Inszenierung der biblischen Plagen oder die mitreißende Verfolgungsjagd am Schluss, die den gewogenen Zuschauer über die sonstigen Defizite großzügig hinwegsehen lassen. Dies wird sicher nicht jedem gelingen, dazu muss man Scotts Stil schon mögen. Ich jedenfalls fühlte mich trotz einiger Längen drei Stunden lang recht gut unterhalten.

Ridley Scott


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THE TEN COMMANDMENTS (Cecil B. DeMille, 1956)


Als ich heute beim morgendlichen Stuhlgang die Fernseh-Zeitschrift studierte und sah, dass DeMilles Monumentalschinken heute Abend gezeigt wird, fiel mir ein, dass der auch noch ungesehen bei mir rumliegt. Und da eine Sichtung dieses knapp 4-stündigen Films im Privatfernsehen, vermutlich unterbrochen von zahllosen Werbepausen und dann auch noch synchronisiert, nur etwas für echte Masochisten ist, gab ich mir den gleich heute Nachmittag. Doch auch ohne Werbepausen war die Sichtung schon ermüdend genug. Als der Abspann kam, fühlte ich mich völlig erschöpft. Die erste Hälfte des Films ist sogar noch ganz ansehnlich und recht spannend erzählt, wenn auch mit etlichen Längen behaftet. In der zweiten Hälfte jedoch wird die fundamental-christliche Botschaft derart dick aufgetragen, dass es stellenweise kaum noch zu ertragen ist. Und so ertappte ich mich irgendwann dabei, dass ich mich auf die Seite der Ägypter geschlagen hatte, auch wenn meine Bibelkenntnisse immerhin so gefestigt sind, dass mir der Ausgang der Geschichte bekannt war. Wobei ich die Verkündung der zehn Gebote dann schon wieder witzig fand, insbesondere wenn es dann nach tausenden von Toten irgendwann heißt: Thou shalt not kill. Da konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Bei allen Schwächen verfügt The Ten Commandments aber auch über eine Reihe von Schauwerten, die ihn zumindest noch in die Kategorie sehenswert einstufen. Dies sind in erster Linie natürlich die verschwenderisch prachtvollen Kulissen, Kostüme und Requisiten, die man heutzutage so nicht mehr zu sehen kriegt. Höchst beeindruckend auch die Verfolgungsszene mit 50 oder mehr echten Streitwagen, die eine ganz andere Wirkung entfaltet als die heute bei solchen Szenen üblichen CGI. Erstaunlich gut sieht auch die Teilung des Roten Meeres aus. Insgesamt nötigt einem der immense Aufwand, der für die Realisierung der Geschichte betrieben wurde und der dem Film auch jederzeit anzusehen ist, schon Respekt ab. Richtig genießen kann man es aufgrund der penetrant vorgetragenen Botschaften trotzdem nicht. Irgendwie schade.


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LA VÈNUS À LA FOURRURE (Roman Polanski, 2013)


Amüsante, kleine Komödie vom heimlichen Meister des Kammerspiels, der seine diesbezüglichen Fertigkeiten zuletzt mit dem hervorragenden Carnage nachgewiesen hat oder auch schon früher mit dem nunmehr zwanzig Jahre alten Death and the Maiden. La Vénus à la fourrure ist ein ziemlich braver Film, niemals schlüpfrig oder anzüglich, nie richtig böse, aber eben auch alles andere als platt. Getragen von zwei souveränen Darstellern – wobei der Franzose Mathieu Amalric lustigerweise genauso aussieht wie Roman Polanski in jüngeren Jahren – und einer gehörigen Portion Dialogwitz vergeht die Zeit wie im Flug. Emmanuelle Seigner verfügt über eine erotische Ausstrahlung, wie sie nur eine Frau mit einer gewissen Reife und Lebenserfahrung haben kann, und so ist es nicht verwunderlich, dass der arme Thomas ihr bald mit Haut und Haar verfallen ist. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen den gespielten Rollen und den echten Personen zusehends, bis am Ende eine Differenzierung kaum noch möglich ist. Sehr unterhaltsam.

Roman Polanski


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INTERSTELLAR (Christopher Nolan, 2014)


Nolans aktuellster Film ist ein schwieriger Fall, gilt es doch für den Zuschauer einige dicke Kröten zu schlucken, will man sich auf das Ganze einlassen. So fällt es schon zu Beginn schwer, Coopers Entscheidung nachzuvollziehen, seine Tochter, die ihm mehr als alles andere bedeutet, zurückzulassen und sich auf eine ungewisse Reise zu begeben, deren Konsequenzen er nicht einmal im Ansatz überblicken kann. Nolan gibt sich alle Mühe, dies zu erklären, indem er die Figur als ehemaligen Piloten zeichnet, der mit dem jetzigen Farmerleben unglücklich ist und sich insgeheim nach den Weiten des Weltraums sehnt. Da Interstellar jedoch mehr als alles andere eine Vater-Tochter-Geschichte ist und diese das Zentrum des Film bildet, hatte ich trotz aller Erklärungen Schwierigkeiten, diese Situation zu akzeptieren. Weiterhin muss man sich auf die ganzen physikalischen Theorien mit schwarzen Löchern, Wurmlöchern etc. einlassen und dies als gegeben hinnehmen. Nun denn: hat man diese Hürden genommen, entfaltet sich im Lauf der knapp drei Stunden ein faszinierender und höchst spannender Trip durch Raum und Zeit, der zu keiner Zeit langweilig wird. Im Vergleich zu manch anderem Weltraumabenteuer wirken die Effekte bei Interstellar erfreulich bodenständig, was ihrer Wirkung indes keinen Abbruch tut. Und wenn wir schon bei Vergleich sind: der mit Kubricks 2001 drängt sich geradezu auf, doch während ich zu jenem bisher keinen Zugang fand, ist Interstellar deutlich weniger sperrig (und auch philosophisch) geraten und damit leichter zu verdauen. Zudem weiß er den Zuschauer emotional zu packen, etwas das 2001 abgeht. Hinzu kommt die inszenatorische Brillanz, mit der Interstellar gefertigt ist. Ich behaupte mal, dass ein Großteil der aktuell tätigen Regisseure bei der Umsetzung des Stoffes kläglich gescheitert wäre. Selbst das Ende ist recht gut gelungen. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Happy End, in Wahrheit ist es jedoch das Gegenteil davon. Interstellar gehört nicht zu den ganz großen Momenten in Nolans bisherigem Schaffen, doch ein sehr guter Film ist er allemal.

Christopher Nolan


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DEATH RACE (Paul W. S. Anderson, 2008)


Filmisches Fastfood für den kleinen Hunger zwischendurch. Das Remake des mir unbekannten Death Race 2000 ist ein Film ohne große Ansprüche und bietet leicht verdauliche Kost in Form schnörkelloser, rasant inszenierter Action, musikalisch trefflich untermalt von Paul Haslinger. Über weite Strecken wirkt das Geschehen wie ein Rennspiel am Computer, u. a. aufgrund der auf der Straße angebrachten Schilde, die überfahren werden müssen, um bestimmte Waffensysteme zu aktivieren. Es knallt jedenfalls sehr ordentlich, Jason Statham taugt durchaus als Identifikationsfigur und die atemberaubend schöne Natalie Martinez ist eine wahre Augenweide. Da stören auch der vorhersehbare Plot, der deutliche Parallelen zu The Running Man aufweist - ja, im Grunde sogar die gleiche Geschichte erzählt, und die klischeehaften Figuren nicht weiter. Ausgesprochen kurzweilig und unterhaltsam.


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A VIKING SAGA: THE DARKEST DAY (Chris Crow, 2013)


Eine britische Low-Budget-Produktion, die mich von der Machart an den kürzlich gesichteten Ironclad erinnerte, dabei aber nicht ganz so dröge ist wie jener. Die begrenzten finanziellen Mittel brachten einen weitgehenden Verzicht auf Kulissen mit sich, deren Platz die rauhe Landschaft des südlichen Wales einnimmt. Die monochromen Bilder und der bedrohlich grummelnde, wenn auch recht eintönige Score lassen eine durchaus düstere Atmosphäre entstehen, die amateurhafte Kameraführung und Darstellerleistungen, die bestenfalls unterer Durchschnitt sind, sorgen für weniger Begeisterung. Winding Refns Valhalla Rising stand ganz offensichtlich Pate, wobei A Viking Saga dessen Klasse und Tiefgang nicht einmal ansatzweise erreicht. Dafür ist nicht zuletzt die Story einfach zu dünn, auch wenn sie einen wahren geschichtlichen Hintergrund hat. Unter dem Strich also ein eher zweifelhaftes Vergnügen.


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MERCENARIES (Christopher Ray, 2014)


Bei Mercenaries handelt es sich um eine Low-Budget DTV-Produktion der berüchtigten Asylum-Filmstudios, die unverkennbar an Stallones Expendables-Reihe angelehnt ist und sozusagen das weibliche Pendant dazu bildet. Und so gibt es anstelle stahlharter Muskeln mehr oder weniger knackige Frauenkörper zu bewundern, die zum Teil schon etwas in die Jahre gekommen sind. Die Damen sind dabei mindestens so cool wie ihre männlichen Kollegen, ohne ihr etwas mitfühlenderes Naturell zu verleugnen. Der Plot ist ebenso vorhersehbar wie blödsinnig, doch lässt sich ein gewisser Unterhaltswert nicht abstreiten, zumal die Actionszenen trotz des geringen Budgets ganz gut gelungen sind. Brigitte Nielsen als weiblicher Warlord ist recht witzig, doch ist es an der Neuseeländerin Zoë Bell, den Film mit ihrer starken Präsenz über die Runden zu bringen. Ihre Mitstreiterinnen sind nicht mehr als nettes Beiwerk. Ein paar nette Sprüche gibt's auch noch, und wenn man seine Erwartungen ganz tief nach unten schraubt, kann man mit Mercenaries durchaus seinen Spaß haben. Freunde anspruchsvoller Unterhaltung sind hier natürlich völlig fehl am Platz.


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BORGMAN (Alex van Warmerdam, 2013)


Von Alex van Warmerdam habe ich vor langer, langer Zeit mal De noorderlingen gesehen - aus meiner Erinnerung heraus ein völlig absurder Film, der seinerzeit zu meinen abgefahrensten Filmerfahrungen überhaupt zählte. Borgman schlägt in die gleiche Kerbe. Sehr surreal und erkennbar von Luis Buñuel beeinflusst. Anfangs sehr witzig, mit zunehmender Spieldauer zugleich ernster, aber auch abstruser, verliert Borgman in der zweiten Hälfte deutlich von seinem anfänglichen Elan. Im gesamten Film gibt es keinen einzigen Charakter, der sich halbwegs normal verhält, und so ist schnell klar, dass es van Warmerdam nicht um das Erzählen einer interessanten Geschichte, sondern um die Montage grotesker Situationen geht. Schon die Titelsequenz deutet mit dem sich um 180 Grad drehenden Schriftzug an, dass hier alles auf den Kopf gestellt wird. So wie der eigentlich ganz ansehnliche Garten der Familie komplett umgegraben und zerstört wird, geschieht dies auch mit der Familie selbst. Und so wird im Laufe des Films aus einer relativ normalen, gutsituierten Familie ein physischer und psychischer Trümmerhaufen. Dies ist über weite Strecken witzig, zum Teil aber auch schmerzhaft mit anzusehen, insbesondere die Wandlung der Kinder zu apathischen, willenlosen Zombies. In jedem Fall ein sehr origineller und über weite Strecken auch höchst unterhaltsamer Film, dem zum Ende hin etwas die Luft ausgeht. Und die Unterwasserszene mit den beiden einbetonieren Leichen, zu denen sich die dritte gesellt, ist wirklich großartig.


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NIGHTCRAWLER (Dan Gilroy, 2014)


I like older women.

Lou Bloom ist ein arbeitsloser junger Mann, der sich mit Diebstählen über Wasser hält bis er eines Tages die Bekanntschaft des Sensationsjournalisten Joe Loder macht, der seinen Lebensunterhalt damit bestreitet, Filmaufnahmen von schweren Unfällen, Bränden und Gewaltverbrechen an das Frühstücksfernsehen zu verkaufen. Sein Motto: If it bleeds, it leads. Lous Versuch, ihn dazu zu bewegen, ihn einzustellen, scheitert, und so besorgt er sich kurzerhand einen Camcorder, um seinerseits noch detailliertere, noch blutigere, noch exklusivere – und damit wertvollere – Aufnahmen zu produzieren.

Der Sichtung hatte ich angesichts der vielversprechenden Geschichte mit großen Erwartungen entgegen gesehen, zumal die Kritiken einigermaßen euphorisch ausfielen. Und doch hat das Ergebnis meine kühnsten Erwartungen übertroffen: Nightcrawler hat mich schlichtweg weggeblasen. Der Einstieg in die Handlung erfolgt ganz unvermittelt, und augenblicklich entfaltet sich eine extreme Sogwirkung, der man als Zuschauer praktisch hilflos ausgeliefert ist. Der von einem großartigen Jake Gyllenhaal verkörperte Lou Bloom ist ein Soziopath ersten Ranges, der sein Ziel mit einer derart unerbittlichen Konsequenz verfolgt, dass es einem stellenweise die Sprache verschlägt. Dabei steht ihm der Irrsinn ins Gesicht geschrieben, die Augen scheinen ständig kurz davor zu stehen, aus den Höhlen zu treten, und doch ist er in seinem Handeln eiskalt berechnend. Ihn zu beobachten ist abstoßend und faszinierend zugleich, und so ist man als Zuschauer lange auf seiner Seite. Sein Vorgehen ist ebenso dreist wie skrupellos und wird von Nacht zu Nacht rücksichtsloser. Dabei zeigt er zunehmend Zeichen einer Abhängigkeit und steigert sich in einen regelrechten Rausch. Wie ein Süchtiger will er immer mehr, immer extremere Bilder, sucht den immer größeren Kick. Die Hemmschwelle sinkt beständig, Grenzen verschwimmen, um sich irgendwann ganz aufzulösen. Er wird vom Beobachter zum Beteiligten und schließlich zum Täter. Wie er am Schluss seinen Partner abserviert, lässt einem das Blut in den Adern gefrieren.

Den ganzen Wahnsinn fängt Gilroy in unterkühlten Bildern ein, die das nächtliche L.A. von einer Seite zeigen, die der normale Bürger höchstens vom heimischen Wohnzimmer aus im Fernsehen sehen will. Und dennoch sind es Bilder von atemberaubender Schönheit, wie sie Michael Mann in seinen besten Zeiten zu Stande brachte. Dazu wummert zurückhaltend aber immer bedrohlich James Newton Howards großartiger Score. Nightcrawler ist eine bitterböse Satire, zugleich aber auch ein hochgradig spannender Thriller von technischer und darstellerischer Brillanz. Ich verwende den überstrapazierten Begriff „Meisterwerk“ nur selten; in diesem Fall ist er gerechtfertigt. Der Taxi Driver des 21. Jahrhunderts.


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A MOST WANTED MAN (Anton Corbijn, 2014)


It takes a minnow to catch a barracuda. A barracuda to catch a shark.

A most wanted Man ist alleine schon deshalb ein außergewöhnlicher Film, weil es sich um die letzte Arbeit des großartigen, von mir hochgeschätzten Philip Seymour Hoffman handelt, der im vergangenen Jahr auf so tragische Weise verstorben ist. Dementsprechend war die Sichtung mit einer gehörigen Prise Wehmut verbunden. Hoffman spielt Günther Bachmann, einen desillusionierten Geheimdienstler der alten Schule, der in der Vergangenheit von seinen eigenen Leuten aufs Kreuz gelegt wurde und dennoch unbeirrt weiter seinen Weg geht. Bachmann wirkt ausgezehrt und ist dem Alkohol verfallen – da fragt man sich zwangsläufig, inwieweit dies noch gespielt ist oder hier der echte Hoffman zum Vorschein kommt. Die Geschichte selbst ist relativ unspektakulär und kann nicht vom Hocker reißen, doch gefallen wie schon bei The American das europäische Ambiente und die ruhige Inszenierung. Zumindest für den deutschen Zuschauer mutet es allerdings etwas seltsam an, dass alle Beteiligten englisch sprechen, obwohl die Handlung in Hamburg angesiedelt ist und es sich bei den Figuren um Deutsche handelt, die zum Teil auch von deutschen Schauspielern verkörpert werden. Herbert Gröhnemeyer wurde übrigens auch mit einer kleinen Rolle bedacht. Die wieder sehr stimmige musikalische Untermalung hat er ebenfalls zu verantworten.

Auch wenn mir The American im direkten Vergleich etwas besser gefallen hat, darf man sich Philip Seymour Hoffmans Abschiedsvorstellung keinesfalls entgehen lassen. Die letzte Szene hat dann auch etwas Sinnbildliches: der geschlagene Hoffman verlässt die Szene und geht. Leider für immer. Sehr schade, dass dieser großartige Schauspieler nicht mehr unter uns ist.


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THE AMERICAN (Anton Corbijn, 2010)


All men are sinners.

Ein betont ruhiger Film, der dem Zuschauer schon zu Beginn die Skrupellosigkeit des Protagonisten schonungslos vor Augen führt. Die Tatsache, dass die Handlung ganz überwiegend in einem malerischen italienischen Dörfchen spielt, verleiht The American ein ganz eigenes Flair, das sich deutlich vom amerikanischen Standardthriller abhebt. Phasenweise kommt sogar so etwas wie Urlaubsstimmung auf. Dennoch ist unterschwellig eine ständig vorhandene Spannung spürbar, die langsam aber kontinuierlich ansteigt und sich erst am Ende entlädt. Untermauert wird diese von einem gefühlvollen Score, für den Herbert Gröhnemeyer verantwortlich zeichnet. Die Inszenierung hält sich bewusst zurück und setzt auf die Aufmerksamkeit des Zuschauers, die kleinen Details und leisen Andeutungen zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Das Ganze wird getragen von einem ebenso souveränen wie charismatischen George Clooney, dem man sogar gerne dabei zusieht, wie er unendlich langsam und sorgfältig eine Waffe zusammenbaut. Ein toller Film, der seine Geschichte angenehm unaufgeregt erzählt.


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JARHEAD (Sam Mendes, 2005)


Ein ziemlich nichtssagender Film, den Mendes da gemacht hat. U. a. thematisiert er die Langeweile der Soldaten im Irakkrieg, die monatelang herumsitzen und darauf warten, endlich in die Schlacht ziehen zu können, zu der es dann doch nicht kommt. Ironischerweise überträgt sich diese Langeweile schnell auf den Zuschauer, denn viel Sehenswertes gibt es in Jarhead nicht. Als Vorbild musste ganz offensichtlich (der weitaus bessere) Full Metal Jacket herhalten, der schon in der Anfangssequenz mehr schlecht als recht zitiert wird. Im weiteren Verlauf wird gnadenlos jedes nur erdenkliche Klischee abgearbeitet, das es über die Marines gibt. Glaubt man Jarhead, handelt es sich dabei um eine Bande unreifer Psychopathen, die sich am liebsten den ganzen Tag über anschreien. Vielleicht ist das tatsächlich so. Jedenfalls ist der Film irgendwann zu Ende, ohne dass etwas Wesentliches passiert ist und man fragt nach dem Sinn des Ganzen. Positiv zu erwähnen sind Roger Deakins' hervorragende Kamera-Arbeit und Jake Gyllenhaals überzeugende schauspielerische Leistung. Zu einem guten Film machen sie Jarhead aber auch nicht.


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PARIS, JE T'AIME (diverse Regisseure, 2006)


18 kurze Episoden, die in jeweils unterschiedlichen Bezirken von Paris spielen, inszeniert von verschiedenen Regisseuren. Klingt zunächst nach einer guten Idee, doch stellt sich bei der Betrachtung schnell heraus, dass die Qualität der einzelnen Beiträge sehr unterschiedlich ist, zumal viele keinen direkten Bezug zur Stadt Paris aufweisen. Am besten gefiel mir Tykwers Faubourg Saint-Denis, die der Ideengeber für Paris je t'aime war. Geistreich und witzig rekapituliert Tykwer eine scheinbar gescheiterte Beziehung im Schnelldurchlauf, um dann zu einer überraschenden Auflösung zu kommen. Ebenfalls gelungen sind die Episoden Montmartre, die auf unterhaltsame Weise die Parkplatzsuche in Paris thematisiert, Quais de Seine, Tuileries von den Coen-Brüdern und Place des fêtes, der von einer fatalen Begegnung erzählt. Ansonsten gibt es neben einigen mäßigen Geschichten wie Loin du 16e, Parc Monceau, Quartier des Enfants Rouges, Pigalle, Quartier Latin und den eher traurigen Bastille und Place des Victoires auch völlig misslungene Beiträge (Le Marais, Porte de Choisy, Tour Eiffel, Quartier de la Madeleine, Père-Lachaise und 14e arrondissement). Ein bunter Mischmasch also, der manchmal lustig ist, manchmal traurig, teilweise gut unterhält, zum Teil aber auch furchtbar langweilt.

Coen Brothers


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BLOOD DIAMOND (Edward Zwick, 2006)


Blood Diamond kann sich nicht entscheiden, was er sein will: Actionfilm, Drama oder ein Film über den Bürgerkrieg in Sierra Leone. Irgendwie alles gleichzeitig, doch nichts richtig. Als Drama bleibt er zu oberflächlich und der Bürgerkrieg dient nur als Rahmen für das, was seinen eigentlichen Kern ausmacht: Action und Abenteuer. Und genau dann, wenn er sich darauf besinnt, hat er seine besten Momente, beispielsweise wenn die RUF in eine Stadt einfällt und Archer und Solomon Hals über Kopf fliehen müssen. Da fühlt man sich fast an Scotts Black Hawk down erinnert. Dazwischen gibt es immer wieder Handlungselemente, die keinerlei Mehrwert bieten und das Ganze unnötig in die Länge ziehen. Zudem bewegt Zwick sich stets streng innerhalb der gängigen Hollywood-Konventionen und ist sich für kein Klischee zu schade. Die Krönung ist die von Jennifer Connelly verkörperte Journalistin, deren Charakter eine reine Abziehfigur und zudem noch völlig überflüssig ist. Allerdings sieht sie ganz ansprechend aus und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies der Hauptgrund für ihr Mitwirken ist. Im letzten Drittel wird das Geschehen dann arg zäh und zunehmend abstruser, um dann in ein grausam kitschiges Finale zu münden. Unter dem Strich bleibt ein unrund wirkender Film, der mindestens eine halbe Stunde zu lang ist, über weite Strecken aber gut unterhält.


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RED (Robert Schwentke, 2010)


I miss the old days. I haven't killed anyone in years.

Seichte und zugleich recht unterhaltsame Actionkomödie, die nicht zuletzt durch die leichtfüßige Inszenierung besticht. Die Story ist völlig bescheuert und zudem voller Logikfehler, liefert aber letztlich nur den Vorwand, um die wunderbare Darstellertruppe durch die zahlreichen Sets zu jagen. Diese ist dann auch konsequenterweise die Hauptattraktion des Films, und was Schwentke hier versammelt hat, kann sich wirklich sehen lassen. Die Actionszenen sind überdies gut gemacht, ein paar witzige Sprüche gibt’s auch und so wird man über die gesamt Spielzeit bei Laune gehalten. Sowas wie Langeweile kommt jedenfalls nie auf. Eine jugendfreie Version der Expendables sozusagen. Doch, ist schon ganz spaßig.


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ANIMAL KINGDOM (David Michôd, 2010)


Let him know who's king.

Das Spielfilm-Debut des Australiers David Michôd ist ein Coming-Of-Age-Drama der etwas anderen Art. Der 17-jährige Josh zieht nach dem Drogentod seiner Mutter bei seiner Großmutter ein, die mit ihren drei Söhnen zusammenlebt. Ihren Lebensunterhalt finanziert die Familie mit Raubüberfällen und Drogenhandel und gerät dabei ins Visier der örtlichen Polizei. Josh, dessen Hauptinteressen die Schule und seine Freundin sind, wird nolens volens Stück für Stück in die Machenschaften seiner Onkel einbezogen. Die anfangs noch heil erscheinende Welt beginnt schnell zu bröckeln, als ein enger Freund der Familie, der bei den Raubüberfällen geholfen hat, von der Polizei erschossen wird. Dabei erweist sich insbesondere Andrew, der älteste Sohn, als tickende Zeitbombe.

Wer bei der Inhaltsangabe einen klassischen Gangsterfilm oder einen Thriller erwartet, sieht sich schnell getäuscht. Actionszenen oder gar Schießereien gibt es praktisch keine. Animal Kingdom, der in Deutschland unter dem unsäglich blöden Titel Königreich des Verbrechens erschienen ist, ist ein betont ruhiger Film und erzählt von der schrittweisen Zerstörung einer ohnehin schon kaputten Familie, deren Oberhaupt eine ebenso clevere wie berechnende Matriarchin ist. Loyalität und Zusammenhalt bedeuten ihr alles, und so besteht ihr zentrales Anliegen darin, Schaden von ihren Söhnen – und hier insbesondere ihrem Jüngsten – abzuwenden.

Michôds Debut, zu dem er auch das Drehbuch verfasst hat, basiert lose auf realen Geschehnissen im Melbourne der 80er Jahre. Animal Kingdom ist ein bösartiger, kleiner Film, dessen nihilistischer Grundtenor, der auch The Rover auszeichnete, nicht zu übersehen ist. Die Inszenierung ist unheimlich dicht und packend und trägt erheblich dazu bei, dass sich die Dramatik im Handlungsverlauf immer weiter zuspitzt. So wird eine immense Spannung aufgebaut, ohne dabei die sonst üblichen Stilmittel zu bemühen. Ein besonderes Lob gebührt den Darstellern, die allesamt sehr überzeugend agieren. Insbesondere Ben Mendelsohn liefert eine geradezu beängstigende Vorstellung. Das Ende ist schon als genial zu bezeichnen und beweist vor allen Dingen eins: dass der junge Josh seine Lektion gelernt hat und nunmehr in der Lage ist, nach den Regeln der Familie zu spielen.

Es ist mit Sicherheit zu früh, David Michôd nach gerade mal zwei hervorragenden Filmen als neuen Stern am australischen Regie-Himmel auszurufen. Unzweifelhaft ist jedoch, dass es sich lohnt, den Mann und seine folgenden Arbeiten im Auge zu behalten.


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SALINUI CHUEOK / MEMORIES OF MURDER (Bong Joon-ho, 2003)


Bongs zweiter Spielfilm basiert – ähnlich wie Finchers Zodiac, zu dem er im Übrigen einige Parallelen aufweist – auf einer wahren Begebenheit und erzählt von dem erfolglosen Versuch mehrerer Polizeibeamte, eine Mordserie an jungen Frauen aufzuklären. Dass die echte Mordserie nie aufgeklärt wurde, wird direkt am Anfang als Text eingeblendet. Wie auch bei seinen nachfolgenden Filmen vermischt Bong mehrere Genres, wobei der Schwerpunkt auf der kriminalistischen Aufklärung liegt. Doch gerade zu Beginn kommen auch komödiantische Elemente zum Einsatz, was Memories of Murder zunächst – trotz der Morde – eine relativ lockere Stimmung verleiht. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto düsterer und bedrohlicher wird die Atmosphäre. Bong legte auch hier viel Wert auf eine detaillierte Zeichnung der Charaktere. Interessant ist vor allem der Konflikt zwischen dem alteingesessenen ländlichen Kriminalbeamten Park, der für sich in Anspruch nimmt, einen Mörder an seinen Augen zu erkennen, und seinem jungen Kollegen Seo aus der Hauptstadt, der deutlich strukturierter an die Sache herangeht. Während Park tagelang in der örtlichen Sauna nach Männern ohne Schambehaarung sucht, weil er sich in den Kopf gesetzt hat, der Mörder habe keine Schamhaare, weil bei den Opfern keine gefunden wurden, und später sogar die Dienste einer Schamanin in Anspruch nimmt, verfolgt Seo einen rationalen Ansatz. Auch der vor Ort üblichen Vorgehensweise, Verdächtige so lange zu prügeln und unter Druck zu setzen bis sie ein Geständnis unterschreiben, kann er wenig abgewinnen. Doch je länger sich die Ermittlungen hinziehen, desto emotionaler und unkontrollierter wird Seo, während Park sich zunehmend mit den Gegebenheiten abfindet.

Memories of Murder ist ein unheimlich fesselnder und mitreißender Film, der zudem wiederum mit erstklassigen Darstellern punkten kann. Und auch dem von mir anfangs bemühten Vergleich mit Zodiac kann er mühelos standhalten.

Bong Joon-ho


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END OF WATCH (David Ayer, 2012)


Ich habe gelesen, dass David Ayer das Drehbuch zu End of Watch innerhalb von sechs Tagen geschrieben hat. Das glaube ich sofort, denn so sieht der Film auch aus. Vieles wirkt improvisiert und erinnert an schlecht geskriptete Doku-Soaps aus dem deutschen Privatfernsehen, nur dass hier jeder zunächst noch so harmlos erscheinende Einsatz in kürzester Zeit eskaliert. Ob das tatsächlich der Alltag von Streifenpolizisten im Süden L.A.s ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Das ständige Gewackel der Kameras und der pseudodokumentarische Stil sollen Authentizität vorgaukeln, machen die Sichtung jedoch auch zu einem ziemlich anstrengenden Unterfangen. Die episodenhafte Erzählweise und der fehlende rote Faden verleihen dem Ganzen zudem eine Beliebigkeit, die schnell Langeweile aufkommen lässt. Die Protagonisten sind durchaus sympathisch, gehen dem Zuschauer jedoch mit ihrem nichtssagenden Alltagsgeschwafel schnell auf die Nerven. Echte Emotionen lassen sich somit nicht erzeugen. Das einzig wirklich aufregende an End of Watch ist die wunderschöne Natalie Martinez, die leider viel zu wenig Screentime bekommen hat. Ansonsten ein völlig belangloser Film, der zwar einige unterhaltsame Szenen zu bieten hat, die jedoch nicht über seine inhaltliche Leere hinwegtäuschen können.


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SIN CITY: A DAME TO KILL FOR (Robert Rodriguez und Frank Miller, 2014)


Die erste Verfilmung der Miller-Comics habe ich zweimal gesehen, doch ist außer der revolutionären Optik nicht viel hängengeblieben. Erwartungsgemäß ist die Optik auch beim Nachfolger das prägende Element. Inhaltlich ist das alles recht dünn, es werden ein paar mäßig spannende Geschichten mit skurrilen Charakteren erzählt, um den Sündenpfuhl Sin City ins rechte Licht zu rücken. Das Ganze ist eine actionlastige und zudem sehr blutige Angelegenheit, was angesichts der Schwarzweiß-Optik mit sparsam eingesetzten Farbelementen umso bizarrer wirkt. Die männlichen Darsteller wetteifern wieder darum, wer die tiefste Stimme hat, die Damen versuchen, das Publikum mit ihren körperlichen Reizen zu betören. Dabei macht vor allem die meist nackte Eva Green eine ausgesprochen gute Figur. Unter dem Strich eine anspruchslose, aber auch ziemlich unterhaltsame Mischung, die durchaus Spaß macht.

Robert Rodriguez


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MADEO / MOTHER (Bong Joon-ho, 2009)


Bong Joon-ho zum Dritten, und es wird immer besser. Nachdem mir schon die Sichtungen von The Host und Snowpiercer großes Vergnügen bereitet hatten, setzt der produktionstechnisch dazwischen angesiedelte Mother nochmal eins oben drauf. Auch hierbei handelt es sich um einen Genre-Bastard, der dieses Mal Elemente des klassischen Thrillers, der Komödie und des Familiendramas zu einer höchst gelungenen Mischung verbindet. Im Mittelpunkt steht die namenlose Mutter, die man auch über die verkörperte Person im Film hinaus als Sinnbild dafür begreifen kann, wozu eine Mutter in der Lage ist und welche Opfer sie zu bringen willens ist, um ihr einziges Kind zu retten. Das ist manchmal lustig, meistens sehr spannend und zudem darstellerisch exzellent umgesetzt. Das Drehbuch ist erstklassig, und obwohl man auf Wendungen vorbereitet ist, weil die Story geradezu danach zu schreien scheint, kommen sie dann doch überraschend. Dabei bleibt die Figurenentwicklung jederzeit stimmig und nachvollziehbar. Mother ist bis zur gut sitzenden Schlusspointe ein origineller, wendungsreicher und extrem spannender Film, der meine ohnehin schon große Vorfreude auf Bongs Memories of Murder, der demnächst zur Sichtung ansteht, nochmal erheblich steigerte. Koreanisches Kino, wie ich es liebe.

Bong Joon-ho


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DRACULA UNTOLD (Gary Shore, 2014)


Die Idee, eine Vorgeschichte zum allseits bekannten Dracula zu erzählen, die die Verwandlung des Fürsten Vlad in den blutsaugenden Vampir zum Inhalt hat, ist an sich spannend und originell. Leider gelingt es Gary Shore, das darin steckende Potential nur zum Teil auszuschöpfen. Dies ist einerseits auf die fehlenden epische Größe, andererseits auf zahlreiche Ungereimtheiten in der Story zurückzuführen. Die Geschehnisse werden viel zu schnell abgehandelt, was der emotionalen Bindung zu den Charakteren nicht förderlich ist. Gleiches gilt für die Schlachtszenen, die - ehe man sichs versieht - schon wieder vorbei sind. Insgesamt hätte dem Film eine spürbare Entschleunigung gutgetan. Recht unterhaltsam ist das Ganze dennoch geworden. Die kurze Spieldauer und das hohe Tempo halten den Zuschauer bei der Stange, die Effekte sind ganz nett gemacht und Luke Evans hat durchaus Charisma. Lobenswert auch der gute Score des Deutsch-Iraners Ramin Djawadi, der die passende Untermalung für die größtenteils sehr ansehnlichen Bilder liefert. Insgesamt ein ordentlicher Film, der jedoch viel von seinem Potential verschenkt.


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THE ROVER (David Michôd, 2014)


You should never stop thinking about a life you've taken. It's the price you pay for taking it.

Der Zuschauer wird direkt mitten in die Handlung katapultiert. Eine Exposition gibt es nicht. Ein Überfall der schief geht, ein Autounfall während der Flucht und der daraus resultierende Diebstahl eines anderen Autos. Doch der Besitzer des gestohlenen Autos will es unter allen Umständen zurück, koste es, was es wolle.

Dies ist die Ausgangssituation. Ein Roadmovie im postapokalyptischen Australien (zehn Jahre nach einem nicht näher erläuterten "Kollaps") - das klingt erstmal ziemlich nach Mad Max. Doch stellt sich schnell heraus, dass The Rover mit jenem darüber hinaus nicht viel gemeinsam hat. Michôds Film zeigt in kargen Bildern die atemberaubende Schönheit der australischen Wildnis und versprüht dabei eine ausgesprochen nihilistische Grundstimmung. Im Australien der Zukunft herrschen Zustände wie im Wilden Westen. Es gilt das Recht des Stärkeren. Jeder macht was er will, meist ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Ein paar Soldaten versuchen, dem wilden Treiben Einhalt zu gebieten, jedoch nicht aus Überzeugung, sondern um der militärischen Führung gegenüber ihre Existenz zu rechtfertigen. Die Hauptfigur, Eric, ist ein emotionaler Krüppel. Seine nur mühsam unterdrückte Aggression äußert sich in all seinen Handlungen. Selbst zu einer normalen Konversation scheint er kaum noch fähig. Wie ein Besessener verfolgt er sein Ziel. Hindernisse werden unbarmherzig aus dem Weg geräumt.

Darstellerisch wird Großes geboten. Neben Guy Pearce ist unbedingt die Leistung des Teenieschwarms Robert Pattinson zu loben, der den naiven, geistig etwas unterbelichteten Rey sehr überzeugend spielt. Man fragt sich natürlich die ganze Zeit, warum Eric unbedingt sein Auto wiederhaben will. Die Auflösung kommt ganz am Schluss und ist ebenso banal wie schlüssig. Vermutlich die einzige Möglichkeit für ihn, sich der letzten Reste seiner verloren gegangenen Menschlichkeit zu versichern. Ein beeindruckender Film.


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DAS FINSTERE TAL (Andreas Prochaska, 2014)


Das finstere Tal ist ein lupenreiner Western mit der Besonderheit, dass er im Südtirol des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist. Davon abgesehen weist er die typischen Genre-Merkmale auf. Ein geheimnisvoller Fremder, der in ein abgelegenes Dorf kommt und eine dunkle Rachemission zu erfüllen hat, ein reicher Bauer, der mit seinen sechs Söhnen das Dorf regiert und die Richtlinien vorgibt und verschüchterte Bewohner, die teils aus Loyalität, überwiegend aber aus Angst sich dem Diktat fügen. In diesem System ist für so etwas wie eine Obrigkeit kein Platz, und da der Bauer und seine Söhne die Einzigen sind, denen das Tragen von Schusswaffen erlaubt ist, können sie im Dorf nach Belieben schalten und walten. Die schneebedeckten Alpenlandschaften bilden die perfekte Umgebung und Prochaska und sein Kameramann Thomas Kienast setzen dies in farbreduzierten Bildern stimmungsvoll in Szene. In Kombination mit der ruhigen - man möchte fast sagen: altmodischen - Erzählweise und den souveränen Darstellerleistungen ergibt sich ein harmonisches Gesamtbild. Wenn man dem Film etwas vorwerfen kann, dann vielleicht das Fehlen jeglicher Überraschungsmomente. Die Handlung wird spannend erzählt, bleibt jedoch vorhersehbar bis zum Schluss. Dies vermag den hervorragenden Gesamteindruck aber nicht merklich zu trüben.


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THE RAID 2 (Gareth Evans, 2014)


Die Handlung setzt direkt nach dem Ende des ersten Teils ein. Im Gegensatz zum Erstling, bei dem die Handlung auf das Nötigste reduziert war und nur als Rahmenkonstrukt für die ausgedehnten Kampf- und Ballerszenen diente, wird dieses Mal deutlich mehr Wert auf die Entwicklung der Geschichte gelegt, wobei diese nicht immer schlüssig ist. Action gibt es zwar wieder reichlich, doch wird sie etwas dosierter eingesetzt. Der Härtegrad wurde nochmal eine Stufe nach oben gedreht: The Raid 2 ist wirklich nichts für zartbesaitete Gemüter. Ansonsten setzt man weiterhin auf das Konzept des Vorgängers und bietet ausgedehnte Actionsequenzen, die gleichermaßen mitreißend inszeniert sind. Dass Evans etwas von gutem Timing versteht und ein Händchen für gelungene Bildkompositionen hat, war schon beim ersten Teil erkennbar. Hier wirkt das alles noch etwas geschliffener, zudem gibt es einige witzige Ideen wie den Typen, der seine Opfer mit einem Baseball tötet oder eine optisch ansprechende Dame, die im kurzen Rock und mit zwei Zimmermannshämmern bewaffnet die Gegner gleich reihenweise zerlegt. Eine äußerst gelungene Fortsetzung also, die allerdings nicht ganz die Qualität des Erstlings erreicht.


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WARRIOR (Gavin O’Connor, 2011)


I think I liked you better when you were a drunk.

Sehr stimmige Mischung aus Familiendrama und Sportfilm, die mich restlos zu begeistern wusste. Zwar bewegt sich Warrior streng innerhalb der Bahnen des klassischen Sportfilms wie sie Rocky und Konsorten vorgezeichnet haben, doch sind Story und Darsteller so gut, dass sich dies überhaupt nicht negativ auswirkt. Insbesondere Tom Hardy liefert eine grandiose Vorstellung – seit ich Bronson gesehen habe, habe ich ohnehin größten Respekt vor dem Mann, aber auch Nick Nolte kann in der Rolle des reuigen Sünders vollauf überzeugen. Dazu kommt ein toller Score von Mark Isham, der die gut choreografierten Kampfszenen trefflich untermalt. Am Ende weiß man gar nicht, welchem der beiden so unterschiedlichen Brüder man die Daumen drücken soll und wünscht sich irgendwie, dass beide gewinnen mögen. Ein äußerst intensives Filmerlebnis.


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TROY (Wolfgang Petersen, 2004)


Petersens sehr freie Umsetzung der Homer'schen Sage kommt als Monumentalfilm klassischer Machart daher, ist dabei leider mit zahlreichen Schwächen behaftet. Die Augenscheinlichste ist in den bestenfalls durchschnittlichen Bildkompositionen zu finden, dabei böten die strahlend blauen Wasser der Ägäis eigentlich die idealen Hintergrundbilder. Hinzu kommen narrative Schwächen vor allem in der ersten Hälfte sowie nicht vollends überzeugende Darsteller. Brad Pitts Leistung ist noch im Bereich des Akzeptablen, Eric Bana bleibt völlig blass und Orlando Bloom liefert eine geradezu erbärmliche Vorstellung. Diane Krüger sieht immerhin toll aus. So ist es an Brian Cox, Sean Bean und Peter O'Toole, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Die Kampfszenen lassen ebenfalls Raum für Verbesserungen, doch sind sie zum Teil ganz ordentlich gelungen. Auf der Habenseite sind die aufwendigen Sets und Kostüme zu verbuchen sowie die Tatsache, dass man den Aspekt der direkten Einflussnahme der Götter ausgespart hat. Dadurch wirkt die Geschichte deutlich bodenständiger als die literarische Vorlage. Außerdem habe ich ja ganz grundsätzlich ein Faible für monumentale Schinken, daher kann ich auch Troy Einiges abgewinnen, auch wenn man aus dem Stoff deutlich mehr hätte machen können. Petersen ist eben nur ein solider Handwerker, und das sieht man dem Film jederzeit an.


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UNDER THE SKIN (Jonathan Glazer, 2013)


Under the Skin ist ein Film, der hauptsächlich auf der emotionalen Ebene funktioniert. Der Sogwirkung, die er unmittelbar nach Beginn entfaltet, kann man sich nur schwer entziehen, was nicht zuletzt auf den tollen Score zurückzuführen ist. Die Atmosphäre ist zum Greifen dicht. Die eigentliche Story wird nur vage umrissen, Vieles nur angedeutet. So wird zum Beispiel nicht klar, was genau mit den Männern geschieht, die das Alien mitnimmt. Unter narrativen Gesichtspunkten ist vor allem die Entwicklung interessant, die das Alien im Verlauf der 100 Minuten durchläuft. Das anfangs völlig gefühllose Wesen beobachtet die Verhaltensweisen der Menschen im Alltag und versucht zum Teil sie nachzuahmen, sehr schön zu erkennen in der Szene mit der Schwarzwälder Kirschtorte. Nach der Begegnung mit dem entstellten Mann wird es sich zunehmend seiner Einsamkeit bewusst. Zum Ende hin lichten sich die Nebelschleier etwas, doch überlässt Glazer Vieles der Interpretation des Zuschauers. Gut so. Völlig rätselhaft bleibt die Rolle des Motorradfahrers, der dem Alien zu helfen scheint, ohne dass seine genaue Funktion klar wird. Ziemlich schwierig jedenfalls, die Gedanken, die mir nach der Sichtung durch den Kopf gingen, in zusammenhängende Worte zu fassen. Ein hochinteressanter Film, rätselhaft und geheimnisvoll zweifellos. Und eine Scarlett Johansson in Hochform: ungeschminkt, mit Pickeln im Gesicht und nackt mit erkennbar einigen Kilos zu viel auf den Hüften. Wobei gerade diese Unvollkommenheit ihren ganz eigenen Reiz hat. Dennoch: soviel Mut würde sicher nicht jedes Hollywood-Sternchen aufbringen.


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FORGOTTEN SILVER (Peter Jackson & Costa Botes, 2005)


Forgotten Silver ist eine fiktive Dokumentation über den erfundenen Filmemacher Colin McKenzie, der angeblich den ersten Tonfilm gedreht hat, die ersten Farbbilder produziert und den ersten Flug eines Menschen gefilmt hat. Und natürlich hat er auch den ersten Monumentalfilm gedreht, auch wenn dieser nie fertig gestellt wurde. Dies alles blieb der Welt bis zu dem Tag verborgen, an dem Peter Jackson im Haus einer Nachbarin einen Sensationsfund machte und McKenzies Hinterlassenschaft in Form diverser Filmrollen fand. Präsentiert wird dies in äußerst kurzweiliger Art von Peter Jackson selbst, der dabei u.a. vom ebenfalls aus Neuseeland stammenden Schauspieler Sam Neill, Miramax-Boss Harvey Weinstein und dem bekannten Filmhistoriker Leonard Maltin unterstützt wird. Die angeblich historischen Aufnahmen wirken dank digitaler Nachbearbeitung authentisch, und man war sich nicht zu schade, sogar das Set des unvollendeten Monumentalfilms Salome in liebevoller Kleinarbeit in einem abgelegenen Waldstück aufzubauen. Die vorgenannten Akteure sind alle mit großem Ernst bei der Sache, und doch merkt man ihnen den Spaß an, den sie ganz offensichtlich bei den Dreharbeiten hatten. Nicht zuletzt aufgrund der kurzen Laufzeit von 53 Minuten eine höchst unterhaltsame und witzige Angelegenheit, die eine weitere Facette des ungeheuer vielseitigen Filmemachers Peter Jackson offenbart.

Peter Jackson


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THE RAID (Gareth Evans, 2011)


Sehr gut gemachter Action-Reißer, der durch eine gelungene Mischung aus Schießereien und Martial-Arts-Szenen, durchsetzt mit intensiven Spannungssequenzen, überzeugt. Kämpfe und Schießereien sind toll choreografiert, gut geschnitten und lassen sich aufgrund der Handkamera quasi hautnah erleben. Die Handlungselemente sind auf das Notwendigste reduziert, Evans verlässt sich in erster Linie auf die beeindruckenden Fähigkeiten seiner Kämpfer und die so entstandenen mitreißenden, adrenalingeschwängerten Kampfszenen. Das Tempo ist fast durchgehend hoch. Der Härtegrad ist deftig, aber nicht übertrieben ausgefallen. Bedauerlich ist die schlechte Bildqualität der deutschen Bluray, wobei mir nicht klar ist, ob das nur auf die Produktionsumstände zurückzuführen ist. Trotz des niedrigen Budgets und der Tatsache, dass der Film in Indonesien gedreht wurde, hätte man hier sicher etwas mehr erwarten dürfen. Den Filmgenuss schmälert dies glücklicherweise nicht.





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Tommy The Cat
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