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Ästhetische Immersion und Filmtheorie - Filmforen.de

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Ästhetische Immersion und Filmtheorie


6 Antworten in diesem Thema

#1 Hick

    mit extrem hoher Leistungsfähigkeit

  • Senior-Member
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Geschrieben 17. April 2009, 10:58

In der jüngeren Medientheorie beschreibt Immersion Rezeptionsprozesse, bei denen der Anwender in eine virtuelle Realität „eintaucht“. Das Konzept ist jedoch wesentlich älter und vielfältiger. Bereits dieser Begriff von Immersion hat verschiedene rezeptionstheoretische und raumtheoretische Implikationen. In ihrer 2007 erschienen Dissertation Ästhetik der Immersion definiert die Amerikanistin Laura Bieger: „Die Ästhetik der Immersion ist eine Ästhetik des Eintauchens, ein kalkuliertes Spiel mit der Auflösung von Distanz. Sie ist eine Ästhetik des empathischen körperlichen Erlebens und keine der kühlen Interpretation. Und: sie ist eine Ästhetik des Raumes, da sich das Eintaucherleben in einer Verwischung der Grenze zwischen Bildraum und Realraum vollzieht.“ (1)

Eine so verstandene ästhetische Immersionstheorie versucht einen zentralen Aspekt der Medienrezeption zu erklären: die „mentale Verschmelzung“ des rezipierenden Subjektes mit dem rezipierten Objekt, etwa das Eintauchen in eine Erzählung, in ein Bild, eine Theateraufführung, einen Film usw. Damit dieses Eintauchen, das als ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Aspekt des Gelingens solcher künstlerischer Produktion gilt, überhaupt stattfinden kann, haben sich seit der Antike verschiedene ästhetische Strategien in den Künsten entwickelt.

An ihrem Beginn steht vielleicht die „Skenographia“, nach der im antiken griechischen Theater perspektivisch echt wirkende Bühnen-Hintergrundbilder angefertigt wurden, die den Darstellungsraum für das Auge des Zuschauers in die Tiefe verlängerten. So soll der Dichter Aischylos um 465 vuZ. „einen Maler namens Agatharchos aus Samos“ beauftragt haben, „für eines seiner dramatischen Werke ein [solches] Bühnenbild zu schaffen“ (2). Diese damals neue Darstellungsweise wurde bald schon auf andere Bereiche der Kunst übertragen, wie der Kunsthistoriker Bernhard Geyer resümiert: „Skenographia stand seitdem nicht nur, wie ursprünglich, für die zeichnerisch-malerische Darstellung einer plastisch-räumlichen Bühnensituation, sondern umschloß auch die Wiedergabe von architektonischen Schöpfungen bis hin zum landschaftlichen Raum.“ (3)

Durch perspektivische Bühnenhintergründe wurde nicht nur der Bühnenvordergrund illusorisch vertieft, der Zuschauer erhielt auch eine privilegierte Stellung: Sein Blick wurde zum Zentrum der Darstellung, alle Fluchtlinien liefen aus dem Bildhintergrund auf den Punkt zu, an dem er sich befand. Damit wurde für ihn die Illusion, selbst Bestandteil des durchblickten Raumes zu sein, evoziert. Er wurde als Blickender somit eine „Funktion des Bildes“.

Warum schien diese Art der Illusionserzeugung im antiken Theater wünschenswert? Durch die Abgrenzung der Bühnendarstellung vom Zuschauerraum wurde auch deren gewünschter immersiver Effekt vermindert. Waren im Ritus Darsteller und Zuschauer räumlich noch nicht voneinander getrennt, wurde gerade bei Darbietungen größeren Umfangs eine solche Trennung aufgrund wachsender Zuschauerzahlen unabdingbar. Mit Hilfe perspektivischer Raumverlängerungen, aber auch besonderer architektonischer Anordnungen versucht das Theater damals wie heute die „Entfremdung“ von Zuschauer und Darbietung zu minimieren: Rondellförmig angeordnete Zuschauerräume holen die Darstellung zurück in die „Mitte“ der Zuschauer (eine Strategie, die heute im „Boxring“ ihre Vollendung findet), die Öffnung der von Diderot Mitte des 18. Jh. aufgestellten „vierten Wand“ (wie in den Blumenstegen des japanischen Kabuki-Theaters) ermöglicht eine direkte Interaktion zwischen Schauspielern und Zuschauern usw.

Aber nicht nur in den darstellenden Künsten wie dem Theater wurden und werden immersive Ästhetiken angewandt; auch die bildenden Künste greifen auf sie zurück, um die Blicke ihrer Betrachter in sie „versinken“ zu lassen. Die Theatermalerei ist ja bereits ein Hybrid zwischen beiden Sphären; die antike Skenographia wird, nachdem die Linearperspektive im Mittelalter anderen Darstellungsstrategien gewichen ist, in der italienischen Renaissance als „Prospettiva“ und kurze Zeit später in der nordeuropäischen Malerei als „Deurzigtkunde“ wieder aufgegriffen und technisch wie theoretisch verfeinert. Albertis Über die Malkunst (1435/36) skizziert die Methode lehrbuchartig, nach der perspektivisch „genaue“ Bildräume zu konstruieren sind, da Vinci (1452-1519) erweitert diese Konstruktionsregeln 1492 um Farbperspektiven und Tiefenwirkung durch zunehmende Undeutlichkeit und Dürer (1471-1528) adaptiert die Theorie für den nordeuropäischen Raum 1523 und 1525 mit seinen Proportions- und Perspektivlehren.

Ein populäres Beispiel der späteren Renaissance-Malerei ist das von Michel Foucault in Die Ordnung der Dinge diskutierte Gemälde Las Meninas (1656) des spanischen Malers Diego Velázquez. Foucaults Analyse argumentiert unter anderem, dass der Betrachter des Bildes sich selbst als Bestandteil der Darstellung verstehen soll – einerseits durch die perspektivische Konstruktion des Bildraumes, andererseits durch die Blickrichtungen der Figuren und schließlich durch Identifikation mit im Bild selbst offenbar nur als Spiegelung anwesenden Figuren. Die Analyse Foucaults weist auf den zentralen Effekt perspektivischer Darstellung hin: Die Raumgrenzen von Bild- und Realraum werden – fast schon wie bei einem Trompe-L'Oeil – optisch verwischt.

Auch auf der Rezipientenseite findet ab der Neuzeit ein Wandel in der Wahrnehmung statt, der immersive Ästhetiken fordert bzw. ihre Wirkung begünstigt. Die Erweiterung des geografischen Raums durch Entdeckungsfahrten des ausgehenden 15. Jahrhunderts verbunden mit neuen naturwissenschaftlichen und philosophischen Theorien, in denen das Individuum als wahrnehmende Entität konstatiert wird, rufen einen tiefgreifenden Wandel der mittelalterlichen Vorstellung der Welt hervor. Der Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhunderts mit der Erfindung der Dampfmaschine (1712 durch Thomas Newcomen) und der Wandel des Verkehrswesens verändern die Wahrnehmung durch Beschleunigung der Prozesse des sozialen Lebens. Ein Zitat von Heinrich Heine anlässlich der Eröffnung einer Eisenbahnlinie im Jahre 1843 bringt dies auf den Punkt: „Welche Veränderungen müssen jetzt eintreten in unserer Anschauungsweise und unseren Vorstellungen! Sogar die Elementarbegriffe von Zeit und Raum sind schwankend geworden. Durch die Eisenbahnen wird der Raum getötet, und es bleibt nur noch die Zeit übrig.“ (4)

Vor allem aber die verschiedenen medientechnischen Entwicklungen ab Beginn des 19. Jahrhunderts, die die Künste um die Gattungen Panorama (um 1800) Fotografie (erste Fotografie: Niepce 1826), und verschiedene Vorformen des Films (Serienfotografie von Muybridge 1872) erweitern, spielen eine bedeutende Rolle in der Geschichte immersiver Ästhetiken, weil sie einen vorläufigen Höhepunkt der ästhetischen Raumillusion vorbereiten: den Film. Für diesen konstatiert Béla Balász 1930 in Der Geist des Films gleich zu Beginn: „Wir sind mitten drin!“ (5) und führt aus: „Der Film […] hat die Distanz des Zuschauers aufgehoben; jene Distanz, die bisher zum Wesen der sichtbaren Künste gehört hat. Der Zuschauer steht nicht mehr außerhalb einer in sich geschlossenen Welt der Kunst, die im Bild oder auf der Bühne umrahmt ist. Das Kunstwerk ist hier keine abgesonderte Welt, die als Mikrokosmos und Gleichnis erscheint, in einem anderen Raum ohne Zugang. Die Kamera nimmt mein Auge mit. Mitten ins Bild hinein.“ (6)

1938 geht er in seinem Text Zur Kunstphilosophie des Films noch einmal auf diese „Mitnahme des Zuschauer(auge)s“ ein und betont nun die Formatierung des Blicks durch das Medium: „Wir wissen gar nicht mehr, wie anders wir in diesen Jahrzehnten sehen gelernt haben. […] Es hat sich eine optische Kultur entwickelt.“ (7) Diese Beschreibungen von Filmproduktion und -rezeption gelten als die ersten Versuche einer filmästhetischen Immersionstheorie. Sie wurde erweitert und verfeinert unter anderem in dem 1947 von Sergej Eisenstein kurz vor dessen Tod publizierten Essay Über den Raumfilm. Dort geht er detailliert auf die Wesensverwandheit immersiver Theater- und Filmästhetiken ein und entwirft eine Utopie, in der sich der Filmraum und der Zuschauerraum durchdringen müssen, um für den Betrachter vollständig immersiv zu wirken: „Und das, was wir bisher als Bild auf der Leinwandfläche zu sehen gewohnt waren“, spekuliert Eisenstein, „'schluckt' uns plötzlich in eine früher nie erblickte, hinter der Leinwand sich auftuende Ferne, oder es 'dringt' in uns mit einer zuvor nie so ausdrucksstark realisierbar gewesenen 'Heranfahrt'.“ (8)

Die Liste der Versuche, eine Filmästhetik der Immersion zu entwickeln, ließe sich verlängern – vor allem der jüngst stattgefundene kulturwissenschaftliche spatial turn hat alten und neuen mediale Raumtheorien zu neuer Beachtung verholfen. Häufig umkreisen diese Theorien jedoch eine Frage: Wie lässt sich die ja tatsächlich stattfindende Immersion zwischen Zuschauer-Subjekt und dem Objekt Film beschreiben und theoretisch erfassen? Theorien, die diese beiden Sphären (oder Räume) als getrennte Entitäten diskutieren, scheinen dem Phänomen nicht Herr zu werden.

Es ist also vor allem eine phänomenologische Frage, auf die eine mögliche Antwort die Theorie des „film's body“ von Vivian Sobchack sein könnte. Sie trennt den Akt des Sehens im Kino in zwei unterschiedliche Blicke: der Blick des Zuschauers auf die Leinwand mit dem Filmbild und der Blick eines zweiten Subjektes, eines metaphorischen Filmleibes, der das sieht, was der Zuschauer zu Gesicht bekommt. Daraus resultiert ein drittes Sehen, bei welchem der Zuschauer den Blick des Filmleibes nachvollzieht bzw. übernimmt. „Dieser Akt“, schreibt Michael Albert Islinger, „ist von großer Bedeutung, weil sich in ihm die existenzielle Struktur des Sehens verdoppelt und damit die Existenz des Filmleibes als Subjekt dieser Wahrnehmung erscheint.“ (9) Der Filmkörper ist durch die Deckung seines Blicks mit dem des Zuschauers also jener Mittler zwischen schauendem Subjekt und angeschautem Objekt, den die Immersionsästhetik zu finden versucht.

Für Islinger besitzt der Film die Möglichkeit, den Immersionsprozess sichtbar zu machen, indem er sich, wie das Beispiel aus Lost Highway vorführt, selbstreflexiv verhält: Die Darstellung des Videofilms im Spielfilm führt Islinger zufolge nämlich dazu, dass das dritte Sehen auf Grund der medialen Unterschiede zwischen Film- und Videobild reflektierbar wird; entweder, indem die Rahmung des Videobildes dem Zuschauer dessen Sosein vor Augen führt oder – bei zur Deckung gelangenden Film- und Videobild – indem seine technischen Mängel, die stärkere Körnung, die Frequenzunterschiede usw. den Zuschauer aus seiner „Versunkenheit“ herausholen und ihm sein Filmsehen bewusst machen. Lost Highway führt dies vor Augen und wirft zudem die Frage auf, der Blick welcher Figur es eigentlich ist, die durch die Kamera geblickt hat.

Fußnoten:

  • Laura Bieger: Ästhetik der Immersion. Bielefeld 2007, S. 9.
  • Bernhard Geyer: Scheinwelten. Die Geschichte der Perspektive. Leipzig 1994, S. 15.
  • Ebd. S. 19.
  • Zit. n. Götz Großklaus: Medien-Zeit, Medien-Raum, Frankfurt am Main 1995, S. 7.
  • Bela Balász: Der Geist des Films. Frankfurt/Main 2001, S. 14.
  • Ebd. S. 15.
  • Bela Balász: Zur Kustphilosophie des Films. In: J. Albersmeier (Hg.): Texte zur Theorie des Films, Stuttgart 1995, S. 204-226, hier: S. 210.
  • Sergej Eisenstein: Über den Raumfilm. In: Ders. Das dynamische Quadrat. Schriften zum Film. Leipzig 1988, S. 196-26, hier: S. 201.
  • Michael A. Islinger: Phänomene des Gegenwärtigens und Vergegenwärtigens. Die Wahrnehmung von Videobildern im Film. In: R. Adelman u. a. (Hgg.): REC - Video als mediales Phänomen. Weimar 2002, S. 30-43, hier: S. 36.
Autor: Stefan Höltgen

#2 The Critic

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Geschrieben 17. April 2009, 15:00

Ah, das ist natürlich bedeutend aufschlußreicher als der Wikipediaeintrag. Danke.

Wobei auch hier wieder durchschimmert, der Akt der Immersion sei beim Kino vollkommener als bei anderen Künsten. Dem stimme ich nach meiner Erfahrungswelt nicht zu; ich würde das Theater, zumindest in seiner besten Ausprägung, dem Kino als ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen bezeichnen, weil es mehr Sinne involvieren kann. Geruch, Temperatur, die Körperlichkeit der Akteure - all das ist ein viel direkterer Zugang zum Geschehen. Kann mich zum Beispiel an eine Butoh-Aufführung erinnern, die wie in SloMo inszeniert war und mich noch Stunden später mit dem Gefühl der Verlangsamung durch die Welt treiben ließ.

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#3 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 17. April 2009, 15:15

Ich würde sagen, dass das eine Frage der Perspektive ist, Critic: Denn was die zusätzlichen sensuellen Reize des Theaters an Aufmerksamkeitspotentialen vom Rezipient abverlangen, geht dann von der audiovisuellen Erfahrung verloren. Es wird zwar ganzheitlicher, aber dafür schafft es nicht mehr, die rein audiovisuelle Immersion des Kinos und ihre Intensität zu erreichen: denn jenes ist ja an der Ausschaltung von "Störfaktoren" wie Geruch, Temperatur und Körperlichkeit interessiert, damit man sozusagen in die Leinwand hineinfällt - weil es alles ist, was man sieht, bemerkt, erfährt: nur die Leinwand und der Surround-Sound. Im Optimalen Kino sollte es außer diesen zwei Reizen keinen anderen mehr geben bzw. die anderen soweit wie möglich "runtergeregelt" werden.

Der Unterschied ist also keiner des Mehr oder Weniger.

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#4 Hick

    mit extrem hoher Leistungsfähigkeit

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Geschrieben 17. April 2009, 15:26

In der Diskussion zu dem Text kam zweierlei zu Tage:

1. Die Apotheose der Immersion sich virtuelle Welten im Computer generiert (natürlich mit der entsprechenden Hardware, die sie für den Menschen erlebbar macht.)

2. Ich habe ganz sträflich die Dimension des Akustischen vernachlässigt.

#5 The Critic

    Mad rabbits, mad world

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Geschrieben 17. April 2009, 16:05

Hick, Punkt 1 verstehe ich nicht. Als Satz ergibt das für mich keinen Sinn.

bekay, dem möchte ich widersprechen. Für die Immersion scheint es mir wichtig zu sein, daß ein holistisches Körpergefühl entsteht. Nicht nur über die Bedienung der Sensorik, sondern inklusive Erzeugen von Gedächtnisinhalten, auf die man sich später als gemeinsame "Erinnerung" von Film und Zuschauer beziehen kann, situative Einordnung der handelnden Personen etc.
Primär müssen aber auch dafür die sensorischen Kanäle angesprochen werden, weil wir nur über diese die Welt und uns in dieser Welt erfahren können. Das geschieht über spezialisierte Rezeptoren, die bestimmte Reize (visuell, akustisch, taktil, olfaktorisch etc.) detektieren können. Wenn wir ein Objekt, meinetwegen eine Katze, wahrnehmen, dann werden die einzelnen Eigenschaften der Katze (schwarz, schnurrt, verhakt sich in der Hose mit den Krallen, war gerade auf dem Katzenklo) in primärsensorischen Kanälen verarbeitet. Eine Begrenzung des Informationsgehaltes findet auf dieser Stufe statt, ein Großteil der Informationen wird als redundant und unwesentlich gar nicht zur Informationsverarbeitung weitergeleitet. Anschließend werden die Primärinformationen (zum Beispiel Lichtpunkte, einzelne Töne etc.) nach bestimmten Kriterien auf Muster hin untersucht und zu größeren Gruppen zusammengefaßt (bewegen sich alle schwarzen Punkte gleichzeitig von links nach rechts? verändert sich die Tonfrequenz nach bestimmten Regeln?) und erst anschließend werden diese ganzen Informationen zu einem Objekt zusammengefaßt und in Beziehung zur eigenen Person gesetzt (macht das visuelle Katzenbild einen Buckel und öffnet den Mund? ist die Tonfolge ein Fauchen? ist die Katze noch weit entfernt von einem selbst oder ist der Schmerz im Bein simultan zu diesen Ereignissen entstanden?) Wie genau diese holistische Integration erfolgt, davon hat man eher vage Vorstellungen, aber eine Begrenzung des Informationsflusses ist mir auf dieser Stufe nicht bekannt. Insofern zwackt der Geruchssinn dem visuellen Sinn keinen Anteil ab.
Was Du vielleicht meinst, ist die Aufmerksamtkeitssteuerung, die durch besondere Schlüsselreize (Gestank, Krach etc.) erfolgt. Davor ist man aber auch im Kino nicht sicher, wie uns käsepampemampfende Schwätzer immer wieder beweisen.

Letztendlich aber: Ja, vermutlich kein Unterschied. Immersion ist bei vielen Präsentationsformen möglich. Außer bei Filmen von Doris Wishman.

Bearbeitet von The Critic, 17. April 2009, 16:23.

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#6 Hick

    mit extrem hoher Leistungsfähigkeit

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Geschrieben 17. April 2009, 16:47

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 17.04.2009, 17:05:

Hick, Punkt 1 verstehe ich nicht. Als Satz ergibt das für mich keinen Sinn.
War ja auch arg verkürzt und metaphorisch.

Also: Wenn Immersion bedeutet, dass der Mediennutzer vergisst, dass er ein Medium nutzt und sich anstelle dessen "hineindenkt" oder "-fühlt", dann findet das notwendigerweise immer Seine Grenze in der räumlichen Beschränkung des Blicks/Ohrs und darin, dass er sich als bloß passiv wahrnehmender einer Darstellung gegenübersieht, in die er nicht eingreifen kann. Die Interaktivität scheint das finale Kriterium für vollendete Immersion zu sein: Wenn ich Handlung nicht nur erleben, sondern in sie eingreifen und verändern kann, schwindet die Differenz zur außermedialen Wirklichkeit auf ein Minimum. Damit das perfekt ist, müssen Virtuelle Realitäten aber auch mit dementsprechenden Schnittstellen ausgestattet sein, damit das Erleben und Einbringen der/in die Handlung als authentisch erfahren wird.

Ich empfehle zum Weiterlesen übrigens sehr diesen Text: http://www.mediaartnet.org/themen/medienku...mersion/scroll/

#7 bekay

    will in die High Society

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Geschrieben 17. April 2009, 17:33

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 17.04.2009, 17:05:

Was Du vielleicht meinst, ist die Aufmerksamtkeitssteuerung, die durch besondere Schlüsselreize (Gestank, Krach etc.) erfolgt. Davor ist man aber auch im Kino nicht sicher, wie uns käsepampemampfende Schwätzer immer wieder beweisen.

Letztendlich aber: Ja, vermutlich kein Unterschied. Immersion ist bei vielen Präsentationsformen möglich. Außer bei Filmen von Doris Wishman.

Klar, ich meine die Aufmerksamkeitsverteilung, die dem holistischen Bild, welches Körper/Gehirn wohl problemlos aus allen Reizen zusammenstellt (da vertraue ich dir und deiner kleinen Zusammenfassung), dann rational zukommt. Ich würde darauf spekulieren, dass man im Kino den Großteil seiner bewussten Denkensaktivität dann eben auf die Audiovisionen legt - der Nachofresser ist selbstverständlich nicht Teil einer optimalen Kino-Anordnung. Wo du den gerade nennst, scheint mir ein Punkt besonders wichtig, den man vielleicht vor den Vergleichen von unterschiedlicher Immersionsformen unterschiedlicher Medien machen sollte:
Immersion soll ja gar nicht perfekt sein - sie muss immer gebrochen sein. Wenn sie es nicht wäre, wäre Immersion ja nicht mehr vom Leben zu unterscheiden, dann würden sie und ihr Begriff verschwinden. Und Irritationsmomente gibt es im Kino und Theater reichlich - es fängt ja schon damit an, dass man dafür in einem irgendwie abgeschlossenen Bereich, an einen extra Ort begeben muss:
(1) Im Kino ist es wirklich so, dass man dort einer Welt Glauben und Authentizität schenkt, die eigentlich nur aus Bildern und Tönen, aber nicht mehr Reizen besteht. Dazu kommen die Irritationen Marke Popcorn-Rascheln oder das Gewahr-Werden des eigenen Körper, weil man sich am Sack kratzen muss o.ä.
(2) Letzteres gibt es natürlich auch im Theater. Im Theater sind nun die Reize der Darstellung zwar hollistischer, aber eben besondern die audiovisuellen haben mit gewissen Problemen* zu kämpfen: Der "Schall" der Schauspieler-Stimmen bleibt immer gleich, weil sich der Raum des Gesprochenen nicht ändert - es bleibt der Theatersaal, durch den sie mit einer gestärkten Intonation sprechen müssen, um gehört zu werden. (Etwas, was mich persönlich sehr stört.) Die Bühne selbst ist zwar gegenständlich und kann mit realen Objekten gefüllt werden (anders als die Leinwand des Kinos), aber eben nur in einer beschränkten Tiefe, das Bühnenbild dahinter ist ja im modernen Theater meist eh abstrakt oder eben betont künstlich - und wenn es photorealistisch ist, dann kann es sich trotzdem nicht nahtlos in die Bühne davor integrieren.

Irritation scheint mir also essentiell für Immersion zu sein. Die Art der Irritationen ändert sich eben von Medium zu Medium.

* Und noch ein weiterer Gedanke: Dass man meint, "der Akt der Immersion sei beim Kino vollkommener als bei anderen Künsten", hat wohl einiges mit dem Mediendispositiv zu tun und also mit dem Diskurs. Wir leben in einer Welt, in der unsere Leitmedien rein audiovisuelle sind (Kino, Fernsehen, Computer, Internet). Von Ihnen lernen wir den bewussten Umgang mit dort präsentierten Formen - und ein vermittelter Grundpfeiler dieser Formen ist "Photorealismus". Die unter (2) genannten Gründe könnten also eine Erklärung dafür sein, warum dann z.B. eine Kunst wie Theater hinten ansteht. Vielleicht auch deswegen, weil wir es gar nicht mehr richtig gelernt haben, eine Darstellung, die uns mit allen Sinnen anspricht, im Kopf als Sinnen-Ganzes zu verstehen.

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