Shining & Raum im Film
#1
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:27
The Shining ist doch denkbar ungeeignet, um Kubrick zu verteidigen. Gerade darin stehen doch interessante Konzepte neben totaler Grütze. Und Sam Spade auf kino.de erklärt, warum der Film seiner Meinung nach dem Buch nicht gerecht wird.
#2
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:37
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:27:
mir geht dieser zynische ansatz und die pseudo-provokative sabbelei so am thema vorbei.
ich für meinen teil kenne das buch nicht, halte aber shining für terror-kino erster güte, was nirgendwo plump ist, weil es bild und ton einfach sehr wirkungsvoll zusammenmontiert.
ob das "genial" ist, interessiert mich nicht.
#3
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:42
#4
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:45
bekay sagte am 26.07.2008, 10:37:
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:27:
mir geht dieser zynische ansatz so am thema vorbei. ist ja die gleiche pseudo-provokative sabbelei, wie man ihn bei herrn vega lesen kann.
ich für meinen teil kenne das buch nicht, halte aber shining für terror-kino erster güte, was nirgendwo plump ist, weil es bild und ton wirklich sehr wirkungsvoll zusammenmontiert.
ob das genial ist, interessiert mich nicht. dass das heiter und munter ist, stimmt nicht.
Sam war früher mal ein großer Fan von Kubrick. Dann ist aber etwas bei der x-ten Ansicht von Clockwork Orange passiert. So richtig verstanden habe ich es nie, aber seiner Meinung nach mißbraucht er die Gestaltungsmittel, um sich als Regisseur und Person in den Vordergrund zu drängen. Besonders ist das als Affront gegen das Vermächtnis von Beethoven aufzufassen. Besser kann ich seine Wandlung nicht erklären. Deshalb dieser satirische (nicht: zynische) Einschlag - die ubiquitäre Betonung, wie genial Kubrick ist, geht ihm auf den Zeiger.
Shining fand er aber auch schon früher arg neben der Spur. Ich übrigens auch. All dieses metaphysische Gequarke ist so C-like in Szene gesetzt, daß ich unwillkürlich darob kichern muß.
#5
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:46
Hick sagte am 26.07.2008, 10:42:
#6
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:54
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:45:
du musst mir das nicht erklären. ja, das soll satirisch sein, ertrinkt aber im eigenen ekelhaften und hysterischen zynismus.
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:45:
kann ich halt einfach nicht bestätigen. der film stellte sich für mich als intensivste horror-erfahrung dar. und da bin ich noch auf der völlig unreflektierten rezeptionsseite. aber da würde ich hick recht geben - das inhaltliche und metaphysische darin ist doch vollkommen unwichtig für den film.
#7
Geschrieben 26. Juli 2008, 10:57
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:46:
Hick sagte am 26.07.2008, 10:42:
ich denke, hick meint - der raum in horror-film, die räumliche komponente bei der erzeugung von horror. ich würde auch sagen, dass in der ausleuchtung dieser konstruktionsmechanismen der hund begraben liegt. aber ich habe mich noch nie refletkiert und analytisch mir kubrick beschäftigt. deswegen ... hab ich keinen blassen schimmer.
#8
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:08
bekay sagte am 26.07.2008, 10:57:
The Critic sagte am 26.07.2008, 11:46:
Hick sagte am 26.07.2008, 10:42:
ich denke, hick meint - der raum in horror-film, die räumliche komponente bei der erzeugung von horror. ich würde auch sagen, dass in der ausleuchtung dieser konstruktionsmechanismen der hund begraben liegt. aber ich habe mich noch nie refletkiert und analytisch mir kubrick beschäftigt. deswegen ... hab ich keinen blassen schimmer.
So weit komme ich mit einer Analyse gar nicht, weil ich das stellenweise so unglaublich albern finde.
#9
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:14
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:08:
klar, der auslöser dafür kann immer erst einmal nur eine affizierung sein. ich für meinen teil kann deine "einschätzung" bzw. die wirkung, die der film auf dich macht(e), eben kein bisschen teilen.
#10
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:15
#11
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:22
Hick sagte am 26.07.2008, 12:15:
kann ja nicht jeder sofort von meta-ebenen affiziert werden.
#12
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:26
#13
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:26
bekay sagte am 26.07.2008, 11:22:
Hick sagte am 26.07.2008, 12:15:
kann ja nicht jeder sofort von meta-ebenen affiziert werden.
Oder eben so.
#14
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:31
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:26:
#15
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:39
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:26:
still dich mal nicht dööfer an, als du bist. raumeindruck entsteht im film durch zentralperspektivisches abbilden. aber darum geht es hick in erster linie gewiss nicht. es geht um narrative räume (wer "erzählt", also wer zeigt uns die räume, die wir im film sehen?), wie werden verschiedene bilder zu "ganzen" räumen montiert, wie verhalten sich zentralperspektive und flächigkeit des bildes zueinander (man denke nur an die kamerafahrten über diesen teppich mit hypnotischen zacken-streifen), wären z.b. untersuchungsaspekte.
#16
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:43
Hick sagte am 26.07.2008, 12:31:
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:26:
weil es so schön ist, hier noch einmal die prägnante definition von edward branigan, was erzählen im film ist: "I will define film narration as a positioning of the viewer with respect to a production of space, and subjectivity as a production of space attributed to a character."
#17
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:48
bekay sagte am 26.07.2008, 11:39:
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:26:
still dich mal nicht dööfer an, als du bist. raumeindruck entsteht im film durch zentralperspektivisches abbilden. aber darum geht es hick in erster linie gewiss nicht. es geht um narrative räume (wer "erzählt", also wer zeigt uns die räume, die wir im film sehen?), wie werden verschiedene bilder zu "ganzen" räumen montiert, wie verhalten sich zentralperspektive und flächigkeit des bildes zueinander (man denke nur an die kamerafahrten über diesen teppich mit hypnotischen zacken-streifen), wären z.b. untersuchungsaspekte.
Ich bin dööööfer als ich mich stelle, merk Dir das.
Siehste, da geht es doch schon wieder los. Eigentlich redet ihr von zwei Raumkonzepten - der Abbildung des dreidimensionalen Raumes und dem Aufspannen eines narrativen Raumes. Zusätzlich noch von deren wechselseitigen Beeinflussung. All diese drei Dinge kann ich in so einem Gespräch nachvollziehen, aber die sehe ich doch als Laie nicht in einem Film. Ganz ehrlich wüßte ich nicht mal so ad hoc, was gerade Shining in dem Punkt auszeichnet.
Bearbeitet von The Critic, 26. Juli 2008, 11:50.
#18
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:52
bekay sagte am 26.07.2008, 12:43:
Hick sagte am 26.07.2008, 12:31:
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:26:
weil es so schön ist, hier noch einmal die prägnante definition von edward branigan, was erzählen im film ist: "I will define film narration as a positioning of the viewer with respect to a production of space, and subjectivity as a production of space attributed to a character."
Shining geht da doch sogar so weit wie kein Film, der mir spontan einfallen will. Nicht nur nimmt der Film sich sehr viel Zeit, das Hotel zu erkunden und vorzustellen, er lädt auch das Hotel sowie diverse Räumlichkeiten mit Vergangenheit und Bedeutung auf. Wenn Du mich fragst, wäre es schon eine unglaubliche Leistung gewesen, diese Elemente aus dem Buch auch nur halbwegs glaubhaft auf das Medieum Film zu übertragen. Eigentlich sollten auch The Shining-Skeptiker wissen was sie an dem Kubrick haben, wenn sie sich mal die Mini-Serie angetan haben.
"My positive role model is to win the fight and to come out the hero." (Fred Williamson)
#19
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:55
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:48:
eigentlich nicht, denn jedenfalls im narrativen film fällt beides ununterscheidbar zusammen.
#20
Geschrieben 26. Juli 2008, 11:59
bekay sagte am 26.07.2008, 11:55:
The Critic sagte am 26.07.2008, 12:48:
eigentlich nicht, denn jedenfalls im narrativen film fällt beides ununterscheidbar zusammen.
Nö, oder? Wie sieht es aus mit den Filmen/Szenen, bei denen Bildproduktion und Tonspur disparate Dinge erzählen?
#21
Geschrieben 26. Juli 2008, 12:08
vielleicht ist auch das interessante an shining - mutmaßung! - dass diese ununterscheidbarkeit aufgehoben wird, dass die mechanismen deutlicher hervortreten, dass dieses unbewusste des narrativen films (in dem raum nur gezeigt wird, wenn er auch narrative funktionen hat, also wenn die perspektive des zuschauers auf den raum ihn in eine informationsstruktur einbindet - also entweder etwas zeigt oder vorenthält, was die story weiter am laufen behält) ins bewusstsein kommt.
#22
Geschrieben 26. Juli 2008, 12:34
#23
Geschrieben 26. Juli 2008, 12:59
The Critic sagte am 26.07.2008, 13:34:
der gezeigte raum wird aber in solchen fällen bestimmt nicht nur einfach wegen seiner räumlichkeit und selbstgenügsamkeit als zentralperspektivische abbildung gezeigt. er hat doch immer auch eine narrative funktion, z.b. neben dem voice-over eine parallelhandlung aufzuzeigen - und somit ist auch dieser raum genuin narrativer raum. aber solche spezialfälle und ihre originäre funktionsweise sollte man natürlich eher am konkreten film überprüfen.
ein spezialfall - nur mal als beispiel für so eine raum-erzähl-theorie - für das von dir geschilderte vorgehen ist z.b., dass diese figur, die wir im voice-over hören, von ihrem traum oder einer ausgedachte geschichte erzählt. die bilder, die wir dazu sehen, sind also bilder mit eingeschränkter wahrscheinlichkeit in bezug auf bilder einer höheren erzählinstanz (z.b. bilder, die uns diegetische räume zeigen, also räume, die allen figuren gleichsam zugänglich sind) - sie haben eine subjektive komponente.
in jedem fall beinhalten sie informationen für den verlauf einer geschichte (weil eben jedes bild das aus dieser perspektive zeigt und nicht jenes aus einer anderen) und sind somit kategorial narrativ. dass töne und sound alles immer noch komplexer machen und zum beipsiel nicht zum bild passen oder sich in einem anderen raum als dem im bild abgebildeten ereignen, nimmt dem gezeigten doch nicht seine erzählerische qualität, oder?
#24
Geschrieben 26. Juli 2008, 13:31
#25
Geschrieben 26. Juli 2008, 14:53
The Critic sagte am 26.07.2008, 14:31:
ich habe vom narrativen film geredet. frau derens experimenteller kurzfilm wird schwerlich darunter zu subsumieren sein. mir ging es ja nur um folgendes - und du entfernst dich, wie mir gerade scheint, davon: du sprachst von "zwei Raumkonzepten", "der Abbildung des dreidimensionalen Raumes und dem Aufspannen eines narrativen Raumes" so wie von zwei paar schuhen. nun ist ersteres "konzept" ja gar kein konzept, sondern grundlage von film. da film u.a. eine fortentwicklung der fotografie ist, bildet er genuin den dreidimensionalen raum zentralperspektivisch ab. und ich wollte eigentlich nur - gleich dem branigan - ausdrücken, dass filmische erzählung nichts anderes ist als "die positionierung der zuschauers in bezug auf die produktion von raum", dass jeder raum (und somit eigentlich jedes bild) erzählt, also irgendwie narrativ aufgeladen ist. was du schreibst, ist alles richtig, und ich glaube einfach, du hast mich zu sehr beim wort genommen und ich war zu undeutlich. die abbildung des raumes fällt natürlich nicht genau mit der letztendlichen narrativen funktion zusammen, natürlich nicht. die ist abhängig vom kontext (=die erzeugung von raum als prozess). weshalb gleiche bilder auch verschiedene funktionen haben können. wenn ein abgebildetes objekt von zwei einstellungen einer blickenden figur gerahmt ist, dann können wir davon ausgehen, es handelt sich um einen point of view, also der zuschauer partizipiert am blick einer figur. wenn dies nicht der fall ist, wird uns das objekt "objektiv" gezeigt, was wiederum andere implikationen hervorrufen kann. erzählung ist also erst vorbei und sicherheit darüber, wie die räume zueineinander stehen, erst dann erreicht, wenn die produktion von raum aufhört, also wenn der abspann zum ende kommt und das bild schwarz wird. davor könnte es immer wieder passieren, dass wir eine figur beim aufwachen aus einem traum sehen und das bisher gesehene als trauminhalt verarbeiten müssen, z.b.
#26
Geschrieben 27. Juli 2008, 14:27
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.
#28
Geschrieben 28. Juli 2008, 09:32
bekay sagte am 26.07.2008, 14:53:
The Critic sagte am 26.07.2008, 14:31:
ich habe vom narrativen film geredet. frau derens experimenteller kurzfilm wird schwerlich darunter zu subsumieren sein. mir ging es ja nur um folgendes - und du entfernst dich, wie mir gerade scheint, davon: du sprachst von "zwei Raumkonzepten", "der Abbildung des dreidimensionalen Raumes und dem Aufspannen eines narrativen Raumes" so wie von zwei paar schuhen. nun ist ersteres "konzept" ja gar kein konzept, sondern grundlage von film. da film u.a. eine fortentwicklung der fotografie ist, bildet er genuin den dreidimensionalen raum zentralperspektivisch ab. und ich wollte eigentlich nur - gleich dem branigan - ausdrücken, dass filmische erzählung nichts anderes ist als "die positionierung der zuschauers in bezug auf die produktion von raum", dass jeder raum (und somit eigentlich jedes bild) erzählt, also irgendwie narrativ aufgeladen ist. was du schreibst, ist alles richtig, und ich glaube einfach, du hast mich zu sehr beim wort genommen und ich war zu undeutlich. die abbildung des raumes fällt natürlich nicht genau mit der letztendlichen narrativen funktion zusammen, natürlich nicht. die ist abhängig vom kontext (=die erzeugung von raum als prozess). weshalb gleiche bilder auch verschiedene funktionen haben können. wenn ein abgebildetes objekt von zwei einstellungen einer blickenden figur gerahmt ist, dann können wir davon ausgehen, es handelt sich um einen point of view, also der zuschauer partizipiert am blick einer figur. wenn dies nicht der fall ist, wird uns das objekt "objektiv" gezeigt, was wiederum andere implikationen hervorrufen kann. erzählung ist also erst vorbei und sicherheit darüber, wie die räume zueineinander stehen, erst dann erreicht, wenn die produktion von raum aufhört, also wenn der abspann zum ende kommt und das bild schwarz wird. davor könnte es immer wieder passieren, dass wir eine figur beim aufwachen aus einem traum sehen und das bisher gesehene als trauminhalt verarbeiten müssen, z.b.
OK. Schön erklärt.
Wie sieht es dann (Pech für Dich, daß ich am WE im Kino war) mit jenem Beispiel aus: In Buddha Collapsed out of Shame sehen wir ein kleines afghanisches Mädchen, das unbedingt zur Schule gehen will und sich eigenständig dahin auf den Weg machen will. Unterwegs wird sie von einer Horde Jungs aufgegriffen, die Taliban spielen. Inklusive Steinigungsvorbereitung etc. Was mir im Film gezeigt wird, sozusagen der narrative Raum des Filmes, ist das Kinderspiel. Aber aus dem Gesamtkontext der Filmproduktion, eine iranische Filmemacherin dreht einen Film über afghanische Kinder, weiß ich, daß der narrative Raum eigentlich weiter gefaßt ist - es ist als Metapher für die reale Situation in Afghanistan zu verstehen, für all die Dinge, die sie eigentlich nicht zeigen darf. Hier stülpt sich jenseits der Raumkonstruktion des Filmes noch eine völlig neuer, metaphorischer Raum über die Handlung.
#29
Geschrieben 28. Juli 2008, 11:01
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#30
Geschrieben 28. Juli 2008, 11:19
The Critic sagte am 28.07.2008, 10:18:
da ist ein spiegel. sobald du spiegel im film siehst, müssen bei dir die alarmglocken schrillen. interessanterweise ist der spiegel genau so angeordnet, dass die auffordernde handbewegung gegenüber seinem sohn im spiegel zu einem ausgreifen gegenüber dem zuschauer wird. im spiegel greift er nach uns. das hat schon reflexionspotential.
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