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DIE FUSSBROICHS - EINE KÖLNER ARBEITERFAMILIE (Ute Diehl/BRD 1990)



"Na ja jut, dat is für misch uninteressant."

Die Fussbroichs - Eine Kölner Arbeiterfamilie ~ BRD 1990
Directed By: Ute Diehl

Die Fussbroichs, das sind Vater Fred, 49, Vor- und Schichtarbeiter in einer Kabelfabrik, Mutter Annemie, 41, Sekretärin beim Schuldezernat der Stadt Köln und Frank, 21, gelernter Schlosser und passionierter Bodybuilder. Nachdem die Regisseurin und Autorin Ute Diehl 1979 zunächst die Dokumentation "Ein Kinderzimmer 1979" um den damals elfjährigen Frank und seine Eltern im WDR vorstellte, kehrte sie zehn Jahre später zu den Fussbroichs zurück, begleitete sie einige Monate in ihre Alltagswelt für den vorliegenden Dokumentarfilm, der eine erst 2003 ihr Ende findende, siebzehn Staffeln mit einhundert knapp halbstündigen Episoden umfassende TV-Reihe folgte.
Das die Fussbroichs begleitende, soziokulturelle Phänomen offenbart sich als vielgestaltig. Zum einen repräsentieren die Familie eine großstädtische, graue Masse von zwar bildungsfernen, aber verhältnismäßig gesichert lebenden, scheinbar permanent konsumierenden Mittelständlern (eine Schicht, die heute im Aussterben begriffen ist) zum anderen laden Ute Diehls Inszenierung und die Selbstverständlichkeit und Ungekünsteltheit, mit der sich Annemie, Fred und Frank vor der Kamera positionieren, zu gesundem Schmunzeln ein. Im Gegensatz zu heute gängigen TV-Formaten begeht Ute Diehl bei aller kritischen Perspektivierung nämlich nie den Fehler, billige Denunziation zu betreiben, respektive die Fussbroichs einem wie auch immer gearteten bildungsbürgerlichem Amüsement feilzubieten. Der Humor präsentiert sich als herzlich, wenngleich hier und da autoreflexiv. Darin, in dieser Gratfindung, liegt wohl auch das Erfolgsgeheimnis der folgenden TV-Reihe. Der Film hält noch nicht die perfekte Balance späterer Beiträge, in denen sich Diehl mehr und mehr zurücknimmt, bis sie überhaupt nicht mehr eingreift und nurmehr mitschneidet und kompiliert, rund um einen oder zwei Sachverhalte. Hier interviewt sie noch und ist stimmlich präsent, was für eine personelle Einführung der Familie durchaus seine Berechtigung trägt. Kernepisode ist - wie immer - ein Familienurlaub, der die Fussbroichs stets in ihrer ganzen Teutomanie und globalen Selbstzentrierung zeigt. Diesmal geht es nach Ibiza, wo man sich über "die Ausjeflippten" amüsiert und sich wundert, warum "dat Panierte [das man sich zuvor tonnenweise auf den Teller schaufelte] nisch Kroketten, sondern Tintenfischringe sind" .
Auch daher ein vorzüglich eingefangenes Stück Zeitgeschichte.

9/10

Ute Diehl Köln Familie TV-Film Pilotfilm



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Funxton

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