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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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SYNECDOCHE, NEW YORK (Charlie Kaufman/USA 2008)



"Well, fuck everybody. Amen."

Synecdoche, New York ~ USA 2008
Directed By: Charlie Kaufman

Während der Vorbereitungen zu seiner Adaption von Millers "Death Of A Salesman" ereilt den Theaterregisseur Caden Cotard (Phillip Seymour Hoffman) ein nervöses Leiden, das sich zu Beginn dergestalt äußert, dass bestimmte Körperfunktionen - so die Speichelproduktion und die Pupillenerweiterung bei Lichteinfluss - ausgebremst werden, später jedoch noch illustrere Symptome zeigt. Damit einhergehend wendet sich seine Frau (Catherine Keener) von ihm ab und zieht in eine Berliner Bohèmien-WG, um dort ihrer Kunst der Miniaturölmalerei nachzugehen. Das vierjährige Töchterchen Olive (Sadie Goldstein) nimmt sie einfach mit. Den Gewinn des just gewonnenen, hoch dotierten MacArthur-Preises nutzt Caden derweil, zur Anmietung einer alten Kaufhalle, wo sein neuestes Stück spielen soll - eine Eigenkreation, die, soviel weiß Caden sogleich, zur Aufarbeitung seines Seelenschmerzes dienen soll. Die Vorbereitungen für das Stück umfassen schließlich Jahrzehnte, werden immer gewaltiger und epischer, bis Kunst und Realität ineinander zerfließen, sich nicht mehr unterscheiden lassen; bis Cadens Leben zu seinem Stück geworden ist - und umgekehrt.

Eine gewaltige Meditation darüber, wie Kunst und Realität sich wechselseitig beeinflussen; im Prinzip eine logische Wahl für Kaufmans Regiedebüt. "Synecdoche, New York" schlägt einen Pfad ein, dem vermutlich kein anderer Metteur-en-scène mehr folgen kann als Kaufman selbst; hier sind selbst ein Jonze und ein Gondry passé - von einem Clooney gar nicht zu reden. Die Metalepsen seiner bisherigen Filme, die jeweils einer seelischen und/oder narrativen und /oder dramaturgischen Transzendierung dienten, zerfließen nun endgültig zu einem lustvoll-surrealen Potpourri und machen es dem Zuschauer nicht leicht, den Überblick über sie zu behalten. Aber darin liegt auch der Zweck des Dargestellten; Caden Cotard verliert ja selbst den Überblick und es geht auch ums Überblick-Verlieren und dass man den Mut dazu haben soll, sich an der Nase fassen und daran geradewegs durch die determinierte Ungeheuerlichkeit ziehen zu lassen. "Synecdoche, New York" erscheint zuweilen selbst wie gefilmtes Improvisationstheater, als habe Kaufman sich sein Buch täglich autark weiterentwickeln lassen, ähnlich wie Cotards Stück, das irgendwann alle inneren und äußeren Begrenzungen hinter sich lässt. Am Ende gibt's dann einen Krieg; wohl, weil ausgedehnte Biographien irgendwo in ihrem Ablauf immer einen Krieg verzeichnen müssen.
Fragt sich wie's für Kaufman von hier an weitergehen soll und ob er überhaupt noch etwas zu sagen hat nach einem solch definitiven künstlerischen Statement. Wir warten. Warten auf Cotard. Verzeihung, Charlie. Kaufman.

9/10

Surrealismus Charlie Kaufman Theater New York Berlin Zukunft Bohème Biopic Groteske



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Funxton

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